Bitter Death

Akuma-Sato Yamamoto - Top Manager einer großen Firma in Japan - hasst und liebt seinen Job zugleich. Es kam, wie es kommen musste: Eines späten Abends erwischt ihn sein erster und letzter Schlaganfall. Sato weiß nicht, wie ihm geschieht, als er anstatt zu sterben, einen jungen Mann vor sich sitzen sieht. Der erklärt ihm schnell, was Sache ist: Sato müsste eigentlich tot sein und im Jenseits sitzen. Stattdessen klammert sich seine Seele noch an seinen Körper und dem jungen Mann ist es schier unmöglich, Satos Seele überzuführen. Da wird dem Geschäftsmann schnell klar: Dieser silberhaarige Mann ist nicht irgendwer: Es ist sein persönlicher Todesengel.

 

Trigger: Sexszenen, BDSM und Yaoi. Lesen auf eigene Gefahr!

 

Nur für Erwachsene gedacht!

 

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Tag 1

 

Dort, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte, kannte man so etwas wie Feierabend nicht. Auch keine Feiertage oder generell das Wort „feiern“. Es gab nichts zu zelebrieren, höchstens ein lobendes Wort, dass die Firma erneut die Gewinnprognosen übertroffen hatte und man die „freiwillig“ tausend abgeleisteten Überstunden der ausgebeuteten Mitarbeiter sehr schätzte. Jeden Tag wurde aufs Neue erwartet, dass man sich verbesserte, dass man nach mehr strebte – für die Firma. Denn man lebte für sie. Und man starb auch für sie.

Es war der erste Dezember und Akuma-Sato Yamamoto starrte aus dem großen Fenster neben seinem Schreibtisch. Die Menschen auf den Straßen huschten wie Ameisen hin und her, um die letzten Geschenke für das große Fest zu besorgen. Viel zu teure Dinge für Menschen, die man beeindrucken oder deren Liebe man sich erkaufen wollte, dachte Sato, genervt von den Menschenschaaren unter seinem Fenster. Obwohl er im 24. Stock saß und die Menschen ihn in keiner Weise beirren sollten, ließ sich der Manager trotzdem von seiner Arbeit ablenken. Der Bericht zum Jahresende seiner Abteilung sollte längst beim Chef eingereicht sein. Die Kostenstelle sollte ebenfalls in den nächsten Tagen eine Übersicht erhalten. Seine Mitarbeiter warteten auf die Arbeitsanträge für das neue Projekt, welches im neuen Jahr starten sollte. Sowieso lag mehr Arbeit auf seinem Schreibtisch, als Sato lieb war.

Seufzend erhob er sich, um sich einen weiteren Kaffee aus der kleinen Küche im Flur zu holen, als er sein Handy in der Hosentasche vibrieren hörte. Um keine weitere Zeit zu vertrödeln, kramte er es im Gehen raus und wischte über den Bildschirm. Eine Nachricht seiner Ex-Freundin blitzte vor seinen Augen und hinterließ einen bitteren Geschmack im Mund.

„Ich habe noch dein Geschenk hier und will es dir geben. Können wir uns die nächsten Tage treffen? Dann sehen wir uns noch vor Jahresende und ich muss das Geschenk nicht zurückgeben.“

Seufzend und etwas gereizt packte Sato das Handy wieder weg und stellte seine Tasse unter den vollautomatischen Kaffeeautomaten. Obwohl er ihr schon vor Wochen den Laufpass gegeben hatte, klammerte sie weiterhin an den Überresten, die man mal eine Beziehung hätte nennen können. Er war vieles – Manager, Arbeitstier, guter Chef, konsequent, belastbar und fair –, aber kein Schmusetiger, den man auf Familienfeiern und Geburtstagen mitnahm, um sich als Traumpärchen darzustellen. Und er war sich bewusst, dass diese SMS ein letzter, mitleidserfüllender Versuch war, ihn zurückzugewinnen. Wahrscheinlich hatte sie ihn bereits bei der Familie angekündigt und wollte nun der Scham entrinnen, dass er sie hat sitzen gelassen – so kurz vor Weihnachten.

Doch Sato hasste solche Festivitäten. Das war mitunter auch einer der Gründe, wieso Sato seine eigene Familie mied. Umso weniger sah er ein, wieso er die Familie seiner Ex-Freundin kennenlernen sollte. In den letzten Wochen wurde sie sowieso im Umgang immer schwieriger, also machte er Schluss. Nicht einmal der Sex konnte ihn überzeugen, noch ein bisschen auszuhalten. Sie war nett, ganz hübsch und relativ intelligent. Eigentlich das, was Sato mochte. Aber was er eben nicht leiden konnte, waren komplizierte Themen wie Liebe, Heiraten, Kinder und Familienfeiern. Und genau solche Themen wurden im Laufe der letzten Monate immer häufiger angeschnitten. Nicht nur von seiner Ex, auch von seinen Kollegen und Mitarbeitern. Er war doch schon Mitte 30, wo blieb denn die eigene Familie? Aber er konnte ja nicht mit jedem Schluss machen, der ihn auf seine nicht vorhandene Familienplanung ansprach.

Gelangweilt von sich selber, dass er solche Gedanken erneut an den Arbeitsplatz brachte, obwohl er mit dem Ende der Beziehung gehofft hatte, nicht mehr damit konfrontiert zu werden, setzte er sich mit einer heißen Tasse Kaffee zurück an seinen Schreibtisch, um den Bericht weiter zu schreiben.

„Yamamoto-Sama?“, kam eine zögerliche Frauenstimme hinter der Glastür zu seinem Büro. Ohne von seinem Computerbildschirm aufzusehen, brummte Sato seine Sekretärin hinein. Sie trug einen engen und kurzen Bleistiftrock, den Sato eigentlich immer an ihr zu schätzen wusste und es ihr gerne mitteilte. Sie kicherte dann errötend auf und zog die Schultern hoch, als würde sie sich schämen, den Rock angezogen zu haben. Dabei war sich Sato sicher, dass sie ganz genau wusste, welche Wirkung sie damit erzielen würde. Doch nach der Nachricht von seiner Ex, war ihm nicht zum Flirten zumute.

Zögerlich, die Stimmung nicht ganz einschätzend, kam die junge Frau in Satos Büro und ließ die Tür offen. Es ging wohl um nichts Großes, vermutete der Manager und tippte weiter an seinem Bericht.

„Ihr Termin für heute Abend wurde abgesagt. Wenn Sie möchten, kann ich das Meeting auf morgen Abend setzen. Der Kunde war sehr offen, was – “

„Setzen Sie Ihn auf Übermorgen. Ich muss morgen Abend etwas Privates erledigen“, sagte Sato spitz und machte sich eine mentale Notiz, dass er seinen Besuch noch bei seiner Ex ankündigen sollte.

Die junge Frau nickte verunsichert und verließ den Raum mit schnellen Schritten, ohne dabei nicht noch einen kurzen Blick zu ihrem Chef zu werfen, der sie weiterhin ignorierte.

Es wurde langsam dunkel und die glitzernden Lichter der Stadt funkelten unangenehm in den trockenen Augen von Sato. Er rieb und drückte gegen seine müden Augenlider, in der Hoffnung der Schmerz würde nachlassen. Erst, als selbst die Lichter der Straßen dunkler wurden und seine Sekretärin schon lange ihre Schicht beendet hatte, schielte Sato auf seine Uhr am Computer. Es war bereits kurz vor 23 Uhr.

Der Bericht war noch immer nicht fertig, auch wenn er die freie Zeit nach der Terminabsage so effizient genutzt hatte, wie es nur irgendwie ging. Der Manager wägte im Bruchteil einer Sekunde ab, ob er weiterschreiben oder nach Hause gehen sollte, doch als er sich daran erinnerte, dass ihn niemand in seinem Loft erwarten würde, beschloss er weiter am Bericht zu schreiben, auch wenn seine Augen langsam aufgaben. Es vergingen Minuten, in denen Sato angestrengt auf den hellen Bildschirm starrte und nicht merkte, wie die Buchstaben langsam unklar wurden. Alles verschwamm in seinem Gesichtsfeld, was ihn mehrfach blinzeln ließ. Doch als er sich ins Gesicht fassen wollte, konnte er seinen Arm nicht heben. Ein lautes Piepsen ertönte in seinen Ohren, alles um ihn wurde weiß, dann schwarz. Der Bericht blitzte noch ein letztes Mal vor seinen Augen auf, als Sato merkte, wie er vom Stuhl fiel und sein Kopf den harten Boden traf. Alles in ihm brannte, ließ ihn keuchen und nach Luft schnappen.

Er wusste nicht viel über den menschlichen Körper, immerhin war es nicht sein Fachgebiet, wieso sollte er sich also damit beschäftigen? Aber eins hatte er in einem dieser langweiligen Pflichtseminare gelernt: Hinweise auf einen Schlaganfall. Schnelles Handeln rettet Leben und je länger man wartet, desto mehr Gehirnzellen stürben ab. Gut, dass niemand mehr im Büro war.

Wunderbar, dachte Sato, während seine halbseitige Lähmung eine komplette wurde, und wer soll jetzt die Übersicht für die Kostenstelle schreiben? Innerlich über seinen sarkastischen Kommentar lachend, spürte er wie alles etwas leichter wurde. Ah, dachte Sato, das war’s dann wohl? So kurz vor Weihnachten. Na, er hatte es kommen sehen. Wobei er eher auf Herzinfarkt plädiert hatte. Immerhin stieg der Kaffeekonsum exponentiell mit den Arbeitsstunden an, die er in der Firma verbrachte.

Die Sekunden verstrichen auf einmal wie Sekunden und Sato erinnerte sich an sein bisheriges Leben. Seit seinem Abschluss verbrachte er sein Leben in der Firma. Hier und da gab es eine Frau in seinem Leben, die er einige Zeit mit sich zog, aber das war’s dann auch. Sato bereute es etwas, sich nie ein Haustier angeschafft zu haben. Aber irgendwie war ihm, als würde er dadurch seine Härte verlieren, die Glaubwürdigkeit bei seinen Mitarbeitern, die ihn fürchteten, aber auch schätzten.

Sterben dauerte viel zu Lange. Also schloss der Manager die Augen und schmunzelte über die Tatsache, dass er selbst vom Sterben gelangweilt und genervt war.

Auf einmal spürte er eine sanfte Berührung am Oberarm. Oh, huschte Sato durch den Kopf, es war doch noch jemand im Büro? Vielleicht eine Putzfrau? Im nächsten Moment hörte er nervöses Murmeln. Offensichtlich eine Männerstimme, wenn auch eine eher feminin wirkende. Die Leichtigkeit des Todes wurde immer schwächer, bis Satos Ungeduld den Zenit erreichte. Wenn diese Person neben ihm offensichtlich wusste, was hier vor sich ging, sollte er doch eigentlich etwas unternehmen. Einen Krankenwagen rufen zum Beispiel. Der Manager wusste in dem Moment nicht, ob er genervter von der Inkompetenz der bei ihm sitzenden Person war oder vom Gefühl der Erniedrigung, bedingt durch seine Unfähigkeit sich zu bewegen und dem Sabber, der ihm vermutlich am Mundwinkel herunterlief.

Doch es war, als wäre er dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen. Die Schmerzen und die Lähmung ließen mit jeder verstrichenen Sekunde nach. Schließlich öffnete Sato die Augen und erschrak, als er einen jungen Mann mit silbrigen langen Haaren über sich gebeugt sah. Dieser bemerkte erst nicht, dass der Manager ihn mit großen Augen anstarrte, da er in irgendeinem kleinen Notizbuch hektisch las und vor sich hinmurmelte. Erst, als Sato sich aufsetzen wollte, um der peinlichen Situation wieder etwas mehr Würde zu verleihen, zuckte der Junge heftig zusammen und sprang förmlich einen Schritt nach hinten. Er landete schmerzhaft auf seinem Hintern, fluchte dabei leise auf.

„Wer sind Sie und was machen Sie hier?“, fragte Sato in seinem üblich fordernden und kalten Ton. Der Junge sah ihn mit großen Augen an, antwortete jedoch nicht. Panisch fing er an in seinem Notizbuch zu blättern, als würde dort eine Antwort auf seine Identität stehen. Der Manager setzte sich langsam auf und übte in der Zwischenzeit seine Hände zu schließen. Problemlos konnte er sie auch wieder öffnen. Das war wohl nur ein temporärer Schwächeanfall, dachte Sato und schmunzelte. Ihn bekam niemand klein. Weder die Chefetage noch irgendein dummer Schlaganfall.

Der Silberkopf suchte noch immer hektisch in seinem Notizbuch nach einer Antwort, als Sato ihn anfing zu mustern, um selber eine Schlussfolgerung seiner Herkunft machen zu können. Erst dann bemerkte er die seltsame Kutte, die der Junge trug. Es waren weiße Gewänder aus schwerem Stoff mit goldenen Verzierungen. Aha, dachte Sato, vielleicht ein Ausländer. Aus dem Orient vielleicht? Trug man dort nicht solche Tuniken? Ein langer Schal in Karmesinrot lag locker um den schmalen Hals des Jungen. Generell wirkte er so schmächtig und klein, dass Sato erleichtert feststellte, dass er keine Gefahr war. Ein Einbrecher war er also schon mal nicht – was war er dann? So ging man doch nicht Putzen, oder etwa doch?

„Verstehst du mich nicht oder willst du mir einfach nicht antworten?“, machte Sato entnervt etwas mehr Druck. Der Fremde blätterte noch zwei Seiten, bis er erneut panisch zu Sato aufsah. Etwas in seinen braunen Augen strahlte eine gewisse Wärme aus, die gleichzeitig Resignation signalisierte. Vermutlich war es der kalte, stiere Blick, den Sato immer gut draufhatte, wenn es um etwas ging, was er wollte. Und das war in diesem Fall eine plausibel klingende Antwort.

Der Junge fing an, Satos Gesicht zu mustern und jedes Detail abzufahren. Seine Mandelförmigen Augen, seine schmalen Lippen, das spitze Kinn und die große, wohlgeformte Nase, die einer römischen Statue ähnelte. Das schwarze, glatte Haar, welches kurz geschoren im Businessstyle Satos markante Gesichtszüge intensivierte, glänzte im faden Licht des Büros.

Normalerweise fühlte sich Sato geschmeichelt, wenn andere Menschen ihn bewundernd ansahen, doch der Junge stierte schweigend vor sich hin, was dem Manager enorm missfiel.

„Nun gut“, sprach Sato mit zuckenden Schultern, während er langsam versuchte, aufzustehen, in der Hoffnung, seine Beine würden ihm gehorchen, „Dann rufe ich eben die Polizei.“

Selbst diese Drohung ließ den Jungen nicht aus seiner Starre bringen. Er saß weiterhin auf dem Boden, die schweren weißen Stoffe auf seinem Schoß liegend, den Blick Sato folgend. Das ließ den Manager eine Vermutung äußern:

„Sprichst du eine andere Sprache? English? Français? Español? Deutsch?“ Sato ging alle Sprachen durch, die er sich irgendwann mal zumindest in den Grundkenntnissen angeeignet hatte. „Italiano? Russkiy? Oder vielleicht …“, murmelte der Manager vor sich hin. Er wusste selbst nicht ganz, wieso er es noch einmal auf die nette Weise versuchte, immerhin stand ein wildfremder Junge in seinem Büro, der ausländisch aussah und definitiv nicht sehr kommunikativ war, was seine Identität anging.

„Du siehst verdammt jung aus. Wo sind deine Eltern und wie bist du überhaupt hier reingekommen? Bist du der Sohn von jemandem?“, sprach Sato weiter mit dem Junge, der wie zur Salzsäule erstarrt noch immer Satos Figur musterte.

Der Geduldsfaden vom Manager wurde immer kürzer. Als er beschloss, den Jungen einfach hochkant rauszuschmeißen, einfach aus dem Grund, dass er keinen Stress mit der Polizei wollte, sprang der blonde Silberkopf auf, um Satos Händen zu entrinnen. Nach einem kurzen Moment der Stille, in dem Sato überlegte, wie er den Jungen zu fassen kriegen könnte, ohne sein komplettes Interior zu zerstören, schluckte der Junge offensichtlich einen großen Kloß runter, der seine Stimme befreite.

„Sie können… mich sehen?“, fragte er schließlich zögerlich in das stille Büro.

„Wieso sollte ich nicht? Ich brauche nur eine Brille zum lesen“, scherzte Sato trocken und richtete seinen maßgeschneiderten blauen Anzug. Der Junge war mindestens einen ganzen Kopf kleiner als er. Ihn zu übermannen schien zumindest eine machbare Alternative zu sein. „Außerdem stelle ich hier die Fragen. Wer bist du und wie bist du hier reingekommen?“, führte Sato wieder die monotone Stimmlage ein.

Der junge schüttelte unglaubwürdig den Kopf, als hätte er wieder nicht alles von dem verstanden, was Sato gesagt hatte. Erneut blätterte er in seinem Notizbuch. „Unmöglich…“, murmelte er vor sich hin.

„Hallo? Ignorier mich nicht, du ungezogener Bengel! Es reicht, raus mit dir!“

Mit den Worten griff Sato nach dem Silberkopf und riss ihn von seinem Schreibtisch weg in Richtung Glastür. Der Junge war offensichtlich überrascht und geschockt zugleich, dass er nach vorne gerissen wurde und stolperte über seine eigenen Füße.

„Sie können mich auch anfassen?“, rief er panisch hinter Sato, was ihn den Kopf schütteln ließ. Selbstverständlich kann ich den Jungen anfassen, dachte der Manager bei sich und zog ihn weiter durch den spärlich belichteten Flur. Ist er vielleicht geistig gestört? Vielleicht ist er aus einer Anstalt entflohen und man sollte ihn wieder zurückbringen. Haben solche Leute nicht normalerweise ein Bändchen um das Handgelenk, was Kontaktdaten enthielt?

Sato blieb abrupt stehen, inspizierte die schmalen, weißen Handgelenke des Silberkopfs, der fast in den Manager hineingelaufen wäre, nachdem der so plötzlich zum Stehen gekommen war. Bis auf bläuliche Äderchen konnte Sato nichts ausmachen, was nach einem Psychiatriebändchen aussah.

„Lassen… Lassen Sie mich bitte los! Da muss ein Fehler vorliegen“, jammerte der Junge auf einmal los und wand sich im eisernen Griff von Sato.

„Davon gehe ich aus. Verschwinde von hier, bevor ich mich doch dazu entscheide, die Polizei zu holen“, zischte Sato und ließ den Junge wie gewünscht los, in der Hoffnung, er würde einfach verschwinden. Als dieser sich jedoch nicht vom Fleck bewegte, sondern wieder einmal erstarrt zu Sato hochsah, verdreht er entnervt die Augen. „Geht.“

„Nein, Sie verstehen nicht… Das ist ein Fehler… Ich verstehe aber nicht wieso, Sie müssten eigentlich –„, begann der Blondschopf, wurde jedoch unhöflich von Sato unterbrochen.

„Geh. Sofort“, wiederholte er in einem bedrohlichen Ton, der den jungen zusammenzucken ließ. „Oder es setzt was.“

Die schmalen Hände des Jungen fingen an zu zittern, klammerten sich an das Notizbuch, welches geschlossen an seine Brust gedrückt wurde. Als würde der Junge überlegen, ob er wirklich gehen sollte, nickte er schließlich und setzte sich in Bewegung, um an Sato vorbeizukommen. In dem Moment, wo der Manager drei Ave-Maria betete, dass der Junge endlich verschwand, starrten ihn die braunen Augen wieder an.

„Sie müssen unbedingt zu Hause bleiben! Gehen Sie nicht unter Leute, bis ich geklärt habe, was passiert ist!“, sprach der Junge ganz aufgeregt. Sato hob nur beide Augenbrauen und konnte sich ein sarkastisches Grinsen nicht verkneifen.

„Na klar“, war alles, was er amüsiert aus seinen Lippen presste.

„Nein, wirklich, Yamamoto, Sie müssen unbedingt menschlichen Kontakt vermeiden, bevor es noch zu irgendwelchen Problemen – “

„Ich bekomme Probleme, wenn ich nicht zur Arbeit gehe. Und jetzt Abmarsch!“, befahl Sato zum wiederholten Male und fragte sich, woher er die Energie aufbringen konnte, den Jungen höflichst zu bitten, endlich zu gehen.

Als der Blondschopf erneut zum Konter ansetzen wollte, vibrierte Satos Handy in seiner Hosentasche. Seufzend kramte der Manager sein Handy aus der Hosentasche und starrte auf den Bildschirm. Seine Ex hatte ihm erneut geschrieben und ihm die Uhrzeit genannt, zu der er morgen aufkreuzen sollte.

Nachdem er das Handy wieder in die Hosentasche gleiten ließ und er aufblickte, war der Junge verschwunden. Es dauerte einen Moment, bis Sato sich räusperte und versuchte sich zu fangen.

Was war das für ein seltsamer Zwischenfall? Wie konnte der Junge so schnell ohne ein Geräusch verschwinden? War der Schlaganfall der Auslöser für eine Halluzination? Existierte der Junge vielleicht gar nicht?

 

Kopfschüttelnd und dankbar, dass man ihm wohl doch noch etwas mehr Zeit auf Erden schenkte, schlurfte er müde zurück in sein Büro. Er packte seine Sachen und verließ das Gebäude schließlich durch den Aufzug – sich fragend, woher er nur diese Engelsgeduld mit dem blonden Jungen aufbringen konnte.

Tag 2

 

So gut wie in der letzten Nacht hatte Sato lange nicht mehr geschlafen. Er fühlte sich erholt, ausgeruht und irgendwie entspannt, trotzdem er dem abendlichen Termin bei seiner Ex eher mit gemischten Gefühlen entgegensah.

Als er morgens aus seiner Wohnung ging und in seinen Firmenwagen stieg, um ins Büro zu fahren, hielt er kurz inne und erinnerte sich an die Worte des blonden Jungen, er solle zu Hause bleiben. Schmunzelnd und nicht weiter daran denkend, betätigte er die Zündung und fuhr mit hoher Geschwindigkeit über den Highway in die Innenstadt.

Seine Sekretärin begrüßte ihn mit einer Tasse Kaffee auf dem Schreibtisch und weiteren Unterlagen. „Ihr 10 Uhr Termin wurde bestätigt und findet in Raum 210b statt. Takeshi-San fragte an, ob Sie mit Ihm Mittagessen gehen und bittet um eine E-Mail. Der Jahresabschlussbericht wurde heute Morgen in Empfang genommen und …“

Sato hörte zwar noch zu, doch er blätterte bereits im Papierstapel, der sich wie immer mehrere Zentimeter hoch auf seinem Schreibtisch türmte. Erst, als seine Sekretärin aufhörte zu reden, sah er auf und blickte in ihre dunklen Augen.

„Ja?“, hakte er harsch nach, als würde sie diejenige sein, die ihn unfreundlich behandeln würde.

„Ich sende Ihnen eine Auflistung per Mail zu, dann haben Sie eine Übersicht“, formulierte sie höflich, wissend, dass Sato nicht zugehört hatte und sie ihn nur noch mehr verärgern würde, sollte Sie ihre lange Predigt erneut wiederholen.

„Tun Sie das“, bestätigte er und setzte sich auf seinen Chefstuhl. Die junge Frau verbeugte sich höflich und verschwand mit schnellen Schritten aus dem Büro. Ohne weiter über irgendetwas anderes als die Arbeit nachzudenken, vertiefte sich Sato in seine Projektarbeit.

Der Vormittag verlief ruhig. Als wäre nie etwas passiert, dachte Sato auf einmal, als er seine Geldbörse in seinen Anzug steckte, um sich für das kommende Mittagessen mit Takeshi vorzubereiten. Sato starrte auf den Boden, wo er am Abend zuvor gelähmt lag und dachte, er würde nun in seinem Büro sterben. Vielleicht hätte er in der Nacht noch ins Krankenhaus fahren sollen und abchecken lassen, ob ihm überhaupt etwas fehlte. Doch es ging ihm sehr gut. Er fühlte sich fitter, stärker und besser als sonst.

Der seltsame Junge ging Sato auch nicht aus dem Kopf. Er hatte den Manager beim Namen angesprochen. Nun, Akuma-Sato Yamamoto war kein unbekannter Mann, es schien also nicht allzu abwegig, dass der Junge ihn kannte. Doch in wie genau kannte der Junge ihn? In welcher Beziehung stand er zum Unternehmen, dass er einfach zu ein und ausgehen konnte?

Als Sato sich mit seinem Kollegen, der eine andere Abteilung leitete, vor dem Gebäude traf und sie gemeinsam zum Restaurant gingen, fragte Takeshi direkt nach dem Thema, welches Sato nicht anschneiden wollte.

„Wie geht es Mei? Eure Trennung muss sie ja ganz schön mitgenommen haben…“, murmelte er so leise, dass Sato ihn kaum verstand. Der etwas rundliche und kleine Mann hätte Satos Vater sein können. Genauso liebevoll hatte er sich auch seit Anbeginn um den jüngeren Manager gekümmert, doch solche Themen überstiegen seine Rolle immens.

„Ich treffe sie heute Abend. Aber es geht ihr gut.“

„Oh? Du triffst sie? Hast du es dir noch einmal überlegt?“

„Nein“, war alles, was Sato noch dazu sagen wollte. Thema beendet, dachte er, als er das kleine Restaurant gegenüber des Bürokomplex betrat. Etwas warmer Ramen tat ihm gut, er wollte seine Hände aufwärmen. Doch Takeshi blieb eisern, als sich beide nebeneinander an die Theke setzten, wo sie direkt freundlich begrüßt wurden.

„Aber du weißt schon, dass du ihr damit… na ja, klarmachst, dass du eigentlich noch auf sie eingehst?“

„Ich fahre hin, sage ihr, dass es endgültig aus ist und dass sie meine Nummer löschen soll. Sollte sie mich dann noch einmal kontaktieren, lasse ich sie vom Mobilfunkanbieter sperren.“

Takeshi wurde etwas blasser, kicherte dann nervös auf. „Du bist so kalt, Yamamoto. Der Wahnsinn.“

Sato konnte nur mit den Schultern zucken und aus dem Fenster starren, welches hinter der Theke großflächige Sicht auf einen kleinen Innenstadtplatz zuließ. Einige Menschen huschten wieder einmal hin und her, trugen große Taschen mit sich, andere offensichtlich Bürohengste, genau wie Takeshi und er.

Der Ramen wurde nach wenigen Minuten gebracht, sodass Sato nicht weiter zögerte und zu essen begann. Takeshi hielt es nicht vom Reden ab:

„Hast du denn schon eine Neue? Ich mein, es gehen Gerüchte rum, du hättest dir Hanakuro unter den Nagel gerissen.“

„Wieso sollte ich etwas mit meiner Sekretärin anfangen?“, schnaubte Sato, während er die heiße Brühe schlürfte.

„Sie steht offensichtlich sehr auf dich“, grinste Takeshi vor sich hin und schüttelte den Kopf. „Ich liebe meine Frau über alles – natürlich auch meine kleine Tochter. Aber wenn Hanakuro ein Auge auf mich geworfen hätte… Oh, ich würde mich so geschmeichelt fühlen!“

„Ich fühle mich geschmeichelt. Trotzdem würde ich nichts …“, murmelte Sato, als ihn zwei braune Augen aus der Ferne anstarrten. Takeshi ließ sich nicht beirren und plauderte einfach weiter.

„Ach, komm schon! Du bist Single, jung und erfolgreich! Du bist das, was die Frauen wollen, also lass es doch zu. Hanakuro ist wirklich hübsch und sie scheint sehr großes Interesse – “

Da stand er.

Der Junge von gestern, dachte Sato und starrte auf den kleinen Platz jenseits des Fensters. Er trug wieder einen karmesinroten Schal, doch dieses Mal etwas legerer. Vielleicht lag es auch daran, dass er keine auffällige weiße Kutte mehr trug, sondern ganz normale schwarze Chucks, eine dunkelblaue Jeans und eine dunkelgrüne Jacke mit weißem Pelz an der Kapuze. Mit den Händen in den Hosentaschen stand er in der Mitte des Platzes und starrte zu Sato rüber. Die Menschen um ihn herum schienen ihn völlig zu ignorieren und liefen einfach an ihm vorbei.

Sato wurde innerlich etwas nervös. Der Blick des Jungen verhieß nichts Gutes. Neutral stierte er in die grauen Augen des Managers, der seinen Blick nicht abwenden konnte, aus Angst, in genau der Zeit könnte etwas passieren.

„Sag, Takeshi“, begann Sato seinen Kollegen im Redefluss zu unterbrechen, „Kennst du einen Jungen mit blonden Haaren? Lockig, relativ klein und mit Zugriff auf unseren Gebäudekomplex?“

Takeshi hielt kurz inne, überlegte und schüttelte schließlich den Kopf. „Nein, noch nie gehört. Wieso? War mal ein blonder Junge bei uns?“

„Gestern Nacht, ja. Ich war noch spät im Büro, da bin ich ihm begegnet“, murmelte Sato, während er noch immer in die braunen Augen in der Entfernung blickte. Wie eine Salzsäule stand der Junge da. Er schien keine Ambitionen zu haben auf Sato zuzukommen. Aber auch keine zu gehen.

„Im Ernst? Das musst du melden!“, rief Takeshi laut los und erweckte damit die Aufmerksamkeit der anderen Gäste. „Ist er eingebrochen? Vielleicht wollte er etwas klauen!“

„Wir waren im 24. Stock. Wie sollte er dort einbrechen? Er musste eine Chipkarte besessen haben, sonst wäre er gar nicht erst in den Aufzug gekommen.“

Das ließ Takeshi stutzen. „Du meinst, es war vielleicht ein Sohn von irgendwem?“

„Vermutlich?“

„Was wollte er denn? Hast du seinen Namen?“

Genau da war der Punkt, wo Sato sich selber in den Arsch beißen wollte, da er nicht die Polizei gerufen hatte. Er hatte den Jungen einfach so gehen lassen, ohne jegliche Konsequenzen herbeizuführen. Was, wenn es wirklich ein Einbrecher gewesen war, der die Chipkarte dupliziert und nun freien Zugang zum Gebäudekomplex hatte? Dann wäre es definitiv seine Schuld gewesen.

„Ich habe ihn nur von weitem gesehen. Als ich auf ihn zukam und ihn zur Rede stellen wollte, war er verschwunden“, log der Manager, als er seine Augen endlich von dem Jungen nahm und Takeshi ansah. „Er steht dort draußen.“

Mit einer unauffälligen Augenbewegung deutete er zum Fenster. Takeshi schluckte und sah vorsichtig in genannte Richtung. Sato wartete auf eine Reaktion, doch es kam keine. Nach mehreren Sekunden, die verstrichen, sah er selber genervt aus dem Fenster, nur um festzustellen, dass dort niemand stand.

„Ich habe ihn nicht gesehen. Ein blonder Junge ist ja doch eher auffällig. Vielleicht hast du ihn verwechselt?“, fragte Takeshi und sah wieder zu seinem Kollegen.

Sato schwieg.

Er wusste nicht, was er sagen sollte. Bis vor wenigen Momenten stand der Junge doch noch wie eine Salzsäule da. Und nun? War er wieder einmal wie von Geisterhand verschwunden. Vielleicht wäre ein Besuch beim Arzt doch keine so schlechte Idee gewesen. Sato beschloss, den Besuch noch nachzuholen, sollten die Halluzinationen weiter anhalten.

Während er mit Takeshi wieder zurückging und ihn reden ließ, versank Sato in Gedanken. Eine Halluzination schien mit den gestrigen Erlebnissen wie ausgeschlossen. Er hatte ihn berührt, ihn angefasst, mit ihm gesprochen und interagiert. War das menschliche Gehirn fähig, eine solche Erfahrung vorzugaukeln? Was, wenn sein Kopf nach dem Schlaganfall doch irreparable Schäden erlitten hat?

Sato wünschte sich nichts sehnlicher, als dass der Tag endlich vorbeigehen würde. Die Arbeit stapelte sich weiter, seine Sekretärin schien ihn mehr denn je den Hof machen und bei jeder Gelegenheit mit ihm reden zu wollen. Selbst in seinen Raucherpausen auf der Terrasse des 24. Stocks stand sie neben ihm. Es war kalt und nass und sie rauchte nicht mal. Takeshi würde vermutlich sagen „Das ist wahre Liebe!“.

„Wann werden Sie heute Abend gehen?“, fragte sie mit leicht geröteten Wangen, als wäre es eine peinliche Frage.

„Um 8“, pustete Sato den Rauch in ihre Richtung. Sie sollte wissen, dass ihre Anwesenheit nicht gewünscht war. Doch bis auf ein leichtes Schnauben, als sie der Rauch traf, kam nicht.

„Konnten Sie die Zeit gestern Abend noch gut nutzen?“, fragte sie weiter und ging gar nicht auf Satos Antwort ein.

Etwas genervt, brummte er und nickte. Wieso interessierte sie das?

„Sie sehen heute so … erfrischt aus. Als hätten Sie gestern Abend etwas getan, was Ihnen guttat“, redete sie weiter. Vermutlich wollte sie nur ein Kompliment machen, doch die suggestive Neugierige hinter der Aussage, ließ Sato aufseufzen.

„Ich habe am Bericht geschrieben“, log er ein zweites Mal. Er wollte ihr nicht erzählen, dass er einen Schlaganfall und eine seltsame Begegnung mit einem blonden Jungen hatte. Denn keines der beiden Ereignisse würde man als guttuend auffassen.

Hanakuro lächelte schüchtern und hielt ihre Hand vor den Mund, um zu kichern. „Sie finden wahrscheinlich überall etwas Entspannung“, säuselte sie und hob die Schultern an, wie sie es gerne tat.

Als Sato seinen Zigarettenstummel wegwerfen und wieder ins Büro gehen wollte, sah er im Flur vor der Tür seiner Sekretärin den jungen stehen.

„Unmöglich“, murmelte Sato entsetzt vor sich hin, nicht weiter darauf achtend, dass Hanakuro neben ihm stand und zuhörte.

„Was ist unmöglich?“, fragte sie höflich nach und folgte Satos Blick.

„Der Junge … wie ist der hier reingekommen?“, fragte der Manager ruhig, möglichst bedacht, die Fassung zu wahren.

„Welcher Junge?“

„Der vor deinem Büro?“, giftete er Hanakuro an und deutete auf den Flur jenseits der Glasscheibe.

Seine Sekretärin schaute weiter konzentriert in den Bürokomplex und suchte mit den Augen die offenen Gänge ab. Hier und da kreuzte jemand den Weg, doch niemand war „jung“.

„Ich glaube, ich verstehe Sie nicht ganz, Yamamoto-Sama…“, murmelte sie entschuldigend und machte sich instinktiv kleiner, als sie war, aus Angst, ihr Chef würde gleich aus allen Fugen springen.

Sato schüttelte den Kopf und ging wutentbrannt rein, ohne den Blick vom Jungen zu nehmen. Er würde nicht noch einmal entwischen, jetzt würde er ihn zur Rede stellen. So würde sich auch klären, ob es eine Halluzination oder eine echte Person war.

Der Blondschopf hatte noch immer dieselbe Kleidung an und stand fast etwas verloren im Flur. Er las den Namen neben der Glastür und fuhr mit der Fingerkuppe über das Schild.

„Du!“, rief Sato wütend in den Gang, als er ihn betrat und stampfend auf den Jungen zukam.

Er drehte sich schnell um und setzte einen ernsten Blick auf. „Yamamoto“, antwortete er mit tiefer Stimme. Zumindest so tief, wie es seine hohe Stimmlage zuließ.

„Was machst du hier?“, zischte Sato und kam dem Kopf kleineren Jungen sehr nahe. „Du hast hier nichts verloren, das habe ich dir gestern schon klargemacht.“

„Und ich habe Ihnen klargemacht, dass Sie zu Hause bleiben sollten!“, verteidigte sich der Blondschopf und stellte sich etwas auf Zehenspitzen, um mit Sato auf Augenhöhe zu sein. „Sie haben sich auch nicht drangehalten.“

„Wer zur Hölle bist du? Wie kommst du hier rein? Und was sollte die Psychonummer vorhin auf dem Platz?“, raunte Sato weiter, ohne auf die Vorwürfe des Jungen einzugehen.

„Ich muss auf dich aufpassen, bis deine Seele frei wird“, zischte der Blondschopf.

Sato riss die Augen auf und öffnete überrascht den Mund. „Wie bitte? …Bist du doch aus einer Anstalt? Oder ist das so ein Öko-Scheiß?“

Der Junge verschränkte die Arme und sah empört zur Seite. „Ihr Menschen seid wirklich anstrengend und verletzend!“

Noch bevor Sato erneut zum Konter angehen konnte, wurde er von Takeshi unterbrochen. „Hey, Yamamoto, was machst du hier auf dem Gang? Hanakuro ist schon ganz besorgt. Führst du Selbstgespräche?“

Sato drehte sich zu seinem Kollegen um und gestikulierte in Richtung des Jungen. „Ich kläre da gerade etwas“, raunte er den Unterbrecher an.

„Haha, was genau klärst du denn mit der Wand?“, lachte Takeshi und schüttelte ungläubig den Kopf.

Der jüngere Manager konnte seinen Ohren nicht glauben. Umso weniger wohl auf seinen Augen, als er sich wieder umdrehte und niemand neben ihm stand.

Entsetzt ging er einen Schritt zurück, um den Boden genauer zu inspizieren. Schließlich drehte er sich hin und her, suchte die Büros mit seinen Augen ab, wo der blonde Schopf stecken könnte. Dieses Spielchen fing an extrem zu nerven.

„Alles in Ordnung, Yamamoto? Du hast gestern lang gearbeitet. Vielleicht gehst du lieber nach Hause?“, schlug Takeshi vor und griff fürsorglich nach Satos Arm, um ihn in die Realität zurück zu holen.

„Auf keinen Fall“, brummte er schließlich und versuchte sich zu fassen. „Ich… bin gerade nur etwas müde. Ich trinke ein oder zwei Kaffee und gehe dann zurück an den Schreibtisch.“

Takeshi nickte einfach nur und ließ seinen Kollegen ziehen. Was auch immer los war, er konnte es nicht zu dem Zeitpunkt nicht ändern.

Als Sato in seinem Büro saß und nervös um sich blickte, um sicher zu gehen, dass der Junge nicht auf einmal hinter ihm stand, öffnete er seinen Browser und suchte nach den Anzeichen einer Psychose.

Zwar schienen Psychosen nach einer Hirnverletzung nichts ausgeschlossen, doch häufig sprachen die Websites von Lichtern oder Geräuschen, Stimmen oder ähnliche fremdartige Dinge, die man wahrnahm. Aber Sato nahm eine komplette Person wahr. Da waren alle Sinnesorgane vertreten. Bis auf Schmecken konnte er den Jungen extrem gut wahrnehmen.

Sato zögerte nicht lange, als er bei der Betriebsärztin anrief und einen Termin für übermorgen ausmachte. Das musste abgeklärt werden. Sato hoffte einfach nur, dass er dem Jungen bis dahin nicht noch einmal begegnen würde.

Als der Abend sich mit schnellen Schritten näherte und Sato sich mit unangenehmen Gefühlen vor die Haustür seiner Ex stellte, drehte er sich noch einmal unsicher um. Keine Spur vom Jungen. Seufzend klingelte er und schüttelte abermals den Kopf. Nun wurde er auch noch paranoid.

Die Tür öffnete sich und eine brünette, junge Dame lächelte Sato warmherzig an. „Schön, dass du da bist“, murmelte sie etwas verunsichert von Satos dominanten Auftreten. Sein schwarzer Mantel, der offen und geradezu perfekt auf seinen Schultern saß, offenbarte den ebenfalls perfekt sitzenden Anzug darunter. „Du kommst direkt von der Arbeit?“, vermutete sie in einer Frage formuliert und öffnete die Tür noch ein Stück weiter, um ihn herein zu lassen.

„Von wo sonst“, raunte er seine Ex an und betrat die unordentliche Wohnung. Er hasste die Zimmer seiner Ex. Es gab einen besonderen Grund, wieso er darauf bestand, dass sie immer zu ihm kam: Ordnung. Dieses Wort hatte sie wohl noch nie gehört, sonst lägen nicht überall Gegenstände herum. Von der zu Weihnachten passenden Dekoration hielt er auch nicht viel. Es war ein Fest wie jedes andere: unbedeutend und kommerziell.

„Setz dich. Magst du einen Tee haben?“, fragte Mei höflich und bot ihm das freigeräumte Sofa an.

„Nein, ich will auch nicht lange bleiben. Was gibt es denn so dringendes, was du noch mit mir besprechen wolltest?“, ging er gleich das Thema an, was er endlich begraben wollte. Ohne seine Schuhe oder seinen Mantel auszuziehen, blieb er im Flur stehen und betrachtete desinteressiert die Fenster, welche schon länger keinen Putzlappen mehr gesehen hatten.

„W-was lässt dich glauben, dass ich was besprechen wollte?“, fragte sie hektisch und umkreiste ihn nervös, nicht wissend, wohin mit ihr. „Ich wollte dir nur das Geschenk geben und dachte, wir verbringen noch etwas Zeit, bis der Stress um Weihnachten kommt und so…“

„Mei, es ist aus“, verkündete er kühl. „Akzeptiere das. Ich brauche dein Geschenk nicht. Ich will es auch nicht. Und ich will auch nicht mehr mit dir irgendein Gespräch führen.“

Sato war selber überrascht, dass er solche kalten Worte aussprechen konnte. Immerhin war Mei immer sehr fürsorglich gewesen. Immer sehr nett und umsorgt. Es gab keinen Grund für ihn so persönlich angreifend zu werden. Doch wenn er eins in der langen Geschichte seiner Frauenabenteuer gelernt hatte, dann, dass man hart durchgreifen muss. Sonst würden sie es nie verstehen. Und Mei bewegte sich geradewegs darauf zu.

„Dann weiß ich nicht, wieso du hier bist“, raunte Mei auf und verschränkte die Arme. Wieso ihr Ex immer gleich so gemein werden musste, was ihr unbegreiflich. Als sie sich kennen gelernt hatten, war es charmant und zuvorkommend. Ein wahrer Gentleman. Vermutlich war das alles nur Show, dachte sie und verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein.

„Das weiß ich auch nicht.“ Mit diesen Worten drehte sich Sato wieder um und stampfte aus dem Haus seiner Ex in die nasse Kälte. Sie ließ ihn gehen, wenn auch mit einer gewissen Feucht in den Augen. Schließlich hörte Sato die Tür zuknallen.

Er blieb an seinem Auto stehen, welches er auf der anderen Straßenseite geparkt hatte. Wieso musste es immer so laufen? Menschliche Gefühle, das ganze drum herum, dieses ständige, nervige Gerede um Nichts und wieder Nichts. Für ein bisschen Spaß im Bett und ein paar schöne Momente immer so einen Terz?

In dem Moment, wo Sato für sich beschlossen hatte, für die nächste Zeit Single zu bleiben, hörte er Fußschritte und ein leises Seufzen. Noch ehe er sich umdrehen konnte, hörte er den Jungen sarkastisch sagen:

„Du bist ein echter Liebhaber. So einfühlsam. Wieso überrascht es mich nicht?“

Wieder einmal starrte Sato in die braunen Augen. Wissend, dass er gerade von einer Diskussion in die nächste gelaufen war, presste die seine schmalen Lippen aufeinander. „Du kommst und gehst, wie es dir passt. Wann erfahre ich denn mal, mit wem ich es hier überhaupt zu tun habe?“

Der blonde Junge zuckte mit den Schultern und sah auf die nasse Straße. Die Laternen ließen ihn im fahlen Licht älter erscheinen, weswegen Sato sich fragte, ob der Junge vielleicht doch kein Junge mehr war, sondern eher ein Erwachsener.

„Ich halte es für nicht sehr sinnvoll zu bleiben, wenn du deine Aufmerksamkeit wieder auf andere richtest. Deshalb verschwinde ich wieder. Außerdem will ich dich in keine unangenehmen Situationen bringen. Menschen verstehen das nicht so.“

Sato hob beide Augenbrauen an und nickte, als wüsste er, wovon der Junge sprach. Als keiner der beiden ein weiteres Wort sagte, grinste der Blonde. „Du hast keine Ahnung, was hier abgeht, oder?“

„Erleuchte mich“, brummte Sato schließlich und war froh, dass er nicht nachfragen musste. Sein Stolz hätte das nicht zugelassen, auch wenn er es für albern hielt, gegen einen Jungen zu argumentieren.

„Du hattest einen Schlaganfall“, begann der Blondschopf und trat etwas näher an Sato heran. Dieser nickte.

„Ich erinnere mich.“

„Du bist gestorben.“

Der Manager zog scharf die Luft ein und sah noch einmal kurz zum Haus seiner Ex, welches in der Küche Licht brennen hatte. „Daran erinnere ich mich nicht. Immerhin stehe ich ja auch noch hier, oder nicht?“

Der Junge hielt seinen Kopf etwas zur Seite und schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete und in Satos ungeduldige Augen blickte, zog er die Schultern hoch. „Ja, das sehe ich und da liegt das Problem. Ich war angewiesen, dich ins Reich der Toten zu bringen und … dann passierte das“, sprach er aufgeregt und gestikulierte schließlich mit seiner Hand in Richtung Sato. „Du bist noch hier, deine Seele hat seinen Körper nicht verlassen. Und anstatt, dass ich dich von seiner Fessel befreien konnte, hältst du dich weiter daran fest. Jetzt ist dein Körper noch am Leben und du damit auch. Dabei müsstest du tot sein!“

Sato hörte dem Jungen gespannt zu. Wartete auf die Kamera, die gleich irgendwo aus dem Gebüsch sprang und ihn darauf aufmerksam machte, dass das hier alles eine neue Fernsehshow sei. Doch als nichts dergleichen passierte, schmunzelte Sato. „Schöne Geschichte. Und du bist … wer? Ein Todesengel?“

„Einer von vielen Todesengel, ja“, bestätigte der Junge und nickte zustimmend.

Sato fing an leise zu lachen und kramte seinen Autoschlüssel auf dem Wollmantel. „Okay, Todesengel, dann mach’s mal gut. Bitte belästige jemand anderen.“

„Du glaubst mir nicht?“, fragte der blonde Junge in hoher Stimmlage, als Sato die Autotür öffnete. „Komisch, dass mich niemand außer dir sehen kann, nicht?“

Hätte der Junge nicht genau das Thema angesprochen, was in Satos Kopf noch unbeantwortete Probleme bereitete, wäre er einfach weggefahren. Die ganze Sache roch nach Verarsche und zwar nach einer ganz miesen.

„Und wieso kann dich niemand außer mir sehen?“, hakte Sato entnervt nach und schwang seinen Schlüsselbund um den Zeigefinger. Er konnte selbst nicht glauben, dass er sich auf diese Art von Konversation einließ.

„Weil du zwischen Jenseits und Diesseits hängst. Menschen im Diesseits können mich nicht sehen oder wahrnehmen. Ich bin wie Luft für sie. Aber für dich eben nicht.“

„Aha“, brummte der Manager und nickte abermals, als würde nun alles einen wahnsinnig tollen Sinn ergeben.

„Verlasse endlich deinen Körper und folge mir in Jenseits, Yamamoto. Dann siehst du mich auch nie wieder.“

„Na klar, jetzt verkauf mir endlich deinen dämlichen Yoga-Kurs zur spirituellen Ganzheit und lass mich nach Hause fahren“, raunte Sato auf und hielt dem Jungen die offene Handfläche hin – wartend, dass er ihm einen Flyer oder derartiges in die Hand drücken würde.

„So funktioniert das aber nicht“, raunte der Blondschopf. „Du musst bereitwillig gehen. Ich versuche noch zu klären, wie ich dir diesen Schritt erleichtern kann, aber bisher bin ich noch zu keinem Ergebnis gekommen…“

„Dann sind wir hier also fertig.“ Mit diesen Worten stieg Sato endgültig in seine Limousine und knallte die Tür zu. Als der Motor startete, hörte er den Jungen noch etwas sagen, konnte aber nicht verstehen, was.

 

Es war ihm egal, dass er vielleicht einen Minderjährigen auf einer dunklen Straße stehen ließ. Er wollte einfach nur nach Hause, die dämlichen Gespräche um Beziehungen und Tod hinter sich lassen. Absoluter Humbug, dachte Sato und fuhr mit erhöhter Geschwindigkeit in sein Loft.  

Tag 3

 

Verkniffen blickte Sato auf seinen Bildschirm und versuchte sich zu konzentrieren. Gestern Nacht war fast genauso ereignisreich gewesen, wie die Nacht davor. Nur, dass er keinen weiteren Schlaganfall bekommen hatte. Der Manager konnte es kaum erwarten, morgen mit der Ärztin zu sprechen. Vermutlich wird sie ihn für verrückt halten und ihn einweisen lassen. Er sollte seine Worte also mit Vorsicht wählen.

„Yamamoto-Sama?“, kam Hanakuros hohe Stimme von der Glastür seines Büros. „Sie… haben Besuch.“

„Besuch?“, hakte Sato nach und hob ungläubig seinen Blick. Es würde doch nicht etwa –? „Schicken Sie ihn herein.“

„Sind Sie sicher?“, hakte Hanakuro nach und knibbelte an ihrem roten Nagellack. „Sie wirkt sehr aufgelöst und ich bin mir nicht sicher, ob das kommende Gespräch hier geführt werden sollte“, gab sie vorsichtig zu vermuten, dass es sich bei dem Besuch um eine eher heikle Angelegenheit handelte. Sato konnte nicht ganz abschätzen, was genau sie meinte, deutete ihr aber mit einer schnellen Handbewegung an, dass sie den Besuch einfach hereinlassen sollte. Wenn der Junge ihm irgendwas von dummen Märchen erzählen wollte, dann bitte. Es war, als wäre Sato unfassbar aufgeregt, wann immer er an den Jungen dachte. Ein Teil von ihm fragte sich regelmäßig, was sein würde, wenn der Kleine wirklich ein Todesengel wäre? Es wäre eine wirklich abartig traurige Sache, so hilflos und klein auszusehen und dann einen so miesen Job machen zu müssen. Niemand würde ihn doch ernst nehmen! Sato eingeschlossen.

Doch die anfängliche Nervosität, dem Jungen zu begegnen und wieder ein Gespräch auf Metaebene zu führen, verflüchtigte sich, als er die braunen Locken seiner Ex erblickte. Mit schnellen Schritten lief sie wütend und gleichzeitig aufgelöst in sein Büro und schloss die Glastür. Sato ließ sich entnervt im Stuhl sinken und überkreuzte seine Beine. Um nicht gleich mit der flachen Hand auf die Tischplatte zu schlagen, führte er beide Hände in eine ruhende Position zusammen und legte sie in seinen Schoß. „Mei“, begrüßte er den überraschenden Besuch und versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben.

„Ich hasse dich“, fing sie an und ehe Sato etwas Kühles erwidern konnte, sprach sie weiter: „Wieso bist du so zu mir? Was habe ich dir denn getan, dass du mich so behandelst?“

Mei setzte sich auf einen der beiden Stühle, die vor Satos Schreibtisch standen und stellte ihre Handtasche neben sich auf dem Boden ab. Sein Blick fiel auf das glatte Leder, welches mit einem kleinen goldenen Anhänger noch edler wirkte. Er hatte die Handtasche wirklich gut ausgesucht.

„Ignorier mich nicht, ich weiß, dass du mich hören kannst!“

Das ließ Sato aufseufzen. „Okay, und was willst du hören? Es war nun mal meine Entscheidung und du akzeptierst sie nicht. Hier aufzukreuzen, als wärst du noch meine Partnerin, macht es nicht besser. Du kannst froh sein, dass Hanakuro noch nicht die Security gerufen hat.“

„Das wäre ja auch nun wirklich übertrieben! Die unten am Empfang haben mich ja auch in den Aufzug gelassen. Sie kennen mich, sie wissen, wer ich bin. Und ich bin enttäuscht, dass du so tust, als wäre ich eine Terroristin!“, jammerte Mei weiter und gestikulierte mit ihren gemachten Fingernägeln vor Satos Gesicht.

„Mhm“, brummte er und suchte auf seinem digitalen Telefon, welches neben dem Bildschirm stand, nach der Nummer der Security. Als er sie gefunden hatte und gerade den Knopf zum Wählen drücken wollte, ertönte die helle Männerstimme.

„Im Ernst? Du willst sie rausschmeißen?“, fragte der Junge trocken, während er neben Mei auf dem Stuhl saß.

Sato konnte seinen Augen nicht trauen und stierte mit leicht geöffnetem Mund in die Richtung des vermeintlichen Todesengels. Nervös sah er sofort zu Mei, die kurz vor den Tränen stand und sich mehrmals über ihr Gesicht wischte; bedacht darauf, nicht an ihr Make-Up zu kommen.

„Sie kann mich nicht sehen. Auch nicht hören, wie du vielleicht merkst“, säuselte der Blondschopf und grinste siegessicher. „Du glaubst mir noch immer nicht?“

„Unmöglich“, antwortete Sato fast flüsternd und starrte in die warmen braunen Augen seines Gegenübers.

Mei hatte er völlig ausgeblendet. Erst als sie nachfragte, was genau unmöglich sei, zuckte Sato zusammen. Seine Ex sah ihn fragend an und wartete auf eine Reaktion. Wieder einmal wechselte Sato die Blicke zwischen dem Jungen und seiner Ex. Sie schien ihn tatsächlich nicht wahrzunehmen.

„Unmöglich, dass du hier bist“, resümierte der Manager trocken und nahm den Finger vom Telefon. Auch wenn er gerne die Security gerufen hätte – das Erscheinen seines persönlichen Todesengels machte ihn weitaus nervöser als seine Ex-Freundin.

„Ich will keinen Streit mit dir. Lass es uns einfach klären, vielleicht haben wir uns damals ja missverstanden“, erklärte Mei ihr Vorhaben und lächelte aufbauend.

So sehr sich Sato auch anstrengte, er konnte nicht anders, als immer wieder zum Jungen zu schauen. Der saß ruhig und zurückgelehnt im schwarzen Stuhl und musterte ihn. Erwartete er etwas? Was sollte er denn auch schon machen? Ihr eine neue Chance geben? Machte wenig Sinn, wenn er doch eigentlich irgendwann in nächster Zeit erneut sterben sollte.

„Mei, ich habe mich damals klar genug ausgedrückt, dass ich kein Interesse mehr an unserer Beziehung habe. Akzeptiere das. Such dir wen anders“, raunte er seine Ex an und wechselte dabei die Stellung seiner Beine.

„Du bist wirklich herzlos“, murmelte der Blonde und seufzte leise auf. „Sie will doch nur mit dir reden. Wovor hast du Angst, dass sie dich überzeugen könnte, es doch noch einmal zu versuchen?“

„Sicher nicht“, sagte Sato energisch und schnaubte aus, während er in die Richtung des Jungen sah.

„Ich habe doch noch gar nichts gesagt“, stellte Mei fest und knibbelte unsicher an ihrem Rocksaum. „Sato, ist alles in Ordnung? Du wirkst… als würdest du nicht mit mir reden, sondern mit wem anders…“ In diesem Augenblick drehte sie sich um ihre eigene Achse und blickte sich im Büro um, als würde sie tatsächlich jemanden erblicken, mit dem Sato ein Gespräch führte. Doch als sie niemanden sah und sich wieder zu ihrem Ex zuwendete, konnte der nur den Kopf schütteln.

„Bitte geh einfach!“

„Wen meinst du?“, fragte der Junge amüsiert nach. „Sie oder mich?“

„Beide!“, schnaubte Sato aus, sich selber sofort verfluchend, dass er erneut vergessen hatte, dass Mei den Jungen ja nicht sehen konnte.

„Beide?“, hakte Mei sofort nach und schien von Sekunde zu Sekunde verwirrter zu sein. „Sato, was ist los?“

„Geh einfach, bitte, komm nie wieder und lass es einfach gut sein!“

Das ließ den Jungen auflachen. „Okay, jetzt sprichst du aber mit ihr, oder? Denn deinen Tod kann ich nicht einfach so gut sein lassen.“

Für den Manager wurde das Szenario einfach zu unübersichtlich. Normalerweise konnte er mit Leichtigkeit mehrere Personen in einem Gespräch bedienen, aber wenn einer dieser Personen den anderen überhaupt gar nicht erst wahrnehmen konnte, wurde alles auf ein völlig neues Level gehoben. Letztendlich entschloss er sich, den Jungen zu ignorieren und sich völlig auf Mei zu konzentrieren, damit sie so schnell wie möglich verschwinden würde.

„Geh jetzt“, wiederholte Sato seine Bitte und sah seiner Ex tief in die Augen. „Sofort. Oder ich rufe die Security.“

Das ließ Mei bitter aufstoßen. Sie griff nach ihrer Tasche, stand abrupt auf und schwang ihre Haare hinter die Schulter. „Du bist so ein herzloser Mann. Ich weiß gar nicht, was ich in die sah.“

Mit diesen Worten verließ sie das Büro des jungen Managers und ließ ihn mit seiner Halluzination alleine. Als die Glastür geschlossen und Mei außer Reichweite war, adressierte Sato wieder seinen Geist.

„Was bist du?“

„Ein Todesengel. Die Information habe ich dir aber schon einmal gegeben“, bemerkte der Junge mit einem fast nicht sichtbaren Grinsen. Nur seine Augen verrieten seine Heiterkeit.

„Auf mich wirkst du eher wie eine Einbildung. Halluzination, Psychose oder eine Raum-Zeit-Störung.“ Sato fixierte das Gesicht seines Gegenübers und versuchte auszumachen, ob es sich wirklich um eine reale Person oder um etwas Imaginäres handelte. „Außerdem wirkst du viel zu jung für einen Engel mit einer so großen Aufgabe. Kein Wunder, dass irgendwas schiefging.“

Da weiteten sich die Augen des Jungen schlagartig. „Für einen Menschen mit gerade einmal 33 Jahren auf dem Buckel große Worte.“

„Wie alt bist du denn? 16? Oder ist das genauso ein Geheimnis wie dein Name?“, stichelte Sato, merklich erfreut über die Tatsache, dass er wieder die Zügel in der Hand hatte.

Der blonde Junge knirschte mit den Zähnen und beugte sich schließlich vor, um seine Arme auf der Tischplatte aufzustützen. Die aggressive Haltung gab dem Engel das Gefühl einer Chance gegen den dominanten Geschäftsmann, der ihn so leicht unterbutterte mit seiner arroganten Art. Ein Mensch, der einem Todesengel begegnet, sollte voller Angst und Demut sein.

Dieser hier schien sein eigener Gott zu sein.

„Mein Name ist Naoyuki und ich bin 176 Jahre alt. Diese Informationen gebe ich dir nur, weil ich nicht weiß, wie lange wir beide noch miteinander zu tun haben werden. Sollte sich herausstellen, dass das Ganze noch etwas länger dauert, ist es vielleicht angebracht, dass du meinen Namen kennst.“

„Okay, Yuki“, begann Sato spielerisch, innerlich über das Alter lachend „ich habe nicht vor noch mehr Zeit mit dir zu verbringen. Mach es entweder schnell und bringe mich um, oder lass es. Und damit meine ich: geh.“

„Es ist Naoyuki und ich bin hier genauso gefangen wie du. Außerdem bringe ich dich nicht um – du bist gestorben. Ich begleite deine Seele nur“

„Mir scheiß egal, weißt du?“, raunte Sato in den Satz von Yuki und lehnte sich zufrieden zurück. Er würde nachher eine Anfrage ans Bürgeramt stellen. So viele Naoyukis mit blonden Haaren und dem Körper eines 16-jährigen wird es nicht geben. Der Typ bei der Behörde schuldete ihm eh noch etwas. „Es ist einfach lächerlich von dir zu behaupten, du seist 176 Jahre alt. Siehst du dich so, wie ich dich sehe? Du bist höchstens 18.“

„Meine körperliche Erscheinung verändert sich nicht über die Jahre, meine Güte“, seufzte Yuki. „Auch wenn es dir missfällt, ich muss bei dir bleiben, bis deine Seele frei ist. Es könnte jeden Moment passieren, dass du dich von deinem Körper trennst. Dann muss ich in der Nähe sein, um dich vollständig ins Reich der Toten zu überführen. Ansonsten wirst du für immer als Geist durch die Menschenwelt wandern. Willst du das?“ Der Engel bemühte sich offensichtlich sehr ruhig zu bleiben und Sato alles zu erklären, was er wissen musste.

„Klingt immer noch wie eine erfundene Geschichte aus irgendeinem Hollywoodstreifen.“

„Glaube, was du willst. Ich bekomme deine Seele, auf die eine oder auf die andere Weise“, sagte Yuki leise und sah gelangweilt aus dem Fenster. „Ich würde auch lieber wieder in mein Reich zurück.“

„Dann geh dorthin, damit tust du uns beiden einen Gefallen“, bat Sato den Eindringling, als er nervös an ihm vorbeiblickte und Hanakuro von ihrem Büro in seins hineinsah; sichtlich überrascht. Vermutlich sah sie ihn reden und wusste nicht mit wem. Er nahm schnell sein Handy zur Hand und tippte für sie sichtbar darauf rum. So konnte sie annehmen, dass er jemanden auf Lautsprecher in der Leitung hatte.

„Ich kann nicht zurück. Nicht solange du hier bist.“

Naoyukis Worte ließen Sato vom Handy aufschauen. „Du darfst also erst nach Hause, wenn du mich umgebracht hast, ja?“

„Ich bringe dich nicht um!“, rief Yuki empört und setzte sich gerade hin. „Du bist bereits tot! Du bist nur noch nicht … Na ja, richtig tot! Aber gestorben bist du bereits! Und zwar selbst verschuldet!“

Sato konnte bei dem Argument nur die Augen rollen. Sicher, er war sich bewusst, dass er einige Jahre hätte länger leben können, würde er nicht so ein Arbeitstier mit Zigaretten-, Alkohol- und Liebesproblemen sein. Alle drei Dinge hätten ihm früher oder später ein schnelles Ende gebracht. Wie sich herausstellte eher früher als später.

„Ich toleriere dich in meiner Nähe“, informierte Sato den Todesengel recht lustlos, „mit dem Zusatz, dass du auf Abstand gehst. Solche Besuche wie gerade eben mit Mei gehen nicht. Du kannst nicht einfach in irgendeinem Meeting auftauchen und mit mir reden. Die Leute werden mich für verrückt halten.“

„Ich entscheide, wo und wann ich mich in deiner Nähe aufhalte, Yamamoto“, antwortete Yuki streng.

„Dann lerne ich, dich zu ignorieren. Mit sofortiger Wirkung“, verkündete der Manager, stand auf und ging mit einer Zigarettenschachtel an Yuki vorbei. Dieser seufzte lautstark und schüttelte den Kopf.

Sato hätte schwören können, dass Yuki ihm zum Rauchen folgt und ihn weiter in Bedrängnis bringen würde. Letztendlich stand er alleine auf der Dachterrasse und zündete sich einen Glimmstängel an.

Als er wieder sein Büro betrat, kam Hanakuro direkt auf ihn zu. „Yamamoto-Sama… Ich wollte nur fragen…“, begann sie, stoppte sich jedoch selber, als sie in die finstere Miene ihres Bosses sah.

„Was?“, fragte er raus nach und blieb vor ihr stehen. Sie war genauso groß wie Yuki, fast sogar etwas größer. Es mag an ihren Schuhen liegen, doch es ließ Sato etwas schmunzeln. Ein Todesengel. Auf gerade einmal geschätzten 1,60 m. Beängstigend.

„Ihr… Besuch“, formulierte seine Sekretärin recht vorsichtig, „hat Ihnen eine Nachricht hinterlassen. Soll ich Sie vernichten oder möchten Sie sich lesen?“

„Nachricht? Ist es eine Bombe oder ein Stück Papier?“, scherzte Sato, obwohl ihm nicht zum Lachen zumute war.

Überrascht über den trockenen Witz ihres Chefs, hob sie unsicher die Schultern an und murmelte leise vor sich hin, dass es ein Stück Papier sei.

„Ja, geben Sie her“, antwortete er harsch und wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht rum, dass sie ihm den Fetzen Papier geben sollte. Hanakuro rannte in ihr Büro, holte den Umschlag und reichte ihn Sato.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging der Manager schnurstracks zurück in sein eigenes Büro, schloss die Glastür und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Unsicher, aber neugierig, öffnete er den Umschlag und zog zwei Karten mit einer Haftnotiz raus.

„Hier du Penner, geh mit einem deiner Schlampen hin“, las Sato die Notiz vor und seufzte leise. Nach weiterer Inspektion des vermutlich von ihr gekauften Weihnachtsgeschenks, legte er die beiden Karten auf die Platte seines Schreibtischs. Es waren Eintrittskarten für das an Weihnachten stattfindende Konzert der Philharmonie. Sato liebte klassische Konzerte und Mei wusste dies wohl umzusetzen. Jedoch zu spät, dachte er sich und legte die Karten wieder zurück in ihren Umschlag. Vielleicht würde er sie Takeshi schenken. Dann könne er mit seiner Frau hingehen und er hätte kein schlechtes Gewissen, sie verfallen zu lassen.

Der letzte Termin des Tages kam schneller, als Sato lieb war, da er sich trotz der Verschiebung nicht wirklich darauf vorbereitet hatte. Es ging wieder einmal um ein großes Projekt, welches der Firma in die Hände gelegt wurde. Im Zuge dessen hatte Sato ganz vergessen, das Bürgeramt anzurufen und seinen Gefallen einzutreiben. Er legte das Vorhaben mental vor seinen morgigen Arztbesuch.

Die Angestellten der anderen Firma waren einfache Leute, mit denen Sato ungerne Zeit verbrachte. Das Restaurant, was sie sich ausgesucht hatten, war ihm zu einfach, das essen mittelmäßig und selbst der Alkohol verdammt lahm. Das machte die Projektbesprechung enorm langwierig und anstrengend.

Nach dem fünften Glas Cognac, welches er sich schon vom Barkeeper automatisch nachfüllen ließ, spürte er die Müdigkeit in seine Knochen fahren. Es war bereits nach Mitternacht und er wollte einfach nur ins Bett. Die zwei Männer um ihn herum tratschten fröhlich vor sich hin, gar nicht mehr wirklich über das Projekt am Sprechen.

„Yamamoto-San, sagen Sie, haben Sie eine Frau?“, fragte der eine mit dem Rattengesicht und starrte dabei in Satos Gesicht, als hätte er Krümel im Gesicht.

Trotzdem er so unhöflich angesprochen wurde – da es offensichtlich war, dass der Manager eine weitaus höhere Position genoss, als die beiden kleinen Heinis – antwortete Sato wahrheitsgetreu: „Nein.“

„Wirklich nicht? Dabei sind Sie doch so ein guter Fang!“, bemerkte das Walrossgesicht und stupste dabei die Ratte an. „Oder sind Sie… Na, Sie wissen schon…?“

Sato wusste erst nicht, was er „Sie wissen schon“ sein sollte, als er weiter an seinem Cognac nippte. Erst, als er sich selber in der rotbraunen Flüssigkeit spiegeln sah, verstand er, welche Implikation im Raum stand. Verärgert über die zweite Anmaßung an dem Abend, blickte er zu den Tiergesichtern und wusste nicht, was er zynisches darauf antworten konnte.

„Ach, Sie müssen es nicht zugeben! Ich habe auch einen Kollegen, der ist schwul und der ist suuuuuper nett!“, lachte das Walross laut los, offensichtlich angeheitert vom Alkohol.

„Also ich würde es ja mal ausprobieren“, stimmte die Ratte mit ein und nickte vor sich hin.

Wie schön für euch, dachte Sato und trank seinen Cognac in einem Zug aus. Als der Barkeeper nachschenken wollte, schüttelte der Manager den Kopf und hielt ihm stattdessen seine Kreditkarte hin.

„Gentlemen, ich werde Sie nun für heute verlassen. Einen schönen Abend noch“, raunte er genervt, steckte seine Kreditkarte wieder ein und bemühte sich sehr, die professionelle Fassung zu wahren. Immerhin ging es um ein Projekt der Firma und nicht um etwas Persönliches.

„Bitte seien Sie nicht verärgert! Wir wollten Sie nicht angreifen!“, sprach die Ratte schnell und sprach wankelnd vom Barhocker, um sich tief zu verbeugen. Das Walross mimte die Gestik nach und beugte sich ebenfalls weit nach vorne. Sato konnte die Schuppen und die fettigen Haare genauestens erkennen. Angewidert nickte er einfach nur und stolzierte erhobenen Hauptes aus dem Restaurant. 

Während er auf dem Weg zum Auto war und noch kurz bei sich dachte, dass es unverantwortlich wäre, betrunken zu fahren, stieg er trotzdem ein und startete den Motor. Er blickte kurz auf die Uhr und merkte, dass es bereits halb 1 war. Er müsste in circa 4 Stunden wieder aufstehen.

Seufzend schnallte er sich an und schaltete das Radio ein. Vielleicht sollte er die Nacht durchmachen? Angetrunken wie er war, drückte er sich durch die Sender, bis eine blasse Hand an seinem Gesicht vorbeihuschte und den Motor wieder ausmachte.

 

„Du fährst auf keinen Fall betrunken Auto.“

Tag 4

 

Das blasse Händchen drückte gekonnt auf den Startknopf des Autos, sodass es wieder ausging. Sato wusste nicht ganz, wie er reagieren sollte, also tat er das, was er betrunken immer gut konnte: Schweigen und so tun, als wäre er nüchtern.

Er sah auf den Beifahrersitz und starrte in die braunen Augen, die ihn mahnend anstarrten.

„Du fährst auf keinen Fall betrunken Auto, mein Lieber“, raunte Yuki und schüttelte den Kopf. „Du gefährdest dich und andere.“

„Und… das interessiert mich inwiefern?“, hakte Sato ironisch nach und verdrehte dabei die Augen.

„Sind dir andere Menschen so egal? Kein Wunder, dass keine deiner Beziehungen länger als 6 Monate hielt und du keine Freunde hast.“

„Ich muss mir von einem kleinen Engel nichts anhören. Wenn du schon auf einer Schulter sitzen willst, um den guten Einfluss zu spielen, such‘ dir eine andere“, murmelte Sato vor sich hin und startete den Motor erneut. Erst jetzt merkte er den Alkohol mit voller Wucht in seinem Kopf pochen. Er hatte doch mehr getrunken, als nötig. Besonders der letzte Cognac, den er mit Schwung fast komplett auf einmal geleert hatte, hämmerte nun gnadenlos durch seine Adern.

„Yamamoto, schalte den Motor aus!“, keifte Yuki und wollte erneut an Satos Händen vorbei den Knopf ausschalten. Mit einer einfachen, aber starken Armbewegung drückte er Yuki zurück in seinen Sitz und presste ihn in das weiche Leder.

„Ich fahre jetzt. Wenn du ein Engel bist, wird uns ja nichts passieren, hm?“, schloss der Manager aus der Bibellogik, die ihm sonst immer ziemlich schnuppe war.

„Nein, so funktioniert das nicht! Ich bin ein Todesengel, kein Schutzengel!“, protestierte Yuki und klammerte sich an Satos Unterarm, der ihn mit erstaunlich viel Kraft in den Sitz drückte.

Da lachte Sato dunkel auf, als er langsam mit einer Hand aus der Tiefgarage fuhr. „Es gibt sie also wirklich? Schutzengel?“

„Eher Schutzpatrone…“, murmelte Yuki und wurde für einen Moment nachdenklich. Todesengel waren nun mal die Drecksarbeiter. Schutzengel hingehen… Man liebte sie einfach. Dass Sato sie ansprach, hinterließ bei Yuki einen unangenehmen Geschmack im Mund. „Yamamoto, bitte, fahr rechts ran, lass das Auto stehen. Ich bringe dich auch nach Hause!“

„Das ist nicht unbedingt ein überzeugendes Argument“, lachte Sato amüsiert auf. „Es soll niemand denken, ich würde mir einen Stricher mit nach Hause nehmen.“

Ein empörtes Glucksen kam aus Yukis Mund, als die Beleidigung seine Ohren traf. „Wie kannst du es wagen?! Ich bin ein Todesengel und keine Hure!“, rief der Engel wütend und klatschte endlich Satos Unterarm weg. „Außerdem sieht mich doch sowieso niemand, also was redest du für einen Schwachsinn?“

„Es geht einfach schneller mit dem Auto, klar?“, gab der Manager schließlich aggressiv zu verstehen und fuhr auf den Highway Richtung Loft. „Und ich will einfach nur ins Bett, also halt deine beschissene Klappe! Wenigstens für den Rest des Abends muss ich mir dein melancholisches Gejammer über den Tod nicht anhören, okay?“

Yuki zuckte bei den harten, fluchenden Worten zusammen und presste sich weiter in den Sitz. Alles, was er nun tun konnte, war den Manager übermannen und einen Unfall provozieren. Oder ihn einfach fahren lassen, in der Hoffnung, sie würden schon heil ankommen.

Der blonde Engel schwieg und fand sich mit Option zwei ab, Sato einfach fahren zu lassen. Dem Manager entging nicht, dass Yuki fügig wurde und musste natürlich noch einen draufsetzen, um auch wirklich deutlich werden zu lassen, wer hier die Oberhand hatte:

„Soll ich die Prinzessin irgendwo absetzen, wenn ich hier schon Taxi spiele?“

„Nicht nötig“, brummte Yuki fast unverständlich und verschränkte die Arme. Fast hätte Sato ihn angeraunzt, dass er sich bitte anschnallen sollte, damit er keinen Strafzettel bekäme. Doch dann fiel ihm ein, dass ihn ja tatsächlich niemand außer ihn sehen konnte.

„Wo wohnst du denn?“, hakte Sato nach. Eigentlich interessierte es ihn die Bohne, aber so hielt er sich wach.

„Im Himmel.“

„Nein“, brummte Sato, „Jetzt, wo du hierbleiben musst.“

Yuki schwieg und sah aus dem Fenster. Er wollte dem toten Mann nicht antworten. Besonders nicht, wenn er so betrunken war und sich lieber auf die Straße konzentrieren sollte.

„Hallo?“, fragte Sato nach. „Spielen wir wieder dieses ‚Ich sag’s dir erst, wenn du noch 300 Mal fragst‘ Spiel?“

„Was interessiert es dich?“, schnauzte Yuki zurück und sah seinen Fahrer eindringlich an. „Ich wohne zurzeit nirgendwo. Es war nie geplant, länger als 5 Minuten hier zu bleiben.“

Sato schwieg und starrte konzentriert auf die Straße. „Mit anderen Worten: Du bist obdachlos.“

Die Definition erntete Sato nur ein dunkles Schnauben, also ging er davon aus, dass es stimmte. „Musst du denn so etwas wie essen und trinken? Menschliche Bedürfnisse stillen?“

Wieder einmal verdrehte Yuki die Augen und ließ sich sichtlich angepisst im Ledersitz sinken. „Ich kann, muss aber nicht. Also nein, ich bin kein Mensch geworden.“

„Also musst du auch nicht schlafen“, schlussfolgerte Sato aus der Antwort. „Dann brauchst du ja auch keine Bleibe.“

Yuki seufzte und starrte einfach weiter aus dem Fenster. Er wollte die Sache einfach hinter sich bringen. Wieso wollte dieser Mann nicht loslassen? Was war im Leben so wichtig, dass er nicht in den Himmel wollte? Vor allen Dingen schien dieser Mann zwar in großem Luxus zu wohnen, doch hatte er von diesem Geld nichts. Er arbeitete jeden Tag bis spät in die Nacht und hechtete von einem Termin zum anderen. Wo blieb der Spaß? Selbst Yuki, der sonst immer pflichtbewusst seiner Taten nachging, empfand Satos Lebensweise als viel zu streng. Aber so wie der Manager sich benahm, wollte mit hoher Wahrscheinlichkeit sowieso niemand mit ihm befreundet sein.

Nach einigen Minuten der Stille und in denen sich Sato angestrengt auf die Straße konzentrierte, kamen sie am Loft an. Es war eine eher kleine Lagerhalle, doch sie war immer noch immens groß für eine Wohnung. Um das Loft herum gab es einen kleinen Grünstreifen, der puristisch gehalten wurde. Sowieso wirkte auch die Fassade recht… ernüchternd.

„Hier wohnst du?“, hakte Yuki nach und sah durch die Windschutzscheibe skeptisch nach draußen in die Dunkelheit. Nur ein kleines Licht beleuchtete spärlich den Weg zur Tür.

„Ja. Neidisch?“, foppte Sato und hob eine Augenbraue.

„Nicht im Geringsten“

Sich nicht weiter beirren lassend, stieg der Manager aus und knallte die Tür zum Wagen lautstark zu, nicht darauf achtend, dass Yuki noch im Wagen saß. Er sperrte das Tor, durch das er gefahren war, ab und schaltete den Alarm ein.

Erst, als er an der Tür stand und mit seinem Fingerabdruck die Tür aufschloss, drehte er sich zu seinem Wagen um und sah Yuki noch immer darinsitzen. Der Silberschopf starrte nachdenklich auf seinen Schoß und schien keine Ambitionen zu hegen, den Wagen zu verlassen. Sato wartete noch einen Moment, bis er entnervt zurück zum Auto ging, die Beifahrertür aufriss und Yuki mit etwas mehr Gewalt, als notwendig, aus dem Wagen riss.

„Du wirst bestimmt nicht die Nacht in meinem Wagen verbringen!“, raunte er laut auf und wankte bei dem Versuch die Tür elegant zu schließen. Etwas tollpatschig betätigte er die Zentralverriegelung und zog den Todesengel genervt mit sich. Der stolperte nur so vor sich hin und versuchte sich aus dem eisernen Griff von Sato zu befreien.

„Was wird das? Lass mich los! Ich hatte nicht vor, in deinem Auto zu schlafen!“, schnauzte Yuki auf und wurde schließlich in die Wohnung gezerrt. Mit einem lauten Klacken fiel die Tür zu und verriegelte sich automatisch. Sato schüttelte entnervt den Kopf.

„Du kommst und gehst doch sowieso, wie es dir passt. Als hätte ich da etwas zu melden“, murmelte er, sichtlich müde vom Alkohol und vom angespannten Verhältnis, welches er zu seinem Todesengel pflegte.

Yuki konnte nur abermals seufzen. „Gut erkannt.“

Die Wohnung war spärlich, aber stilvoll eingerichtet. Ein typisch modernes Loft, mit großem Sofa und großem Fernseher, einem Glasschreibtisch und einem riesigen King-Size Bett. Eine kleine Treppe führte in eine höhere Etage, die mit einem Glasgeländer abgegrenzt war und vermutlich als Stauraum diente. Die Küche war direkt neben einem großen Esstisch, ebenfalls aus Glas und Metall. Nur das Bad war in einem separaten Raum untergebracht. Doch man sah durch die offene Tür, dass auch dieses hauptsächlich aus Glas und Metall bestand.

Sato trat seine teuren Lederschuhe von den Füßen und ging automatisch zum TV-Schrank, neben dem eine große Vitrine mit sehr viel Alkohol stand. Seufzend schüttete er sich einen erneuten Drink ein und trank ihn zügig aus.

„Du hast ein Alkoholproblem“, bemerkte Yuki und hob beide Augenbrauen, als das Glas ein zweites Mal gefüllt wurde.

„Vermutlich“, gab Sato ohne Scham zu. „Wenn du meinen Job 10 Jahre gemacht hast, sprechen wir uns noch einmal.“

Yuki zog seine Chucks mit dem jeweils anderen Fuß aus und schlurfte weiter in den Wohnraum hinein, bis er sich ungefragt auf dem großen Ledersofa niederließ. „Nein, danke. Ich mag meinen Job. Jedenfalls bis vor ein paar Tagen.“

Das ließ Sato grinsen, während er weiter an seinem Drink nippte. „Wir nennen unvorhergesehene Dinge Herausforderungen. Es gibt keine Probleme, nur Herausforderungen.“ Mit diesen Worten zog er sich endlich seinen Blazer aus und warf ihn über die Sofalehne neben Yuki. Mit einem Seufzer setzte er sich neben seinen Gast und lockerte seine Krawatte. Der frische Alkohol hob den Pegel wieder in ein angenehmes Level.

„Du schläfst also wirklich nicht?“, fragte Sato nach, als er seinen Kopf auf die Rückenlehne des Sofas lehnte und dabei an die Decke starrte.

„Ich kann, muss aber nicht.“

„Träumst du dann auch?“

Yuki überlegte für einen Moment und drehte sich zu Sato, der ihn schließlich betrunken, aber aufmerksam ansah. „Was ist das für eine Frage?“

Da zuckte Angesprochener die Schultern und sah zurück an die Wand. „Kam mir gerade so in den Kopf.“

Der blonde Engel wusste darauf keine Antwort und sah wieder auf seinen Schoß. Hatte er schon einmal geträumt? Das letzte Mal, wo er Schlaf fand, war Ewigkeiten her. Die letzten zwei Nächte hatte er so wie diese hier wach verbracht. Er suchte nach einer Lösung, hatte versucht andere Todesengel zu kontaktieren, doch die meisten blieben nie länger als notwendig auf der Erde. Normalerweise starb ein Mensch, man nahm seine Seele, sie löste sich vom Körper und man begleitete sie ins Jenseits. Ende.

Doch dieser hier, dachte Yuki und drehte sich zu Sato, der noch immer auf die Wand starrte. Dieser hier ist anders. Er will leben, aus welchem Grund auch immer. Er schien sehr bissig zu sein, was seine Arbeit anging. Sowieso ging er völlig in seinem Element auf, das war Yuki die Tage bereits aufgefallen.

„Hast du vor heute zu schlafen?“, fragte Sato auf einmal in die Stille. Yuki wusste erst nicht, wie er darauf antworten sollte – er wusste es schlichtweg noch nicht. „Ich frag nur, sonst gebe ich dir eine Decke. Es sei denn, so etwas braucht ihr coolen Engel auch nicht, dann sei es drum.“

Yukis Augen weiteten sich etwas, als er das indirekte Angebot hörte. „Du lässt mich freiwillig hier?“

„Habe ich eine Wahl?“, stellte Sato eine Gegenfrage und grinste dabei schamlos in Yukis Gesicht. „Wenn du wirklich hierbleiben willst, bleibst du hier. Ich kann dich so oft rausschmeißen, wie mir lieb ist… im nächsten Moment teleportierst du dich doch sowieso wieder hierher.“

Da musste selbst Yuki schmunzeln. „Da hast du wohl Recht“, stimmte er seinem Schützling zu und zuckte mit den Schultern. „Eine Decke wäre nett.“

Der Manager nickte nur, erhob sich langsam aus seiner Starre und schlurfte Richtung der kleinen Treppe. Oben angekommen hörte Yuki ihn etwas rumräumen, bis er schließlich mit einer großen Decke unter dem Arm wiederkam. Er warf sie auf Yukis Schoß und schlurfte weiter zum Bett. Wortlos griff er nach einem der vielen Kissen, die auf dem liebevoll drapierten Bett lagen und warf es ebenfalls zum Engel.

Yuki wollte sich bedanken, schluckte die Worte allerdings runter, als er Sato ins Bad gehen sah. Er würde die Worte sowieso nicht schätzen, dachte der blonde Engel und faltete die Decke auf. Sie war leicht und wahrscheinlich aus Daunen. Das Kissen hatte einen goldenen Bezug und schimmerte im sanften Licht des Raumes. Nur langsam schälte sich Yuki aus seiner Jacke, legte sie über einen Stuhl am Esstisch und wickelte den Schal vom Hals. Mit seinen langen Fingern streifte er durch sein silbriges Haar und entknotete es etwas.

Als Yuki sich wieder auf das Sofa fallen lassen wollte, hörte er die Spülung der Toilette aus dem Bad. Erschrocken musste der Engel feststellen, dass der Hausherr die Badtür aufgelassen hatte. Vermutlich aus reiner Gewohnheit, da ja sonst niemand zu Besuch kam. Und wenn, waren es Liebhaberinnen, die ihn sowieso nackt sehen würden.

Sato stand bis auf die Unterhose ausgezogen vor dem großen Spiegel und betrachtete sein müdes Gesicht. Die Nacht würde kurz werden, dachte er und strich sich durch sein dichtes Haar. Ob es so eine gute Idee war, Yuki hier zu lassen? Aber wenn der Junge keine Bleibe hatte, was sollte er schon tun? Wo er jetzt schon mal da war und bereits so großkotzig angekündigt hatte, nicht von seiner Seite zu weichen, bis seine Seele sich vom Körper gelöst hatte (was Sato immer noch zum Schmunzeln brachte), konnte er ihn auch gleich hierbehalten. Was machte es für einen Unterschied?

Vermutlich war es der Alkohol, der ihn so locker über die Anwesenheit des Engels denken ließ. Ihm war alles egal, er wollte nur ins Bett und schlafen. Also putzte er sich halbherzig die Zähne, bürstete die Haare und schlurfte schließlich wieder aus dem Bad. Er bemerkte, wie der Engel ihn anstarrte, ihn wie ein Kunstwerk betrachtete. Sato blieb stehen und kreuzte den Blickkontakt mit Yuki.

Es herrschte eine kurze Stille, in denen sich beide Männer anstarrten.

„Gefällt dir, was du siehst?“, fragte Sato schließlich und spannte instinktiv etwas seine Bauchmuskeln an. Die Trainingsbank im oberen Stockwerk sollte sich wieder einmal bezahlt machen. Die Frauen mochten es und er gefiel sich ebenfalls besser im Spiegel, wenn ein paar Adern hervorstachen und seine Muskeln im faden Licht noch besser zu sehen waren.

Yuki wurde schlagartig rot, spürte die Hitze in den Wangen steigen und sah beschämt zur Seite. „Nicht im Geringsten.“

„Ich verstehe“, nickte der Manager zufrieden von der Reaktion des Engels und schlurfte weiter zum Bett. In solchen Momenten liebte Sato die Dominanz und den Stolz von Yuki dem Erdboden gleichzumachen. Es war, als würde er dauernd angespornt werden, noch einen drauf zu setzen. Ihn noch mehr aus der Reserve zu locken. Es war wie ein dauernder Kampf um die Stellung im Raum. Und Yuki verlor – jedes Mal.

Der Engel räusperte sich schließlich, als er die Decke des Bettes hörte. Sato lag friedlich auf dem Rücken und starrte die Decke an. Mit einer kurzen Handbewegung fasste er über seinen Kopf und schaltete das Licht aus. Nur noch das fahle Mondlicht erhellte den Raum durch die großen Fenster neben dem Bett. Ein leises Summen war zu hören und Yuki sah die Rollläden herunterfahren.

„Der Wecker geht um 5“, verkündete Sato in den stillen Raum. Yuki saß noch immer auf dem Sofa, die Decke halb über seinem Schoß. Würde er wirklich heute Nacht hierbleiben? Bei dem Mann, der eigentlich tot sein müsste?

„Okay“, war alles, was der Engel aus dem Mund bekam. Er kannte so etwas wie Müdigkeit nicht, also war es ihm schlichtweg egal, wann Sato aufstehen musste und wann nicht.

Es raschelte und Sato schlief in wenigen Minuten ein. Seine Gedanken beim Engel, der auf seinem Sofa schlief.

 

Als der Wecker klingelte und Sato die rachesuchenden Kopfschmerzen vom Alkohol spürte, seufzte er laut auf und drehte sich aus dem Bett. Die Rollläden gingen langsam hoch und erhellten das Zimmer mit dem noch am Himmel stehenden Mondlicht. Erst, als er ein weiteres Seufzen hörte, blieb er im Raum stehen. Sofort, fast panisch, schaltete er das Küchenlicht an und erntete dabei ein weinerliches Murren.

Yuki lag zusammengekauert auf dem Sofa, die Decke wie eine zweite Haut um ihn geschlungen. Vorsichtig sahen Sato braune Augen an.

„Schon aufstehen?“, fragte er etwas heiser in die Stille. Der Schwarzhaarige stand noch wie angewurzelt an der Küchentheke, bis er schaltete, dass er höchst persönlich dem Engel erlaubt hatte, die Nacht bei ihm zu verbringen.

„Ja, ich muss zur Arbeit“, murmelte Sato, ging dann mit schnellen Schritten ins Badezimmer und schloss die Tür. Nervös zog er sich aus und stellte sich unter die Dusche, in der Hoffnung, der Schock würde nachlassen.

Yuki setzte sich auf und streckte sich ausgiebig. Dafür, dass er keine Müßigkeit zu kennen vermag, war er ganz schön geschafft. Seine linke Körperhälfte tat ihm etwas weh, vermutlich, weil er zu lange auf einer Seite geschlafen hatte. Ein seltsames Gefühl, gestand sich Yuki ein. Als er lang und ausgiebig gähnen musste, wünschte er sich, er könnte noch etwas länger schlafen. Doch die Pflicht rief, den Manager zu begleiten.

Nach einigen Minuten, in denen der Engel einfach nur auf dem Sofa saß und auf den Boden starrte, kam Sato frisch geduscht und nur mit einem Handtuch um die Hüften gebunden aus dem Bad. Yuki konnte nicht anders, als den Menschen erneut anzustarren. Die Perfektion in diesem Körper war unvorstellbar. Bisher hatte er in seiner Laufbahn als Todesengel nur ältere oder sehr kranke Menschen begleitet. Noch nie einen so jungen und gesund aussehenden. Sowieso auch noch nie einen, der so hartnäckig am Leben festhielt.

Der Schwarzhaarige spürte erneut die Blicke auf seinem Körper. Jetzt, wo er zwar Kopfschmerzen hatte, aber soweit wieder nüchtern war, konnte er sich den Spaß einfach nicht nehmen, sich vor seinen großen Spiegelschrank zu stellen und demonstrativ das Handtuch fallen zu lassen. Er war viel zu selbstbewusst, als dass ihm neidische Blicke eines anderen Mannes stören würden. Ganz im Gegenteil: es streichelte förmlich sein Ego.

Mit hochrotem Kopf wandte sich Yuki sofort vom Manager ab, der nun nackt in seinem Schrank wühlte und sich Kleidung herauszog. Wieso nur, fragte sich der Blondschopf und knibbelte nervös an seinen Nägeln. Sato wusste doch, dass er da war!

„Willst du auch duschen?“, fragte Sato schließlich in die peinliche Stille und grinste triumphierend vor sich hin. „Oder tun Engel so etwas auch nicht.“

Yuki schnaubte aus und traute sich noch nicht wieder zu Sato zu blicken. Er verschränkte die Arme und murmelte vor sich hin: „Doch, schon.“

„Dann geh, Handtücher sind im weißen Schrank ganz oben“, raunte der Manager etwas enttäuscht, dass er keine weitere amüsante Reaktion von Yuki herauslocken konnte.

Ohne weiter darüber nachzudenken, stampfte der Engel ins Badezimmer und schloss hastig die Tür hinter sich. Als er sich umdrehte, konnte er die Einrichtung der Wohnung ein zweites Mal bewundern. Weißer Marmor zierte den Boden, zwei große Waschbecken mit einer riesigen Spiegelwand zur linken Seite, eine riesige Regendusche mit Glaswand auf der rechten Seite und der weiße Wandschrank direkt daneben. Doch das Highlight war das riesige Becken am Ende des Zimmers. Vermutlich eine Badewanne mit Jacuzzi-Funktion, überlegte Yuki, während er sich der großen Fensterwand näherte. Draußen waren nur Bäume und Büsche, niemand konnte also hineinsehen. Die Fensterfront, die die Badewanne umschloss, ging sogar bis in die Decke und ließ freie Sicht auf den dunklen Sternenhimmel zu. Beeindruckt kniete sich Yuki vor die Badewanne und lehnte sich vor, um nach oben zu sehen. Hier ein Bad nehmen, während man in den Himmel sehen konnte, war bestimmt ein tolles Erlebnis. Eins, was sich Sato, wann immer er wollte, gönnen konnte. Doch auf der anderen Seite, so musste sich Yuki erinnern, fand diese Badewanne vielleicht ein- oder zweimal im Jahr Verwendung. Der Manager hätte die Wanne lieber in seinem Büro einbauen sollen, dann würde er sie vielleicht häufiger benutzen.

Yuki stand langsam wieder auf, entledigte sich seiner Kleidung und stieg unter die luxuriöse Regendusche. Sie war so groß, dass mehrere Menschen darunter passen würden. Sato lebte tatsächlich in purem Luxus.

Als der Engel fertig war und von der Qualität des Duschgels und Shampoos beeindruckt war, kramte er sich ein weißes Handtuch aus dem Schrank, welches ebenfalls gut roch. Er verstand langsam, wieso Frauen sich auf Sato einließen. Sie liebten nicht ihn, sie liebten den Luxus und sein Geld. Als Yuki in den Spiegel blickte und sich die Haare mit Satos Bürste kämmte, wurde ihm klar, dass es ihn tief in ihm drin traurig stimmte, dass Menschen so oberflächlich sein konnten.

Auf einmal sprang die Tür zum Bad auf und Sato trat entnervt herein. „Bist du dann bald fertig? Ich muss langsam los“, verkündete er etwas hektisch mit einer Kaffeetasse in der Hand. Yuki spürte die Hitze zurück in die Wangen schießen, als er so ungeniert vom Hausherren angestarrt wurde. Nur ein Handtuch verbarg seine Männlichkeit, die ihm eigentlich nicht peinlich sein sollte, und doch trotzdem ein unangenehmes Gefühl bescherte, sollte Sato sie zu sehen bekommen.

„Vier Minuten“, prognostizierte Yuki so nüchtern wie möglich und kämmte seine Haare etwas schneller. „Drei, wenn du mir sagst, wo dein Föhn ist.“

„Unter dem Waschbecken im Schrank. Mach zwei draus und komm dann direkt zum Auto.“

Mit diesen Worten verschwand Sato wieder und schloss energisch die Tür hinter sich. Yuki seufzte und kramte schnell den schwarzen Föhn aus dem edlen Unterschrank. Er würde seine Haare niemals trocken bekommen, aber klitschnass wollte er sie auch nicht lassen.

Für einen kurzen Moment überlegte er, ob er sich Satos Zahnbürste leihen sollte, ließ den Gedanken dann doch weiterziehen. Irgendwie ekelte es den Engel zu wissen, dass er etwas in seinen Mund steckte, was bereits in Satos Mund war. Außerdem hatte er keine Ahnung, wie man sich richtig die Zähne putzte. Er hatte nur davon gehört.

Nachdem Yuki sich hektisch angezogen hatte und aus dem Bad kam, sah er die Haustür offenstehen. Tatsächlich saß Sato schon im Wagen und telefonierte. Es war noch immer düster und dunkel, obwohl es bereits 6 Uhr war. Ohne ein Wort zu verlieren, zog Yuki die Haustüre zu, stieg neben Sato ein und schnallte sich an, auch wenn es unnötig war. In dem Moment startete der Schwarzhaarige den Wagen und unterhielt sich weiter mit dem Menschen am anderen Ende seines Handys.

Das Telefonat ging noch einige Minuten, bis sie auf dem Highway waren. Als Sato auflegte, seufzte er laut auf und drehte die Heizung hoch. „Bleibst du also heute auch bei mir im Büro?“, fragte er sichtlich genervt von der Idee.

„Nein, keine Angst“, murmelte Yuki und sah verträumt aus dem Fenster. Die Lichter schwammen an ihm vorbei und hinterließen zusammen mit der Sitzheizung ein angenehmes Gefühl von Geborgenheit. Nur Satos entnervtes Seufzen holte Yuki wieder in die Realität.

„Gut“, war alles, was er darauf sagte.

Als beide in der Tiefgarage ankamen und ausstiegen, kam Takeshi auf Sato zu und winkte ihm fröhlich. „Na, Kollege, heute auch etwas später dran?“, witzelte er und ließ seine Aktentasche beim Gehen schwingen.

Sato seufzte, bemühte sich um ein höfliches Lächeln und nickte. „Ja, ich hatte Bes- … Ich hatte einfach keine gute Nacht“, log er und drehte sich zu Yuki um, der noch still neben dem Auto stand. Als sich ihre Blicke trafen, nickte der Todesengel und löste sich in feinen Goldstaub auf. Es war das erste Mal, dass Sato sein plötzliches Verschwinden miterlebte. Er fühlte sich auf einmal unwohl, als Yuki weg war und er mit Takeshi alleine im Aufzug stand.

Sollte das bedeuten, dass alles real war? Dass das, was der Junge erzählte, wirklich stimmte und doch keine Halluzination war? Denn auf goldenen Partikelregen wäre Sato nie gekommen. Oder doch?

Ausgerechnet an dem Tag, wo er den Arzttermin gebraucht hätte, musste die Betriebsärztin für einen Notfall außer Haus sein. Nur eine Notiz von Hanakuro lag auf seinem Schreibtisch, dass die Ärztin ihn erst morgen sehen könnte.

Seufzend und enttäuscht vom Versetzt werden, machte sich der Schwarzhaarige an die Arbeit.

Er fragte sich, ob Yuki heute Abend wiederkommen würde.

 

Doch er kam nicht.

Tag 5

 

Sato war sich nicht sicher, ob er das drückende Gefühl in seinem Magen als Enttäuschung deuten sollte, als er am gestrigen Abend nach Hause kam und niemand auf ihn wartete. Es war nie wirklich ein Problem gewesen und auf einmal wurde es zu einem. Yuki war wie ein unkontrollierbarer Störfaktor in Satos Leben geworden, was ihn immens störte. Der Junge kam und ging, wie es ihm beliebte.

Im Endeffekt tat Sato das, was er für richtig hielt und ignorierte das drückende Gefühl der Enttäuschung in der Magengegend, als er am Morgen aufwachte und alleine ins Auto stieg, um zur Arbeit zu fahren.

Dort begrüßte ihn Hanakuro mit einem strahlenden Gesicht. „Suzuki-Sensei ist bereits in ihrem Büro und kann Sie empfangen, wenn Sie möchten. Sie entschuldigt sich vielmals für ihren gestrigen Notfall.“

Sato nickte nur stumm und starrte aus dem großen Fenster hinter seinem Schreibtisch. Die Wolken hingen tief und grau in die Stadt hinein und ließen alles finster und trist aussehen. „Ich werde gleich zu ihr gehen“, verkündete er schließlich und legte seine Jacke ab. Das Bürgeramt müsste erneut warten.

Hanakuro bemerkte die gedrückte Stimmung von ihrem Chef nur marginal und beschloss sie zu ignorieren. Mit schnellen und lauten Schritten dampfte sie wieder ab.

Der schwarzhaarige Manager kontrollierte seine Innentaschen vom Anzug, ob alles da war und ging schließlich seufzend aus seinem Büro Richtung Betriebsärzte. Wieso er so betrübt war, wusste er selber nicht. Doch die glatte, eiserne Miene, die er sich über die Jahre hinweg antrainiert hatte, trug er weiterhin gewissenhaft.

„Yamamoto-San“, begrüßte die Ärztin ihren ersten Patienten. „Entschuldigen Sie bitte vielmals, dass ich Sie gestern versetzen musste. Ein Patient hatte einen Nervenzusammenbruch und wusste nicht, an wen er sich sonst wenden sollte.“

Suzuki war eine junge, hübsche Frau. Sie war noch nicht lange in der Firma und schien auch nicht lange bleiben zu wollen. Betriebsarzt zu sein erfüllte sie nicht – sie wollte lieber zurück ins Krankenhaus. Trotz alledem genoss sie die festen Arbeitszeiten und das gute Einkommen. Ihre langen schwarzen Haare band sie immer in einen festen Dutt, der sie etwas streng wirken ließ. Das zarte Lächeln, was sie stets auf den Lippen trug, wurde dadurch jedoch nicht beeinflusst.

„Kein Problem“, antwortete Sato und schloss die Tür hinter sich. Ihr Zimmer war klein, aber geräumig. Es hatte einen Schreibtisch, ein paar Regale mit vielen Büchern drin und sogar eine kleine Couch, auf die sich Sato ohne weitere Worte setzte. Er öffnete dabei seinen Blazer und überschlug die Beine. Er war in keinem Meeting, trotzdem fühlte er sich genötigt, eine gewisse Distanz zu wahren, die er mit gekreuzten Beinen und Armen deutlich machte.

„Was kann ich für Sie tun, Yamamoto-San?“, fragte Suzuki freundlich, die abwehrende Haltung als nicht persönlich nehmend.

Sato wusste nicht ganz, wo er anfangen sollte, also fragte er das, was ihn am meisten ärgern würde, wenn es nicht so wäre: „Sie sind an die ärztliche Schweigepflicht gebunden, richtig?“

„Das ist korrekt, Yamamoto-San.“

„Gut“, seufzte Sato und rutschte ein Stück auf dem Sofa zur Seite. „Vor drei Tagen, nein vier Tagen, hatte ich… sagen wir einen kleinen Anfall.“

Suzuki stutzte, nahm ihr Klemmbrett und einen Stift in die Hand, um Notizen machen zu können. „Einen Anfall? Inwiefern?“

Der Manager presste die Lippen aufeinander und sammelte sich kurz. „Ich vermute einen Schlaganfall. Mir wurde schwindelig, ich habe nichts mehr gesehen. Schließlich habe ich das Gleichgewicht verloren und war erst halbseitig, dann ganzseitig gelähmt.“

Wäre die Ärztin nicht so professionell gewesen, hätte sie beinahe ihr Klemmbrett fallen gelassen. Ihre immer größer werdenden Augen verrieten sie jedoch. „Das ist ja furchtbar! Wurde Ihnen schnell geholfen?“

Sato schmunzelte und schüttelte den Kopf. „Nein, es war bereits nach 11 Uhr abends. Es war niemand mehr im Büro.“

Schmale Augenbrauen wurden zusammengezogen und bildeten auf Suzukis Stirn mehrere Falten. „Sie hatten einen Schlaganfall und niemand hat Ihnen helfen können? Sind Sie sicher, dass es ein Schlaganfall war? Normalerweise…“, und da verstummte sie. Suzuki wollte die grausame Wahrheit nicht aussprechen.

„Deshalb bin ich hier. Ich will abchecken lassen, dass auch wirklich alles mit mir stimmt. Seit diesem Anfall…“, wurde Sato zum Ende hin immer leiser, „… sehe ich Dinge.“

Die junge Ärztin war hektisch am Schreiben, während Sato erzählte. Schließlich hörte die abrupt auf, als er erzählte, dass er Halluzinationen hatte. „Sie sehen Dinge? Welche Dinge?“

„Eine Person“, gab der Manager knapp zu verstehen. „Eine Person, die augenscheinlich sonst niemand sehen kann.“

Suzuki wurde immer nervöser. „Seit ihrem Schlaganfall sehen Sie also eine ganz bestimmte Person, die sonst niemand sieht?“

„Richtig.“

„Spezifizieren Sie bitte“, deutete Suzuki mit ihren Händen an, dass Sato weitererzählen sollte.

Er wusste, wie dämlich sich das alles in den Ohren der Ärztin anhören musste. Ziemlich verrückt und wahnsinnig, dachte der Manager. Doch, was, wenn er wirklich verrückt wurde? Wenn Yuki nur eine Einbildung war und alles nur in seinem Gehirn stattfand? Dann musste er dringend etwas dagegen tun. Und wenn es für ihn hieß in eine Anstalt zu gehen und Medikamente zu schlucken. Den Wahnsinn mit diesem Engel, der ihn auf eine perfide Art und Weise mehr Nerven kostete, als jeder andere Boss bisher, und ihn Emotionen hochkochen ließ, die er gar nicht erst denken wollte, endlich beenden.

„Er behauptet, er sei ein Todesengel, der meine Seele ins Jenseits bringen muss. Irgendwas ist schiefgelaufen, ich bin nicht gestorben, obwohl genau das passieren sollte. Jetzt sitzt er mit mir auf der Erde fest und darf erst wieder in den Himmel, wenn sich meine Seele von meinem Körper getrennt hat.“

Sato konnte seinen eigenen Ohren nicht trauen, als er sich die ganze Geschichte zusammenfassen hörte. Es klang so verrückt und abwegig, dass er selber kurz kichern musste. Suzuki hingegen blieb ernst und starrte Sato eine Weile lang einfach nur an. Ihr Stift hatte kein Wort mitgeschrieben.

„Sie denken jetzt, ich sollte mich einweisen lassen, oder?“, fragte Sato amüsiert und wechselte die Beinposition.

Die Vermutung ließ Suzuki aus ihrer Starre kommen. „Es… klingt zumindest so, als würde ihr Gehirn einen Streich mit Ihnen spielen, ja. Vielleicht sollte ich für Sie einen Termin im Krankenhaus machen. Dort könnte man ihren Kopf scannen.“

„Ein MRT?“

„Ja, genau. Dann würden wir sehen, ob ihr Gehirn Schäden von dem Vorfall davongetragen hat. Wenn nicht, müssen wir davon ausgehen, dass es ein…“, und wieder stutzte sie, aus Angst, sie könnte etwas Falsches sagen, „… psychisches Problem ist.“

Sato nickte und sah gelangweilt aus dem Fenster. Das hätte er ihr auch vorhersagen können. Wieso nur langweilte ihn selbst die negativ ausfallende Diagnose der Ärztin?

„Diese Person… interagieren Sie mit ihr?“, fragte Suzuki eher aus Neugierde, als aus ärztlichen Gründen. Sie war keine Therapeutin, das wäre die Aufgabe eines Kollegen. Doch dass ein so hohes Tier wie Akuma-Sato Yamamoto beiläufig zugab, eine Person zu sehen, die sonst niemand sah, ließ sie stutzig werden.

„Ja. Bisher jeden Tag. Heute allerdings noch nicht. Er kommt und geht, wann er will.“

„Er? Es ist also ein Mann?“, hakte Suzuki nach und kritzelte doch einige Begriffe auf ihr Papier. Eventuell würde sie später eine Diagnose mit Hilfe der Bücher stellen können.

„Ja, der heißt Yuki. Oh, nein, Naoyuki. Aber das ist mir zu lang“, spottete Sato amüsiert und ließ seine Mundwinkel bei dem Gedanken zucken, dass Yuki darauf bestand, Naoyuki genannt zu werden.

„Er hat also sogar einen Namen!“, rief Suzuki aus und notierte ihn sich sofort. „Sie reden also miteinander?“

„Ja. Und wissen Sie, was am gruseligsten dabei ist?“ Satos Blick wurde auf einmal finster, als er die Ärztin angespannt ansah. „Ich kann ihn sogar anfassen.“

Suzuki verstummte für einen Moment des Schocks. „Anfassen? Sie berühren ihn?“

„Ja. Und er mich. Und es fühlt sich genauso an, als würde ich sie berühren. Keinen Unterschied. Als wäre er real. Aber niemand sonst sieht ihn. Nur ich.“

„Liegt es daran, dass er ein Engel ist?“, hakte Suzuki nach und hob eine Augenbraue an. Sie spielte das Spiel mal mit, in der Hoffnung mehr über Satos Metaphern zu erfahren. Vielleicht erfuhr sie damit wichtige Informationen, die sie für ihre Diagnose verwenden könnte.

„Das behauptet er zumindest. Er ist ein Todesengel und die können nur gesehen werden, wenn man im Jenseits hockt. Na ja, oder so wie ich – dazwischen.“

„Zwischen was genau?“

„Dem Diesseits und Jenseits. Ich hätte ja sterben sollen, erinnern Sie sich? Der Anfall?“ Sato schmunzelte wieder einmal vor sich hin, hielt er doch die ganze Farce hier für absolut lächerlich. Aber es tat gut mit jemandem darüber zu sprechen. Sich jemandem anzuvertrauen, der gezwungen ist, bei seinen Kollegen und Mitarbeitern zu schweigen. Insbesondere bei seinen Chefs.

„Ich erinnere mich…“, nuschelte Suzuki und notierte sich abermals einige Inhalte. „Hat dieser Engel… Naoyuki, dann auch zu Ihnen gesagt, wie es weitergehen soll?“

Sato nickte. „Ja, ich soll lernen das Leben und meine Seele freizulassen. Dann können er und ich glücklich und zufrieden in den Himmel. Oder ins Reich der Toten, keine Ahnung.“

Die Ärztin schüttelte leicht den Kopf, sodass einige ihrer schwarzen Haarsträhnen, die hinters Ohr geklemmt waren, herausfielen. „Er geht also davon aus, dass Sie… bald freiwillig sterben?“

„Zumindest ist das seine Andeutung, ja. Irgendwann wird sich meine Seele von meinem Körper lösen. Über weitere Einzelheiten haben wir noch nicht gesprochen. Er dementiert zumindest vehement, dass er mich umbringen wird.“

„Das ist… ein gutes Zeichen, schätze ich?“, lächelte Suzuki angespannt und nervös. Passierte das gerade wirklich? Sato erschien ihr in der kurzen Zeit, in der sie hier arbeitete, als eher still und oberflächlich. Nicht wirklich kreativ, aber dafür gewissenhaft und stringent. Eine solche Geschichte von ihm zu Ohren zu bekommen, war für sie eine absolute Überraschung. Welche Metaphern er auch immer verwendete – es war spannend die Seite an Sato zu verfolgen. „Können Sie mir Naoyuki beschreiben?“

„Wie er aussieht?“, fragte Sato nach und hob beide Augenbrauen. Glaubte Suzuki etwa seine Story?

Als die Ärztin nickte, zog Sato beide Schultern hoch und fing an, den nervigen Engel zu beschreiben. „Er ist klein. In etwa Ihre Größe. Am Anfang dachte ich, er sei Minderjährig gewesen, weil er auch so jung aussieht. Aber er behauptet 176 Jahre alt zu sein.“

„176? Das ist aber einiges!“, stellte auch Suzuki fest und notierte sich das Alter. Vielleicht hatte die Zahl eine bestimmte Bedeutung für Sato. Eine Art Code für einen Geburtstag einer wichtigen Person? Oder ein anderes Datum? Eine Anzahl von Stunden oder Minuten?

Der schwarzhaarige Manager nickte. „Ja, ich glaube es ihm nicht so ganz. Er sieht eher aus wie 18. Vielleicht, mit viel Wohlwollen, knapp über 20. Jedenfalls hat er lange blonde Haare. Fast Silber.“

„Das klingt ausländisch, der Name allerdings sehr japanisch. Ist er Japaner?“

Da musste selbst Sato überlegen. Wenn er aus dem Himmel kam, dann hatte er keine Nationalität. Immerhin war der Himmel ja für alle, oder nicht? Vielleicht ist Naoyuki ein Synonym für etwas? Vielleicht hieß er ja gar nicht so? Aber sein Japanisch war einwandfrei.

„Ich weiß es nicht. Er spricht auf jeden Fall extrem gutes Japanisch. Sein Gesicht ist eher europäisch, hat aber auch hier einen leicht asiatischen Einschlag“, mutmaßte Sato und kratzte sich dabei am Kinn, während er gedanklich über die zarten Gesichtszüge von Yuki ging. „Generell ist er aber ein hübscher Mann. Das muss man ihm lassen.“

Die Worte hatten seinen Mund schneller verlassen, als es ihm lieb war. Suzukis Augen weiteten sich abermals, als Sato seine eigenen zukniff. Kein guter Schachzug gewesen.

„Sie finden den Todesengel hübsch?“, hakte sie nach und notierte sich erneut etwas. Die ständigen Notizen machten Sato nervös. Er erhaschte einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Er saß bereits 20 Minuten bei ihr.

„Er ist – objektiv gesehen – ein schöner Mann. Wissen Sie, er hat diese typischen Gesichtszüge dieser Boybands, auf die diese ganzen jungen Mädchen stehen. Diese silbernen Haare machen es noch deutlicher. Verstehen Sie?“

Suzuki nickte zwar, doch sie verstand nicht wirklich, was Sato ihr sagen wollte. Alles, was in ihrem Kopf blieb, war das Geständnis, dass Sato seine eigene Metapher schön fand. Er erfand also einen jungen Mann, den er selber für viel zu jung hielt, aber letztendlich auf über 100 Jahre schätzte, und verglich ihn mit Boybands, die er eher schlecht redete. Es klang wie eine Hassliebe. Oder nach einer Liebe, die er sich selber nicht eingestehen wollte. Als würde Sato jüngere Männer toll finden, es sich aber selber nicht eingestehen. Aus diesem Grund erschuf er einen solchen Jungen, machte ihn für sein Gewissen viel zu alt und gab ihm eine mysteriöse Identität, damit er immer eine Ausrede hätte ihn von sich zu weisen. Was er aber nie tun würde, denn dieser imaginäre Junge hatte eine starke Bindung zu Sato – die Aufgabe, die Seele ins Reich der Toten zu bringen.

Suzuki beschloss den Termin für das MRT noch heute für Sato zu arrangieren.

„Alles in Ordnung?“, hakte der Manager schließlich nach, nachdem Suzuki für mehrere Minuten einfach nur still dasaß und ihr weißes Blatt anstarrte.

Sie zuckte zusammen und nickte schnell. „Ja, Yamamoto-San, entschuldigen Sie. Ich versuche nur zu verstehen, was Sie mir sagen.“

„Mhm, und?“ Sato konnte nicht anders, als weiterhin zurückgelehnt auf dem Sofa zu sitzen und sich die alberne Geschichte abermals im Kopf durchgehen zu lassen. Mit verschränkten Fingern, die ruhend auf seinem Knie lagen, sah er erwartungsvoll in die Richtung der Ärztin.

Diese schluckte und legte schließlich ihr Klemmbrett weg. „Nun… Ich werde versuchen so schnell wie möglich einen Termin im Krankenhaus für Sie zu arrangieren. Dann wird ihr Gehirn kontrolliert. Wenn die Ergebnisse vorliegen, können wir weitere Schlüsse ziehen. Wer oder was dieser Mann ist und wieso er nur Ihnen begegnet.“

Sato nickte langsam und hinderte sich selber daran, die Augen zu verdrehen. Soll Sie ihm doch einfach ein paar Medikamente geben, die ihn davon abhielten, dumme kleine Engel zu sehen und gut war’s.

Doch sie schien nicht in Spendierlaune zu sein. Ganz im Gegenteil erhob sie sich abrupt und hielt Sato die Tür auf. „Ich werde Ihnen eine Mail mit den genauen Daten schicken. Hanakuro wird dann alles Regeln.“

„Sehr gut“, brummte Sato und kam der Bitte zu gehen nach.

„Sollte noch etwas sein, können Sie gerne wiederkommen“, bat Suzuki ihrem Patienten an, bevor Sie die Tür zu Ihrem Büro schloss.

Sato stand etwas verloren im Gang und starrte auf die geschlossene, weiße Tür. Das lief ja nicht so Bombe, dachte er und schob die Hände in die Hosentaschen. Aber es hätte auch schlimmer laufen können, ließ er seinen Gedanken freien Lauf und ging auf die nasse Dachterrasse. Er zündete sich eine Zigarette an und starrte auf die Skyline der Stadt. Irgendetwas in ihm hoffte, dass Yuki sich heute noch einmal melden würde. Dann könnte er ihn das fragen, worauf er gerade bei Suzuki keine Antwort hatte.

Doch auch nach der Zigarette und nach einem weiteren Meeting blieb Yuki verschwunden. Es machte Sato fast wahnsinnig, dass der sonst so nervige, immer um ihn herumschwirrende Engel auf einmal weg war. Vielleicht, dachte der Manager, als er mit Takeshi zum Ramenrestaurant ging, hat er einen Weg gefunden, zurück in den Himmel zu kommen. Das würde bedeuten, Sato war aus dem Schneider und durfte weiter Leben. Es hätte ihn freuen müssen, doch irgendetwas in ihm war wütend. Wütend, dass Yuki einfach weg war und sich nicht verabschiedet hatte. Stattdessen hatte er sich in goldene Partikel aufgelöst.

„Du wirkst heute etwas neben der Rolle. Alles in Ordnung?“, fragte Takeshi, als er anfing seine Ramenschüssel näher an sich heran zu ziehen.

„Es geht schon“, brummte Sato und starrte auf den kleinen Platz hinter dem Fenster des Ramenshops. „Viel Arbeit.“

„Oh, ja! Die neuen Projekte sind der Hammer, viel zu viel in viel zu kurzer Zeit! Wie die sich das immer vorstellen?“, jammerte sein Kollege und fing an zu essen.

Sato war der Appetit vergangen. Der Gedanke an die ganzen Projekte, die im nächsten Jahr anstanden, ließen ihn aufseufzen. Wenn alles stimmte, was Yuki ihm seit Tagen einhämmerte, bekam er die sowieso nicht mehr mit, da er vorher ableben würde. Hieß es nicht immer, man solle jeden Tag so leben, als sei es sein Letzter? Nun, Sato lebte jeden Tag, als sei es genau wie jeder andere. Aufstehen, Arbeit, Essen, Schlafen. Und das 365 Tage im Jahr.

Takeshi aß fröhlich vor sich hin und beschwerte sich zwischen den Ladungen in seinem Mund über die Chefetage.

Es war ein goldenes Partikel, das durch die Luft, an Satos Augen vorbeiflog und ihn aufatmen ließ. Doch als er neben sich sah, war der Stuhl leer. Sofort kam die Enttäuschung in ihm hoch und er blickte erneut aus dem Fenster auf den kleinen gepflasterten Platz. Eine optische Täuschung hatte ihn noch nie so traurig gemacht.

Der restliche Arbeitstag verflog schnell. Hanakuro kam noch einige Male in sein Büro, beugte sich extra tief vor und ließ freie Sicht auf ihr üppiges Dekolleté. Normalerweise hätte Sato die Sicht genossen, gegrinst und einen zweideutigen Kommentar gemacht, doch seit der ganzen Schlaganfallgeschichte, starb seine Libido jeden Tag ein bisschen mehr. Es war schon fast eine Woche her, dass er sich das letzte Mal selbst befriedigt hatte. Von Sex ganz zu schweigen.

Als Sato endlich in sein Loft zurückkehrte, die Tür schloss und sich geschafft auf das Sofa setzte, lauschte er für einige Momente der Stille. Er hatte bis auf den Ramen am Nachmittag noch nichts gegessen.

„Lieber einen Drink…“, murmelte er in die Stille, sank etwas tiefer in den Sitz und schloss die Augen.

Da klapperte es an der Vitrine.

Satos Augen sprangen sofort auf und erblickten die braunen Augen, die ihn amüsiert ansahen. Yuki stand mit einem Glas Whiskey in der Hand am Alkoholschrank und nippte amüsiert daran. Seine schmale Figur trug eine enge schwarze Jeans und einen schwarzen Rollkragenpulli, der ebenfalls sehr eng saß. Seine weißen Haare und seine blasse Haut ließen ihn zum ersten Mal wie ein echter Engel wirken.

„Willst du was?“, fragte er spielerisch und hielt das gefüllte Glas in die Höhe.

Sato reagierte nicht sofort, starrte einfach in Yukis Richtung, wie er souverän das Whiskeyglas in der Hand hielt und gelegentlich daran nippte. Er hätte Werbung für eine teure Alkoholmarke machen können. Sato hätte sofort mehrere Flaschen gekauft.

„Ja“, säuselte der Manager so leise, dass er für einen Moment glaube, Yuki hätte ihn nicht gehört. Doch der kam mit gemütlichen Schritten auf Sato zu, der noch immer ausgelassen auf dem Sofa saß. Yuki kniete sich neben ihn und biss sich auf die Unterlippe.

„Aber nicht zu viel, du hast noch nichts gegessen“, scherzte der Engel und trank noch einen Schluck vom Glas.

Sato wollte schon protestieren, dem Blonden das Glas wegreißen, immerhin wollte er doch etwas haben!

Doch dann beugte sich Yuki zu ihm vor, legte einen seiner schmalen Arme um Satos Nacken und küsste ihn leidenschaftlich auf die Lippen. Der Manager erstarrte, riss die Augen auf und spürte, wie Yuki langsam seine Lippen öffnete und die braune, süßlich schmeckende Flüssigkeit in seinen Rachen fließen ließ. Sato schluckte den Whiskey, so gut er konnte. Letztendlich liefen doch einige Tropfen an seinem Mundwinkel herunter.

Als keine weitere Flüssigkeit mehr aus Yukis Mund kam, intensivierte er den Kuss enorm schnell. Weiche, feuchte Lippen pressten sich abermals auf die Rauen von Sato, die hungrig nach ihnen suchten. Sato verstand nicht ganz, was passierte, wieso es passierte und was Yuki sich dabei dachte, aber als er seine nach Whiskey schmeckende Zunge vorsichtig um Einlass bittend an seiner Unterlippe spürte, fragte er nicht weiter danach und gab sich einem leidenschaftlichen Zungenkuss hin.

Yuki stellte unterdessen das Whiskeyglas auf dem kleinen Couchtisch ab und setzte sich rittlings auf Satos Schoß. Mit beiden Armen drückte er sich weiter an den Manager ran, streichelte seine Wangen und küsste ihn mehrmals hart auf die Lippen. Als Sato seine Hände an Yukis Seiten entlangfahren ließ, entlockte er ihm ein leises, erregtes Seufzen. Das ließ ihn forsch werden. So griff er dominant nach Yukis straffem Hintern, presste die Backen zusammen und drückte den Todesengel weiter an sich heran. Er spürte, wie unangenehm eng es in seiner Hose wurde, als Yuki sich weiter an ihm rieb und stöhnende Laute gegen seine Lippen hauchte. Sato hatte noch nie mit einem Mann Petting gehabt, geschweige denn geschlafen. Aber als er Yukis errötetes Gesicht erblickte, was ihn eindringlich ansah und nach mehr bettelte, war er bereit diesen Schritt zu gehen. Was hatte er schon zu verlieren?

Doch als er Yuki ausziehen wollte, spürte er seine Arme schwer werden. Alles fühlte sich auf einmal wieder wie gelähmt an und Sato bekam Panik, dass es ein weiterer Schlaganfall gewesen sein könnte.

Im Bruchteil einer Sekunde schlug der Schwarzhaarige die Augen auf und blickte auf den dunklen Bildschirm seines Fernsehers. Es war Still um ihn herum. Kein Yuki. Kein Whiskeyglas auf dem Tisch.

Der Manager erhob sich mit hektischen Bewegungen vom Sofa und spürte seine Knochen knacken. Er blickte auf die Uhr und stellte fest, dass er eingeschlafen war. Für eine Stunde. Er seufzte laut auf, blickte an sich runter und entschied sich für eine kalte Dusche. Nachdem ihm bewusstwurde, dass Yuki ihn nur in seinem Traum sexuell Verführen wollte, war ihm nicht mehr nach Sex. Auch nicht nach Selbstbefriedigung. Der Gedanke allein war so abwegig, dass Sato den Traum am liebsten sofort vergessen wollte.

 

Das kam davon, wenn man von mehreren Personen mit Yukis Aussehen, Beziehungen und Sex konfrontiert wurde. Die Mischung gefiel Sato zu dem Zeitpunkt gar nicht.

Tag 6

 

Der Wecker klingelte enorm laut und nervig an diesem Morgen und Sato wälzte sich hin und her. Letztendlich raunte er laut auf und schaltete das kleine Gerät neben seinem Bett aus. Vorsichtig rollte er sich zur Seite und starrte in das dunkle Zimmer. Er hatte die Decke und ein Kissen auf dem Sofa liegen lassen, im Glauben, Yuki würde wiederkommen.

Doch alles lag unberührt auf dem schwarzen Leder.

Wo war er nur, fragte sich Sato und schloss noch einmal seine Augen. War er wirklich weg? Einfach so? Der ganze Terz der letzten Tage für Nichts?

Er spürte seine Augenlider schwerer werden. Die Müdigkeit holte ihn wieder ein und lullte ihn zurück in den Schlaf.

„Hey“, raunte es neben Sato. Es hörte sich im ersten Moment an wie Yuki. Doch was, wenn es wieder ein Traum war?

„Hey“, raunte es lauter, als von Sato keine Reaktion kam.

Sofort schlug der Manager die Augen auf und sah in die warmen, braunen Augen, die ihn finster anstierten. „Bleibst du heute hier? Musst du nicht arbeiten?“, fragte Yuki dunkel und lehnte sich ein Stück zurück. Er saß auf Satos Bett und trug noch immer dieselben Klamotten, in denen er ihn das letzte Mal gesehen hatte.

Der Manager musterte den Engel und hob beide Augenbrauen an. Es war definitiv kein Traum – Yuki war da.

„Wo warst du?“, war das erste, was über seine Lippen kam.

„Nicht in deiner unmittelbaren Näher, wie gewünscht“, sprach Yuki eisern und verschränkte die Arme. „Du hast ja sehr deutlich gemacht, dass ich dich in Ruhe lassen soll.“

Sato wollte schon protestieren, doch dann fiel ihm ein, dass er ihm genau das gesagt hatte. „Du nimmst mich also sehr wörtlich.“

„Sollte ich nicht?“, giftete der blonde Engel los und verdrehte die Augen. „Du bist schon 10 Minuten später dran als sonst. Willst du heute nicht?“

„Es ist Samstag“, gähnte Sato und verschwieg, dass er auch an Wochenende früh aufstand, um seinen Rhythmus beizubehalten. „Ich arbeite zwar, aber ich fahre nicht ins Büro.“

Die Antwort ließ Yuki stutzen. „Das heißt, du bleibst heute zu Hause?“

„Größtenteils, ja“, murmelte Sato und wollte aufstehen, doch Yuki saß noch an der Bettkante und versperrte den Weg. Sato hätte auf der anderen Seite das Bett verlassen können, doch es ging ums Prinzip, dass Yuki aufstehen sollte.

„Größtenteils? Du gehst also doch weg. Wohin gehst du denn?“, hakte der wiederum nach, was Sato aufseufzen ließ. Irgendetwas in ihm war froh, dass sein Todesengel wieder da war, etwas anderes wollte, dass er so schnell wie möglich wieder ging. Also fasste er sich kurz.

„Einkaufen, Shoppen, sowas.“

„Was ist „Shoppen“?“

Sato strampelte die Decke vom Leib und setzte sich breitbeinig, nur in Unterhose bekleidet vor Yuki, sodass er zwischen seinen Beinen gefangen war. „Etwas, was du tun solltest. Sind das dieselben Sachen von vor zwei Tagen?“

Yuki wurde bei der körperlichen Beengtheit rot, konnte sich nicht daran hindern kurz in Satos Schritt zu schauen und die Umrandungen eines üppigen Gliedes zu erkennen, welches nur von dünnem Stoff bedeckt wurde. Er atmete tief ein und aus und nickte schließlich, in die Ferne sehend. „Ja, es sind dieselben. Ich habe keinen festen Wohnsitz und damit auch keinen Kleiderschrank, sofern es dir nicht entfallen sein sollte.“

Sato war bewusst, dass Yuki nur spitzzüngig wurde, weil er ihn in Bedrängnis brachte. Aber wenn er fast die ganze Nacht wach lag, weil er an den Yuki in seinem Traum denken musste, kann der echte Yuki ruhig auch etwas leiden.

„Dann zeige ich dir heute, was Shoppen bedeutet“, verkündete Sato und schob mit diesen Worten Yuki an der Hüfte vom Bett. Der stolperte, flog fast auf den Hintern und konnte sich nur auf den Beinen halten, in dem er instinktiv nach Satos nackten Schultern griff. Die Intimität der Berührungen war selbst für Sato überraschend intensiv. Und ehe er sich versah, ließ er Yuki einfach los.

Mit einem lauten Rumms landete dieser auf dem Boden und keuchte angestrengt auf. „Danke auch!“, jammerte er und rieb sich das Hinterteil. „Ich glaube, ich verzichte auf das Angebot.“

„Es wird dir gefallen. Warst du schon duschen? Du riechst etwas.“

„Ich glaube, ich höre nicht richtig?“, keifte Yuki zurück und stolperte auf die Beine, glättete seine Hose und richtete die Jacke.

„Geh duschen. Und zieh dir dann etwas von mir an. Diese Kleidung sollte in den Müll. Woher ist die überhaupt? Vom Discounter?“, spottete Sato weiter und beäugelte die schlecht vernähten Kanten des Sweatshirts, indem er am Saum zog. Yuki klatschte seine Hände aggressiv weg.

„Es war nie geplant, so lange hier zu bleiben! Menschenkleidung ist nicht unbedingt mein Fachgebiet!“, verteidigte er sich und rümpfte die Nase. „Nicht jeder schwimmt in Geld.“

„Ich wünschte, ich würde in Geld schwimmen. Dann müsste ich nicht in diesem Höllenloch arbeiten.“

Mit diesen Worten ging Sato zum großen Wandschrank und zog ihn auf.

„Ich dachte, du gehst gerne arbeiten?“, bemerkte der blonde Engel und verschränkte abermals die Arme. „So oft, wie du da bist? Und selbst jetzt, wo du weißt, dass du bald endgültig ins Reich der Toten kommst, kündigst du nicht, sondern arbeitest weiter.“

„Ich bin einfach sehr kollegial und lasse meine Mitarbeiter nicht hängen“, log Sato, müde von der Diskussion über seinen Job. Schlimm genug, dass er nachher noch ein paar Berichte durchgehen musste. Vermutlich lagen schon wieder über 40 unbeantwortete Mails in seinem Postfach.

„Wer’s glaubt“, murmelte Yuki und beobachtete Satos Tun. Dieser ging mehrere Schubladen durch und durchkramte seine Sachen. Schließlich zog er einen schwarzen Sweatshirt Pulli raus und eine schwarze Leggings, die er sonst immer unter seiner Skihose anzog. Beides reichte er Yuki.

„Das dürfte dir passen. Alles andere ist zu groß. Ich würde dir ja auch Unterwäsche geben, aber die dürfte dir ebenfalls nicht passen. Wir kaufen dir nachher welche, zieh einfach jetzt für die paar Stunden keine an“, schlug Sato vor und spürte eine leichte Hitze in seinen Wangen. Hatte er dem Jungen gerade wirklich vorgeschlagen, keine Unterwäsche anzuziehen?

Doch Yuki nahm die beiden Sachen erst schweigend, dann rätselnd an. „Unterwäsche. Wäsche, die man… darunter anzieht? Etwa das, was du gerade trägst?“

Satos Herz fing an tausend Mal schneller zu rasen, wie vorher. Der Junge trug seit fast einer Woche gar keine Unterwäsche? Und wusste nicht einmal was es war? Aus welchem Porno war der Junge entsprungen?

Yuki bemerkte Satos entsetzten Blick und zuckte mit den Schultern. „Da, wo ich herkomme, trägt man sowieso andere Dinge“, bemerkte er trocken und ging mit Leggings und Pulli ins Bad. Er würde lügen, würde er verneinen, dass er sich auf die Dusche freute.

Er schloss die Tür hinter sich und seufzte laut auf. Schnell entledigte er sich seiner Sachen und schmunzelte über die Tatsache, dass er keine Unterwäsche trug. Er war gespannt, was der große Unterschied sein würde. Denn Satos enge Hosen sahen nicht sehr bequem aus. Trotzdem schlief er immer in ihnen.

Die Dusche war erfrischend und das gut duftende Shampoo ein Segen. Yuki fühlte sich wie neu geboren. Diese Tatsache ließ ihn nachdenklich werden, während er sich seine Haare kämmte. Waren das nicht menschliche Eigenschaften? Nun, er hatte sich nie mit menschlichen Dingen beschäftigt, wo er ja auch nie wirklich mit ihnen zu tun hatte. Bis auf das Hinführen in das Reich der Toten interagierte er wenig mit ihnen. Mit anderen Kollegen tauschte er sich kaum aus, jeder machte einfach seinen Job. So blieb am Ende nur er selbst.

Nachdem er sich in Ruhe getrocknet, sogar einen Tiegel am Waschbeckenrand neugierig geöffnet und die darin enthaltene Creme verwendet hatte, zog er Satos Kleidung an. Sie roch wunderbar nach Blumen; nicht so chemisch eklig wie seine neu gekauften Sachen, die mittlerweile wirklich etwas stanken. Der direkte Vergleich von vorher zu nachher machte den Geruch noch prominenter.

Die Leggings saßen immer noch etwas locker, aber hielten auf Yukis schmalen Hüftknochen. Der große Pulli hingegen sah fast wie ein Kleid aus und hing etwas sackartig an ihm herunter. Er musste sogar die Ärmel hochkrempeln, sonst hätte er keine Hände mehr gehabt.

Schnell sammelte er seine alten Sachen zusammen und ging mit noch feuchten Haaren aus dem Bad. Sofort kam ihm der Duft von Kaffee und etwas anderem süßlichen in die Nase.

„Duschst du immer so lange?“, kam etwas genervt von der Küchentheke. Sato wendete einen Pfannkuchen und bereitete direkt den nächsten vor. „Schlimmer als eine Frau.“

Yuki ging nicht weiter auf den giftigen Kommentar ein und sah sich in der Küche um, nachdem er seine alten Sachen einfach neben Sofa hat auf den Boden fallen lassen. „Was ist das?“, fragte er und deutete auf den Inhalt der Pfanne. „Es riecht gut.“

Der Manager hielt die Luft an. Er dachte, er würde Yuki etwas Gutes tun, in dem er Pfannkuchen zum Frühstück machte – welche sonst nur für Frauenbesuche reserviert waren. Doch die Erkenntnis, dass der Engel auch das nicht kannte, überraschte ihn aufs Neue.

„Pfannkuchen“, antwortete Sato schließlich und deutete auf die Kücheninsel, wo er bereits Kaffee und Saft serviert hatte. „Setz dich, du bekommst gleich einen.“

Yuki wusste mit der plötzlichen Nettigkeit nicht ganz umzugehen, schwieg einfach und setzte sich auf einen der Barhocker. Dieser war wenig überraschend ebenso bequem und hochwertig wie alles andere in der Wohnung. Die Kücheninsel war aus schwarzem Marmor und glänzte im Licht der LED Lampen. Die Sonne ging langsam auf und erhellte den Raum in einem gemütlichen Orangerot.

Er bemerkte nicht, dass Sato ihm mittlerweile einen Pfannkuchen hingestellt und sich selber gesetzt hatte. „Iss, bevor er kalt wird.“

Auch wenn es ihm peinlich war, wartete Yuki einige Momente ab, um zu sehen, wie Sato seinen Pfannkuchen aß. Mit den Händen? Mit dem Besteckt? Sicher nicht mit Stäbchen, die sah er nämlich nirgendwo. Der Manager bemerkte den starren Blick seines Gasts und schmunzelte triumphierend.

„Du kannst den Pfannkuchen mit Sirup oder Zucker… oder Marmelade oder sonst irgendwas essen. Ich jedenfalls esse ihn gerne mit Sirup“, erzählte Sato und griff zum Ahornsirup, der mit anderen Dingen auf der Kücheninsel stand.

Yuki sagte nichts, betrachtete einfach das Geschehen. Wie ein kleiner Junge, der lernen wollte, sah er zu, wie die braune Flüssigkeit über den hellen Teig lief. Als Sato ihm die Sirup Flasche reichte, träufelte er einige Tropfen auf seinen Pfannkuchen und probierte sofort mit dem Finger einen Tropfen am Rand der Flasche. Schnell steckte die Fingerkuppe im Mund. „Das ist ja unfassbar süß!“, rief er und ertränkte den Pfannkuchen in Sirup.

Sato lachte leise auf und beobachtete die Pfannkuchensuppe, die Yuki produzierte. „Probiere doch danach noch die anderen Sachen. Werden dir mit Sicherheit auch schmecken.“

Der Engel nickte eifrig und stopfte sich das erste große Pfannkuchenstück in den Mund. Es schmeckte wie ein Bonbon, was er mal vor sehr langer Zeit probiert hatte, als er unglücklicherweise eine Kinderseele ins Jenseits bringen musste.

Während Yuki glücklich seinen Pfannkuchen aß, stocherte Sato wieder einmal nur herum. Er erinnerte sich an das Gespräch mit seiner Ärztin Suzuki und sammelte im Kopf einige Worte.

„Bist du eigentlich Japaner?“, fragte er aus heiterem Himmel und beobachtete dabei seinen Pfannkuchen, wie er den Sirup aufsog.

Yuki sah auf und stoppte für einen Moment das Schaufeln. „Nein. Ich komme aus dem Himmel.“

So wie er es sich also dachte. „Du sprichst sehr gut japanisch. Kannst du noch mehr Sprachen?“

„Ich spreche alle Sprachen dieser Welt“, sagte Yuki und zog dabei die Schultern hoch, als wäre es das normalste der Welt.

„Im Ernst?“, hob Sato beide Augenbrauen an und sah erstaunt zum Engel. Der kleine Junge sah so inkompetent aus und dann das?

„Mhm“, bestätigte Angesprochener, während er auf einem großen Stück Pfannkuchen kaute. Als der Teller leer war, spürte Yuki noch immer ein leichtes Ziehen im Magen, das erst unangenehm wurde, als er angefangen hatte zu essen. Das war wohl das, was man Hunger nannte. „Darf ich noch einen?“, fragte er höflich, wissend, dass Sato gewisse Umgangsformen erwartete, auch wenn er sich selber nie an solche hielt.

„Sicher.“ Der Manager stand auf und holte noch weitere Pfannkuchen aus dem Ofen. Er dachte sich schon, dass der Junge Hunger haben würde und hatte in weiser Voraussicht mehr gemacht.

Als auch der zweite Pfannkuchen fast in nur drei Bissen in Yukis Mund verschwand, hielt Sato es für klüger, ihm weitere Fragen später zu stellen.

„Dann fahren wir jetzt shoppen“, verkündete der Schwarzhaarige, als er frisch geduscht aus dem Bad kam. Er hatte Yuki dazu verdonnert die Spülmaschine einzuräumen, war sich jedoch sicher, dass er das nachher noch einmal selber tun müsste, da der Engel sich mit der Frage „Was ist die Spülmaschine? Das da?“ geoutet hatte.

Der stand angewurzelt an der Küchentheke und sah sich den Toaster genauer an, als er Sato reden hörte. Es dauerte einen Moment, bis Yuki antworten konnte, da er von Satos legerem Auftreten extrem überrascht war. Er hätte schwören können, dass der Manager auch am Wochenende Anzüge trug. Stattdessen ging er mit einer perfekt sitzenden Bluejeans und einem weißen V-Ausschnitt T-Shirt zum Esstisch und packte seine persönlichen Sachen ein. Das einzige, was auf Business schließen ließ, war der Freizeitblazer, den er über das T-Shirt zog. Yuki fragte sich, ob alles, was der Mann anzog, perfekt saß, oder ob es einfach die Kleidung war, die ihn so perfekt wirken ließ.

Es dauerte nicht lange, da saßen beide dick eingepackt im Auto. Sato fuhr wie immer viel zu schnell auf den Highway in die Innenstadt. Er parkte in einem großen Parkhaus, was zu einem noch größeren Einkaufszentrum gehörte. Yuki konnte seinen Augen kaum trauen, als er die geschmückten Hallen sah. Alles glitzerte und funkelte. Überall standen Tannenbäume, die Gold schimmerten, Lichterketten, die blinkten, und noch mehr Weihnachtsdekoration, die eine gemütliche Stimmung verbreitete. Es roch nach gebrannten Mandeln und Glühwein. So viele Eindrücke und so wenig Zeit, wie Sato den Engel spüren ließ. Mit schnellen Schritten durchstreiften sie die Menschenmassen, die sich durch das Einkaufszentrum quetschten.

„Wieso gehen wir schon? Wir sind doch gerade erst angekommen!“, quengelte Yuki und zog dabei an Satos Ärmel.

„Wir kaufen hier nicht ein, hier gibt es nichts Anständiges“, informierte er Yuki knurrend und packte ihn schließlich am Handgelenk, da er das ständige Ziehen am Ärmel nicht ausstehen konnte.

„Können wir denn nicht wenigstens in Ruhe schauen?“, seufzte der Engel und folgte Sato weiter durch die großen Hallen, die so schön geschmückt waren.

„Später vielleicht“, bekam er nur als Antwort, als sie schließlich das Einkaufszentrum wieder verließen. Der Manager war sich sowieso nicht sicher, wieso sie shoppen gingen. Niemand konnte den Engel sehen, die Leute hielten ihn vermutlich sowieso für verrückt, alleine durch die Straßen zu laufen und mit sich selber zu reden. Aber irgendetwas in Sato sagte ihm, dass der kleine Junge endlich was Anständiges zum Anziehen brauchte, sonst würde er am Rad drehen. Denn auch wenn niemand ihn sehen konnte – Sato sah ihn. Und das reichte.

Sie erreichten eine ebenfalls schön geschmückte Straße, die mit vielen Luxusgeschäften bestückt war. Die Leute hier sahen gehobener aus –  arroganter und im Grunde wie Sato, bemerkte Yuki in seinem Kopf und sah jedem einzelnen ins Gesicht.

Der Manager schleifte Yuki in sein Lieblingskaufhaus und seufzte angenehm auf, als er die teuren Stoffe und das ruhige Ambiente vernahm. Sofort kam eine Verkäuferin auf ihn zu und begrüßte ihn.

„Hallo und herzliche Willkommen! Darf ich Ihnen weiterhelfen?“

Doch Sato schüttelte den Kopf und schweifte mit der Hand durch die Luft. „Ich schaue mich etwas um.“

Die Verkäuferin nickte und verschwand wieder in einer Ecke. Yuki beobachtete die anderen Kunden, welche fast schon missbilligend die teuren Sachen anfassten, als wäre es ihnen nicht teuer genug. Nur Sato strahlte auf einmal und durchstreifte das Kaufhaus. Shoppen gehen war also Kleidung einkaufen, so viel hatte Yuki schon verstanden.

„Such dir etwas raus, was dir passt“, murmelte Sato leise, damit ihn sonst niemand hörte. Yuki sah ihn mit großen Augen an.

„Ich? Wieso sollte ich mir etwas aussuchen?“

„Willst du lieber in meinen Sachen rumlaufen?“, schnauzte der Manager so leise es ging.

„Wieso nicht?“, fragte Yuki auf einmal genauso leise, als würde er ebenfalls gehört werden. „Mich sieht doch eh niemand.“

Sato schob seine Augenbrauen zusammen und schüttelte den Kopf. Auch wenn der Gedanke sehr erotisch war, Yuki ohne Unterwäsche in seinem Oversized Pulli zu sehen, wollte er dem Jungen anständige Kleidung holen.

Der Manager blieb abrupt stehen und fasst sich an die Schläfe. Erotisch? Yuki? In seinen Sachen? Was war nur los mit ihm?

„Wir können Unterwäsche holen“, schlug der Silberhaarige vor und deutete auf die Unterwäscheabteilung, die jedoch offensichtlich für Frauen war.

„Ja, aber nicht hier“, brummte Sato und deutete auf die Rolltreppen.

„Wieso? Das hier sieht wirklich schön aus.“ Mit schnellen Schritten ging Yuki auf einen Stand zu, schnappte sich einen schwarzen Spitzentanga und hielt ihn in etwas höher. „Das sieht viel schöner aus, als das, was du trägst.“

Nur sehr langsam kam der Manager auf den kleinen Engel zu und starrte auf die Unterhose. Er schrie sich selber an, Yuki zu sagen, dass diese Art von Unterwäsche für Frauen sei, doch alles, was aus ihm rauskam war:

„Dann nimm es mit. Aber in deiner Größe.“

Yuki nickte und hielt sich die Unterhose an die Hüfte, zog dann doch eine andere Größe raus und wurde unsicher. „Die Größen sehen alle gleich aus. Kann ich das nicht anprobieren?“

„Ja, doch“, seufzte Sato und dreht sich um, suchte die Umkleidekabinen. Es dauerte einige Sekunden, bis er welche nahe der Kassen entdeckte. Als er sich wieder zu Yuki umdrehte, stand der bereits hinter dem Unterhosenständer und stieg in das Höschen.

„Was zum –?! Was tust du da?“, rief Sato aufgebracht und versuchte nicht hinter die aufgetürmten Unterhosen zu blicken, bei denen Yuki offensichtlich untenrum nackt stand.

„Die Unterhose anprobieren. Du hast gesagt, das geht“, antwortete Yuki und zog den Gummibund der Spitze ein Stück höher. „Sie sitzt eigentlich gut. Was meinst du?“

In dem Moment trat Yuki hervor, hob seinen riesigen Pulli an und offenbarte Sato seine neue Unterhose, die perfekt saß, allerdings gerade so seinen Penis bedeckte.

„Ja…“, murmelte der Manager und starrte auf die schlanken, nicht behaarten Beine. Mit den langen Haaren, dem zu großen Pulli und der Frauenunterwäsche… hätte Yuki auch als Frau durchgehen können.

Der Engel betrachtete sich selber und nickte zufrieden. „Die ist schön. Die nehme ich.“

„Dann nimm gleich noch die anderen Farben mit… eine Unterhose reicht nicht“, raunte Sato, drehte sich schnell wieder rum, bevor die Röte in seinen Wangen zu dramatisch wurde und ihn verriet.

Yuki hingegen nickte zustimmend, stellte sich wieder hinter den Unterwäscheständer und zog die Unterhose aus. Das System mit dem Bezahlen hatte er schon verstanden, als er sich seine andere Kleidung geholt hatte. Anlassen ging nicht. Das Teil musste noch durch die Kasse.

Doch wieso man genau eine Unterhose trug, war Yuki noch nicht ganz klar. Er war doch schon durch die Leggings bedeckt. Wieso musste er sich denn darunter noch einmal bedecken?

Als Sato die Unterhosen an sich nahm und versuchte ruhig zu bleiben, während er die schwarze Spitzenhose in der Hand hielt, die vor wenigen Sekunden noch an Yuki saß, blieb dieser an einem anderen Stand stehen. Dort hingen noch ausgefallenere Dinge. „Korsagen“, las Yuki vor und starrte auf die interessanten Sachen. Darunter lagen Strümpfe, die bis zum Oberschenkel gingen.

Sato bezahlte die Unterhosen und nahm an der Kasse noch einen Packen Socken für Yuki mit. Der Junge macht mehr Ärger, als ihm lieb war. Besonders, als er ihn vor der Reizwäsche stehen sah. In dem Moment war er so dankbar, dass ihn keine der vorbeigehenden Frauen sehen konnte.

„Yuki“, flüsterte der Manager leise, als er sich hinter den Engel stellte. „Gehen wir endlich in die normale Abteilung.“

„Was ist das hier? Das sieht schön aus“, murmelte er und deutete auf eine Frau auf einem Plakat, die unendlich lange Beine zu haben schien und schwarze Reizwäsche mit Strapsen trug.

Sato räusperte sich und schloss entnervt die Augen. „Das ist Reizwäsche für Frauen. Also nichts für dich.“

„Wo steht denn, dass das nur für Frauen ist?“

„Das ist einfach so!“, raunte Sato laute auf und zog Yuki schließlich weg.

„Und warum trägt man so etwas?“, fragte Yuki neugierig, als sie gemeinsam auf der Rolltreppe standen.

„Um seinem Partner zu gefallen. Das hat was … Sexuelles.“ Sato drehte sich sofort um, in der Hoffnung, dass er Yuki nicht noch erklären müsste, was Sex ist. Doch der wurde auf einmal still und sah nachdenklich auf die kleine Tüte, die Sato in der Hand hielt.

„Oh“, war alles, was dann noch kam.

Ah, er hat’s wohl verstanden, summte Sato in seinem Kopf und zuckte leicht mit den Mundwinkeln. Ob er jetzt andere Unterhosen haben wollen würde?

Als sie endlich in der Männerabteilung ankamen, suchte Yuki einige Sachen zusammen, die Sato ebenfalls gefielen. Klassische T-Shirts und ein paar Jeans. Ein paar Pullis und sogar zwei Paar anständige Schuhe. „So viele Sachen!“, staunte Yuki, als er die großen Tüten in Satos Händen sah. „So viel brauche ich doch gar nicht.“

„Du würdest dich wundern, wie viele Klamotten man braucht“, schmunzelte der Manager, wissend, wie viele Anzüge er allein besaß und sie auch alle anzog.

Erst, als sie das Kaufhaus wieder verließen und Yuki einige Meter vor Sato lief, um die verschiedenen schön geschmückten Geschäfte zu bewundern, wurde dem Schwarzhaarigen bewusst, dass er gerade eine Shoppingtour mit einem Todesengel hatte und ein Heidengeld für jemanden ausgegeben hatte, den sowieso niemand sah. Für jemanden, den er manchmal noch immer für eine Halluzination hielt.

Doch es gefiel ihm. Yukis glückliches Gesicht zu sehen, wann immer er ein neues Teil bekam. Yukis Lachen zu hören, wenn Sato wieder einmal einen seiner trockenen Witze machte. Yukis Schimpfen, wenn Sato gehässig wurde.

„Das sieht schön aus“, murmelte Yuki und deutete auf einen kleinen Weihnachtsmarkt. „Ich habe etwas Hunger. Können wir dort etwas essen?“

„Wieso nicht“, brummte Sato, reichte Yuki dabei einige der Tüten, um besser zu einem Stand zu kommen, der Okonomiyaki anbot. Er bemerkte zu spät, dass sich auf einmal einige Leute umdrehten und zu Yuki sahen. Vermutlich sahen sie Tüten schweben?

Er eilte schnell zurück zum Engel und stellte die Taschen auf den Boden. „Können die anderen die Tüten sehen?“, fraget er hektisch. Yuki zog die Schultern hoch.

„Ich weiß nicht. Deine Kleidung scheinen sie ja auch nicht zu sehen. Vielleicht sehen sie auch keine Tüten?“

„Du weißt es selber nicht?“, hakte Sato nach und schüttelte den Kopf.

„Erneut: Ich war noch nie so lange hier! Ich weiß es nicht!“, raunte Yuki und schnaubte aus.

Es gab also noch viele Dinge, die geklärt werden mussten, dachte Sato und ließ Yuki mit den Taschen auf dem Boden alleine.

Gemeinsam aßen sie einige Kleinigkeiten, bis er den kleinen Engel schließlich zurück zum Auto schleifte. Es war bereits früher Abend geworden. Sie hatten mehr Zeit in der Stadt verbracht, als Sato ursprünglich geplant hatte.

„Können wir nächste Woche noch einmal auf den Weihnachtsmarkt? Der sah wirklich nett aus“, seufzte Yuki, während sie an einigen Buden vorbeifuhren.

„Wir können Montag nach der Arbeit hin.“ Eigentlich hasste Sato Weihnachtsmärkte. Sie waren voll und überall stank es nach Glühwein und anderen Menschen. Doch als er neben sich schielte und Yuki breit lächeln sah, wurde sein Herz ein Stück wärmer. So langsam glaubte er an das Himmlische in dem Jungen. Nichts anderes hätte Sato sonst so schnell in seinen Bann ziehen können.

Als sie zu Hause angekommen waren, schielte Sato direkt auf sein Handy. Mehrere Mails blinkten rot auf seinem Bildschirm.

„Yuki“, sprach er den Engel an, der glücklich auf dem Sofa saß und in den Einkaufstaschen wühlte, „Ich muss jetzt noch etwas arbeiten. Schau etwas fern oder lies etwas.“

„Naoyuki. Wieso merkst du es dir nicht mal?“, schnauzte Yuki los und verdrehte die Augen.

„Was auch immer“, raunte der Manager und setzte sich an seinen großen Glasschreibtisch. Die Stimmung zwischen den beiden ging mehrmals am Tag von 0 auf 180 und wieder zurück. Doch Sato mochte das aneinander reiben. Das Sticheln. Denn wenn Yuki da war, langweilte er sich nicht. Und er langweilte sich sonst sehr oft in Gegenwart von anderen Menschen.

Irgendwann hörte er den Fernseher im Hintergrund laufen. Yuki saß mit der Decke zusammengerollt auf dem Sofa und schaute eine Sitcom. Sato arbeitete weiter an seinen Berichten und beantwortete Mails. Es vergingen einige Stunden, in denen die Sonne unterging und Yuki in der Wohnung rumschlich. Schließlich öffnete er den Kühlschrank und begann etwas rauszuholen. Sato ließ ihn tun, war viel zu vertieft in seiner Arbeit.

Seine Augen wurden irgendwann trocken. Er rieb sie und stierte letztendlich auf die Uhr auf dem Computerbildschirm. Kurz vor 12. Es war Zeit ins Bett zu gehen. Sonst würde der Wecker in der Früh ihn wieder übermannen.

„Yuki“, seufzte Sato leise, ohne zum Engel zu schauen. Der Fernseher lief noch leise im Hintergrund, der große Haufen unter der Decke ihm zugewandt.

„Yuki“, wiederholte der Manager, schaltete den PC aus und erhob sich mit knackenden Knochen vom Schreibtisch. Doch als auch dann keine Antwort kam, ging er genervt auf seinen Gast zu.

„Okay, Naoyuki, ich hab’s verstanden!“, raunte Sato und stellte sich schließlich ans Sofa. Erst dann sah er den Silberhaarigen tief und fest schlafen. Die viele frische Luft, die Aufregung vom Shoppen und das viele Essen hatte ihn wohl umgehauen.

Der Manager schaltete den Fernseher aus und löschte das Licht im Wohnbereich. Nachdem er im Bad stand und sich die Zähne putzte, entschied er sich eine neue Packung aufzureißen und den Jungen morgen zu zwingen, sich die Zähne zu putzen. Seine Hygiene schien tatsächlich noch verbesserungswürdig zu sein.

Als Sato in seinem Bett lag und die Rollläden herunterfahren ließ, konnte er nicht anders als grinsen. Was war das für ein Tag? Ist er den ganzen Tag alleine rumgelaufen und hat Kleidung für einen Jungen gekauft, den es gar nicht gab?

Seine Sekretärin hatte ihm noch gar keinen Termin für das MRT genannt. Vielleicht würde er das am Montag erfahren.

 

Doch als er seinen Blick in das ruhende Gesicht von Yuki gleiten ließ, war er sich nicht mehr so sicher, ob das überhaupt noch nötig war.

Tag 7

 

Sato hörte den Wecker, schaltete ihn murrend aus und seufzte leise. Er wollte nicht aufstehen. Das Bett war schön warm, gemütlich und irgendwie weicher als sonst. Die komplette Wohnung war dunkel und nichts deutete darauf hin, dass Satos Aufstehen von Wichtigkeit gewesen wäre. Er hätte auch einfach mal liegen bleiben können.

Als Sato sich drehen wollte, spürte er einen kleinen Widerstand. Er versuchte es erneut, doch er kam nicht wirklich auf die Seite. Da brummte es leise neben ihm.

Sato schlug erschrocken die Augen auf.

Yuki lag eingerollt unter Satos großer Bettdecke und schlief weiterhin tief und fest. Noch immer trug er den Pulli und die Leggings. Besonders der Pulli ließ ihn noch kleiner wirken, als sonst.

„Was zum –“, begann Sato, brach jedoch seinen Satz ab und beobachtete den sich ruhig bewegenden Brustkorb.

Erst jetzt, wo die Decke seinen nackten Oberkörper verließ, spürte er die Kälte in seinem Zimmer. Sofort entdeckte Sato das gekippte Fenster an der Küchentheke. Und dass es etwas reingeschneit hatte.

Yuki war es auf dem Sofa wohl zu kalt geworden. Sato konnte es ihm nicht verübeln. Sein Bett war sowieso 10 Mal bequemer, auch wenn das Sofa damals sehr teuer gewesen war.

Der Manager befand sich nun im Zwiespalt: Sollte er aufstehen –  Yuki schlafen lassen, Aufstehen –  Yuki wecken oder liegen bleiben? Hatte er Frauenbesuch, war er sich immer sicher: Er stand auf und weckte die Frau, damit sie schnell wieder ging. Doch Yuki würde nirgendwohin gehen, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit.

Der kleine Engel schnaubte kurz im Schlaf auf, drehte sich auf den Bauch und seufzte leise. Seine Stupsnase wurde in das weiche Kissen gedrückt, seine silbernen Haare verstreut auf dem Laken. Er ist hübsch, dachte Sato in Erinnerung an das Gespräch mit seiner Ärztin. Jeder würde das sagen, das hatte schon fast nichts mehr mit seiner persönlichen Meinung zu tun. Trotzdem fühlte es sich falsch an, so von seinem Todesengel zu sprechen. Immerhin wollte er Satos Seele ins Reich der Toten bringen. Der Manager war für den Engel ein Auftrag. Einer, wie jeder andere. Wieso auch immer seine Seele nicht sofort gehen wollte – sie war der Grund, wieso Yuki überhaupt hier war. Wäre Sato einfach gestorben, hätten sie sich nie kennen gelernt. Und jetzt?

Lag er mit dem Engel im Bett. Seiner Halluzination. Seiner sehr realen Halluzination.

Sato ließ sich langsam wieder zurück unter die Decke gleiten. Er spürte die Hitze, die vom zweiten Körper ausging und schmiegte sich an ihn heran. Der Pulli war weich und Sato war neugierig, wie weich Yukis Haut wäre. Woher auch immer diese Gedanken kamen, der Manager wusste es besser, als eine Hand unter den Pulli des Engels gleiten zu lassen und es heraufzufinden. Er ließ Yuki schlafen, schmiegte sich einfach nur näher an ihn heran und schloss ebenfalls die Augen. Die Müdigkeit holte den Manager im Nu wieder ein.

 

„Yamamoto…“, murmelte Yuki leise, als er neben Sato aufwachte. Ihm war warm – so unfassbar warm! Und der große Mann neben ihm hatte ihn völlig eingenommen. Yuki lag auf dem Rücken, Satos Arm über ihm. Sogar seine halbe Schulter! Der schwere Kopf auf seiner Schläfe drückte ihn weiter in die Kissen. Über allem die Decke – Yuki dachte, er bekäme keine Luft mehr.

„Yamamoto, geh runter von mir, mir ist warm!“, jammerte der Engel und versuchte sich aus dem Klammergriff des Schlafenden zu befreien. Der brummte nur leise auf, bewegte sich ein kleines Stück und streckte sich langsam.

„Yuki…“, säuselte er im Halbschlaf und drehte sich schließlich auf den Rücken. Seine sonst so streng zurückgekämmten Haare hingen ihm im Gesicht und ließen ihn jünger aussehen. Der Engel richtete sich sofort auf und entledigte sich vom heißen Pulli. Er seufzte erleichtert auf, als die kühle Luft, die vom Küchenfenster hereinwehte, seine nackte Brust traf. Heiß, kalt – so etwas war so neu für ihn! Nie zuvor spürte er das Verlangen sich zu wärmen oder sich abzukühlen.

Als sein Blick zu Sato schweifte und er ihn ruhig schlafen sah, musste er grinsen. Denn auch nie zuvor verspürte Yuki das Verlangen, sich neben jemanden zu legen. Körperkontakt zu spüren. Alles fühlte sich so neu an, als hätte er es nie erlebt. Natürlich wusste er, wie Körperkontakt war – er berührte die Menschen hier und da an ihren toten Körpern. Doch sobald sie in ihrer astralen Form waren, ging alles sehr schnell und der Körper war weg. Jetzt, wo er auf der Erde gefangen war, konnte er das erste Mal all das in Ruhe erleben.

Vorsichtig fuhr Yuki mit seiner warmen Hand über die ebenso warme Brust von Sato. Sie war hier und da etwas behaart, aber nicht viel. Dafür war sie stramm, fast schon hart, ganz im Gegensatz zu seiner eigenen, die einfach nur schmal und weich war; fast schon knochig. Yukis Hand fuhr weiter, über die definierten Schultern, den Bizeps und zurück. An seinem Kinn war Sato stoppelig. Sein Bart kam langsam durch und ließ Yuki neugierig werden. Er fasste sich an seine eigene Wange und rieb, als könne er ebenfalls Haare herbeizaubern. Doch so behaart wie Sato war Yuki nicht. Der Manager hatte eigentlich überall Haare! An den Beinen, am Bauch, an den Armen, unter den Armen, im Gesicht… Überall! Und Yuki? Er hatte nur seine Kopfhaare, Augenbrauen und Wimpern. Auf einmal fühlte er sich seltsam. Wie ein Alien. Er wusste, dass viele Menschen viele Haare hatten. Wieso hatte er keine?

Erforschend fuhr er über Satos Wangen, strich über die langen, dichten Wimpern und fuhr schließlich über einzelne Strähnen seiner Rabenschwarzen Haare. Es war schön, endlich das anfassen zu können, was Yuki sonst immer nur sah. Menschen waren so bezaubernd in ihrem Wesen. Die Wärme, die Satos Körper ausstrahlte, wurde angenehmer als zuvor. Jetzt, wo Yuki oberkörperfrei ohne Decke auf dem Bett saß, wurde ihm doch wieder frisch. Er sah aus dem großen Fenster neben dem Bett. Es hatte geschneit! Alles war weiß!

Yukis Augen weiteten sich in Begeisterung, während er den kleinen Garten betrachtete, der unter der weißen Decke verschwunden war. Er wollte unbedingt mal in den Schnee, doch im Moment war ihm mehr nach wohliger wärme. Langsam ließ er sich wieder unter die große Decke gleiten und bekam Gänsehaut, als er Satos Arm an seinem Brustkorb spürte. Das war ein schönes Gefühl, dachte Yuki und lehnte sich weiter auf Sato. Hautkontakt war ein tolles Gefühl. Warm und … kuschelig. Ganz anders als mit dem Pulli!

Der kleine Engel kuschelte sich weiter an Sato, bis er einen Arm um seine Schultern spürte. Im ersten Moment erschrak er, schloss dann doch die Augen und lehnte sich weiter auf Satos Brust. Das Heben und Senken des Brustkorbs und der ruhige Herzschlag in Yukis Ohr ließen ihn wieder einschlummern.

„Seit wann so kuschlig?“, kam auf einmal Satos Stimme. Er war bemüht sanft und leise zu sprechen, damit Yuki nicht aufschrak.

Doch genau das geschah, nachdem er heftig zusammenzuckt ist. „D-Du bist ja wach!“, rief Yuki laut auf und fühlte seine Wangen kochen, während er sich hinsetzte; bemüht, seinen Oberkörper irgendwie unter der Decke zu halten.

Da musste Sato schmunzeln. „Schon seit ein paar Minuten.“

Yuki zog scharf die Luft ein und sah beschämt in seinen Schoß. „Du hättest ruhig etwas sagen können…“

„Ich dachte, ich lasse dich mal forschen. Du schienst sehr neugierig zu sein, was meinen Körper angeht. Gefällt er dir?“ Satos forsche Frage ließ Yuki noch weiter unter der Decke verschwinden.

„Wie kannst du mich so etwas fragen? So direkt…“, murmelte er und sah aus dem großen Fenster. Es hatte wieder etwas angefangen zu schneien.

„Es ist offensichtlich, da hast du Recht“, lachte Sato amüsiert, wenn auch neckend auf. Mit einer streckenden Handbewegung, zog er den kleinen Engel wieder auf seine Brust. Es war schön. Warm und irgendwie beruhigend. Sato würde es nie zugeben, aber er mochte kuscheln. Besonders nach dem Sex.

Yuki ließ sich ohne weiteres wieder zum Manager ziehen und schmiegte sich an ihn – wenn auch etwas verkrampft. „Es ist nur so neu für mich…“, erzählte Yuki und kaute dabei auf einem Fingernagel. „Der Kontakt zu Menschen. Ich war noch nie jemandem so nah…“

„Noch nie?“

„Nein. Niemand kann mich sehen. Niemand kann mich anfassen – wer bleibt denn da noch übrig?“

„Na, deine Kollegen, oder… wie die heißen“, riet Sato und schob die Augenbrauen zusammen.

„Nicht unbedingt. Wieso sollten wir uns berühren? Da wäre kein Grund zu.“

Sato dachte da an tausend Gründe, jemanden zu berühren, aber er verstand, dass es unter Kollegen vielleicht auch nicht üblich war, jemanden anzufassen. Bis auf Hanakuro wollte er auch niemanden näher als nötig kommen.

Natürlich packte Sato die Neugierde, wo der unerfahrene Engel so unschuldig auf seiner nackten Brust lag. Vorsichtig strich er mit den Fingerkuppen über Yukis weiche, blasse Haut und malte einige Zeichen. Er konnte die Gänsehaut vom Engel sehen, die sich von Zeichen zu Zeichen verstärkte.

„W-Was machst du da?“, hauchte der Silberhaarige und spürte seine Wangen pochen. Sein Herz raste und er verstand nicht wieso. Diese ganze Erfahrung der Berührungen machte ihn … so anders!

„Dich streicheln. Fühlt es sich nicht gut an?“, grinste der Manager vor sich hin und weitete das Gebiet der Streicheleinheiten weiter aus. Bis zur Leggings und wieder zurück. Yuki blieb starr auf Satos Brust liegen und begann schneller zu atmen.

„Doch… schon… aber“, murmelte er, „mir wird so heiß…, wenn du das machst.“

Dieser Satz ging sofort in Satos untere Gebiete. Für einen kurzen Moment hörte er auf, Yukis Rücken zu kraulen, setzte jedoch nach wenigen Sekunden die Berührung wieder fort. „Soll ich noch ein Fenster aufmachen?“, fragte er scheinheilig und tat so, als wüsste er nicht, was der Engel meinte.

„Mhhmm…“, brummte es von seiner Brust aus. Yuki wusste, dass es nicht an der Raumtemperatur lag. Und Sato wusste das genauso! Dass er auch immer sticheln musste, war doch klar!

Während Sato für sich entschloss, nicht weiter zu provozieren, streichelte er weiter über Yukis Rücken, der wie ein toter Fisch auf Satos Brust lag. Er fuhr über die Schulterblätter und fragte sich zum ersten Mal, seitdem er den Engel bei sich hatte, was ihn eigentlich als Engel ausmachte.

„Hast du eigentlich Flügel?“, fragte er schließlich in die Stille. Sollte der Junge nur eine Halluzination sein, hatte er natürlich welche. Denn für Sato gehörte ein Heiligenschein und Flügel zum Standardequipment von Engeln.

Zu seiner Überraschung nickte Yuki tatsächlich. „Ja.“

Als nichts weiter geschah und Yuki auch keine Anstalten machte, sie zu zeigen, setzte Sato die Streicheleinheit einfach fort. Die Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Gut, dass Yuki sein Gesicht nicht sehen konnte.

Doch als hätte der Engel die Enttäuschung gerochen, zuckte er auf einmal zusammen und sah zu Sato hoch. Die grauen Augen starrten in die Leere, bis sie Yuki Aufmerksamkeit schenkten. Mit hochrotem Kopf lehnte er sich aus der Umarmung und beugte sich weiter zu Sato vor.

Dieser wusste nicht ganz wie ihm geschah, als sich der Silberhaarige vorbeugte und seinem Gesicht immer näherkam. Würde er jetzt noch rittlings auf seine Hüfte klettern, dachte Sato, wäre es mit ihm geschehen. Das ganze Kuscheln wurde viel zu intim!

Yuki musterte Satos überraschtes Gesicht und strich vorsichtig mit den Fingerkuppen über seine rauen Wangen. Dieser Mann war anders als die anderen. Er war nicht einfach irgendwer. Also, dachte Yuki, würde es schon okay sein, nicht wahr? Ihm ein Stück Göttlichkeit zu zeigen?

Der Engel nahm all seinen Mut zusammen, spürte den Herzschlag in den Wangen und fragte leise: „Willst du sie sehen?“

Die grauen Augen weiteten sich ein Stück und Sato spürte, wie er den Atem anhielt. Er hatte keine Ahnung, wieso die Flügel für Yuki so eine große Sache waren. Aber er respektierte die Scheu und versuchte ehrfürchtig zu Antworten. „Wenn ich darf?“

Volle Lippen schoben sich beiseite und zeigten weiße Zähne. Yuki lächelte Sato schüchtern an und nickte langsam. Schließlich atmete er tief ein, hob den Brustkorb ein Stück weit an und schloss die Augen.

Satos Hände ruhten erst auf Yukis Hüften, als er sie ruckartig vor weiteren Goldpartikeln wegzog. Langsam formten sich aus goldenem Glitzer große, weiße Flügel, die elegant aus Yukis Rücken entsprangen. Sie leuchteten in einem warmen Licht, das Sato nicht zu deuten vermag. Als sie vollständig durch die Goldpartikel erschienen waren, bewegte Yuki sie ein bisschen, um die restlichen Goldstücke von den Flügeln zu schütteln. Wie kleine Diamanten glitzerten sie an den Federn.

Der Anblick war atemberaubend. Sato wusste nicht, was er sagen sollte. Yuki sah unfassbar schön aus. Magisch, gar nicht mehr wie der kleine Junge von Anfang mit dem Notizbuch, sondern erhaben, elegant und anmutig. Ein wahrer Engel, dachte der Manager und konnte sich nicht daran hindern, eine Hand auszustrecken und die weichen Federn zu berühren.

Yuki ließ es geschehen, beobachtete jedoch jede von Satos Handbewegungen genau. Als eine große, warme Hand über seine Flügel strich, durchfuhr ihn eine Wärme, die mit dem Streicheln von vorher zu vergleichen war. Es war wahnsinnig intim und sinnlich, dass er einen Menschen seine Flügel berühren ließ. Satos Berührungen waren wie kleine elektrische Signale, die durch Yukis Körper wanderten.

„Nicht“, flüsterte er auf einmal und entzog Sato den Flügel, den er am Streicheln war, „Das kitzelt etwas.“

„Entschuldige…“, hauchte Sato zurück und ließ seine Hand in die Laken fallen. „Ich habe nur noch nie einen Engel in meinem Bett gehabt.“

Das Statement ließ Yuki kichern. „Als ob du überhaupt schon mal einen Engel gesehen hast!“

„Nur auf Malereien und in Filmen… Aber die waren alle nicht so schön wie du“, murmelte er wahrheitsgemäß, während er noch wie erstarrt auf die großen weißen Flügel starrte. Es war, als würde er ein Stück vom Himmel sehen.

„Sag so etwas nicht“, kam von Yuki, der die Flügel genierend an sich zog, „ich bin nicht einer deiner Frauen.“

„Du tust gerade so, als würde ich einen Harem besitzen“, lachte Sato und erhob sich ebenfalls aus den warmen Kissen. Vorsichtig legte er seine großen Hände zurück auf Yukis Hüften. „Außerdem sage ich nur die Wahrheit. Meine Ärztin hat mich auch schon damit aufgezogen.“

Das ließ den Engel hellhörig werden. „Deine Ärztin? Du hast ihr von mir erzählt?“

„Ja“, nickte der Manager und strich über die glatte Haut. „Ich hatte mir bei ihr einen Termin geben lassen, weil ich Angst hatte, mit meinem Kopf sei etwas nicht in Ordnung. Ich hielt dich am Anfang für eine Halluzination oder dergleichen.“

Was auch immer sich Sato von der Wahrheit versprach, früher oder später würde Yuki es sowieso herausfinden, dass er heimliche Besuche bei einer Ärztin hatte. Lügen würde ihn also nicht sehr weit bringen.

„Du hältst mich für eine Halluzination?“, rief Yuki auf einmal empört auf und vergaß für einen Moment seine Scham, nackt und ausgeliefert vor Sato zu sitzen.

„Nicht mehr.“

Sato versuchte so lieb wie möglich zu lächeln, damit er Yuki davon überzeugen konnte, dass er sich mit der Existenz von Engel abgefunden hatte. Das würde zwar auch bedeuten, dass alles andere stimmte – der Schlaganfall, sein Tod, sein baldiges Ableben und das Jenseits – doch im Moment sah er nur die wunderschöne Präsenz seines Todesengels. Die Flügel ließen Yuki in einem völlig anderen Licht erscheinen. Ein Licht, welches Sato nicht mehr missen wollte. Vorsichtig strich er über die weiche Wange, die schlagartig errötete, als seine grauen Augen die warmen Braunen trafen.

„Dann… dann ist ja gut! Ich bin nämlich keine Halluzination! Ich bin mehr als real!“, keifte der Engel weiter. „Das solltest du deiner Ärztin auch sagen!“

„Das werde ich am Montag tun“, bestätigte Sato und beugte sich langsam zum Silberhaarigen vor. Der starrte mit starkem Herzklopfen auf das Laken und sah Sato nur im Augenwinkel näherkommen.

 

Der Schwarzhaarige schmiegte seine Wange an Yukis und rieb etwas daran. Dieser Junge war mehr als real. Alles an ihm erweckte Satos Interesse – in jeglicher Hinsicht.

Die zwei Angestellten der anderen Firma, Walross und Ratte, hatten noch Witze darüber gerissen, dass Sato vielleicht schwul sei. Nun, dachte sich der Manager, das wurde gerade bestätigt. Zumindest bisexuell. Und eigentlich nur mit diesem einen Mann, der sein persönlicher Todesengel war.

„Yuki“, flüsterte Sato und konnte sich nicht zusammenreißen, als er ein kleines Wimmern im Ohr hörte.

Der Engel saß in Satos festem Griff und ließ sich ungeniert von ihm anfassen. Es fühlt sich gut an, dachte der Engel und spürte abermals Gänsehaut auf seiner Haut.

Starke Arme zogen den Silberhaarigen näher an sich heran, bis ein feuchter Kuss auf Yukis Schulter folgte. Der schauderte auf, zog die Flügel noch ein Stück an sich heran und atmete unregelmäßig aus.

„Yamamoto… was tust du?“, flüstere er leise, blieb jedoch still, als ein zweiter Kuss in den Nacken folgte.

„Dich berühren“, murmelte er zwischen den Küssen, „du kennst das doch alles nicht, oder doch?“

„… schon, aber…“, murmelte Yuki ein letztes Mal, bis er völlig benebelt erneut in die grauen Augen blickte. Diese glitzerten im hellen Licht des Schnees besonders stark und zeigten pure Leidenschaft.

Sato wollte ihn berühren – überall! Wenn der Engel so etwas noch nicht kannte, sollte er es schnellstens nachholen. Und so, wie er stillhielt, war es vielleicht auch das, was er wollte. Sicher – er war ein Todesengel, göttlicher Natur und sollte nicht mit solch einer Sünde in Berührung kommen. Aber würde dann nicht etwas passieren? Würde Sato nicht irgendwie abgehalten werden? Sollte Yuki ihn dann nicht zurückweisen, wenn sicher war, dass Todesengel das nicht durften?

Einig mit sich selbst, dass er zu viele zweifelnde Gedanken zuließ, zog er Yuki ein Stück zu sich hoch, presste ihn an seine Brust und drückte ihm seine feuchten Lippen auf.

Yuki konnte nicht anders, als die Augen aufzureißen und die Luft anzuhalten. Sato küsste ihn! Auf den Mund!

Wie erstarrt blieb der Engel mit angewinkelten Armen in Satos inniger Umarmung und ließ sich küssen. Die rauen Lippen wurden weicher, je öfter sie auf seine eigenen trafen. Mit leichten auf und ab Bewegungen rieben ihre Lippen aneinander. Aus einer vorsichtigen Versuchung wurde nach wenigen Sekunden raue Leidenschaft, als Sato den Kuss intensivierte und an Yukis Unterlippe knabberte. Der Silberhaarige wusste nicht, wie ihm geschah, also tat er einfach das, was sich gut anfühlte. Immerhin war das sein erster Kuss, woher sollte er schon wissen, wie Menschen das machten?

Aber eins wusste er: Es fühlte sich wundervoll an. Und ehe er sich versah, spürte er Satos Zunge an seiner, wie sie mit ihr tanzte und sie in seinen Mund lockte. Der Austausch von Speichel erschien Yuki im ersten Moment als ziemlich eklig, wo er sich schon geweigert hatte, Satos Zahnbürste zu verwenden. Doch jetzt konnte er an nichts anderes mehr denken, als weiterzumachen.

Der Manager spürte, wie seine Unterhose immer enger wurde. Nicht gut, dachte er; wollte er den Engel nicht gleich mit seinem Ständer verschrecken. Aber der Kuss wurde immer hungriger, ganz gleich, dass Yuki mit dem Rest seines Körpers wieder einmal zur Salzsäule erstarrt war. Also ließ sich Sato nicht weiter beirren: Er schnappte sich Yuki an den Schultern, drehte ihn auf den Rücken und presste ihn ins Laken. Mit sanften, aber bestimmenden Bewegungen drückte er seine schlanken Beine auseinander und legte sich mit seinem Gewicht auf ihn. Dabei berührte er mit seinem Schwanz den von Yuki, was ihn schmunzeln ließ. Die Leggings ließ nichts der Imagination übrig, sodass Sato ganz genau sehen konnte, dass auch Yuki steif geworden war.

So, so, dachte der Manager dunkel, der unschuldige Engel wird vom Küssen mit einem Mann steif. Wie sündhaft.

So sündhaft, dass Sato mehr wollte. Yuki hingegen wurde langsam nervös, als er Satos großes Glied an seinem spürte, welches ebenfalls angeschwollen war. Das ist Sex, dachte er. Das ist Sex! Völlig überfordert mit der Situation, blieb er einfach auf dem Rücken liegen, behielt die Beine gespreizt und ließ sich von Sato berühren. Überall brannte es, wo Satos Hände an ihm entlang glitten. Yuki wurde so wahnsinnig heiß, dass er dachte, er verbrenne. Doch auf der anderen Seite spürte er eine große Lust, weiterzumachen. Sich überall zu berühren, besonders da unten. Denn da wurde er so sensibel, dass jedes Streifen seiner Leggings an Satos Unterhose zum elektrischen Schlag wurde.

Sato bemerkte, wie Yuki anfing, sich unter ihm zu bewegen und rhythmisch gegen seine Hüfte zu drücken. Hier und da entwich dem Engel ein erregtes Seufzen, wenn Satos Schwanz über die Konturen von Yukis Glied fuhr.

Der Manager war sonst kein Blümchensexfreund. Normalerweise liebte er es rau und hart. Und es kostete ihn einiges an Überwindung, Yuki nicht auf der Stelle fest in die Laken zu vögeln. Stattdessen atmete er tief ein und aus und versuchte sich zu beruhigen.

Trotz der ganzen Bemühungen, fuhr Sato mit forschen Händen über Yukis Leggings und zog sie mit flinken Fingern über den Hüftknochen.

Das ließ Yuki aus seiner Starre aufwachen. „Ah! Nein – warte“, hauchte er heiser und griff instinktiv nach Satos Handgelenken. Doch der war wie in Ekstase, leckte sich die Lippen und rutschte einige Zentimeter weiter runter. „Yamamoto, nicht, ich weiß nicht ob“, versuchte es Yuki erneut, doch viel zu leise, viel zu stotternd, als dass Sato ihn hören konnte. Oder wollte.

Noch nie hatte er ein fremdes Glied im Mund gehabt, geschweige denn angefasst. Aber Yukis ebenfalls blassen und glatten Penis zu beglücken war für Sato irgendwie natürlich. Er wollte, dass der Engel die Art von Berührung spürte, die jeder Mensch liebte. Einen Orgasmus, hervorgerufen durch eine andere Person. Darüber stand nur noch Sex, etwas Besseres an Körperkontakt gab es einfach nicht!

Yukis Proteste in den Hintergrund schaltend, begann er ausgiebig vom Schaft bis zur Eichel zu lecken, um alles ausreichend zu befeuchten.

„Ah! … Oh, Ya-“, war alles, was Yuki rausbekam, als sein Schwanz von Sato hungrig geleckt wurde. Die Art von Berührung war unbeschreiblich! Alles in ihm war geladen, angespannt und doch ausgiebig ausgeruht. Als würden sich alle Nervenbahnen nur zwischen den Beinen sammeln und ihn verrückt werden lassen.

Aber trotz der himmlischen Sinnlichkeit, die von Satos Zunge ausging, wusste Yuki auch, dass er das nicht zulassen sollte. Irgendetwas in ihm schrie, dass diese Art von Zuneigung die berufliche Distanz vollkommen überschritt.

„Du musst aufhören… Bitte…“, jammerte Yuki nicht sehr überzeugend und ließ langsam Satos Handgelenke locker.

Der Manager küsste die Eichel und begann mit seinen Fingern pumpende Bewegungen um den Schaft zu starten. „Wieso?“, fragte er schließlich zwischen den Küssen und wagte einen Blick nach oben in Yukis Gesicht. Das war knallrot und von einzelnen silbernen Strähnen bedeckt. Lusterfüllte Augen blickten zu ihm runter und bettelten nach mehr. Ganz im Gegensatz zu seinem Mund:

„I-Ich weiß nicht… Aber wir sollten das nicht tun!“, wimmerte der Engel und fing an seine Flügel über das Laken zu scheuern. Der Wecker und eine Handcreme fielen dabei vom Nachttisch. Doch Sato ignorierte das Chaos. Wann befriedigte man schon einen echten Engel in seinem Bett?

Ohne auf Yukis Bedenken zu antworten, nahm er den angeschwollenen Schwanz in den Mund und begann mit viel Unterdruck an ihm zu saugen. Das bescherte ihm vom Engel ein lautes Stöhnen und zwei Hände, die sich in seine Haare bohrten. Je leidenschaftlicher er Yukis Glied lutschte, desto fester wurde der Griff in seinen Haaren. Fast schmerzhaft zog es an seiner Wurzel, doch Sato ließ sich nicht beirren und gab weiterhin sein Bestes.

Das laute Stöhnen und Seufzen von Yuki ließ Sato immer härter werden. Oh, dachte er, wie sehr würde er jetzt Sex haben wollen. Harten, erbarmungslosen Sex. Im Bett, auf dem Sofa – ja er würde den Engel auch auf dem Schreibtisch nehmen, das war ihm völlig egal. Ein derartiges Verlangen hatte Sato lange nicht mehr gespürt. Seine Libido schien doch noch da zu sein.

Doch er riss sich weiterhin zusammen. Yuki sollte erst einmal einen Orgasmus erfahren, danach könnten sie immer noch zu Sex übergehen.

Als Satos Mund durch Yukis Hände in seinen Haaren immer tiefer nach unten gedrückt wurde und er sich bemühen musste, nicht zu würgen, spürte er in Yukis Glied heftiges Zucken. Mit schnellen Pumpbewegungen um seinen Schaft, beschleunigte er das heiße, muskelziehende Gefühl, was den Engel überkam.

In dem Moment, wo Yuki laut aufschrie, sich völlig verkrampfte und schließlich in Satos Mund kam, fühlte sich sein ganzer Kopf blank an. Als hätte sich alles in seinem Körper auf diesen einen Fleck zwischen seinen Beinen konzentriert.

Der Schwarzhaarige schluckte so viel er konnte und küsste im Anschluss noch liebevoll die rote Eichel. Wundgescheuert und angeschwollen glänzte sie Sato an. Glücklich über seine Errungenschaft den kleinen Engel zum Orgasmus gebracht zu haben, betrachtete er sein Kunstwerk, bis er seinen Blick über den vom Höhepunkt zitternden Körper gleiten ließ. Yukis Brustkorb hob und senkte sich in schnellen Zügen, während man geradezu seine Adern pulsieren sah. Völlig außer Atem und mit geschlossenen Augen, wartete er noch die ekstatische Starre ab, bis er Yuki vorsichtig auf die Wange küsste.

Yukis weiße Wimpern waren etwas von Salz verklebt und erschwerten das Öffnen der Augen. Er spürte Satos Lippen auf seiner Wange und brauchte einen Moment, bis er einen Fixpunkt im Raum fand, an den sich seine Augen gewöhnen konnten.

Diese Berührung war viel zu intensiv, dachte Yuki und spürte die Nässe an seinen Hüften langsam trocknen. Als er zu Sato hochblickte und der ihn eindringlich ansah, musste er wegschauen.

Ihn überstieg die Pein. Was hatte er nur getan? Er hatte Sex mit einem Menschen! Noch dazu mit einem Toten, jemanden, der eigentlich schon längst hätte im Jenseits sein sollen!

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, drückte er Sato von sich, sprang aus dem Bett und zog die Leggings wieder hoch.

„Yuki? Yuki, was ist los?“, fragte Sato hektisch und richtete sich ebenfalls auf, um den Engel mit nervösen Blicken zu begleiten. „War es so schlimm?“

Erst als der Engel fast über einen seiner Flügel gestolpert war, löste er sie wieder in Goldregen auf. Schnell hob er seinen schwarzen Pulli vom Boden neben dem Bett auf, streifte ihn über und sah noch ein letztes Mal zu Sato, der wie überfahren im Bett kniete und entsetzt zu Yuki starrte.

„Wir hätten das nicht tun dürfen!“, sagte der Silberhaarige mit zittriger Stimme und schüttelte den Kopf. „Das war zu viel!“

 Natürlich, dachte Sato, dass das jetzt im Desaster enden musste.

Und als hätte er nur darauf gewartet, wandte sich Yuki vom Manager ab und löste sich noch im Gehen in Goldpartikel auf. Nur ein glitzernder Funke blieb übrig, der auf dem dunklen Parkett landete und verglomm.

Sato blieb wie angewurzelt im Bett sitzen und starrte erst auf die Fußbodenstelle, dann vor sich aufs Laken, wo gerade noch ein lauthals stöhnender Engel lag. War das real gewesen? Es fühlte sich selbst unmittelbar danach so unwirklich an.

 

Doch der etwas bittere Geschmack von Sperma in seinem Mund bewies ihm, dass es real gewesen war. Und das drückende Gefühl in der Brust, was durch Yukis plötzliches Verschwinden hochkam, tat sein Übriges. 

Tag 8

 

Ein Montag war noch nie so schwermütig gewesen, wie derjenige, an dem Akuma-Sato Yamamoto das erste Mal in seinem Leben zu spät kam.

„Yamamoto-Sama, da sind Sie ja!“, begrüßte Hanakuro ihren Chef. Der kam mit wilden, nicht gestylten Haaren ins Büro, klatschte seinen Aktenkoffer auf die Schreibtischplatte und schnaubte aus.

„Wie viel habe ich verpasst?“, fragte er sichtlich angespannt und schielte auf seine Armbanduhr. Eine Dreiviertelstunde zu spät. Hoffentlich bekam das die Chefetage nicht mit.

„Das Meeting hat seit einer viertel Stunde begonnen, Sie können mit Sicherheit noch dazustoßen“, beruhigte seine Sekretärin den aufgebrachten Manager. Der nickte und folgte ihr mit schnellen Schritten in die Konferenzetage.

Im Aufzug kontrollierte Sato sein Auftreten im Spiegel. Der Anzug und die Manschettenknöpfe saßen wie immer 1a. Doch er selber sah wie durch den Reißwolf gezogen aus.

Er hatte am Sonntag noch alle Sachen von Yuki gewaschen. Das Bett neu bezogen, die Laken ebenfalls gewaschen. Eine Zahnbürste für ihn sichtbar hingelegt und die Decke mit dem Kissen auf dem Sofa drapiert, falls Yuki nicht mehr bei ihm im Bett schlafen wollte. Doch nachdem Sato alleine zu Abend gegessen hatte, sein Homeoffice schloss und alleine ins kalte Bett kroch, spürte er die Ungewissheit in seine Knochen zurückkehren. Das letzte Mal, wo Yuki verschwunden war, gab es keinen wirklichen Grund, außer den, dass Sato es ihm befohlen hatte. Nun gab es einen Grund, einen triftigen sogar, und Sato wusste nicht damit umzugehen. Hatte er den Engel verärgert? Ihn verletzt? Hätte er tatsächlich aufhören sollen? Aber er leistete wirklich wenig Widerstand. Zumal er auch recht schnell gekommen war. Waren es also die Gewissensbisse, die Yuki in die Flucht getrieben haben? Doch wie kann etwas, was sich so gut anfühlte, so schlecht sein?

„Yamamoto-Sama?“, fragte Hanakuro urplötzlich und stand an den Aufzugtüren. Sato hatte für einen Moment völlig vergessen, wo er mit wem war und starrte sie völlig von der Rolle an.

„Entschuldigen Sie“, räusperte sich der Manager und trat aus dem Aufzug. Mit einer schnittigen Handbewegung führte er seine längere Frontpartie von Haaren nach hinten und hoffte, dass sein grauenhafter Zustand seine Kollegen nicht dazu animierte, ihn auf sein Aussehen anzusprechen.

Doch das Meeting verlief relativ ruhig. Niemand bemerkte kritisch oder spitzzüngig, dass er zu spät kam. Niemand unterbrach ihn, als er sich verhaspelte und eine Folie zu schnell war. Und niemand sprach ihn auf seine schlechte Laune oder sein schlechtes Aussehen an.

Etwas entspannter als zuvor, schlurfte Sato zurück in sein Büro und hoffte innerlich, dass Yuki dort sitzen würde. Doch es war leer. Bis auf einen erneuten Stapel an Papierkram hatte sich nichts verändert.

Es vergingen Minuten, fast Stunden, in denen Sato mit sich rang, ob er nicht noch einmal zu Suzuki gehen sollte. Sie hatte vormittags offene Sprechstunde. Immerhin war er ein Angestellter, der ein Wehwehchen hatte. Auch wenn es ein innerliches war. Einen MRT-Termin hatte er sowieso noch nicht bekommen. Er könnte ja so tun, als würde er sich deswegen beschweren und hintenrum nach einem Rat fragen. Außerdem hatte er Yuki versprochen, der Ärztin klarzustellen, dass er den Engel für keine Halluzination hielt. Auch wenn Yuki selber nicht anwesend war, so wollte er es Suzuki trotzdem mitteilen. Als Teil eines guten Patienten. Und in der Hoffnung, es würde Yuki in irgendeiner Form milder stimmen.

Also machte sich der Manager mit offenem Hemdkragen und gelockerter Krawatte nach seiner kurzen Mittagspause auf zur Ärztin. Er klopfte höflich an und trat ein, als er ihre zärtliche Stimme vernahm.

„Yamamoto-San“, begrüßte sie den Manager erstaunt und zuckte sofort zusammen. „Das Krankenhaus hat sich leider noch nicht wegen eines freien Termins gemeldet. Ich hatte es Hanakuro-San ausgerichtet, aber… diese Information hat sie wahrscheinlich nicht erreicht“, mutmaßte sie über das Auftreten des Managers.

Der schloss ruhig hinter sich die Tür und nickte, als hätte er Verständnis für den Umstand. „Das ist nicht schlimm. Ich habe zurzeit eh viel um die Ohren. Haben Sie kurz Zeit für mich?“

Suzuki schien zu überlegen, spähte dann in ihren digitalen Kalender und nickte. „Ein paar Minuten habe ich. Um was geht es denn? Haben Sie erneut Beschwerden gehabt?“

„Nicht wirklich“, murmelte Sato und setzte sich auf ihr kleines Sofa. Wieder einmal überschlug er seine Beine und seufzte tief auf, als Suzuki nach ihrem Klemmbrett griff, um sich Notizen zu machen. „Ich glaube, ich habe Yuki… Also den Todesengel, irgendwie verärgert. Jetzt ist er weg.“

Die Ärztin stutzte über das Geständnis, da sie nun wirklich alles nur nicht das erwartet hatte. „Sie haben sich also gestritten?“ Schnell notierte sie sich Innerer Konflikt.

„Eigentlich nicht. Ich habe ihm sogar eher etwas Gutes getan, aber er hat es wohl nicht als etwas solches aufgefasst“, seufzte Sato in Erinnerung an ihr erstes Petting. Der Gedanke an sein angeregtes Gesicht, welches durch die silbernen Haare verschleiert blieb, ließ seine Hose gefährlich eng werden.

„Glauben Sie, dass dieser Vorfall vielleicht auf eine Art… innerer Konflikt hinweist?“ Suzuki bemühte sich so professionell wie möglich zu erscheinen. Sie war sich bewusst, dass Sato unter der Situation litt und jemanden brauchte, dem er sich anvertrauen konnte.

„Innerer Konflikt? Ja, das denke ich schon“, nickte der Manager, während er betrübt zu Boden blickte. „Yuki schien es sehr genossen zu haben. Auf der anderen Seite kam dann aber wohl das schlechte Gewissen.“

Suzuki war nicht dumm und schaltete sofort, um was es ging. Eine Art sexuelle Fantasie, schlussfolgerte sie und notierte sich einige Stichwörter. „Darf ich fragen, um welches Thema es hier geht?“, stellte sie sich dumm und sah ihren Patienten konzentriert an.

Sato musste einen Moment lang überlegen, bevor er kleinlaut zugab, was vorgefallen war. „Alles hat sich etwas zu schnell gesteigert und wir hatten Petting. Eigentlich“, so fing er an zu gestikulieren, „habe ich ihn befriedigt und -“

Schnell unterbrach er sich selber und verstummte aus Pein. Auch wenn Suzuki der Schweigepflicht unterlag, war es noch einmal etwas anderes, solche Dinge laut auszusprechen. Auch sie war nur ein Mensch.

„Jedenfalls“, sprach er schnell weiter, um die Situation nicht entgleisen zu lassen, „bin ich mir sicher, dass er keine Halluzination ist.“

Suzuki kam aus dem Schreiben gar nicht mehr raus, als sie horchend aufblickte. „Was lässt Sie so sicher sein?“

Der Schwarzhaarige gestikulierte um seinen Mund. „Ich… ich habe ihn geschmeckt. Und auf dem Laken, was ich gewaschen habe… Na ja…“, stotterte er weiter und versuchte mehr mit Handakrobatik als mit Worten seinen Standpunkt klar zu machen. „So etwas bilde ich mir nicht ein. Ich hatte bis gestern keine Ahnung wie ein anderer Mann schmeckt. Oder wie ein anderer Penis aussieht. So etwas kann ich mir gar nicht eingebildet haben!“

Es herrschte für einen Moment eine drückende Stille. Suzuki hatte aufgehört zu schreiben und wusste langsam nicht mehr, was sie noch sagen sollte. Ein hoch angesehener Manager hatte sexuelle Fantasien mit einem kleinen blonden Engel. Sie war sich nicht sicher, ob sie erst die Psychiatrie oder erst das Krankenhaus anrufen sollte.

„Und jetzt ist Yuki weg?“, fragte Suzuki noch einmal nach und überschlug ihre Beine. „Weil er das Petting nicht wollte?“

„Doch, er wollte es! Jedenfalls… wirkte es so“, wurde Sato mit jedem Satz leiser und zog irgendwann die Schultern zusammen. Eine Geste, die er sonst bei allen Menschen hasste. „Ich weiß es nicht.“

„Und Sie sind traurig, weil Sie es schön fanden“, schlussfolgerte sie. „Sie wünschten sich von ihm genauso viel Freude. Und vielleicht… ich weiß nicht, ein zweites Mal?“

„Eher eine zweite Chance“, korrigierte Sato seine Ärztin. „Ich will ihn zu nichts überreden, was er nicht will.“ Auch wenn Sato sich gerade in die eigene Tasche log, versuchte er überzeugend zu klingen.

Scheiße, er wollte nichts lieber, als Yuki hart in seinem Büro zu nehmen. Oder im Auto. Oder sonst wo! Eben dort, wo der Engel seinen Namen schreien und ihn anbetteln würde, ihn tiefer zu nehmen.

„Nun, wenn Yuki weg ist, weiß ich nicht, wie Sie ihn wiederbekommen können“, seufzte Suzuki und legte ihr Klemmbrett weg. „Sie können nur hoffen und warten, dass er wiederkommt und Sie sich aussprechen können.“ Es war ein gut gemeinter Rat, doch die Ärztin war sich zu 100% sicher, dass Yuki wiederkommen würde. Immerhin entsprang er Satos Kopf. Und der schien seit dem Schlaganfall mehr denn je gelitten zu haben.

„Ich kann nur hoffen, dass Sie Recht haben.“ Der Manager blickte zu Boden und lächelte auf einmal auf. „Immerhin muss er meine Seele abholen, um sie ins Reich der Toten zu bringen. Spätestens da wird es ein klärendes Gespräch geben. Hoffe ich“, seufzte Sato zuletzt und stand wieder auf.

„Danke für Ihre Zeit, Suzuki-Sensei“, führte der Schwarzhaarige weiter aus. „Und machen Sie sich keine Mühen wegen des MRT. Ich denke nicht, dass das noch nötig ist.“

„Oh“, bekam sie eher weniger professionell aus ihren Lippen raus. „Sind Sie sicher?“

„Ja. Sehr sicher. Falls ich doch in die Röhre will, sag ich Ihnen Bescheid“, lächelte Sato so gut er konnte und knöpfte seinen Blazer wieder zu, richtete die Krawatte und ging schließlich aus dem Arztzimmer. Er seufzte noch ein letztes Mal auf dem Gang, bis er eine Zigarette aus der Hosentasche fischte und sich auf die Dachterrasse stellte.

Irgendwie fühlte er sich beobachtet und irgendwie dann doch nicht. Vielmehr hoffte er, dass Yuki bei ihm war. In der Nähe und nicht zu weit weg. Vielleicht musste er einige Zeit über den Vorfall nachdenken. Das war in Ordnung und Sato würde ihm diese Zeit geben. Nicht jeder konnte von 0 auf 180 gehen.

Yuki brauchte Zeit. Er sollte sie bekommen.

Doch als der Tag sich dem Ende neigte und der Abend näherkam, konnte sich Sato einfach nicht mehr konzentrieren. Er beschloss früher nach Hause zu fahren und etwas Arbeit für sein Home-Office mitzunehmen. Lieber hockte er zu Hause im Loft, wo er den Blick auf der Haustür haben konnte. Obwohl Yuki keine Haustüre bräuchte.

Sato fuhr einige Straßen durch die Innenstadt und sah dabei die schön beleuchteten Buden. Eigentlich wollte er mit Yuki noch einmal auf den Weihnachtsmarkt gehen. Er hatte ihm versprochen heute nach der Arbeit zu gehen. Aber ohne Yuki war es witzlos. Also fuhr Sato weiter nach Hause.

Dort angekommen holte ihn ein träges und trauriges Gefühl ein. Er hatte sich ein Haustier gewünscht und ein Teil von ihm war so gehässig zu sagen, dass Yuki sich für manche Momente wie eins anfühlte. Aber seit dem Vorfall, gestand sich Sato ein, dass Yuki mehr als ein Haustier war. Er war ein Freund. Vielleicht sogar auch eine Liebelei? Auf jeden Fall jemand, den Sato begehrte und nicht haben konnte.

Und wenn Sato etwas hasste, dann unerreichbare Dinge. So war er einfach nicht gestrickt. Egal, was es war: er bekam es. So besitzergreifend wie es klang: Er wollte Yuki haben. Und er würde tun, was nötig war, um das zu erreichen.

Das Problem war also nicht seine mangelnde Ambition, sondern mehr das Wie. Und so fand sich Sato an seinem Alkoholschrank wieder und trank ein Glas Whiskey in einem Zuge aus. Er nahm sich gleich die ganze Flasche mit zum Sofa, wo er sich an der Lehne entlang rutschen ließ. Wie ein Schluck Wasser in der Kurve auf dem Sofa sitzend, schüttete er sich mehr Alkohol ein und trank zügig aus.

Es vergingen Minuten, bis er sich sogar eine Zigarette anzündete. Normalerweise rauchte er nicht in der Wohnung, aber strenge Zustände erforderten lockere Regeln. So saß er mit Alkohol und Zigarette in seinem Loft und starrte abermals auf den dunklen Fernseher.

Als der Alkohol anfing zu wirken, die zweite Zigarette im provisorischen Aschenbecher aus Alufolie landete, lehnte sich Sato zufrieden zurück und schloss die Augen. Wenn Yuki da war, rauchte und trinke er nicht. Sowieso nahm dieser Junge in letzter Zeit 80% seiner selbst ein. Und so kam es, dass Sato wieder einmal an gestrige Geschehnisse dachte.

Sein erstes Mal mit einem Mann, dachte Sato und schmunzelte. Gar nicht so übel, wie er immer dachte. Die glatte Haut, die schmalen Hände und das runde Gesicht erinnerten ihn zwar an eher weibliche Züge, doch wieso nicht beides vereinen. Yukis androgyner Körperbau war so bezaubernd wie er selber. Und Sato führte sich vor dem inneren Auge vor, wie es wäre, wenn der Engel nun neben ihm säße.

Er würde ihn küssen, umarmen und weiter küssen. Mit seiner Zunge spielen und seinen Nacken beglücken. Schnell die Kleidung vom Leibe reißen und Yuki in die Kissen drücken. Er würde ihn zum Stöhnen, zum Keuchen und zum Schreien bringen. Ja, dachte Sato, spätestens wenn sein hartes Glied an Yukis reiben würde, wäre der blonde Engel willig genug, alle Berührungen über sich ergehen zu lassen.

Sato wollte ihm alles zeigen. Die ganze Bandbreite an Berührungen, an Vergnügen und Lust. Er fühlte sich wie der Teufel persönlich, als er daran dachte, wie dreckig er den unschuldigen Engel mit nur ein paar Handbewegungen machen könnte.

Je länger er daran dachte, wie er Yuki verführen würde, desto härter wurde sein Schwanz. Es zuckte förmlich unter Satos enger Stoffhose, als er an Yukis errötetes Gesicht dachte. Vorsichtig öffnete er die Augen und sah an sich runter.

Nun hoffte er innig, dass Yuki nicht in der Nähe war und ihn so sah. Sicherlich würde ihn das nur noch mehr abschrecken. Trotz der eher zweifelnden Gedanken, öffnete Sato seine Hose und ließ seine Männlichkeit herausfallen. Etwas Liebesflüssigkeit hatte sich schon an seiner Eichel gebildet und machte die folgenden Handbewegungen angenehm feucht.

Wieder schloss Sato die Augen und lehnte den Nacken auf die Sofalehne. Er stellte sich Yuki in seinem neuen Höschen vor, wie er es ihm im Geschäft gezeigt hatte. So unschuldig, dachte der Manager und musste grinsen. Er fühlte sich pervers daran zu denken, doch auf der anderen Seite machte es ihn an. Die Vorstellung, Yuki würde vor ihm liegen, in genau diesem Höschen, würde es langsam von seinen Hüften schieben und sein erigiertes Glied in die Höhe halten, damit Sato ihn erneut mit seiner Zunge beglücken könnte. Er würde seinen Namen stöhnen, die Haare in den Händen drücken und ihn fester auf seinen Schwanz pressen. Mit genug Speichel würde Sato dann erst einen, dann zwei Finger in das glitschige Loch von Yuki einführen. Zuckend würde er Satos Penetration hinnehmen und sich unter ihm wenden. Mit hochgestrecktem Hintern würde er nach Satos Schwanz betteln; ihn anflehen, es endlich zu tun.

Ehe er sich versah, rieb Sato sich selber so stark, dass er einen Orgasmus nicht mehr aufhalten konnte. Er kam so plötzlich und so intensiv, dass er in den stillen Raum stöhnte und dabei den Rücken durchdrückte.

So schnell wie sich seine Erektion aufgebaut hatte, so schnell ebbte sie wieder ab, als sich Sato bewusstwurde, was er gerade getan hatte.

Selbstbefriedigung war nichts Neues. Dass er dabei allerdings an einen männlichen Todesengel dachte, schon. Und dass er selbst in seinen Fantasien zu schnell kam, minderte stark sein Ego. Hoffentlich, dachte er, würde das nie passieren.

Sollte es irgendwann dazu kommen.

Sofern Yuki irgendwann noch einmal wiederkam.

Falls.

Tag 9

 

Auch dieser Morgen war eine Katastrophe. Sato versuchte unter der Dusche an alles, nur nicht an Yuki zu denken. Fast aggressiv schrubbte er sich von all der Schande ab, die sich erneut in seinem Penis aufzubauen versuchte. Doch er widerstand dem Drang, sich bereits am Morgen vor der Arbeit einen runterzuholen.

Sexuell frustriert saß er schließlich in seinem Büro und starrte seit mehreren Minuten auf ein offenes Dokument, welches er gegenlesen musste. Nicht ein einziger Gedanke an die Arbeit blieb länger als 5 Minuten. Spätestens nach 6 Minuten driftete er wieder ab und dachte sich Szenarien aus, in denen er Yuki wiedersehen könnte. Wie er sich verhalten würde. Wie er sich entschuldigen könnte. Und wie er es am Ende vielleicht doch wieder so drehen könnte, dass sie miteinander schliefen. Im beidseitigem Einverständnis, selbstverständlich.

Takeshi kam um kurz vor Mittag in sein Büro und klopfte beherzt an den Glasrahmen der Tür. „Hast du Lust Mittagessen zu kommen? Ein paar Kollegen und ich wollten zu einem Italiener gehen“, verkündete er in bekannt guter Laune und bemerkte erst einige Sekunden später, wie verzweifelt Sato aussah. „Alles in Ordnung?“

Der brummte nur und presste die Lippen aufeinander. „Italiener klingt gut.“

Also schnappte er sich seinen Mantel und verließ mit Takeshi das Büro. Auf dem Weg zum Aufzug überlegte er, wie viel Zigaretten er noch hatte oder ob er sich noch welche holen sollte. Seitdem Yuki weg war, hatte er bereits wieder eine Schachtel geraucht.

„Sicher, dass alles in Ordnung ist?“, hakte Takeshi erneut nach. „Weißt du, ich kenne den Blick bei euch jungen Männern. Es hat meistens was mit einer Frau zu tun. Wurdest du abgewiesen?“

Die direkte und fast forsche Art und Weise schätzte Sato sonst sehr an seinem Kollegen. Heute nicht.

„Es geht schon“, murmelte er, nicht genug Energie aufbringend zu lügen.

„Oha! Es geht also um ein Mädchen!“, lachte Takeshi aufmunternd und stupste Sato liebevoll mit dem Ellbogen an. „Wie heißt sie?“

Der Aufzug kam im Erdgeschoss an und die beiden Männer stiegen aus. Es kostete Sato einiges an Überwindung zu antworten, als sie auf die anderen Kollegen stießen, die am Eingang warteten. Sie interessierten sich nicht wirklich für Takeshi und ihn, also gingen sie etwas abseits zur Gruppe zum Restaurant.

„Yuki.“

„Yuki? Was ein schöner Name! Und wie passend zur Jahreszeit“, grinste Takeshi breit. „Woher kennst du sie?“

Sato schlurfte regelrecht über den verbleibenden Schnee und rauchte hastig eine Zigarette. Er dachte kurz daran, seinen Kollegen was das Geschlecht anging zu korrigieren, doch er hielt es für irrelevant. Was auch geschah – niemand würde Yuki je zu Gesicht bekommen. „Durch Zufall. Sind uns einfach begegnet.“ War ja nicht mal gelogen.

„Zufall? Vielleicht war es ja Schicksal! So musst du das sehen, Yamamoto!“ Wieder lachte Takeshi los und beugte sich ein Stück vor, um in Satos Gesicht zu sehen, welches stur nach vorne gerichtet war. „Und was ist passiert, dass sie dich so verzweifelt dastehen lässt?“

Als Sato nicht sofort antwortete, weil ihm nicht wirklich eine gute Lüge einfiel, redete Takeshi einfach weiter. „Du warst ja sonst nie so hinter Frauen her, deswegen wundert es mich. Ich meine, Mei war nett und ihr habt euch gut verstanden, aber nach einem Streit ging es dir fast besser als davor. Hier ist es mal umgekehrt.“

Sato konnte nur traurig nicken und fühlte sich leer. Er hatte Recht und das wurmte ihn enorm. Der Manager hatte Yuki in einen Teil seines Herzens gelassen, den er sonst vor jedem verschlossen hielt. Nun war es zu spät und Sato hasste sich dafür. Aber was passiert war, war passiert und alles, was der Schwarzhaarige wollte, war eine zweite Chance. Wieso auch immer die erste von Yuki niedergetrampelt wurde.

Die Gruppe von Geschäftsmännern wurde an einen großen eckigen Tisch am Ende des Raumes gesetzt, sodass sie sich weiterhin gut unterhalten konnten. Sato aß in den Zeiten, wo Zigaretten und Alkohol die Überhand hatten, wenig bis gar nichts. Also bestellte er sich nur einen einfachen Salat und pickte selbst in dem nur rum. Takeshi bemerkte das, während er seine Nudeln aß.

„Es tut mir weh, dich mit Liebeskummer zu sehen, Yamamoto. Wenn ich etwas tun kann, sag mir bitte Bescheid“, verkündete sein Kollege ehrlich und sah ihn mit großen Augen an.

„Liebeskummer? Wer hat Liebeskummer?“, kam es prompt von Satos Seite und einige Kollegen sahen zu ihm rüber. Takeshi seufzte sofort missbilligend auf und schüttelte den Kopf.

„Niemand“, antwortete er forsch und zog die Augenbrauen zusammen.

„Unser Yamamoto hier? Quatsch, der hat doch nur Augen für sich und seine Arbeit“, lachte ein Abteilungsleiter los und hielt sich dabei seinen dicken Bauch. Sato hasste ihn in jeglicher Hinsicht. Jetzt noch mehr als vorher.

„Wer ist denn die Glückliche?“, fragte eine Frau, die Sato bisher nie bemerkt hatte. Vielleicht lag es an ihrem sonst so unscheinbaren Auftreten. Sie war in etwa Takeshis Alter.

„Yuki“, antwortete Sato, nicht wissend, wieso er überhaupt antwortete. Es schürte doch nur wieder dumme Gerüchte.

„Yuki? Wie süß!“, rief die Frau auf und lächelte so breit, dass ihre Augen zu Halbmonden wurden. „Hat sie kein Interesse an dir oder habt ihr euch gestritten?“

Wieso interessiert sich hier auf einmal jeder für mein Privatleben, dachte Sato genervt und stopfte sich ein großes Salatblatt in den Mund; deutlichmachend, dass er nicht in Plauderlaune war.

„Vermutlich beides“, brummte er und starrte dabei auf seinen Salat.

„Oh“, war alles, was die Frau dann noch sagte. Takeshi wusste sich aber noch einzubringen.

„Hast du es ihr denn schon gesagt? Also…, dass du sie liebst?“

„Liebe ist ein sehr großes Wort“, gab der Manager zu und sah zu seinem Kollegen auf. „Aber ich denke schon, dass ich mich klar ausgedrückt habe. Zumindest als wir im Bett …“

Als Sato mitten im Satz aufhörte, stutzte die Kollegin und hielt sich die Hand vor den Mund. „Yamamoto-Sama, ich will nicht zu persönlich werden, aber wenn du es ihr nur körperlich gezeigt hast, war das kein guter Weg!“

Das ließ Sato bitter lächeln. „Ja, das habe ich gemerkt.“

„Oh Junge“, war alles, was Takeshi noch dazu sagen konnte. „Klär das mal besser bald mit ihr. Nicht, dass sie denkt, du willst sie nur wegen ihres Körpers.“

Wenn ich wüsste, wo Yuki ist, würde ich es sofort tun, spottete Sato in seinem Kopf. Alles, was er nach außen ließ, war ein sanftes Nicken. Er hoffte einfach, dass Yuki bald wiederauftauchte und er sich erklären könnte.

 

Nach dem unangenehmen Mittagessen schlurfte Sato wieder zurück ins Büro. Hanakuro trug wieder ein sehr weit ausgeschnittenes Oberteil und einen ihrer engen Röcke. Wieso konnte Yuki nicht so freizügig sein? Doch Sato war sich bewusst, dass er zu viel vom Engel verlangte. Immerhin war er noch Jungfrau. Vermutlich war das am Sonntag sein erster Orgasmus gewesen. Seit 176 Jahren.

Beim Gedanken für knapp 180 Jahren keinen Orgasmus zu bekommen, schauderte es Sato. Doch was man nicht kannte, konnte man auch nicht vermissen, richtig?

Der Arbeitstag zog sich wie Gummi. Immer wieder dachte Sato an seinen Engel. Wann immer er vom Bildschirm aufsah, hoffte er, Yuki zu sehen. Egal, ob beim Kaffee oder bei einer Zigarette auf dem Dach, er dachte an ihn. Es machte ihn fast schon paranoid. Egal, welches Staubkörnchen sich an seinem Auge vorbei bewegte, Sato meinte für einen Bruchteil einer Sekunde, es wäre golden gewesen.

So brauchte es gefühlt mehrere Stunden extra, bis Sato sich endlich wieder alleine zu Hause einfand. Kein Yuki, dafür Alkohol und Zigaretten. Er schimpfte sich selber über seine schlechten Angewohnheiten und wusste, dass es ihm kein langes Leben bescheren würde.

Bei dem Gedanken musste er schmunzeln. Eigentlich war er ja schon tot. War dann jetzt auch egal, oder? Eine Packung Zigaretten mehr oder weniger… Wen interessierte das?

Auf einmal kam ein Gefühl von Wehmut in ihm hoch. Es drückte gefährlich stark gegen seine Augen. Sie wurden feucht und der Druck erhöhte sich, bis die erste Träne über die Wange lief.

Sein Leben war furchtbar anstrengend und arm gewesen. Trotz seines Reichtums, seines Luxus, wusste er nicht wohin mit sich. Er gehörte nirgendwohin, hatte niemanden und wusste auch nicht, was mit ihm geschehen sollte. Alles, was er in seinem Leben getan hatte, war Arbeiten. In der Schule, im Studium, im Büro. Und was hatte er davon? Bis auf einen festen Wohnsitz und ein schönes Auto? Nichts. Yuki war derjenige, der ihn diese Einsamkeit spüren ließ. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Sato in seiner eigenen Haut unwohl. Doch wäre er anders gewesen, hätte seine Seele vielleicht einfach losgelassen, als sein Körper starb. Und dann hätte er Yuki nie kennen gelernt. War es seine Schuld, was passiert war? Niemand hatte ihn gezwungen zu Sato ins Bett zu steigen, oder? Er hätte ihn auch einfach um eine zweite Decke bitten können. Niemand hatte ihn gezwungen, Satos Brust anzufassen, ihn zu berühren und ihn zu küssen. Yuki wollte es ausprobieren und hat es geschehen lassen. Auch wenn sich Sato wünschte, der Engel würde ebenso freizügig sein, wie Hanakuro und die anderen Frauen, die er hatte, so wusste er, dass es genau diese Verschlossenheit war, die ihn interessierte. Yuki war anders, als die anderen. Und nicht nur, weil er ein Engel war.

Doch selbst, wenn er sich mit Yuki wieder vertragen würde – so würde doch sowieso alles ein baldiges Ende haben, oder?

Er hatte Yuki nie sagen hören, dass er noch Kontakt zu den toten Seelen hätte. Es klang, als wäre er nur der Bote. Hinbringen und das war’s. Würde Sato also mit Yuki irgendwann mitgehen, wäre die Beziehung sowieso gegessen. Wieso machte er sich dann so einen Kopf?

Vermutlich hatte der Engel dasselbe Dilemma im Kopf gehabt und ist deswegen verschwunden. Die Voraussicht, Sato nicht zu nah an sich heran zu lassen, da das ganze sowieso keine Zukunft hatte.

Sato schniefte auf und wischte sich die Tränen mit dem Handrücken vom Gesicht. Mit schnellen Schlucken trank er seinen Gin aus, aschte die Zigarette weg und entledigte sich seiner Kleidung. Achtlos warf er sie auf den Boden und ging nackt ins Bett. Die kalten Laken bescherten ihm unangenehme Gänsehaut, bis sie sich seiner Temperatur anpassten.

 

Würde alles so kommen, wie prognostiziert, würde er die wenige Zeit, die er mit Yuki hatte, in vollsten Zügen genießen. Wenigstens die letzten Tage seines sonst sehr eintönigen Lebens sollten mit Farbe gefüllt werden. 

Tag 10

 

Als dann der dritte Tag anbrach, an dem Yuki verschwunden war, begann sich Sato Sorgen zu machen. Der Junge hatte keinen festen Wohnsitz, hatte er sich ein Hotel genommen? Aber hatte er Geld? Nun, er hatte sich auch seine legere Jeans und Sweatshirt gekauft, oder? Aber hatte er genug Geld?

Sato fing an wie ein Elternteil nervös im Büro herumzulaufen. Er konnte keine Fahndung abgeben – niemand außer ihm konnte ihn sehen! Die einzige Möglichkeit Yuki zu sich zu holen war… aufzugeben. Das Leben loszulassen.

Aber wie zum Geier tat man das denn? Sato fluchte erneut auf, bis Hanakuro vorsichtig an seine Glastür klopfte.

„Yamamoto-Sama? Ihre Telefonkonferenz wäre dann soweit…“, murmelte sie und lächelte aufrichtig. Sato blieb abrupt stehen, starrte erst auf den Boden, dann zu seiner Sekretärin. Dafür hatte er nun wirklich keinen Nerv. Sollten sie alle zur Hölle fahren.

„Ich bin in einer Minute da“, brummte er und schielte auf sein Handy. Er würde den Bürotag irgendwie vorbeikriegen und heute Abend nach Yuki suchen. Weit dürfte er ja nicht gekommen sein. Immerhin musste er in der Nähe bleiben, sollte Satos Seele gehen wollen.

Hanakuro verschwand von Satos Glastür und setzte sich wieder an ihren Schreibtisch, um furios auf der Tastatur zu tippen. Ihre langen Plastiknägel schlugen dabei unangenehm auf den Tasten auf.

Der Manager ging mit schnellen Schritten in das Konferenzzimmer, wo er sich mit anderen Kollegen an einen großen Tisch setzte und die Telefonübertragung startete. Es ging um irgendwelche Zahlen, die ein Projekt bringen sollte.

Sato hörte nicht wirklich zu. Er starrte aus dem Fenster und blickte auf die geschmückte Stadt. Alles leuchtete und glänzte. Wie Yuki. Wie seine Flügel, die so weich wie Watte waren.

Die Weihnachtszeit war einer der romantischsten Tage im Jahr und zum ersten Mal in seinem Leben, wollte Sato gemütlich über den Weihnachtsmarkt schlendern, Yuki an der Hand halten und ihm schöne, unnötige Dinge kaufen. Normalerweise wehrte er sich dagegen, Frauen irgendetwas zu kaufen – immerhin war es sein Geld, was er sich hart erarbeitet hatte. Aber Yuki… hatte nichts. Er besaß nichts. Und alles, was er besitzen könnte, sollte von Sato kommen. Denn Yuki gehörte ihm.

Es war der Gedanke, nicht das lautstarke Husten eines Kollegen neben ihm, was ihn aufschrecken ließ. War er wirklich so besitzergreifend geworden? Vielleicht sollte er sich doch lieber einen Hund oder eine Katze anschaffen.

 

Nach dem Meeting traf er sich mit einer Tasse Kaffee in der einen und mit einer Zigarette in der anderen Hand auf der Dachterrasse mit Takeshi. Der rauchte nicht, aber gesellte sich gerne zu seinem Kollegen.

„Meine Frau hat gestern Plätzchen gebacken. Möchtest du ein paar haben? Ich bringe sie dir gerne nachher rüber“, schlug Takeshi vor und lächelte zufrieden. „Sie sind wirklich sehr lecker.“

Eigentlich mochte Sato kein Gebäck, schon gar keine Plätzchen, aber er nickte höflich und sagte: „Gerne. Danke.“

„Hast du Yuki mittlerweile erreichen können?“

Die ungezwungene Konversation über einen imaginären Engel ließ Satos Herz schwerer werden. Es war, als wäre Yuki tatsächlich einfach irgendein Mensch, der sauer auf ihn war, und sich irgendwo zu Hause verbarrikadiert hatte und nun schmollte. Aber die Realität sah leider ganz anders aus.

„Nein. Ich werde konsequent ignoriert“, seufzte der Manager und zündete sich noch eine zweite Zigarette an.

„Da hast du es ja wirklich übertrieben.“ Takeshis Augen strahlten Mitgefühl aus, welches Sato nicht gebrauchen konnte. Er mochte es nicht, bemitleidet zu werden. Egal, ob die Umstände eigen- oder fremdverschuldet waren.

„Darf ich fragen, was genau passiert ist?“, fragte sein Kollege höflich und deutete ein vorsichtiges Nicken an. „Wenn es nicht zu persönlich ist, versteht sich. Aber manchmal hilft es, darüber zu reden. Und vielleicht stehst du ja einem Punkt, bei dem dir nur jemand helfen kann, der nicht involviert ist?“

Sato rang sich ein Lächeln ab und legte den Kopf schief, während er den kleinen Flocken beim Fallen zusah. „Yuki war noch Jungfrau. Und wir hatten wohl etwas zu schnell Petting“, gab er schnell von sich und sah schließlich in Takeshis dunkle Augen. „Es ging von 0 auf 180 – ich war einfach zu schnell.“

Takeshi nickte verständnisvoll und presste die Lippen aufeinander. „Nun, da kann ich dir wirklich nur raten, ihr klar zu machen, dass du sie sehr gerne hast. Und nicht nur Sex von ihr willst.“ Da stockte er kurz und sah mit hochgezogenen Augenbrauen hoch. „Du willst doch mehr von ihr, oder?“

Das ließ Sato zum ersten Mal seit Tagen wieder aufrichtig lächeln. „Ja.“

 

Innerlich hatte Sato gehofft, dass Yuki in der Nähe war und alles mitbekommen hatte. Dass er Satos indirekte Entschuldigung annahm und sie sich zumindest aussprechen könnten. Doch der Gedanke, dass er ihn durch sein verbalisiertes Gefühlsdilemma verscheucht haben könnte, wurde von Minute zu Minute prominenter, in der Yuki nicht auftauchte.

Gegen Nachmittag kam dann Takeshi noch einmal vorbei und hielt ein liebevoll zugeschnürtes Tütchen mit Keksen drin. Es war durchsichtig, so konnte man genau erkennen, mit wie viel Liebe die Plätzchen gebacken wurden.

„Hier, Yamamoto. Meine Frau hat so viele gemacht, ich weiß gar nicht wohin damit! Also wenn sie dir schmecken, gebe ich dir gerne mehr“, schlug Takeshi vor und stellte das kleine Tütchen neben Satos Bildschirm ab.

„Vielen Dank“, sagte der Manager und sah sich das Päckchen genauer an. „Sie sehen wirklich schön aus. Danke auch an deine Frau.“

Das ließ seinen Kollegen auflachen. Das beherzte Lachen schallte etwas unangenehm in Satos Büro. „Diese Yuki hat wirklich einen guten Einfluss auf dich! So viel Bitte und Danke habe ich dich lange nicht mehr sagen hören!“

Mit diesen Worten verschwand sein Kollege wieder aus dem Büro und schloss die Tür. Sato starrte etwas überrannt auf die Plätzchen. Er war einfach nur nett, wieso hatte das gleich was mit Yuki zu tun? Vielleicht, so vermutete Sato, schlussfolgerte Takeshi einfach, in dem er 1 und 1 zusammenrechnete. All die Dinge, die in letzter Zeit passiert waren, gingen allesamt auf Yukis Konto. Da war es anzunehmen, dass mittlerweile auch Dritte diese Verbindung zogen.

 

Der Abend kam und Sato fing an, nervös in Google Maps rumzuwühlen. Wo startete er seine Suche? In welchem Umkreis? Welche Strategie sollte er anwenden? Was, wenn Yuki ihn als erstes entdeckte und dann weglief? Und sich beide immer wieder im Kreis drehen würden?

„Yamamoto-Sama, ich würde dann nach Hause gehen“, verkündete Hanakuro und strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr.

„Ja, kommen Sie gut heim. Bis morgen“, sagte Sato monoton, während er gebannt auf seinen Bildschirm starrte und sich Straßen im Umkreis von 5 km ansah.

Die netten Worte, ließen Hanakuro Hoffnung machen, also kam sie noch ein Stück näher an Satos Bürotisch. „Gehen Sie auch bald heim?“, fragte sie schüchtern und hoffte, dass Sie vielleicht zusammenfahren könnten.

Noch immer starrte Sato auf den Bildschirm und schüttelte abwesend den Kopf. „Nein, ich habe noch was zu tun“, war alles, was er darauf zu sagen hatte.

Der Sekretärin war die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, als sie weiterhin nicht beachtet wurde. Ihr Boss war wirklich schwer zu knacken! Dabei hatte er doch endlich mit seiner komischen Freundin Schluss gemacht! Jedoch schürten bereits Gerüchte um ihn, dass er eine neue hätte. Yuki oder so. Was ein doofer Name, dachte Hanakuro und rümpfte kaum sichtbar die Nase.

„Dann bis morgen, Yamamoto-Sama“, seufzte sie traurig und ging.

Sato bemerkte ihr Gehen nur im Augenwinkel, während er sich einige Standpunkte in der Stadt auf dem Handy eintrug. Er würde einfach immer Kreise ums Büro ziehen. Dann ein paar Meter weiter nach außen gehen und erneut im Kreis laufen. So würde er den Radius von circa 5 km in der nächsten Stunde schaffen. Wenn er hier nicht fündig werden würde, würde er dasselbe bei sich ums Loft machen.

Nachdem er alle persönlichen Dinge in seinem schwarzen Wollmantel verstaut hatte und er sich schwarze Lederhandschuhe anzog, seufzte laut auf.

„Ich muss verrückt sein, einem unsichtbaren Engel hinterherzulaufen…“, murmelte er in den stillen Raum. Die meisten waren bereits nach Hause gegangen, somit war er größtenteils alleine. Nur eine Putzfrau im hinteren Gang war mit Mülleimern beschäftigt.

Sato strich seinen Mantel glatt und hechtete schließlich zum Aufzug. Im Erdgeschoss angekommen, begann er auf dem Handy eine Route festzulegen und ging los. Kleine, verwinkelte Straßen wurden besonders gründlich untersucht. Große, belebte Straßen wurden schwierig, doch da vermutete Sato seinen Engel eher weniger. Dort würde er nicht unterkommen. Im Umkreis von 5km gab es auch zwei Hotels, eins davon allerdings ein 5 Sterne Luxus Schuppen. Im Grunde, so dachte er, könnte Yuki überall sein. Durch sein Teleportieren in jeden Raum würden die Möglichkeiten schier unendlich sein. Besonders weil ihn ja niemand sah. Aber würde Yuki wirklich in ein Hotel absteigen, wo eventuell auch andere Gäste das Zimmer benutzen würden? Es müsste eher ein Ort sein, an dem er alleine wäre. Sonst würden andere Menschen fliegende Zahnbürsten oder aufgebäumte Laken sehen.

Der Gedanke, dass Yuki überall hätte sein können – an Orten, an denen Sato nicht hinkam – machte ihn verrückt. Doch er ließ nichts unversucht. Bevor er wieder trinkend und rauchend auf seinem Sofa saß und daran dachte, wie gut sich sein Schwanz in Yuki anfühlen würde, wollte er lieber aktiv etwas gegen die miese Situation machen. So durchstreifte er mittlerweile die siebte Gasse und fand nichts.

Nach zwei Stunden, gab Sato auf. Nirgendwo auch nur ein Hinweis auf Yuki. Er schielte aufs Handy und seufzte laut. Bereits halb 11.

Schlurfend ging er zurück zum Bürokomplex, um sein Auto abzuholen. Während er in seinen Taschen kramte, stieg Panik in ihm hoch. Sein Autoschlüssel fehlte.

Dann fiel ihm ein, dass er den vermutlich noch im Büro hatte. Also ging Sato wenig begeistert am Nachtdienst vorbei, fuhr mit seiner Chipkarte erneut in seine Etage und schlurfte den spärlich beleuchteten Gang entlang. Diese Firma hatte ihn wirklich an Ketten.

Als er sein Büro öffnete und den Schlüssel bereits neben einer Topfpflanze auf dem Drucker liegen sah, bemerkte er Krümel auf dem Schreibtisch. Krümel von Keksen.

Sofort erhaschte er einen Blick auf die Tüte, die Takeshi ihm geschenkt hatte. Es fehlte ein Keks. Ansonsten war die Tüte fein säuberlich wieder verschlossen worden. Sato hatte keinen Keks gegessen. War also jemand in seinem Büro und hat sich einen genommen? Und ihn dann noch an seinem Arbeitsplatz gegessen? Aber wer wäre denn so dumm und würde die Krümel auch noch liegen lassen, wenn er schon aufpassen würde, dass die Tüte wie vorher aussah?

Es sei denn, derjenige wurde gerade in flagranti erwischt und musste schnell handeln.

Sich schnell verstecken, bevor Sato ihn sehen konnte. Da blieb natürlich keine Zeit, die Krümel noch vom Schreibtisch zu fegen.

„Komm raus, ich weiß, dass du da bist“, brummte er in einem weniger freundlichen Ton, als ursprünglich geplant. „Die Krümel haben dich verraten.“

Es passierte nichts. Noch immer war es still im Büro.

„Es ist nicht schlimm, dass du Hunger hattest.“

Wieder nichts.

„Yuki, bitte“, seufzte Sato auf und drehte sich vorsichtshalber um, um sicherzustellen, dass niemand hätte aus dem Büro gehen können. Den hätte Sato sofort gesehen. Schon vom Aufzug aus.

Sollte sich Yuki wegteleportieren, würde er zumindest den Goldstaub sehen. Da er aber keinen gesehen hatte und auch im Moment keinen sah, blieb nicht mehr viel.

Der einzige Ort, wo sich Yuki hätte verstecken können, war unter dem Schreibtisch oder in seinem Aktenschrank. Da der Aktenschrank voller Akten war, wurden die Optionen wenig überraschen ausgedünnt. Mit großen Schritten ging Sato um seinen Schreibtisch und seufzte erleichtert auf, als er die silbernen Haare sah.

Ein riesiger Stein fiel ihm von Herzen, als braune Augen schüchtern hochsahen. Es ging ihm gut, keine Verletzungen. Nur seine Haare waren etwas fettig. Und er trug immer noch die Leggings und den schwarzen Rollkragenpulli.

„Wieso antwortest du nicht? Wo warst du wieder die letzten Tage?“, fragte Sato fordernd und hinderte sich daran, die Arme zu verschränken. Er wollte Yuki nicht gleich mit Standpauken konfrontieren. Ein gewisser negativer Unterton schwang trotzdem mit.

Der Engel saß zusammengekauert auf dem Boden und sah hilflos hoch. Schließlich bewegte er sich langsam aus dem Loch raus und stand auf. Sofort roch er Satos angenehm riechendes Parfüm. Er selber hingegen dachte sehr oft an die Regendusche, die er gerne seit 2 Tagen benutzt hätte.

„Ich habe mir Sorgen gemacht“, führte Sato seinen Monolog weiter. „Wieso bist du nicht zurückgekommen? Hast du Angst vor mir?“

Sofort sprangen braune Augen auf und starrten zum Manager hoch. „N-Nein… Nein, ich habe keine Angst vor dir. Es ist nur…“, begann Yuki endlich zu sprechen. Er knibbelte am Saum des Pullis, als wusste er nicht ganz, wie er sich rechtfertigen sollte.

„Komm, wir gehen nach Hause. Dann duschst du dich und ziehst dir was Frisches an. Danach können wir immer noch reden“, schlug Sato vor und ging bereits zur Bürotür. Yuki hingegen schüttelte kräftig den Kopf.

„Nein, das geht nicht!“

Die vehemente Ablehnung ließ den Schwarzhaarigen entnervt aufseufzen. „Wieso nicht?“

„Weil… immer, wenn…“, stotterte Yuki und kniff die Augen zusammen. So ging das nicht weiter, er machte sich vollkommen lächerlich! „Immer, wenn du in meiner Nähe bist, denke ich an die Sachen, die wir gemacht haben! Das geht nicht, seitdem fühle ich mich anders… Komisch! Mir wird warm und ich weiß nicht, was ich tun soll. Das darf nicht sein, also bleibe ich weg von dir!“

Die Erklärung war süß und es schmeichelte Sato, dass Yuki nicht sauer auf ihn, sondern eher angetan war. Er wusste es nur nicht richtig zu deuten.

„Hat es dir denn nicht gefallen? War es so schlimm?“, hakte Sato nach und hob beide Augenbrauen. Er wusste es besser, aber er wollte es aus dem Mund des Engels hören.

„Nein!“, kam schneller über Yukis Lippen, als gewollt. „Nein… also, nicht wirklich…“, fügte er hinzu und sah wieder genierend zu Boden. „Ich bin ein Todesengel. Ich sollte tote Seelen ins Jenseits bringen. Und nicht… mit einem Menschen schlafen, der eigentlich tot sein sollte.“

Wahre Worte, musste Sato mental zugeben. Seine Aufgabe bestand in der Tat nicht darin, den Manager zu befriedigen. Aber was sprach denn dagegen? Wenn es doch beiden gefiel? Und da Yuki zurzeit sowieso pausieren musste, so lange wie Satos Seele schloss noch auf der Erde zu bleiben, könnten sie sich die Zeit ja anders vertreiben.

„Im Moment musst du weder das eine noch das andere tun. Meine Seele bleibt vorerst in meinem Körper. Und was das miteinander schlafen angeht… Nun, das überlasse ich ganz dir.“

Der Silberhaarige sah etwas erleichtert auf. Doch als nichts aus seinem Mund kam, ging Sato einen Schritt auf ihn zu, um ihn an die Hand zu nehmen.

„Komm nach Hause. Mach dich frisch. Dann reden wir in Ruhe darüber, okay?“

‚Nach Hause‘ klang in Yukis Ohren erst einmal ziemlich verkehrt – beim zweiten Hinhören wunderschön. Sein zu Hause war im Himmel, nicht auf der Erde. Aber mit Sato zusammen sein war die letzten Tage sehr schön gewesen. Der Mann war also bereit den Todesengel so lange bei sich wohnen zu lassen, wie nötig.

Aber zu welchem Preis? Würde Yuki ihm wieder zu nahekommen, wusste er ganz genau, worauf es hinauslaufen würde.

„Wir dürfen aber nicht mehr solche Sachen machen“, gab Yuki kleinlaut zu verstehen.

„Wieso?“

Da stöhnte der Engel entnervt auf. „Habe ich doch gesagt! Weil es…“

Und da verlor er seinen eigenen Faden. Ihm fiel auf einmal nicht mehr ein, was er genau gesagt hatte, aber ein triftiger Grund war nicht dabei gewesen. Yuki hatte einfach im Gefühl, dass das, was sie taten, nicht unbedingt im Verfügungsrahmen seines Jobs stand.

„Es ist doch nichts Schlimmes passiert, oder etwa doch?“, fragte Sato sanft und nahm Yukis andere Hand ebenfalls in seine. „Wenn es dir gefallen hat, kann es doch nicht so schlimm gewesen sein, oder?“

Als Yuki weiterhin still blieb und errötet auf den Boden starrte, fügte Sato noch hinzu: „Oder hat es dir nicht gefallen?“

„Doch“, kam hauchzart über seine Lippen. Er sah zu Sato hoch und bewunderte abermals seine grauen Augen. Der perfekt sitzende Mantel und die zugegeben etwas durchzausten Haare. Er roch nach Kaffee und Zigaretten. Und nach seinem Parfüm, welches er nicht gerade spärlich auftrug. Yuki fragte sich, ob es wirklich in Ordnung war, weiterhin berührt zu werden. Denn der Körperkontakt gefiel ihm immens. Besonders gefiel ihm das Gefühl zwischen den Beinen, wann immer er an Sato dachte. Das Muskelziehen und das Kribbeln in seinem Penis, wenn er daran dachte, wie Sato ihn im Mund hatte und ihn leckte.

Sein Herz fing an zu rasen, als er sich Sato näherte und die Wange auf den weichen Stoff des Anzugs drückte. Sofort pressten ihn zwei breite Arme näher an den warmen Körper. Yuki schloss die Augen und atmete erleichtert auf.

Doch, es fühlte sich gut an. Die Angst, etwas falsch gemacht zu haben, hatte ihn übermannt. Und die Angst, es könnte wieder passieren, sobald er sich Sato nähern würde, hielt ihn weit weg vom Menschen.

„Sollen wir fahren?“, fragte Sato leise in die Stille, in der er Yuki fest umarmte. Die Hoffnung, dass er nun erst einmal bleiben würde, stieg von Sekunde zu Sekunde.

Der Engel nickte und zwang sich zu einem sanften Lächeln. „Ja.“

Ehe Sato aus dem Büro ging, schälte er sich aus seinem Wollmantel und legte ihn über Yukis Schultern. „Komm“, war alles, was er dann noch sagte, als er Yuki an die Hand nahm und ihn zum Aufzug führte; den Autoschlüssel in der anderen Hand.

Yuki folgte ihm mit hochrotem Kopf und fühlte sich auf einmal so leicht. Das Gewicht der letzten Tage verschwand, als er in Satos zufriedenes Gesicht blickte. Er wollte ihn berühren. Noch einmal spüren, wie es war, einen anderen Körper anzufassen. Die Neugierde siegte wieder einmal über Yuki als er sich im Aufzug an Satos Arm schmiegte. Trotz des vielen Stoffs, konnte er die angenehme Wärme spüren, die von ihm ausging.

Als sie ins Auto stiegen und der Manager viel zu schnell durch die dunklen Straßen fuhr, kuschelte sich Yuki in seinen Mantel und sog den herben Duft von Sato ein. Sie schwiegen sich an, bis sie Satos Loft erreichten.

Der Manager wollte Yuki erst wieder in seinen vier Wänden wissen, bevor er anfing Fragen zu stellen. Er war einfach froh, dass der Engel wieder da war und allen Anschein nach nicht sauer auf ihn war. Nur ein großes Missverständnis, viel Angst und Unsicherheit um ein Thema, was Sato selber noch für sich klären musste.

 

Aber das hatte Zeit. Yuki sollte erst einmal nach Hause kommen.

Tag 11

 

Als beide ins Loft kamen und Sato die Tür schloss, entwich beiden ein erleichtertes Seufzen. Yuki war froh wieder dort zu sein, wo er sich in Ruhe duschen konnte, und Sato war einfach froh, dass Yuki da war.

„Deine Sachen habe ich in ein Fach in meinem Schrank gepackt“, erklärte Sato und ging zu seinem Wandschrank, den er sofort aufzog. Yuki folgte und erblickte die Kleidung, die er zusammen mit Sato gekauft hatte, in einem Fach ordentlich zusammengelegt.

„Danke“, hauchte er leise und griff nach einem T-Shirt und einem Höschen. Mittlerweile hatte er verstanden, wozu Unterhosen da waren. Sein Penis scheuerte hin und wieder unangenehm an den Leggings. Der Stoff der Höschen war sehr viel weicher.

Sato musste sich stark zurückhalten, als Yuki nach einem der Unterhosen griff. Bereits als er sie gewaschen und zusammengefaltet hatte, fühlte er seinen Schwanz zucken. Auch jetzt musste er an die Situation im Kaufhaus denken, wo der Engel ihm schamlos das schwarze Spitzending gezeigt hatte.

Yuki bemerkte Satos angespannten Zustand und schob die Augenbrauen zusammen. „Ist es dir unangenehm, wenn ich jetzt duschen gehe?“

Das ließ Sato schmunzeln. „Nein, auf keinen Fall. Wieso sollte es?“

Yuki nickte stumm und presste das T-Shirt und die Unterhose an seine Brust. „Na…, weil wir das letzte Mal so intim waren und duschen auch etwas Intimes ist.“

Der Manager wusste nicht zu deuten, ob Yuki nur extrem naiv war oder die Naivität spielte. „So lange ich nicht neben dir beim Duschen stehe, ist es ein reiner Waschvorgang“, erklärte Sato und sah dabei auf die leicht erröteten Wangen.

Da schluckte Yuki einen großen Kloß herunter und sah in die grauen Augen. „Zusammen duschen ist… etwas Sexuelles, oder?“

Sato lachte auf und nickte. „Ja, das ist es. Wieso fragst du? Willst du, dass ich mitkomme?“

Die Frage sollte ein reiner Witz sein und Yuki etwas zum Nachdenken anregen, doch der Schwarzhaarige verstummte sofort, als Yuki die Schultern hochzog und zur Seite blickte. „Ich war noch nie mit jemandem duschen. Da bin ich neugierig.“

Ehe Sato antworten konnte, fügte er hastig hinzu: „Aber wir sollten das nicht tun! Von daher gehe ich jetzt duschen. Alleine!“

Mit diesen Worten drehte sich der Silberhaarige um und stampfte ins Bad. Mit einem lauten Schlag warf er die Tür zu. Sato stand noch wie bestellt und nicht abgeholt am Wandschrank und überlegte, was er tun sollte.

War das eine Einladung? War es keine? Yuki wollte offensichtlich neue Dinge ausprobieren, doch sein Gewissen verbat es ihm. Dummer Zufall, dass auch Sato bereit war, neuen Dingen offen gegenüber zu treten. Was war also nun das richtige zu tun? Er wollte Yuki nicht überrumpeln. Schon gar nicht zu irgendetwas zwingen, was er nicht wollte.

Wieso war er nur so schwierig? Wieso konnte er nicht einfach sagen, was er wollte, so wie andere auch? Immer, wenn er Frauen hier hatte, gab es zwei Optionen: „Ich will Sex“ oder „Ich will keinen Sex“.

Jetzt hatte er so ein Zwischending. Ein „Ich bin neugierig und das Petting hat mir gefallen, also wäre auch mehr drin“ und „Das ist eine Sünde und böse und das geht nicht, deswegen nein“.

Als er das Wasser plätschern hörte und die Gedanken in Satos Kopf rasten, entschied er sich, einfach mal zu schauen, was Yuki so trieb. Spannen war sonst nicht sein Hobby, aber was blieb ihm schon anderes übrig?

Vorsichtig öffnete er die Badtür und spähte hinein. Der Geruch von Duschgel durchströmte seine Nase und hinterließ ein angenehmes Gefühl. Dann erkannte er ihn hinter der Glaswand unter der Dusche stehen. Sein schmaler, nackter Körper stand genau unter der Regendusche und war mit etwas Duschgel benetzt. Die weißen Haare klebten an seinem Rücken und gingen ihm fast bis zum Hintern.

Und der Hintern… dachte Sato, dieser Hintern. Klein, rund und knackig. Der Manager verfluchte sich innerlich für seine perversen Worte und sah beschämt zu Boden. Wie konnte es sein, dass er gestandene Frauen mochte und gleichzeitig einen jungen Mann? Da lagen Welten, wenn nicht Universen dazwischen!

Sato war so in Gedanken verloren, dass er gar nicht bemerkte, wie sich Yuki umdrehte, um sich die Haare besser auswaschen zu können.

„Yamamoto…“, flüsterte er in den Regen hinein und schämte sich für einen kurzen Moment, dass er nackt war. Doch Sato schien ihn gar nicht zu beobachten, stattdessen stierte er auf den Marmorboden, als würde er angestrengt über etwas nachdenken. Vielleicht wollte er nur etwas holen? Und gar nicht zu ihm unter die Dusche? Yuki hatte klar und deutlich gemacht, dass er alleine sein wollte!

Sato stand noch immer wie angewurzelt an der Tür und zog die Augenbrauen zusammen. Es dauerte einige Sekunden, bis er für sich entschied, es zu lassen. Yuki wollte nicht, also musste er das respektieren.

Kaum griff er nach der Klinke und wollte die Tür wieder schließen, hörte er seinen Namen.

„Yamamoto!“, sagte Yuki nun lauter und spähte an der Glaswand vorbei, als könne er nicht durchsehen. Der Engel war sich selber nicht sicher, wieso er Sato daran hinderte, rauszugehen. In dem Moment, wo er das Bad verlassen wollte, zog sich etwas in Yuki zusammen. Enttäuschung machte sich breit. Also beschloss er Sato zum Bleiben zu überreden. Und wenn er nur an der Tür stand und sich mit ihm unterhielt. Das würde schon reichen.

„Yuki“, antwortete Sato etwas erschrocken und öffnete die Tür wieder ein Stück. „Ich wollte nur nachsehen, ob alles in Ordnung ist. Aber du duschst ja einfach nur lange…“

Das ließ den Engel schmunzeln. „Nicht alle brauchen nur 3 Minuten unter Dusche. Allein meine Haare brauchen ewig.“

„Ja, das verstehe ich“, brummte der Manager und wunderte sich, wieso sie ein so normales Gespräch führen konnten, wenn Yuki offensichtlich nackt unter der Dusche stand und Sato alles sehen konnte! Gott, war er hart! Und er war so froh, dass seine Anzughose das meiste kaschierte.

Yuki sah zu, wie Sato erneut die Muskeln anspannte und auf den Boden sah. Irgendetwas wurmte ihn und Yuki konnte nicht ausmachen, was es war. Vielleicht ging es doch um die Dusche?

„Willst du auch duschen?“, fragte er scheinheilig und fuhr sich durch seine Haare. Je schneller das Shampoo raus war, desto eher konnte Sato duschen. Zumindest nahm er das an, wo der Schwarzhaarige ihn wieder einmal über seine lange Duschzeit geschimpft hat.

Der Manager stand wie angewurzelt an der Tür und sah Yuki dabei zu, wie er sich durch die Haare fuhr. Hat er ihn gerade wirklich gefragt, ob er auch mitduschen wollte?

„Ja …“, säuselte er und ging einen Schritt weiter ins Badezimmer rein.

Yuki nickte schnell und drehte sich wieder um, nahm sich etwas Duschgel und wusch sich das Gesicht. Dann würde er jetzt schneller machen und die Dusche frei geben!

Natürlich verstand Sato das Ganze in einer völlig anderen Richtung und begann sich zu entkleiden. Nach und nach landete der Anzug, samt Hemd und Krawatte auf dem Boden, bis der Manager komplett nackt war. Vorsichtig näherte er sich dem Engel und versuchte krampfhaft, ihn nicht zuerst mit seinem steifen Penis zu berühren. Das kam vielleicht doch etwas ungehobelt rüber.

Also streckte er vorsichtig einen Arm aus und berührte Yuki am Oberarm. Der zuckte heftig zusammen, drehte sich um und wurde blutrot im Gesicht.

„Yamamoto! W-Was…?“, stotterte er und biss sich auf die Unterlippe. Sofort kamen ihm alle Erinnerungen an Sonntagmorgen in den Kopf. Was der Manager alles an ihm getan hatte. Wo er ihn berührt hatte. Und jetzt war er auch nackt! Direkt vor ihm! Also bedeutete das –

Und in dem Moment schielte Yuki nach unten. Er hielt die Luft an, als er Satos erigiertes Glied sah. Es war so groß – so viel größer als sein Penis! Und er war hart… bedeutete das, Sato war erregt? Wollte er Sex? Unter der Dusche?

„Darf ich?“, fragte Sato vorsichtig und streckte beide Arme aus, mit der Andeutung ihn zu umarmen.

Yuki liebte Körperkontakt. Besonders auf nackter Haut. Und jetzt waren beide nass, wäre das eine andere Erfahrung? Aber hinter dem unschuldigen Wunsch, Sato einfach nur zu berühren, steckt sehr viel mehr. Sexuelle Lust und Begierde – das strahlte Satos Glied eindeutig aus. Durfte er das? Darauf eingehen? Aber wer sollte ihn schon dabei sehen – außer Sato?

Ohne ihm zu antworten, ging Yuki einen Schritt nach vorne und schlang vorsichtig die Arme um Satos Torso. Er war warm und glitschig. Als sich seine großen Hände auf Yukis Rücken legten, schauderte es ihm. Da kam es wieder – das warme Gefühl. Das Zittern in den Beinen und das Kribbeln im Schritt. Satos Schwanz drückte prominent gegen Yukis Bauch und erinnerte ihn daran, welcher Hintergedanke bei dieser Umarmung mitspielte.

Der Schwarzhaarige spürte das Prasseln der Dusche über seinen Kopf und den warmen Körper vor sich. Oh, er musste sich so zurückhalten, den kleinen Engel nicht sofort gegen die Wand zu drücken und ihn hart ranzunehmen. Er wollte dem Ganzen Zeit geben. Yuki die Zügel in die Hand drücken und ihn machen lassen. Er entschied, wie weit sie gehen würden. Nur so konnte Sato sicherstellen, dass der Silberhaarige auch wirklich bei ihm blieb und nicht wieder wegrannte. Aus Angst, was passiert war.

Trotzdem ließ er sich nicht nehmen, über Yukis Rücken zu streicheln und seine Haare mit den Fingern zu kämmen. Um der Stille zu trotzen, fragte er einfach aus reiner Neugierde: „Wo warst du eigentlich die letzten zwei Tage?“

Yuki schloss die Augen und genoss die zarten Berührungen. Ohne es zu merken, mimte er die runden Bewegungen mit den Händen auf Satos Rücken nach. „Ich war meistens in deiner Nähe. Auf der Straße oder so.“

„Und wieso warst du noch in meinem Büro, als ich dich gefunden habe?“

„Ich habe in deinem Büro geschlafen…“, murmelte Yuki gegen das Wasserplätschern und drückte seine Wange gegen Satos harte Brust. Er war so müde, das Duschen und der Körperkontakt entspannten ihn. Auf der anderen Seite spürte er die Hitze in ihm aufsteigen, wann immer Satos Glied gegen ihn rieb. Diese menschlichen Bedürfnisse wie Schlaf und sexuelles Verlangen machten den Engel nervös, dass etwas nicht mit ihm stimmte.

„Du warst die ganze Zeit in meinem Büro? Wieso hast du dich nicht bei mir gemeldet?“ Der Manager versuchte ruhig zu bleiben, doch einen gewissen spitzen Unterton konnte er nicht verhindern. Der Ärger schwang einfach mit, ob er wollte oder nicht. Yuki hätte ihm viel Leid und Sorgen ersparen können, hätte er sich einfach zwischendurch mal gemeldet. Oder wäre für die Nacht zurückgekommen. So hätte er nicht im Büro schlafen müssen. Er hätte sich duschen können, er hätte etwas zu essen bekommen… Alles wäre so viel einfacher gewesen!

„Ich hatte Angst, wie du nach unserem Erlebnis reagieren würdest…“, gab der Engel offen zu. „Ich wusste selbst nicht, wie ich reagieren würde. Das war so… intim.“

„Aber es hat dir gefallen. Und was ist schon dabei? Du bist gekommen, ist das nicht die Hauptsache?“, hakte Sato nach und spürte seine Geduld langsam dünner werden. So kompliziert war Sex nun auch wieder nicht.

„Schon, aber…“, stotterte Yuki vor sich hin und löste sich schließlich aus der warmen Umarmung. „Ich weiß nicht, ob ich das noch einmal machen will.“

„Wieso nicht?“, fragte Sato genervt und griff Yuki an den Oberarmen. Wenn jetzt kein guter Einwand kam, würde er ihn küssen. An Ort und Stelle.

„Du bist eine tote Seele, die ich ins Reich der Toten bringen muss. Wir sollten uns nicht so nah -“, sagte Yuki aufrichtig und wurde binnen weniger Sekunden unterbrochen. Warme, feuchte Lippen pressten sich auf seine und begannen einen leidenschaftlichen Kuss.

Yuki versuche sich gegen Satos starken Griff zu wehren, drückte seine Brust weg und drehte den Kopf, so gut es ging. „Ich meine es ernst, Yamamoto! Wir sollten das nicht -“, doch sofort wurde er wieder durch einen innigen Kuss unterbrochen.

Sato interessierte es nicht, was Yuki zu sagen hatte. Die schmalen Arme wehrten sich halbherzig und der Manager wusste, dass es nur das schlechte Gewissen war, was ihn davon abhielt, sich stöhnen und keuchend an Sato zu reiben. Klar, seine Aufgabe war eine andere, als Sex mit seinem Auftrag zu haben. Aber wen juckte es?

So dauerte es auch nicht lange, bis Sato den Engel an die Duschwand drückte und ihn mit festen Handgriffen an den Seiten streichelte. Das vorherige Drücken gegen seine Brust wurde immer schwächer, bis die zarten Hände sich vorsichtig um Satos Nacken legten.

Aha, dachte sich der Manager. Jetzt also doch.

Der Kuss intensivierte sich schnell, als Yukis Willen aufzuhören einknickte, und er seine Zunge über Satos Lippen fahren ließ. Er wollte noch einmal einen Zungenkuss haben – genauso wie der am Sonntag! Die Nähe und die Berührungen ließen den Engel abschalten und die Zweifel im Kopf beiseiteschieben.

Zwischen seinen Beinen spürte er es heftig kribbeln. Und je öfter Sato mit seiner eigenen Härte an Yukis Bauch entlang streifte, desto fester presste sich der Engel an ihn heran. Er wollte mehr Kontakt! Im Grunde, so musste sich Yuki eingestehen, wollte er, dass Sato ihn noch einmal an seiner Männlichkeit berührte. 

Von Lust benebelt, drückte Yuki seinen Rücken durch und bettelte förmlich angefasst zu werden. Überall, dachte er sich und glitt mit seinen Fingern über Satos harte Brust. Langsam wanderten seine Hände über die Bauchmuskeln, bis sie an der Hüfte ankamen und zärtliche Kreise malten. Satos Glied zuckte bereits zu den Berührungen und verlor einige Tropfen an Liebesflüssigkeit. Dafür, dass Yuki keine Ahnung hatte, was er da tat, schmunzelte Sato, tat er es verdammt gut.

Yukis Glied wurde von Minute zu Minute immer härter und drückte letztendlich prall gegen Satos Bein. Der Manager konnte es sich natürlich nicht nehmen, breit in den Duschregen zu grinsen und winkelte das Bein an, damit er es in Yukis Schritt reiben konnte. Sofort stöhne der Engel auf und suchte erneut Halt an Satos Brust. Das Gefühl, was in ihm aufstieg war unbeschreiblich.

So fackelte Sato auch nicht lange, Yukis Härte in die Hand zu nehmen und mit langsam auf und ab Bewegungen zum rhythmischen Reiben seines Beins ihn zu befriedigen. Das erntete ihm erneut ein lautes Keuchen und Fingernägel in seiner Haut. Mit zittrigen Beinen hielt sich der Engel aufrecht, während er von Sato wieder einmal schmutzig berührt wurde.

Was war das nur, was ihn so an diesem toten Mann faszinierte? Waren es nur die neuen Erfahrungen, die er ihm brachte? Das kribbelige Gefühl zwischen den Beinen? Oder die Nähe, die er ihm schenkte, wann immer sie zusammen waren?

„Yamamoto“, stöhnte Yuki schließlich leise auf, als das Pumpen um seinen Schwanz härter und intensiver wurde.

„Sato“, korrigierte der Manager harsch und biss spielerisch in Yukis Nacken. „Nenn mich nicht wie meine Kollegen, wenn wir so etwas tun…“ Er war von Lust benebelt und wollte seinen Namen aus Yukis Mund hören. Nicht seinen Familiennamen – seinen richtigen Namen. Er sollte ihn stöhnen und keuchen, wenn er kam.

„Sag ihn“, forderte Sato den Engel auf, der sich unter den forschenden Berührungen des Managers wendete. Schnelles Reiben an Bein und Hand lieferte Yuki nahe an seinen Höhepunkt. Der Gedanke, dass Sato ihn wieder so heiß machte, brachte ihn fast um den Verstand. Alles um ihn herum drehte sich und er verstand nur Wortfetzen von dem, was Sato sagte. Es ging um seinen Namen. Sato wollte nicht beim Nachnamen genannt werden. Jedenfalls nicht, wenn sie beide schmutzige Dinge taten.

Yuki war bewusst, dass es der letzte Funken Distanz war, den er mit Nennung von Satos Vornamen erlöschen ließ. Doch er wollte einfach dieses Gefühl haben – das Gefühl, wenn alles in ihm anfing sich zusammenzuziehen, als würde sein Innerstes jeden Augenblick platzen.

Yuki öffnete zittrig seinen Mund, führte seine Zunge an seine Lippen und leckte sie, während er Sato ins Gesicht blickte. „Sato…“, säuselte er schließlich und klammerte sich weiter an den großen Mann ran, während der ihn rieb.

Das war’s, dachte der Manager, und küsste Yuki hungrig auf die Lippen.  Er wollte sich zurückhalten, aber nachdem Yuki seinen Namen gesagt hatte – und auch noch auf so erotische Art und Weise – ging damit auch das letzte Fünkchen Verstand.

Er spürte, wie Yuki anfing, sich an ihm zu reiben, als würde sein Leben daran hängen. Also griff Sato mit einer Hand nach seinem Torso und spielte mit seinen Brustwarzen. Liebevoll umfuhr er die sensible Stelle mit seinem Daumen, bis sie rötlich anschwoll. Schließlich zog er daran, was Yuki laut aufstöhnen ließ. Seine zarten Hände legten sich auf Satos breiten Unterarm und deuteten ihm mit leichtem Druck an, er solle nicht aufhören.

Sato spürte seine Erregung immer schmerzhafter werden, je mehr er in Yukis Anblick versank. Der Engel brachte ihn völlig aus dem Konzept.

„Yuki“, sprach er ihn vorsichtig und mit zittriger Stimme an, „versuch es.“ Es war weniger eine Bitte, sondern eine Aufforderung. Trotzdem war der Manager um einen weniger befehlshaberischen Ton bemüht. Yuki jedoch reagierte nicht schnell genug, sodass Sato Yukis Hand nahm und sie zu seinem Schwanz führte. Sofort schlug der Engel die Augen auf. Durch seine nassen, silbernen Haare konnte er Satos verzweifelten Blick erkennen und schlussfolgerte, dass auch er den kribbeligen Moment des Orgasmus spüren wollte.

Yuki hatte keine Ahnung, was er genau tun musste, also mimte er die Bewegungen von Sato nach. Er schloss seine Finger um das pralle Glied und spürte dabei jede einzelne Ader hervorstechen. Als Sato seine Augen schloss und anfing die Berührungen zu genießen, rieb Yuki ihn schneller. Doch auch das Reiben an seiner eigenen Härte wurde intensiver, sodass er mehrmals aus dem Rhythmus kam. Auf einmal spürte er, wie ihm heiß wurde, die Muskeln sich zusammenzogen und er wusste: jetzt war es wieder soweit.

Er keuchte auf, stoppte unbewusst die Bewegungen an Satos Glied und warf den Kopf mit zusammengekniffenen Augen nach hinten, als er kam. Sato biss derweil hart in Yukis Hals und saugte, während er seinen Namen stöhnen hörte.

„Sato!“, rief Yuki erneut, während er sich gegen Satos Bauch ergoss – bereits ahnend, dass sein Name wie ein Katalysator für den Manager wirkte. Die heiße Flüssigkeit lief an seinen Bauchmuskeln herunter und vermischte sich mit dem Wasser, was noch immer über ihren Köpfen prasselte.

Da die Hand des Engels um sein steifes Glied stoppte, fackelte der Manager nicht lange, nutzte die Benommenheit Yukis aus und legte seine Hand über die kleine Weiße. Er presste die schlanken Finger fester um seinen Schwanz und begann sie gemeinsam mit seiner Hand zu bewegen. Yuki ließ es einfach geschehen, sah sogar durch fast geschlossene Augen zu, wie er mit Satos Hilfe seinen Schwanz rieb. Er fühlte sich so unglaublich groß an! Satos Männlichkeit war kein Vergleich zu seiner eigenen.

Yuki beobachtete das Tun noch einige Momente, bis er für sich entschloss, Sato einen Gefallen zu tun. Immerhin hatte er ihn schon zweimal befriedigt – es war an der Zeit, ihm etwas zurückzugeben. Und ehe er sich versah – und es kam ihn im Hinblick auf seine zittrigen Beine sehr Recht – kniete er sich auf die Fliesen in der Dusche und griff nach Satos Hüften. Der sah entsetzt runter und beobachtete den Silberschopf, wie er gewissenhaft den Mund öffnete, um Satos Schwanz in den Mund zu nehmen.

„W-Warte – willst du das wirklich tun?“, unterbrach ihn der Manager und griff um Yukis Nacken. Der nickte und blinzelte nach oben, sah jedoch nicht wirklich etwas, da das Wasser sonst in seine Augen laufen würde.

„Du hast das auch für mich getan. Jetzt tu ich es für dich“, erklärte er leise. Das Gefühl, was Sato ihm gegeben hatte, war beängstigend gewesen; doch zur selben Zeit auch atemberaubend. Es war an der Zeit, den Gefallen zu erwidern und Sato dasselbe Gefühl zu geben. Zwar wusste er nicht ganz, was er tun sollte, doch bei Sato sah das damals nicht so schwer aus. Also öffnete er erneut den Mund und schloss seine Lippen um Satos Eichel.

Der seufzte leise auf und legte seine Hand in die weißen Haare. Er war sich sicher, dass es Yukis erster Blow-Job war, also war er auf alles gefasst. Doch als Yuki anfing, den Kopf zu bewegen und mit leichtem Druck seine Lippen über Satos Schaft gleiten zu lassen, musste er erstaunt ausatmen. Zwar spürte er hier und da seine Zähne an der empfindlichen Haut entlangstreifen, doch das war zu verkraften. Insgesamt fühlte es sich gut an. Als Yuki dann auch noch seine Zunge ins Spiel brachte, entwich dem Manager sogar ein leises Seufzen.

Vermutlich sprang Sato allein aus der Tatsache, dass es Yukis war, der ihm einen blies, auf sein Tun an. Nicht irgendeine Frau. Sondern Yuki, der Todesengel, der seine Seele ins Reich der Toten bringen sollte. Der brave, unschuldige Junge, der sonst immer so taff und stolz daherkam. Genau der kniete nun vor ihm und lutschte seinen harten Schwanz.

Sato konnte die Augen nicht von Yuki nehmen, wie er zusammen mit seiner Hand einen schnellen Rhythmus aufbaute. So dauerte es auch nicht lange, bis der Manager seinen Höhepunkt kommen spürte. Nun befand er sich im Bruchteil einer Sekunde in einem Dilemma: Sollte er in Yukis Mund kommen? Sollte er in sein Gesicht spritzen? Oder ihn einfach wegdrücken und in seiner Hand kommen?

Nun, die letzte Option war die höflichste. Die anderen beiden dafür ziemlich erotisch. Doch Sato wusste es besser und entschied sich, Yuki von sich zu drücken. Zu seiner Verwunderung ließ der sich allerdings nicht von seiner gewissenhaften Tätigkeit abbringen und hielt eisern die Augen geschlossen, während er weiter mit seiner heißen Zunge über Satos geschwollenes Glied fuhr. Okay, dachte Sato, dann Option eins.

Der Manager fühlte die Welt kurz ins Wanken geraten, als er den Kopf in den Nacken fallen ließ und ausgelassen keuchte, während er sich in Yukis Mund ergoss. Das Gefühl ließ ihn entspannen und die Hand im Nacken des Engels wurde für einen Moment locker. Yuki hingegen spürte die bittere Flüssigkeit in seinen Rachen spritzen, was ihm Tränen in die Augen schließen ließ. Doch er wollte tapfer bleiben – immerhin hatte Sato auch alles von im geschluckt! Das war wohl eine Art Respekt zu zeigen, auch wenn es dem Engel komisch erschien, wieso ein solcher Brauch existierte. Denn der Samen schmeckte nicht. Am liebsten hätte Yuki ihn wieder ausgespuckt.

Als Satos Höhepunkt abebbte und er damit wieder nach unten sah, ploppte in dem Moment sein noch hartes Glied aus Yukis Mund. Allein der Anblick hätte den Manager wieder hart werden lassen, wenn er nicht auf einmal so verdammt müde geworden wäre.

Yuki versuchte aufzustehen, konnte jedoch keine Kraft aufbringen, die zittrigen Beine dazu bewegen, sich hochzustemmen. Hilfesuchend griff er nach Sato, der ihn ohne ein Wort zu verlieren hochzog und noch einmal unter die Brause hielt. Der starke Griff um seinen Torso ließ Yuki entspannen und gleichzeitig vergessen, was sie gerade wieder getan hatten. Er hatte sich vorgenommen, es nicht noch einmal geschehen zu lassen, trotzdem es sich so gut angefühlt hatte. Aber dem Engel wurde langsam klar, dass es zu einer Sucht werden könnte, wenn er nicht aufpasste.

Sato hatte etwas – etwas dominantes und forderndes, was Yuki fügig werden ließ, wann immer er stark bleiben wollte. Doch bis auf die bleierne Müdigkeit, die Yuki einholte, und das gute Gefühl danach, was ihn so entspannen ließ, passierte nichts entsetzlicher Grausamkeit. Ganz im Gegenteil: Er hatte das Gefühl, Sato wieder ein Stück näher gekommen zu sein. Ob das allerdings etwas Gutes war, wusste er nicht. Denn früher oder später würde der Tag kommen, an dem er sich von ihm trennen müsste.

Der Manager drehte das Wasser noch ein Stückchen wärmer und strich über Yukis Haare. Nachdem sich beide noch einmal gründlich abgewaschen hatten, schaltete er das Wasser ab und griff zu den Handtüchern, die brav neben der Glasscheibe der Dusche hingen. Fast wie für ein Kind wickelte er das große, dunkelgraue Handtuch um Yuki und rubbelte ihn etwas trocken. Seine langen weißen Haare lagen verstreut über Schultern und Handtuch.

Beide Männer schwiegen, während sie sich abtrockneten und in liebevoller Gestik Dinge wie Föhn oder Bürste reichten. Sato ging kurzzeitig aus dem Bad, holte sich eine frische Unterhose und streifte sie über, ehe er zurückging, um sich die Zähne zu putzen. Er hatte zwar nichts gegessen, doch nach der anstrengenden Aktivität unter der Dusche und dem langen Tag, war ihm nur noch nach Schlafen. Sollte Yuki Hunger haben, könne er sich etwas aus dem Kühlschrank nehmen.

Doch der stand ebenfalls in Unterhose vor dem Spiegel und beäugelte die Zahnbürste, die Sato für ihn rausgelegt hatte. Konzentriert bemerkte er nicht, wie der Schwarzhaarige ihn mustere. Die schwarze Spitze ließ Yukis weiße Haut wie Porzellan erscheinen. Generell saß die Hose wie angegossen – bis auf den kleinen Unterschied, dass sie noch zusätzliche Dinge verdecken musste, als ursprünglich für sie konzipiert wurde. Das fiel insbesondere auf, als Yuki einen kleinen Schritt zum Waschbecken ging. Nichts wurde der Vorstellungskraft überlassen.

„Ist das meine?“, fragte der Engel schließlich leise, hielt die Zahnbürste hoch und beobachtete Sato durch den Spiegel, wie er auf seinen Hintern starrte. Die Hose gefällt ihm wohl, dachte Yuki und zuckte mit den Mundwinkeln. Nun, mir gefällt sie auch.

„Ja“, antwortete Der Manager kurzbündig und stellte sich neben den kleineren Mann. Es hatte etwas familiär Vertrautes, als sie beide sich die Zähne putzten und gemeinsam ins Bett gingen. Zwar zögerte Yuki für einen Moment, als Sato die zweite Bettdecke neben seiner legte, doch stellte er nichts in Frage und gesellte sich zum Manager.

„Der Wecker geht um 5“, informierte Sato den Engel fast routiniert und schloss die Augen, als er sich auf den Rücken legte und die Anwesenheit seines Engels genoss.

 

„In Ordnung. Gute Nacht“, flüsterte Yuki zurück und schloss ebenfalls die Augen, während der Schlaf bereits an der Ecke wartete. Er hörte Satos „Gute Nacht“ nur noch in weiter Ferne.

Tag 12

 

Der Wecker klingelte viel zu früh und ließ Yuki aufstöhnen. Das Bett war viel zu warm und viel zu schön, als dass er aufstehen wollte. Wieso stand Sato auch immer so früh auf?

Langsam drehte sich der Engel und blickte in das ruhig schlafende Gesicht des Managers. Sein schwarzer Pony lag ihm verstreut über die Augen und machten ihn mehrere Jahre jünger. So gefiel er Yuki am besten. Nicht ganz so streng und penibel wie sonst im Büro.

Das Laute piepen des Weckers hörte nicht auf und ließ Yuki aufstöhnen. Als er sich aufrichtete und zum Wecker griff, hörte er dann auch Sato seufzen. Leider wusste Yuki nicht, wie er das Piepsen zum Stoppen bringen konnte, also drückte er einfach mal alle Knöpfe. Irgendwann hörte der unangenehme Ton auf, doch der Engel war sich nicht sicher, ob er den Alarm wirklich ausgeschaltet hatte, da noch ein Lämpchen an der Seite blinkte.

„Yuki“, brummte Sato verschlafen aus den großen Kissen. Seine Augen waren noch geschlossen, als er zu Yukis Körper griff und einen Arm über seinen Schoß legte. „Wie viel Uhr ist es?“

Die liebevolle, wenn auch überraschende Berührung ließ Yukis Wangen heißer werden. „5 nach 5.“

„Mhm“, kam erneut von Sato, als er Yuki zu sich zog. Liebevoll legte er seinen Kopf auf Yukis Oberschenkel und umarmte ihn am Gesäß. Die Unterhose war einige Zentimeter verrutscht, sodass Sato sowohl mit seinen Händen über nackte Pobacken streifen konnte, als auch mit seiner Wange ein Stück von Yukis weicher Männlichkeit spürte. Das ließ ihn sofort an gestern Abend denken, wo sie heißes Petting in der Dusche hatten. Yuki hatte ihm einen geblasen. Freiwillig.

Sehnsüchtig seufzte Sato auf und fuhr mit den Händen über Yukis Pobacken. Die fühlten sich wundervoll weich und trotzdem stramm an.

„Y-Yamamoto“, flüsterte Yuki unsicher in die dunkle Stille. Die Berührungen wurden immer forscher! Wollte Sato etwa -? Musste er sich denn nicht für die Arbeit fertigmachen?

Yukis Wortwahl und Tonfall ließen Sato aufseufzen. „Sato“, korrigierte er den Engel erneut. „Nenn mich nicht beim Nachnamen.“

Noch bevor Yuki etwas erwidern konnte, streifte Sato Yukis schwarzes Höschen beiseite und küsste die weiche Eichel. Liebevoll übersäte er das Glied mit feuchten Küssen und beobachtete, wie es langsam steif wurde.

„N-Nicht“, seufzte der Engel auf, als er Satos hungrige Küsse in seinem Schritt spürte und es anfing zu kribbeln. Langsam griff er in das volle schwarze Haar und zog etwas daran. „Du musst zur Arbeit…“

„Ein paar Minuten habe ich“, murmelte der Manager und begann das nun völlig steife Glied zu lecken. „Du ersetzt einfach mein Frühstück.“

„D-Du solltest etwas essen!“

„Tue ich doch“, säuselte Sato, bevor er sich auf seine Ellbogen stützte und Yukis Glied vollständig in den Mund nahm. Ein lautes Seufzen folgte, doch die zarten Hände zogen weiterhin widerspenstig in seinem Haarschopf. Für einen kurzen Moment war sich Sato unsicher, ob er nicht vielleicht doch eine Grenze überschritten hatte. Immerhin hatten sie sich erst vor ein paar Stunden in der Dusche berührt – und jetzt schon wieder? Er wollte Yukis Einverständnis nicht überstrapazieren. Doch als Sato einen leichten Unterdruck erzeugte, Yuki ausgelassen stöhnte und irgendetwas säuselte, war ihm klar, dass die ziehenden Hände nur wieder ein Teil des schlechten Gewissens waren.

„Ich bin… Ich bin kein Frühstück“, murmelte der Engel und schloss genießend die Augen. Er tat es schon wieder! Sato konnte aber auch nicht mal für längere Zeit die Finger von ihm lassen! Es war nicht so, als wolle sich Yuki dem wundervollen Gefühl entziehen, aber hatten sie nicht erst vor ein paar Stunden …? Konnte man zu oft kommen? Gab es da ein Limit?

Auf einmal war Sato hellwach und legte noch etwas Tempo zu, während er seine eigene Erregung gegen die Matratze drücken spürte. Doch Sex stand außer Frage. Er würde den kleinen Engel nicht zwischen Tür und Angel in einem Quicki vor der Arbeit entjungfern. Das hob er sich für eine bessere Gelegenheit auf. Sofern Yuki da mitmachen würde.

Mit schnellen Bewegungen fuhr Sato über das mittlerweile feuchte Glied und leckte gierig die Eichel. Yuki beugte sich immer wieder nach vorne, drückte Satos Kopf damit immer tiefer in seinen Schritt und genoss jede Berührung.

Doch er erschauderte, als Satos Zeigefinger seinen Eingang umkreiste. Mit der einen Hand hatte er Yukis Unterhose beiseitegeschoben und mit der anderen spielte er mit seinem Schlitz. „Yamamoto, was –“, doch eher seinen Satz vollenden konnte, biss Sato liebevoll, aber bestimmend in Yukis Schaft. Das ließ ihn schmerzvoll keuchen und entsetzt nach unten schauen.

„Was habe ich gesagt?“, raunte der Manager finster und hörte für einen Moment lang auf Yuki einen zu blasen.

Die grauen Augen stachen dermaßen in Yukis braune, dass er das Gefühl hatte, ein Kloß steckte in seinem Hals. Trotz alledem schaffte er ein leises „Sato“ über die Lippen zu bringen.

Als hätte das schon gereicht, setzte der Manager seine Leidenschaft fort und führte schließlich langsam den Zeigefinger in Yuki ein. Der wusste nicht, was er mit der neuen Erfahrung anfangen sollte und entschied sich, ruhig zu bleiben.

Sato wusste bisher immer, was guttat – also würde er es weiterhin wissen! Nie würde er Yuki wehtun oder ihn quälen; so viel war sicher.

Als Satos Finger komplett in Yuki verschwunden war und er leichte Kreisbewegungen spürte, war es, als würde sein Innerstes zum ersten Mal ebenfalls beachtet werden. Das Kribbeln und Ziehen, wann immer Sato sein Geschlecht rieb, wurde durch die Kreisbewegungen auf eine unheimliche, aber wunderschöne Art und Weise verstärkt. Yuki spürte, wie ihm immer heißer wurde und er sich nach mehr sehnte. Mehr von allem, mehr von Sato.

Der Manager gab sich viel Mühe und erinnerte sich daran, wie Frauen auf Analsex reagiert hatten. Einige mit eher gemischten Gefühlen, doch so wie Yuki seinen Kopf immer wieder in seinen Schritt presste und die Berührungen in seinem Loch geschehen ließ, ging er davon aus, dass es ihm gefiel. Also ließ er nicht mehr Zeit verstreichen und führte schließlich einen zweiten Finger ein. Es war, als würde Yukis Eingang zucken, wann immer Sato eine bestimmte Stelle berührte. Es dauert auch nicht lange, bis Yukis feuchtes Glied die ersten Liebestropfen verlor.

„Sato… ich…“, stöhnte der Engel auf und begann schneller zu atmen. „… mehr“, war alles, was Sato dann noch verstand.

Und für einen kurzen Moment überdachte der Manager seine Entscheidung, Yuki nicht hart ranzunehmen. Doch er hielt es weiterhin für das Beste, alles etwas langsamer anzugehen. Jungfrauen – eine so unerfahrene noch dazu – konnten schnell schwierig werden, was das Thema Sex anging.

Doch Yuki verlangte mehr, also gab Sato ihm mehr. Er imitierte mit seinen zwei Fingern eine penetrierende Bewegung und stieß dabei regelmäßig gegen die Innenwände. Der Engel stöhnte energisch auf, bewegte sich rhythmisch gegen Satos Finger und schloss genießend die Augen. Zu viele Stimuli umgaben ihn, sodass der heiß erwartete Orgasmus nicht lange auf sich warten ließ.

Mit Satos Namen auf den Lippen, kam er ausgiebig und zuckend in seinem Mund. Wieder einmal schluckte der Manager die bittere Flüssigkeit gewissenhaft runter und leckte sich anschließend die Lippen. Yukis Geschlecht glänzte vor Speichel und zuckte noch etwas vom intensiven Liebesspiel.

Als Sato seine Finger aus Yukis Hintern zog, wimmerte der Engel auf und vermisste bereits das warme, volle Gefühl. Es war neu und es gefiel ihm. Sato wusste wirklich, was guttat.

Noch bevor Yuki etwas sagen konnte, erhob sich der Manager vom Bett und drückte seinem Engel einen kurzen Kuss auf die Lippen, bevor er ins Bad huschte. Während Sato an Yuki vorbei ging, fiel dem Engel sofort die große Beule in der dunkelblauen Unterhose auf. Wieder einmal stand nur sein eigenes Vergnügen im Vordergrund, während Sato sich zurücknahm.

Wieso, dachte Yuki. Wenn er die Zeit hatte, ihn zu beglücken, könnte er sich doch auch die Zeit nehmen, Yuki die Chance zu geben, ihn zu befriedigen? Oder hatte es ihm gestern nicht gefallen?

Schnell krabbelte der Silberhaarige aus dem Bett, richtete seine Unterhose und spürte wie es zwischen seinen Beinen noch immer feucht war. Das Gefühl war kalt und unangenehm und trotzdem erinnerte es ihn an das heiße Gefühl, welches die Nässe verursacht hatte. Ein Teil von ihm rügte ihn, als er ins Bad zu Sato huschte, ein anderer wollte weitermachen.

Doch zu seiner großen Enttäuschung gelte sich der Manager bereits die Haare, trug Aftershave auf und kontrollierte seine gepflegte Erscheinung. Die große Beule von vorher war auch verschwunden. Hatte er tatsächlich in der kurzen Zeit, in der Yuki gedankenverloren auf dem Bett saß, geduscht? Erstaunt stand der Engel am Türrahmen und beobachtete Satos letzte Züge.

„Möchtest du heute vielleicht hierbleiben?“, fragte der Manager, während er sich ein letztes Mal im Spiegel ansah. „Ansonsten müsstest du dich jetzt beeilen. Ich bin jetzt doch etwas spät dran“, kam er lächelnd auf Yuki zu, drückte ihm erneut einen Kuss auf die Lippen und huschte zu seinem Schreibtisch, wo er den Aktenkoffer packte.

Yuki wusste gar nicht, wie ihm geschah, als er so liebevoll und beiläufig geküsst wurde. „Ich… ich denke schon? Vielleicht ja. Ich bin noch etwas müde“, murmelte er und schielte zum warmen Bett. Diese menschlichen Bedürfnisse begannen ihn zu stören. Es war einfacher, wenn er sich zwischen Raum und Zeit aufhielt. Hunger bekam er nämlich auch – ein Gefühl, was vorher nie da war. Und einen Tag mal nicht in Satos unmittelbarer Nähe zu sein, würde den Braten nicht anbrennen lassen.

„Dann ruh dich noch etwas aus. Ich versuche heute nicht zu lange zu machen.“

Mit diesen Worten zog sich Sato an, band die Krawatte um seinen Nacken und schnappte sich letztendlich seinen Mantel. Der Manager wusste auch nicht, woher die Leichtigkeit kam, den Tag so ausgelassen zu starten. Vielleicht lag es daran, dass er seit langem mal wieder einen Partner hatte, bei dem es ihm Freude bereitete, ihn zu befriedigen. Und bei dem er es kaum erwarten konnte, zu ihm nach Hause zu kommen.

Als Sato das Wort „Partner“ durch den Kopf huschte, drehte er sich noch einmal zu Yuki um. Der stand im schwarzen Höschen etwas verloren inmitten der Küche und sah schüchtern zum Schwarzhaarigen.

„Bis später“, hauchte Sato zufrieden und lächelte Yuki an. Zwar erwiderte Yuki dieses Lächeln etwas zögernd, jedoch aufrichtig. Was war da nur geschehen? Bis vor ein paar Tagen hatten sie sich noch täglich in der Wolle. Aber was sich neckt, das liebt sich, richtig?

 

Sato fuhr mit Bleifuß in die Arbeit, um noch pünktlich anzukommen. Zwar betrat er das Büro mit gemischten Gefühlen, Yuki allein zu Hause gelassen zu haben, doch er war zuversichtlich, dass er der Engel nichts anstellen würde, was horrende Konsequenzen zur Folge hätte. Ganz im Gegenteil: Er war sich sicher, Yuki würde brav zu Hause auf ihn warten. Und diese Gewissheit machte Sato stolz. Er hatte es tatsächlich geschafft den Streit mit Yuki zu klären.

„Guten Morgen! Du strahlst ja richtig“, bemerkte Takeshi, als er dem Manager auf dem Gang fast den Kaffee entgegengeschüttet hätte. „Lass mich raten: Du hast dich mit Yuki vertragen?“

„Richtig“, summte Sato und machte sich ebenfalls schnell eine Tasse braune Brühe. Es grummelte leise in seinem Magen – vielleicht hätte er doch noch etwas anderes als den Schwanz seines Lovers in den Mund schieben sollen. Doch der Gedanke an den frühmorgendlichen Sex machte das Hungergefühl wieder wett.

„Oh, Yamamoto, endlich! Ich hätte dich sonst heute zu Suzuki-Sensei geschickt“, spaßte sein Kollege und trank von seiner Tasse. „Hanakuro hat auch schon gefragt, was mit dir los war.“

„Es ist wieder alles in Ordnung.“ Satos gute Laune drohte immer weiter abzusinken, je öfter er das Mitgefühl anderer im Nacken spürte. Auch wenn es gut gemeint war.

„Bist du dann jetzt wieder in einer Beziehung?“, fragte Takeshi neugierig nach und grinste zufrieden, dass Sato noch keinen genervten Kommentar von sich abgegeben hatte, wie es sonst üblich war.

Die Frage ließ Sato nachdenklich werden. „Ich weiß es nicht. Denke schon. Jedenfalls habe ich im Moment kein Interesse an jemand anderem – formulieren wir es doch so.“

„Sehr gut, sehr gut“, lobte Takeshi und ging in sein eigenes Büro. „Nur weiter so, Yamamoto! Irgendwann musst du sie mir dann vorstellen!“ Mit diesen Worten verschwand er um die Ecke.

Sato musste beim letzten Statement scharf die Luft einziehen. Das würde nie passieren. Und das lag nicht mal daran, dass Sato Yuki nicht vorstellen wollte, weil er eigentlich ein Mann war. Es ging schlichtweg einfach nicht.

Als der Manager sich in sein Büro begab und seine E-Mails checkte, hörte er das Klacken seiner Bürotür. Über den unangekündigten Besuch überrascht, blickte Sato auf.

„Yamamoto-Sama“, begann Hanakuro schüchtern und lächelte ihn aufrichtig an. Sie hatte nicht wie üblich an den Türrahmen geklopft. Ganz im Gegenteil – sie kam einfach rein und schloss sogar die Tür hinter sich. Ihr errötetes Gesicht verhieß nichts Gutes. Sato ahnte schon worauf das hinauslaufen würde.

„Hanakuro, was gibt’s?“, fragte er schroff und versuchte sein Pokerface aufrecht zu erhalten.

Anstatt vor seinem Schreibtisch stehen zu bleiben, ging sie langsam und bedacht an ihm vorbei und gesellte sich neben Sato, der auf seinem Stuhl saß. Als sie sich auch noch vorbeugte und dem Manager damit freie Sicht auf ihren roten Spitzen-BH gab, musste er einige Zentimeter zurückrollen.

„Yamamoto-Sama“, begann sie erneut ihren Satz und strich sich schüchtern eine Haarsträhne hinters Ohr, „Sie haben bis zum Mittagessen keine festen Termine. Und ich dachte, vielleicht möchten Sie die Zeit mit etwas Spannenderem als Bilanzberichten verbringen…?“

Satos Augen weiteten sich um das doppelte, als er das offensichtliche Angebot seiner Sekretärin vernahm. Zu jeder anderen Zeit in seinem Leben – selbst mit einer festen Freundin an der Seite – hätte er zugestimmt. Er hätte Hanakuro genommen, sie in ein leeres Konferenzzimmer geschleppt und dort auf dem Tisch gefickt. Im Anschluss würde er ihr verbal deutlich machen, dass das eine einmalige Sache war und nichts zu bedeuten hatte. Sato würde sich dann ärgern, dass er seine persönliche Sekretärin gevögelt hätte, und würde bereits nach Stellengesuchen Ausschau halten, um einen Ersatz zu finden.

Doch Hanakuro hatte Glück; sie würde ihren Job vorerst behalten. „Ich denke, ich bleibe bei den Berichten“, verkündete Sato trocken und nickte ihr zu, um deutlich zu machen, dass sie nun wieder gehen könnte.

„Sind Sie sicher?“, hakte seine Sekretärin nach und kam noch ein Stückchen näher. „Wissen Sie, ich …“ Doch sie beendete ihren eigenen Satz vorzeitig. Langsam fuhr sie mit ihrer schlanken Hand über Satos Brust und lockerte seine Krawatte.

Sato war sich sicher, dass das definitiv unter sexueller Belästigung fiel. Aber er war ein Mann. Wer würde ihm schon glauben?

„Wissen Sie, ich habe schon so lange ein Auge auf Sie geworfen. Und seit Tagen gehen die Gerüchte rum, Sie hätten schon jemand neues… nach Mei“, verkündete Hanakuro traurig und mied den Augenkontakt. Mit einer schwungvollen Bewegung legte sie ein Bein über Satos Schoß und setzte sich rittlings auf seinen Schritt. Ihr kurzer Bleistiftrock schob sich dabei über ihre Beine und ließ ihr ebenfalls rotes Spitzenhöschen aufblitzen. „Das macht mich so traurig! Obwohl ich Sie jeden Tag sehe, bekomme ich nie eine Chance…“

„Hanakuro“, begann Sato und wendete schnell seinen Blick von ihrem Schritt ab. Das Höschen würde Yuki besser stehen, war alles, an was er denken konnte. Vorsichtig packte er seine Sekretärin an der Hüfte und hob sie wieder von seinem Schoß. „Ihre Zuneigung in Ehren, aber wenn Sie Ihre Stellung behalten wollen, würde ich Ihnen raten, das zu tun, wofür ich Sie eingestellt habe. Nämlich ihren Job.“

Die kühlen Worte trafen seine Sekretärin härter, als gedacht. „A-Aber“, begann sie, wurde jedoch von Satos ungeduldigem Blick unterbrochen.

„Gehen Sie oder ich bin gezwungen das Arbeitsverhältnis zu beenden“, informierte er Hanakuro streng, stand auf, um seiner Position Größe zu geben, und schob die Augenbrauen zusammen. Die dominante Boss-Nummer wirkte sonst immer. Nur dieses Mal leider nicht.

Hanakuro jauchzte auf, warf sich erneut an Sato und presste ihre lippenstiftüberzogenen Lippen auf seine. Sofort presste er sie von sich und taumelte dabei einen Schritt nach hinten. Sein Bein stieß schmerzvoll gegen die Tischkante seines Schreibtischs.

„Gehen Sie jetzt! Sofort“, bebte Satos Stimme vor Wut. Hanakuro hielt sich eine Hand vor den Mund und erkannte das Ausmaß ihrer Dummheit. Schnell zog sie ihren Rock über die Oberschenkel und rannte in kleinen Schritten aus dem Büro. Ohne die Tür zu schließen verschwand Sie im Gang und schließlich im Aufzug.

Hoffentlich kommt sie wieder, dachte Sato und richtete seine Krawatte. Er hatte keine Lust, neue Sekretärinnen zu suchen. Besonders, weil Hanakuro eigentlich eine sehr fähige Mitarbeiterin war. Wäre da nicht diese unangenehme Sache von gerade eben gewesen.

Auf einmal stand Suzuki vor Hanakuros Büro und reckte ihren Kopf, um zu sehen, ob sie da war. Glaswänden sei Dank, verstand sie schnell, dass die Sekretärin nicht an ihrem Platz war. Stattdessen erblickte sie Sato etwas verloren in seinem Büro stehen.

„Yamamoto-San“, begrüßte sie ihn höflich und kam lächelnd auf ihn zu. „Ist Hanakuro-San heute nicht da? Ist sie krank?“

„Nein, sie ist nur gerade… draußen“, erklärte er ohne dramatische Nebeninformationen wie ‚Tränenüberströmt‘ und ‚nach sexueller Belästigung‘.

„Oh, ich verstehe“, nickte Suzuki und händigte Sato einen Zettel mit einer Internetadresse und einem Datum aus. „Das wollte ich ihr eigentlich für Sie mitgeben, aber dann gebe ich es Ihnen persönlich. Ich wollte einen Termin für Sie bei einem Neurologen machen und mit Hanakuro abklären, ob sie an diesem Tag können. Der Arzt kann Ihnen mit Sicherheit weiterhelfen, sollten Sie noch einmal Beschwerden haben.“

Der Manager starrte auf den weißen Zettel mit der sauberen Handschrift. „Das ist nett, aber ich brauche keinen Neurologen. Es ist wieder alles in Ordnung.“

Da stutzte seine Ärztin und sah ihn überrascht an. „Haben Sie also keine Halluzinationen mehr?“

„Nicht unbedingt. Aber ich konnte das mit Yuki klären“, lächelte Sato und reichte Suzuki den Zettel zurück.

Zögerlich nahm sie das Stück Papier wieder an sich. „Sie… haben das geklärt? Aber der junge Mann namens Yuki ist noch da?“

„Das hoffe ich“, murmelte er mit hochgezogenen Augenbrauen, während er in die Ferne blickte und an den zukünftigen Abend dachte. 

„Sie hoffen?“, hakte Suzuki nach und kam aus dem Staunen nicht mehr raus. „Sie haben also Frieden mit Ihrer… Halluzination geschlossen?“ In dem Moment bedauerte sie innerlich, dass sie kein Diktiergerät mithatte, um die sonst im Büro stattfindende Therapiesitzung aufzunehmen. Sato schien seinen Dämonen begegnet zu sein. Aber anstatt sie zu bekämpfen, freundete er sich mit ihnen an.

„Kann man so sagen. Yuki und ich haben einen gemeinsamen Nenner gefunden. Denke ich“, brummte der Manager und sah wieder zu seiner Ärztin. „Ich wünschte wirklich sehr, ich könnte ihn Ihnen vorstellen. Aber Sie wissen ja… die Sichtbarkeit und so.“

Das ließ Suzuki höflich lächeln. Sie wusste nicht, wie sie mit der offensichtlichen geistigen Verwirrung umgehen sollte. „Das ist nett… Aber würde Yuki denn auch mich kennen lernen wollen?“

„Oh, mit Sicherheit! Yuki ist eigentlich kein schüchterner Engel“, erklärte Sato erheitert über den Gedanken, seinen Todesengel irgendwem vorzustellen. In dem Moment klopfte es höflich am Türrahmen.

„Du willst Yuki vorstellen? Oh bitte mir dann aber auch!“, spaßte Takeshi und hielt eine Mappe im Arm. Suzuki drehte sich abrupt um und sah entsetzt zum Kollegen.

„Sie… Sie wissen um Yuki Bescheid?“, fragte sie zögerlich und wendete den Blick sofort zum Manager, der ebenfalls mit aufgerissenen Augen neben ihr stand. 

„Aber natürlich!“, begann Takeshi und wedelte mit der Mappe, die er schließlich auf Satos Schreibtisch legte. „Der Junge erzählt ja von nichts anderem mehr.“

„Er kennt Yuki nicht so, wie Sie…“, murmelte Sato in der Hoffnung, nur Suzuki würde ihn hören und verstehen.

„Hast du sie etwa schon vorgestellt?“, fragte Takeshi verwundert und wechselte den Blick zwischen Sato und Suzuki.

Diese gluckste auf und legte eine Hand auf die Brust. „Sie?“

„Ich sagte doch, Suzuki-Sensei, Takeshi kennt Yuki nicht so wie –“, doch sein Kollege schnitt ihn ab.

„Also kennen Sie sie doch nicht?“ Er blickte verwundert in die Runde und kratzte sich am Kopf. „Na, also wenn es soweit kommt, sag mir Bescheid! Ich will sie unbedingt mal kennen lernen!“

Mit diesen Worten ging Takeshi wieder den Gang entlang und verschwand in seinem Büro. Suzuki drehte sich mit rügendem Blick um und schüttelte den Kopf. „Sie erzählen Ihrem Kollegen von Ihrer Halluzination und behaupten, er sei eine Frau?“

„Nicht ganz“, korrigierte Sato und fühlte sich auf einmal von seiner kleinen Ärztin eingeschüchtert. Ihr rügender Blick traf Sato tief. „Ich hatte ihm von einer Person erzählt, die mir sehr nahe steht und als mir sein Name rausgerutscht war, schlussfolgerte mein Kollege daraus eine Frau. Ich… hatte nur nicht so das Bedürfnis ihn zu korrigieren. Immerhin würde er ihn eh nie sehen und es würde nur unnötige Diskussionen starten.“

Suzuki ließ den Manager zwar ausreden, trotzdem hatte sie das Gefühl, ihn zurecht zu weisen. „Lassen Sie das lieber! Was wollen Sie Takeshi denn erklären, wenn er irgendwann darauf besteht, ‚Yuki‘ kennen zu lernen? Wollen Sie ihm dann auch erklären, dass er ein Todesengel ist?“

Aus ihren Worten konnte Sato schließen, dass Sie die Geschichte um den Todesengel noch immer abstrus fand. Würde Sato nicht selber so tief in der Misere stecken, würde er es ebenso für Humbug halten. „Selbstverständlich nicht“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Es wird einfach nie zu einem Treffen kommen, Ende.“

„Dann wünsche ich Ihnen viel Glück damit. Bitte achten Sie trotzdem auf Warnzeichen wie Schwindelgefühle oder erneute Lähmungserscheinungen, wenn sie schon nicht zu einem Neurologen wollen. Ihre Gesundheit geht vor.“

Ein warnender Blick folgte, nachdem sie sich von Sato verabschiedete. Der konnte nur seufzen und schloss endlich die Tür zu seinem Büro. Er würde heute niemanden mehr reinlassen! Der Tag war noch keine 9 Stunden alt und schon wurde er von drei verschiedenen Personen bedrängt. Jetzt wollte der Manager erst recht wieder nach Hause, sich mit Yuki ins Bett kuscheln, fern schauen und hier und da aneinander rumspielen.

 

So zog sich der Tag ewig in die Länge. Nach mehreren Meetings und weiteren angeheizten Gesprächen über Beziehungen mit Takeshi, war Sato froh, als er mit seiner Limousine vor seinem Loft ankam und Licht darin brennen sah.

Hastig öffnete er die Haustür und sah sich im großen Wohnraum um. Nirgends war Yuki zu sehen. Panik stieg im Manager auf, also rief er verzweifelt Yukis Namen in die augenscheinlich leere Wohnung.

„Hier“, kam schließlich aus dem Badezimmer. Erleichtert seufzte Sato auf und näherte sich der angelehnten Tür.

„Darf ich reinkommen?“, fragte er höflich, nicht wissend, was Yuki im Bad tat.

„Natürlich“, antwortete Yuki mit hörbarer Gelassenheit in der Stimme.

Als Sato sein eigenes Bad betrat, stiegen ihm sofort Patschuli und Lavendel in die Nase. Yuki saß in der großen Wanne und badete mit viel Schaum um ihn herum.

Der Manager blieb mitten im Raum stehen und bewunderte die elegante Schönheit, die von Yuki ausging, während er sich lächelnd an den Wannenrand lehnte.

„Ich konnte nicht widerstehen. Bei dir wird es immer so kalt in der Wohnung und da dachte ich, ich lasse mir ein Bad ein. Hat mich fast eine halbe Stunde gekostet, herauszufinden, wie das überhaupt funktionierte“, dabei deutete er lachend mit der nassen Hand die Wanne an. „Und ich wollte den Ausblick genießen.“

Mit diesen Worten sah er hoch und beobachtete ehrfürchtig die Sterne am Himmel, die das Glasdach offenbarte. Sato musste bei diesem Anblick lächeln, schälte sich aus seinem Anzug und warf ihn über den Handtuchhalter. Yukis Wangen färbten sich leicht rosa, als er Sato nackt auf sich zukommen sah. Ohne weitere Worte zu verlieren, stieg der Manager in das warme und gutriechende Badewasser, legte seine großen Hände auf Yukis Taille und zog ihn zu sich auf den Schoß.

Er seufzte ausgelassen auf, als Yukis Hintern seinen Schritt berührte. Doch ihm war nicht nach Sex. Ihm war nach Ruhe. Der Tag war anstrengend genug gewesen und er hatte sich seit dem Morgen auf die privaten Momente mit dem Engel gefreut.

So lehnte er sich einfach in der Wanne zurück, den Engel zwischen seinen Beinen und nah an seiner Brust. Als er die Augen schloss, dachte er noch einmal daran, was für eine glückliche Fügung alles genommen hatte.

 

Und wie glücklich er war.

Tag 13

 

Als Sato die Augen öffnete, blickte er in ein helles Zimmer. Die Rollläden waren bereits hochgefahren und zeigten einen zugeschneiten Garten. Man konnte fast keine Pflanzen mehr ausmachen, so viel hatte es die Nacht noch geschneit.

Was den Manager mehr verwirrte, waren das Tageslicht und die hochgefahrenen Rollläden. Unsicher drehte er sich um und blickte in das schlafende Gesicht von seinem Engel. Eingekuschelt in die weichen Kissen, schlief er tief und fest und atmete dabei leise gegen Satos Arm. Neugierig schielte er auf seinen Wecker, der am Nachttisch neben Yuki stand. Halb 10.

Wieso hatte der Wecker nicht geklingelt? Hatte er geklingelt? Hatte er es nur nicht mitbekommen? Zum Glück, dachte Sato, ist Samstag. Niemand erwartete ihn im Büro, also konnte er auch nicht zu spät zu irgendeinem Meeting kommen.

Vermutlich hatte sich die Zeit verstellt, als Yuki am gestrigen Morgen am Wecker rumgedrückt hatte. Als er zum schlafenden Engel sah, musste er zufrieden grinsen. Er war nicht sauer, dass sein Schlafrhythmus aus den Fugen geriet. Ihm war nach kuscheln und im Bett bleiben. Also fackelte er auch nicht lange und legte sich zurück zum schmalen Körper. Zu seiner Zufriedenheit stellte er fest, dass beide noch immer nackt waren. Sie waren am gestrigen Abend völlig erschöpft ins Bett gefallen und eingeschlafen. Sato war stolz auf sich, dass er neben Yuki geschlafen hatte, ohne etwas Perverses zu tun.

Doch als er die schmale Hüfte unter der Bettdecke an seinem Schritt spürte, musste Sato ausgiebig seufzen. Genussvoll zog er den Duft von Yukis Haaren ein und drückte ihn weiter an sich.

„Was tust du da?“, murmelte der Engel auf einmal zwischen Satos Armen und hob den Kopf, um in die grauen Augen zu sehen. „Befummelst du mich schon wieder?“

Sato musste auflachen und lehnte sich mit mehr Abstand zu Yuki zurück in die Kissen. „Du tust gerade so, als würde ich gegen deinen Willen handeln.“

„So lange ich schlafe, will ich meine Ruhe haben“, giftete Yuki spielerisch und biss liebevoll in Satos Arm. „Du hast mich geweckt.“

„Und du hast mich nicht geweckt! Es ist bereits halb 10, der halbe Tag ist vorbei“, konterte der Manager mit gereiztem Ton, versuchte jedoch ein Lächeln zu zeigen.

„Vielleicht ist dein Wecker kaputt?“, gab Yuki mit Schultern zucken zu verstehen und streckte sich ausgiebig im Bett. „Was machen wir heute?“

Sex haben, ploppte in Satos Kopf auf. Doch er hielt sich zurück den Gedanken auszusprechen und presste die Lippen aufeinander, als würde ihm das helfen. Als Yuki keine Antwort erhielt, drehte er sich auf die Seite und sah Sato von den großen Kissen aus an. „Wie wär’s mit Weihnachtsmarkt? Ohne Stress. Ohne Shoppen. Nur gucken.“

„Mhm“, brummte Sato und musterte Yukis feinen Gesichtszüge. „Von mir aus. Aber heute Nachmittag muss ich wieder etwas arbeiten.“

„Klar“, war alles, was der Silberhaarige von sich gab, bevor er sich zu Sato lehnte und ihn liebevoll auf den Mund küsste. So langsam bekam er den Dreh raus. Und als er in Satos überraschtes Gesicht sah, musste er breit grinsen. Ohne weitere Worte zu verlieren oder Sato die Chance zu geben, einen seiner spitzen Kommentare abzugeben, lehnte er sich noch ein weiteres Stück vor und küsste immer wieder die rauen Lippen.

Der Manager atmete zufrieden aus und schlang die Arme um Yukis schmalen Torso. Es fühlte sich unfassbar gut an. Je intensiver der Kuss wurde, desto forscher wurden Satos Berührungen. So dauerte es nicht lange und sein Glied wurde steif. Es rieb hier und da an Yukis Beinen und ließ Sato leidenschaftlich Murren. Er hätte den Engel sofort verschlingen können. Sex am Morgen war einfach toll. Genauso wie Sex am Abend oder Sex am Mittag. Sex generell.

Und bevor Sato über sich selber lachen musste, weil er, wann immer er spitz wurde, nur noch marginal denken konnte, biss Yuki in seine Unterlippe.

„Au!“, rief der Manager auf und hielt sich die sensible Stelle. Mit einem breiten Grinsen rollte sich der Silberhaarige vom Bett und stand auf.

„Dann machen wir uns mal für die Stadt fertig, was meinst du?“, schlug er voller Vorfreude vor und watschelte ins Bad.

„W-… nein! Bleib hier, wir können uns auch in 10 Minuten noch fertigmachen!“, jammerte Sato und bemerkte gar nicht, wie bedürftig er klang.

Der Tonfall ließ Yuki lachen, während er seine Haare vor dem großen Spiegel flocht. „Du meinst wohl eher 5 Minuten“, gab er spitzzüngig von sich und verdrehte die Augen, bevor er sich aus der Tür lehnte, um Sato anzusehen. „Du lässt mich ja nie an dich ran.“

„Das ändere ich mit sofortiger Wirkung. Komm her“, befahl Sato arrogant und zeigte mit seinem Finger neben sich.

„Heute Abend vielleicht“, summte der Engel und cremte sein Gesicht ein, nachdem er es abgewaschen hatte. Amüsiert über die Tatsache, dass er Sato einfach so stehen lassen konnte und es ihm die Zügel zurück in die Hand gab, ging er grinsend zum großen Wandschrank. Zügig zog er die Türen auf und wühlte in seinen Sachen. Zum ersten Mal überlegte er sich genauestens, was er anziehen würde. Es machte Spaß und er war ganz aufgeregt, wie es in der Stadt werden würde. Sato wurde dabei völlig ausgeblendet.

„Wieso habe ich das Gefühl, dass der Junge mit mir spielt“, brummte Sato leise und schob die Augenbrauen zusammen. „Der kann was erleben heute Abend.“

 

Nachdem beide gemütlich einen Kaffee beziehungsweise Tee getrunken hatten (Yuki schmeckte Tee wesentlich besser), fuhren sie wieder mit der Limousine in die Stadt. Sato parkte erneut in der Tiefgarage des Einkaufszentrums, wo ihn Yuki direkt in den ersten Laden schleifte.

„Das ist aber kein Weihnachtsmarkt“, bemerkte der Manager spitz und schob seine Hände in die Manteltaschen. Yuki hüpfte aufgeregt zwischen den Plastikschmuckständern und betrachtete die glitzernden Gegenstände; ignorierte den Manager wieder einmal völlig. Der lief ihm schlussendlich nur hinterher und versuchte nicht zu auffällig zu wirken, wo er für alle anderen ja alleine durch das Geschäft lief, was augenscheinlich nur für junge Mädchen gedacht war.

Als Yuki sich ein paar Ketten ansah, musste Sato schmunzeln. Billiger Plastikschmuck. Soll er sich doch lieber etwas echtes aussuchen. Davon hatte er mehr.

Nach wenigen Minuten kam der Engel wieder zum Manager und lächelte ihn glücklich an. „Die Herzkette da ist schön“, bemerkte er und zeigte auf eine Kette, die am Haken neben der Kasse hing. Sato ging seufzend zu ihr hin und betrachtete sie eindringlich.

„Das ist Plastik…“, bemerkte er leise, bedacht darauf, dass ihn niemand anderes als Yuki hören würde. Ein paar Mädchen drehten sich zwar um, als ein Mitte Dreißigjähriger bei Ketten für Frauen um die 15-20 stand, doch sie gingen einfach schnell weiter. Yuki lächelte weiterhin und berührte das Herz, welches so schön in Satos Händen funkelte. „Aber es glänzt so schön.“

„Ich kaufe dir lieber was Anständiges“, seufzte der Manager und hing die Kette wieder zurück.

„Du musst mir gar nichts kaufen!“

„Als ob dein ‚Schau mal‘ gerade kein Wink mit dem Zaunpfahl war“, lachte Sato leise auf und verließ den Laden mit schnellen Schritten. „Wir gehen jetzt erst einmal auf den Weihnachtsmarkt. Dann sehen wir weiter.“

Yuki zuckte nur mit den Schultern und folgte seinem Liebhaber aus dem Laden. Gemeinsam gingen sie die Straßen entlang und betrachteten die bunt geschmückten Stände. Alles glitzerte und ließ Yukis Augen strahlen. Wie ein Kind, dachte Sato beiläufig und fühlte eine Art Frieden mit sich selber. Die Menschen um ihn herum nervten ihn trotzdem immens. Besonders als die achte Handtasche gewaltsam an seinem Arm vorbeistrich.

„Was ist das?“, fragte Yuki nach einigen Minuten, in denen sie über den Weihnachtsmarkt gegangen waren, und deutete auf die Tassen, die in den Händen der Menschen lagen. Es qualmte und ließ auf ein heißes Getränk schließen.

„Glühwein“, erklärte Sato und nickte zu einem Stand. „Willst du einen?“

„Was ist das denn? Wein, der glüht?“ Yuki hatte zwar Satos Frage ignoriert, doch sein neugieriger Blick hatte ihm bereits eine Antwort gegeben. Mit großen Schritten näherte er sich dem vollen Glühweinstand und bestellte eine Tasse, um nicht gleich als Alkoholiker rüber zu kommen, wenn er zwei bestellte. Nach wenigen Minuten kam er mit der heißen Tasse zurück zu Yuki und zog ihn in eine ruhigere Ecke, wo er ihm die warme Tasse reichte. Er wollte sichergehen, dass niemand einen schwebenden Glühwein sah.

„Probiere“, forderte Sato seinen Engel auf und nickte ihm zu. „Wenn er dir nicht schmeckt, trinke ich ihn.“

Yuki rock den süßlichen Wein und wärmte seine Hände an der Tasse. Trotz des warmen Parkers und dem dicken Strickpulli, fror er ein wenig. Der Glühwein schenkte ihm neue Wärme – und wie er feststellen musste, auch von innen! Denn als er den ersten Schluck nahm und den warmen Wein die Kehle runterlaufen spürte, wurde ihm merklich wärmer.

„Und? Schmeckt es dir?“, fragte Sato nach und hob beide Augenbrauen. Als er ein energisches Nicken bekam, ging er noch einmal zum Glühweinstand und kaufte noch eine Tasse. Zum Glück bei einer anderen Bedienung, sonst wäre es doch etwas peinlich geworden. Als er zurückkam, schlürfte Yuki immer schneller und energischer den Wein.

„Langsam, da ist Alkohol drin. Nicht, dass du gleich betrunken bist“, warnte der Manager, obwohl er nicht wirklich was dagegen hätte, wäre Yuki ein bisschen angeschickert.

Doch alles, was der Manager zu hören bekam, war ein genervtes Knurren. „Weiß ich doch.“

Eher sich Yuki versah, spürte er beim letzten Schluck des warmen Elixiers die Welt etwas schwanken. Oh, dachte er, das war wohl der Alkohol. Er war noch nie betrunken gewesen, aber es fühlte sich ausgesprochen gut an. Leicht, ein bisschen lustig. Also grinste er Sato breit an und biss sich auf die Unterlippe, während er sich an seinen Arm lehnte.

„Holst du mir noch einen?“, fragte er liebevoll und kicherte über seine eigene Frage.

Der Manager wusste nicht, ob er den Erwachsenen spielen sollte oder nicht. Yuki war offensichtlich schon etwas angetrunken und kannte absolut keine Grenzen, was den Alkohol anging. Woher auch? Vermutlich war das sein erster Rausch. Aber lieber hatte er den mit Sato, als alleine. Also nickte der Schwarzhaarige, nahm Yuki die leere Tasse ab und ging zurück zum Stand. Auf dem Weg dorthin leerte er seine eigene und stellte schließlich beide zurück auf den Tresen. Er kaufte erneut zwei volle und ging schnurstracks zurück zu seinem Engel. Der entriss ihm den Glühwein voller Vorfreude und begann weiter daran zu Nippen; verbrannte sich beinahe die Zunge.

Nach dem zweiten Glühwein spürte Yuki den Alkohol noch deutlicher. Die Welt wankte noch ein ganzes Stück mehr und er wurde unsicher auf seinen Beinen. Doch irgendwie machte ihn das nicht nachdenklich, sondern eher stark. Er hatte das Gefühl, er könnte alles schaffen. Und alles sagen.

„Yamamoto, du bist eigentlich ziemlich mies, aber im Bett bist du wie eine Katze – total kuschelig“, gestand Yuki und lachte erneut über seinen Kommentar.

„Nenn mich nicht beim Nachnamen“, seufzte Sato leise und war froh, dass der Engel für andere unsichtbar war. Und unhörbar.

„Ich dachte, das gilt nur für Sex?“

„Das gilt für immer.“

„Nawwww“, quietschte Yuki auf und schmiss sich um Satos Taille. „Du kannst so süß sein!“

Der Manager wusste es besser, als die Umarmung zu erwidern, da sie mitten auf einer belebten Fußgängerzone standen. Würde er Luft umarmen, wären sicherlich einige Menschen auf ihn aufmerksam geworden. Und Yuki war genauso anstrengend wie jede betrunkene Frau in seinem Umfeld. Das wollte er nicht noch mit einer erwiderten Umarmung befeuern.

„Ja und jetzt lass los. Die Leute denken sonst, ich habe einen an der Waffel“, flüsterte Sato leise und drückte Yuki von sich. Der rümpfte die Nase und hob beide Augenbrauen an.

„Du bist so befehlend… Manchmal nervt es.“

„Ich bin Manager. Was erwartest du?“, gab Sato trocken zu verstehen und spürte die Stimmung kippen.

„Dass du Manager beim Managen bist und liebenswürdig, wenn du Liebe machst“, herrschte der Engel den Schwarzhaarigen an.

„Mir war nicht bewusst, dass wir gerade Liebe machen. Aber wenn das für dich ein Teil des Vorspiels ist…“, murmelte er grinsend, wissend, dass Yuki dummes Zeug von sich gab, „… bin ich offen für neue Dinge.“

Satos plötzliche Nähe ließ Yuki die Luft anhalten. Ihm wurde bewusst, was er von sich gegeben hatte, als er die großen Hände an seiner Hüfte spürte. „N-Nicht… Gerade eben hast du dich noch beschwert, dass dich jemand sehen könnte!“

„Dann gehen wir irgendwohin, wo uns niemand sieht…“, säuselte der Manager und küsste Yukis Wange. Eigentlich wollte er den Engel nur aufziehen und schauen, wie er reagieren würde. Als der jedoch einfach nur rot wurde, sich an Satos Mantel klammerte und beschämt zur Seite sah, war sich Sato nicht mehr so sicher, wie weit sein Witz gehen würde. Yuki war offensichtlich rollig. Alkohol konnte lustige Dinge mit einem machen – das musste der Engel nun am eigenen Körper erfahren.

Es kribbelte bei der leichtesten Berührung und Yuki bekam Lust auf mehr. Lust, dachte der Engel und stierte auf den weißen Schnee unter seinen Füßen. Dieses Wort bekam eine völlig neue Bedeutung in Yukis Kopf.

„Dann gehen wir“, murmelte Yuki und fuhr mit den Händen unter Satos Mantel. Er klammerte sich an dessen Langarmshirt und zog es aus der Hose. Mit kalten Fingern fuhr er unter sein Shirt und berührte Satos nackten Rücken.

Der konnte nur noch zusammenzucken, als ihn die kalten Hände anfassten. „Hey, Yuki… nicht hier.“

„Dann sag wohin“, forderte der Engel seinen Partner auf. Auf Zehenspitzen lehnte er sich vor und knabberte an Satos Hals.

Verführte er ihn gerade? Auf offener Straße? Nervös blickte sich Sato um und stellte erleichtert fest, dass ihn niemand anstarrte.

„Yuki, ich bin mir nicht sicher, was du willst.“ Natürlich wusste Sato ganz genau, was Yuki wollte. Aber er war angetrunken und wusste es vielleicht auch nicht so ganz genau. Und so dachte der Manager, dass die Intentionen klarer werden würden, würde Yuki das aussprechen, was er im Kopf hat. Ausgesprochen klang vieles noch einmal ganz anders. Vielleicht würde er sein Vorhaben dann abbrechen wollen. Sato wollte ihm diese Freiheit lassen. Doch Yukis Antwort haute Sato völlig von den Füßen:

„Ich will noch einmal deine Finger in mir…“

Sato spürte seinen Schwanz bei den Worten zucken. Dirty Talk war sonst nicht seine Stärke, besonders nicht in aller Öffentlichkeit. Also schluckte er die Frage runter, ob er seine Finger oder seinen Schwanz meinte. Es war definitiv unangebracht, Yuki auf offener Straße auf seinen harten Schwanz anzusprechen und ihn zu fragen, ob er seinen in ihn einführen dürfte.

„Bist du etwa hart?“, fragte Sato unschuldig und griff fast unbemerkt in Yukis Schritt. Dieser stöhnte zufrieden auf, als sein Glied bei Sato Beachtung fand.

„Ja“, säuselte der Engel und drückte sich näher an den Manager ran. Eigentlich war es ihm peinlich, so erregt zu sein, wo er Sato am Morgen noch so gekonnt hat stehen lassen. Doch jetzt war ihm anders zumute und er wollte Erleichterung. Erleichterung durch Sato und seine geschickten Finger.

„Dann gehen wir zurück zum Auto. So weit ist es nicht.“

Mit diesen Worten zog er seinen Engel an der Hand mit sich und ging schnurstracks zum Einkaufszentrum zurück. Sie nahmen den Tiefgarageneingang und hechteten fast fluchtartig zur Limousine, die eingeparkt zwischen zwei Autos stand. Nicht zum ersten Mal war Sato um seine getönten Scheiben im hinteren Bereich erleichtert.

„Einsteigen“, befahl der Manager und öffnete die hintere Tür. Yuki verdrehte die Augen und blieb an der Motorhaube stehen.

„Sei nicht immer so befehlshaberisch. Nicht alle tanzen nach deiner Pfeife…“, provozierte Yuki und lehnte sich gegen das schwarze Gehäuse des Autos.

„Rein. Oder es setzt was“, unterstrich Sato seine Ungeduld und hob beide Augenbrauen. Er wusste nicht genau, wieso Yuki auf einmal einen auf Störrisch machte. Vielleicht ging es hier um so ein Ego Ding. Würde er zu schnell einknicken, würde Yuki sich vielleicht untergebuttert fühlen. Aber so war das nun mal mit Sato: Er bestimmte wann, wie und wo.

Außerdem wollte er sich für den Morgen rächen. Also zog er Yuki am Handgelenk zu sich, küsste ihn innig und presste ihn dabei gegen die offene Tür. Der intensive Kuss wurde schnell zum Zungenkuss, dessen sich Yuki offen hingab. Sato hoffte, dass ihn niemand sehen würde, wie er leidenschaftlich Luft küssen würde.

Nach nur wenigen Sekunden keuchte Yuki gegen Satos Lippen und klammerte sich mit zittrigen Knien an seinen Mantel. Seine Jeans war viel zu eng! Wieso hatte er so eine enge Jeans gekauft? Yuki fluchte in seinem Kopf wie ein Weltmeister, merkte dabei nicht, wie Sato seinen Mantel auszog und ihn auf die Rückbank warf. Schnell entledigte er auch Yuki von seinem Parker und warf diesen auf den Beifahrersitz.

„Rein“, befahl Sato ein letztes Mal und zeigte mit der linken Hand auf die Rückbank. Yuki war in der Stimmung noch mehr zu protestieren, doch wollte er sein Glück nicht herausfordern. Sato sollte ihn anfassen – nicht, dass er genau diese Chance durch zu vieles Sticheln vertan würde. Also beugte sich der Engel dem Wunsch des Managers und krabbelte auf allen Vieren auf die Rückbank. Dabei streckte er Sato seinen Hintern entgegen und hoffte, Sato damit zu locken.

Die Idee funktionierte besser als gedacht und Yuki spürte binnen Sekunden flinke Hände um seinen Hosenbund. Die Tür knallte hinter ihm zu, Sato beugte sich über den knieenden Yuki und zog seine enge Jeans runter. Zum Vorschein kam ein bereits feuchtes Glied, was Yuki erneut keuchen ließ. Er war so unvorstellbar hart, dass es fast wehtat. Alkohol war witzig, aber das nicht.

„Dreh dich um“, kam erneut ein Befehl vom Manager. Doch Yuki hörte die Lust mitschwingen. Es war eine Anweisung, der Yuki gerne Folge leistete.

Vorsichtig drehte er sich um und spreizte die Beine, damit Sato alles sehen konnte. Die peinliche Stellung trieb Yuki die Röte ins Gesicht und er hatte das Gefühl, alles in ihm würde gleich vor Scham platzen. Denn ehe Sato irgendetwas tat oder sich bewegte, bewunderte er den Anblick, der sich vor ihm ausbreitete. Die schmalen Beine, die an ihm vorbeiliefen, das harte Glied, welches weitere Liebestropfen verlor, und der völlig benebelte Blick seines Engels, ließen Satos Schwanz ebenfalls vor Vorfreude zucken. Ohne weitere wertvolle Sekunden zu verschwenden, beugte sich der Manager vor und küsste Yukis feuchte Eichel.

„Sato…“, säuselte der auf und drückte seinen Rücken durch, damit der Schwarzhaarige besser an seine Erektion kommen würde. Doch wieder einmal geschah nichts; Sato starrte nur.

Wieder einmal bewunderte er die perfekte Form und die anregende Farbe der Eichel.

Yuki hingegen wurde ungeduldig. Mit einer erneuten Hüftbewegung wollte er Sato zeigen, dass er weitermachen wollte. Dass er berührt werden wollte!

Doch er tat nichts. Stattdessen strich er über Yukis Innenschenkel, knabberte hier und da an seinem Hüftknochen und strich seine Wange gegen seine glatte Haut.

„Sato, bitte“, jammerte Yuki notgeil und spürte den Druck hinter seinen Augen stärker werden. Würde er nicht gleich etwas tun, kämen ihm die Tränen.

Das hilfesuchende Jammern ließ Sato schmunzeln. „Fühlt sich nicht so toll an, wenn man verführt und dann stehen gelassen wird, oder?“

Der giftige Kommentar musste einfach sein. Irgendetwas in Sato wollte Yuki etwas heimzahlen. Auch wenn seine eigene Erregung ihn fast um den Verstand brachte. 

Der Engel raunte auf und jammerte zugleich. „Ich hab’s verstanden! Es war mies von mir! Es kommt nicht noch einmal vor!“, weinte er kurz vor den Tränen und griff schließlich nach Satos Armen, um ihn weiter zu sich zu ziehen. „Bitte, Sato!“

„Versprochen?“, hakte der Manager nach.

Die weinende Antwort wartete nicht lange: „Versprochen!“

Ohne weitere Worte, lehnte sich Sato zwischen Yukis Beine und begann ausgiebig an seinem Schwanz zu lecken. Es zuckte und wurde immer glitschiger. Es wirkte, als würde Yuki jeden Augenblick kommen, so erregt war er. Der Alkohol tat dem Kleinen wohl nicht besonders gut.

Doch der Manager wäre nicht er selbst gewesen, würde er den Engel nicht immer wieder weiter pushen. Er leckte gewissenhaft über Yukis Geschlecht, während er seine linke Hand hochhielt und vor Yukis Lippen führte. Zwei seiner Finger glitten ohne Widerworte in seinen Mund und wurden mit Speichel benetzt. Fast automatisch vermutete Yuki dahinter eine Art Metapher für Satos Schwanz und begann die Finger zu lutschen. Egal, dachte er sich, es fühlt sich gut an!

So leckte er beherzt an Satos Fingern, während der versuchte auf dem schmalen Rücksitz Halt zu finden, um Yuki weiter einen zu blasen. Die lutschenden Bewegungen um seine Finger ließen Satos Kopf blank werden. Oh, er wollte unbedingt Sex. Aber nicht hier, dachte er wieder einmal, die Rückbank eines Autos war kein guter Zeitpunkt für eine Jungfernfahrt.

Er riss sich also zusammen und entzog Yuki seine feuchten Finger. Der stöhnte leise auf, als sein Mund leer wurde und sich verlassen anfühlte. Stattdessen spürte er die feuchte Wärme woanders: Langsam glitt Sato mit beiden Fingern in Yukis Schlitz, ohne dabei Yukis Glied zu vernachlässigen.

„Ah – Sato!“, stöhnte der Engel laut auf, bewegte seine Hüfte instinktiv nach vorne und presste Sato seinen Schwanz tiefer in den Mund. Der musste sich zurückhalten bei dem harten Schlag in die Rachenregion nicht zu husten. So professionell wie es ging, führte er seine zwei Finger weiter in Yuki ein, bis er am Knöchel angekommen war. Mit reibenden Bewegungen penetrierte er seinen Engel, während der ekstatisch seinen Mund vögelte. So blieb dem Manager eine Hand frei, die er in seine eigene Hose gleiten ließ, um sich selber zu reiben. Er wollte Yuki nicht zu sehr beanspruchen und 69 ging drei Mal nicht auf der schmalen Rückbank.

Yuki stöhnte immer wieder laut auf und schloss die Augen, während er wieder gefühlt von allen Seiten gerieben wurde. Das Gefühl in ihm war atemberaubend gut. Es gab eine Stelle, die Sato regelmäßig traf und die ihm den Verstand raubte. So dauerte es auch nicht lange, bis Yuki anfing schneller und unkontrollierter in seinen Bewegungen zu werden.

Satos Mund tat bereits etwas weh und verkrampfte sich im Zuge der schnellen Bewegungen immens. Doch er wollte durchhalten – immerhin war er selbst kurz vor dem Höhepunkt. Yukis Stöhnen und sein heißes Inneres ließen Satos Gedanken abschweifen, wie es wäre, würde er seinen Schwanz in ihm haben. Der Moment war zum Greifen nahe und Sato wusste, dass es nicht mehr lange bis zum Sex dauern würde.

Schließlich keuchte Yuki laut auf, rief Satos Namen und presste sich tief in seinen Mund, als er intensiv kam. Sein Schließmuskel verkrampfte sich schlagartig um Satos Finger, sodass er für einen Moment aufhörte zu penetrieren. Stattdessen schluckte er erneut so viel er konnte, um das Leder nicht zu ruinieren. Doch er dachte nicht daran, dass er kurz darauf ebenfalls kam und seine Hand nicht die komplette Flüssigkeit auffangen konnte. Sich selbst etwas schimpfend, ließ es sich schließlich in Yukis Schritt fallen. Seine Wange traf das langsam schlaff werdende Glied vom Engel, während seine Hände neben ihm lagen. Die eine feucht von Yuki, die andere feucht von ihm.

„Sato“, murmelte der Engel kaputt und hatte es noch nicht geschafft, die Augen zu öffnen. Er streichelte die braunen Haare zwischen s einen Beinen und musste zufrieden grinsen. Sie hatten es schon wieder getan. Wo würde das nur hinführen? Der Alkohol in Yukis Adern ließ die Wände wackeln. Es war, als würde er sich um seine eigene Achse drehen und nach hinten fallen.

Es dauerte einige Minuten, bis sich Sato sammeln konnte, um sich die Hände an einem Taschentuch abzuwischen. Seufzend warf es das benutzte Tuch in den Fußraum und küsste Yukis Schenkel. Als keine Reaktion kam, sah er hoch und musste schmunzeln. Yukis Augen waren geschlossen und der Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. Da war wohl jemand wieder einmal müder, als zugegeben.

Sato spielte den braven Freund, holte noch ein Taschentuch raus, wischte Yuki soweit es ging sauber und zog ihn gewissenhaft wieder komplett an.  Vorsichtig legte er seinen auf den Boden gefallenen Mantel über den schlafenden Engel und küsste seine Stirn. Als er auch dann nicht aufwachte, stieg Sato aus dem Wagen und zündete sich eine Zigarette an, während er neben dem Auto stand. Er war sich sicher, dass er hier nicht rauchen durfte, aber das war ihm egal. Er wollte jetzt eine rauchen.

Während er so über das heiße, völlig spontane Petting im Auto nachdachte, kamen eine Familie an ihm vorbei. Die Kinder sahen ihn erschrocken an, während die Mutter beide mit bösem Blick zu Sato wegzog. Ja, dachte Sato, lass sie ruhig gucken. Ich hatte Sex und rauche jetzt eine. Wie böse und unanständig. Und das Ganze mit einem Engel in einer Tiefgarage.

Als Sato aufgeraucht hatte und eigentlich einsteigen wollte, um nach Hause zu fahren, da Yuki offensichtlich Schlaf nachzuholen hatte, wartete er einen Moment. Er dachte an die Plastikkette, die Yuki so schön fand, und entschloss kurzerhand noch einmal hoch zu den Läden zu fahren.

Es dauerte nicht lange, da stand Sato vor dem Schmuckgeschäft, in dessen sie sich vorher aufgehalten hatten. Ohne weiter darüber nachzudenken, kaufte Sato die Plastikkette und schüttelte innerlich den Kopf. Wie konnte er nur so einen Schrott kaufen?

Aber wenn es Yuki gefiel? Er würde ihm zu Weihnachten eine bessere holen. Eine aus Gold. So wie seine Partikel, in die er sich auflöste, wann immer er verschwand.

 

In dem Moment hoffte er, diese nie wieder sehen zu müssen.

Tag 14

 

Als Yuki wach wurde und er bereits den Geruch von Kaffee in der Nase hatte, wusste er, dass Sato nicht mehr neben ihm lag, sondern in der Küche stand und Frühstück machte.

„Sato“, murmelte er und lugte aus den weichen Kissen hervor. „Du bist ja schon wach.“

Der Manager stand in Jogginghose und freiem Oberkörper vorm Herd und bereitete Rührei zu. Das Bild war so zwanglos, dass Yuki lächeln musste.

„Du schläfst wie ein Stein“, bemerkte der Manager, ohne eine Begrüßung einzubauen. „Ich musste noch den Berg an Arbeit von gestern nacharbeiten.“

Ein Seufzen entfuhr Sato, als er daran dachte, wie sie beide nach Hause gefahren sind, Yuki wach wurde und ihn überredet hatte, sich mit ihm noch einen Film anzuschauen. Als es dann 22 Uhr war, gingen beide wie zwei brave Erwachsene ins Bett und schliefen. So viel Schlaf machte Sato müde, also verbat er sich am Sonntag auszuschlafen. Aus Respekt hatte er jedoch den Wecker frühzeitig ausgeschaltet, um Yuki nicht zu wecken. Er wollte ihn mit einem fertigen Frühstück überraschen. Das war ihm gelungen, denn der Engel kam nackt wie er war aus dem Bett gekrochen und schmiegte sich an Sato heran.

„Das riecht super lecker“, hauchte er gegen Satos nackte Haut und küsste die Stelle, die ihm am nächsten war. Sofort spürte der Schwarzhaarige nicht nur Gänsehaut, sondern auch seinen Schwanz.

„Zieh dir was über, sonst erkältest du dich“, raunte Sato dem kleinen Engel zu. Vielmehr aus Eigennutz, als aus Umsicht. Würde Yuki ihn weiterhin so beiläufig nackt umarmen, würde er das Frühstück vergessen und eher Yukis Schwanz als das Rührei essen.

„Sofort, Chef“, brummte Yuki amüsiert über Satos Befehlston und ging zum großen Wandschrank, um sich einen viel zu großen Pulli zu leihen, der an ihm hing wie ein Kleid. So machte Yuki keinerlei Anstalten Unterwäsche anzuziehen. Aus voller Absicht? Vielleicht. Wollte er Sato provozieren? Vermutlich. Würde er damit durchkommen? Mit Sicherheit.

Als beide an der Kücheninsel saßen und schweigend das von Sato herbeigezauberte Frühstück zu sich nahmen, spielte Yuki auf dem privaten Handy von Sato rum. Eine Bubble Shooter App machte ihm besonders viel Freude.

„Leg das Ding weg, Handyverbot am Tisch“, seufzte der Manager und schnappte sich das Handy unter Yukis Händen weg. Der verdrehte die Augen und schaufelte sich eine große Portion Speck in den Mund. Handyverbot? Vom Manager, der das Ding wie eine zweite Haut bei sich trug?

„Wieso bist du nur so dauergereizt?“

„Ich bin nicht dauergereizt. Ich sag dir nur, was Sache ist“, erklärte Sato nüchtern und beendete sein Frühstück mit lautem Besteckklirren. „Dir muss man halt auch viel sagen.“

„Du bestimmst einfach gerne.“ Yuki konnte sich ein Grinsen nicht unterdrücken. Als das letzte Stück Ei in seinem Mund verschwunden war, konzentrierte er sich auf das stichelnde Gespräch.

„Das liegt wohl in meiner Natur. Aber frechen Kindern sagen, was sie besser nicht tun sollen, ist in jedem Menschen drin.“

„Ich bin kein Kind und das weißt du“, korrigierte Yuki seinen Partner mit Augenrollen. „Du behandelst mich nur wie eins. Als würde dein Ego dadurch an irgendetwas gewinnen.“

„Als wüsstest du, was mein Ego pusht.“ Ein kleiner Teil von Sato wollte Yuki ins Gesicht drücken, dass es weitaus erstrebenswertes gab, als seinen männlichen Todesengel zu befriedigen, aber da würde er nicht nur mit seiner jetzigen Beziehung spielen, sondern sich genauso gut in die Tasche lügen.

Der Engel lachte auf und stützte seinen Kopf auf seinen Händen ab. „Natürlich weiß ich das. Und bisher hat es ganz gut funktioniert.“

Das ließ Sato eine Augenbraue hochziehen. Als er nichts erwiderte, sondern nur auffordernd in Yukis Richtung starrte, führte er seine Antwort weiter aus.

„Du magst es, wenn ich dir gehorche. Aber es macht keinen Spaß, wenn ich es einfach so tue, nicht wahr? Ich muss dir vorher erst mal sagen, was ich alles nicht will, damit du es mich dann machen lässt. Richtig?“

Der Manager hätte sich am liebsten auf die Lippe gebissen, doch er wusste es besser, als seine Tarnung auffliegen zu lassen. Das hätte Yuki gezeigt, dass er ihn ertappt hätte.

„Vielleicht stehe ich auch einfach nur drauf, dir meine Meinung zu geigen.“ Das war nicht mal gelogen.

„Ja, ich kann mir vorstellen, dass du gerne die Oberhand hast. Bei egal was“, summte Yuki und er wusste, dass er gerade mit dem Verlauf der nächsten Stunde spielte. Doch er fühlte sich noch im Besitz der Zügel und wusste sie in die richtige Richtung zu lenken. Zumindest glaubte er das, als er auf Satos Antwort lachte.

„Du hast mich noch nicht die Oberhand nehmen sehen“, warnte er seinen Engel vor und spürte sein Auge zucken als Yuki lachte. „Das sieht nämlich ganz anders aus.“

Und als hätte der Manager nur darauf gewartet, beugte sich Yuki vor, stützte seine Unterarme auf der Kücheninsel ab und sah ihn eindringlich an. „Und wie sieht das aus?“

Sato schob ohne weiter nachzudenken die Teller beiseite, griff nach Yukis schmalem Handgelenk und zog ihn fast schon aggressiv in seine Richtung. Der fiel vom hohen Barhocker in Satos Schoß und spürte sofort die harte Oberfläche von der Kücheninsel unter seinem Bauch.

„Ah!“, presste er aus seiner Lunge, als der Schwarzhaarige den großen Pulli hochschob und damit Yukis nackten Hintern offenbarte.

„Keine Unterwäsche? Wofür haben wir dir welche gekauft, wenn du sie nicht anziehst“, schimpfte Sato und strich über die glatten Backen.

„Weil es keinen Sinn macht… Du ziehst sie mir doch sowieso wieder aus“, hauchte der Engel über seine Schulter und grinste auffordernd. „Du tust gerade so, als hättest du einen Grund dich zu beschweren.“

„Ich habe immer einen Grund mich zu beschweren“, antwortete der Manager grimmig und biss schließlich in eine der beiden weißen Backen. Ein feuchter Kuss folgte, während Yuki unter seinem festen Griff wimmerte. Satos Glied zuckte aufgeregt, als er den Anblick vor sich in seine Netzhaut brannte. Der Silberhaarige, auf seiner Kücheninsel, ohne Unterwäsche und erregt. Je länger Yuki bei ihm war, desto dankbarer war er für seinen Schlaganfall.

Ohne weiter darüber nachzudenken, was die Zukunft bringen würde, beugte sich Sato vor und begann mit seiner Zunge über Yukis Eingang zu lecken.

„N-Nicht… Was machst du?“, jammerte der Engel los und spürte seinen Schlitz feucht werden. Sato antwortete nicht, sondern leckte weiter großzügig über Yukis Hintern. Vorsichtig führte er die Spitze seiner Zunge in den Engel ein und fühlte seinen Muskel enger werden. Ein erregtes Seufzen entfuhr dem Silberhaarigen, als er Satos große Hände um seine Hüfte bemerkte, die ihn in Position hielten, und seine Zunge, die penetrierend in ihn eingeführt wurde.

„Sato“, murmelte er in den Kragen des Pullis, der sich langsam über sein Gesicht schob. Sein Glied drückte unangenehm gegen die Platte der Kücheninsel. Es dauerte nicht lange, da spürte er es bereits glitschig werden.

Der Manager richtete sich schließlich auf, drückte die Pobacken auseinander und presste seinen harten Schwanz, noch bedeckt durch die Jogginghose, gegen Yukis nasses Loch.

„Wie gerne würde ich dich jetzt ficken“, brummte Sato dunkel und spürte seine Lust gefährlich hoch in ihm steigen.

Der Engel schauderte unter den finsteren Worten, die seine Ohren trafen. Ficken? Also Sex? Aber hatten sie denn nicht schon Sex? Oder wollte Sato etwa…

Als Yuki verstand, was der Schwarzhaarige tun wollte, stieg Panik in ihm hoch. Doch ehe er etwas sagen oder tun konnte, schoben sich zwei bekannte Finger in ihn rein und streichelten seinen sensiblen Punkt.

„Ah… Oh Sato, du…“, war alles, was Yuki aus seinem Mund bekam, als die Finger einen stetigen Rhythmus annahmen. Seine Erektion fühlte sich so vernachlässigt! Wieso tat Sato da nichts? Yuki wimmerte leise auf und begann sich gegen die Küchentheke zu reiben. Es war nicht so angenehm wie Satos warme Hände, aber es war eine Berührung, die ihn seinem Höhepunkt näherbrachte.

„Was tust du da? Hör auf damit“, fuhr Sato den Engel an, als er ihn sich bewegen sah. „Ich entscheide, wann du dich dort berühren darfst.“

Yuki erschrak bei der wenig liebevollen Anweisung und stoppte seine Bewegungen. Unsicher drehte er sich ein Stück und versuchte Sato über seine Schulter zu erspähen. Doch der griff harsch nach Yukis Nacken und presste ihn zurück auf die Kücheninsel. Als er sich vorbeugte und der Engel genau Satos Schwanz durch die Jogginghose an seinem Hintern spüren konnte, musste er schaudern. Die Zunge des Managers spielte um Yukis Ohrmuschel und hinterließ ihm Gänsehaut. Angeregtes Seufzen und Stöhnen trafen seine Ohren und ließen ihn härter werden. Er wollte mehr… einfach mehr!

Unbewusst begann Yuki erneut sich gegen die Theke und damit auch gegen Satos Schritt zu bewegen. „Sato“, murmelte er in Ekstase und schloss die Augen. Er brauchte keine weiteren Berührungen, er könnte auch so kommen.

Seine Wangen pochten wie wild, als er Satos Wärme hinter ihm verschwand und die Küsse an seinem Nacken aufhörten. Sofort schlugen seine Augen auf. Ehe er sich umdrehen und nachsehen konnte, was passiert war, wurde er von Sato an der Hüfte gepackt und wild über seine Schulte geworfen.

„W-Was?! Sato!“, rief Yuki und spürte seine Härte an der nackten Schulter vom Manager reiben.

Mit gemütlichen Schritten ging Sato mit dem Engel auf seiner Schulter Richtung Bett, wo er ihn auf die weichen Laken warf. „Du hältst nicht still. Das ändern wir jetzt.“

Yuki hatte keine Ahnung, was Sato damit meinte und er fühlte sich ausgesetzt, fast etwas unsicher. Was hatte er denn jetzt vor? Mit aufmerksamen Augen verfolgte er den Hausherrn, wie er an seinen Kleiderschrank ging, eine Schublade aufzog und darin rumkramte. Erst, als er ein langes Seil und andere schwarze Dinge in seinem Arm sah, wurde ihm bewusst, dass er das Ausmaß von Satos „Durchsetzungsvermögen“ unterschätzt hatte.

„Setz dich gerade hin“, befahl Sato und sah den Engel mit finsterem Blick an. Er war so hart, es tat ihm schon fast weh. Aber er wollte einen Standpunkt beweisen; Yuki deutlich machen, wer er war und was es bedeutete, wenn er mal nicht einen auf Blümchensex machte. Wenn der echte Sato durchkam.

Der Engel wusste nicht, ob es ein guter Zeitpunkt war, Sato noch einmal darauf aufmerksam zu machen, dass er sehr dominant sein konnte und es Yuki missfiel. Also blieb er ruhig, setzte sich aufrecht hin und beobachtete dabei Satos Tun. Der entwirrte das schwarze Seil in seiner Hand und kam auf den Engel zu. Mit einer schnellen Handbewegung entriss er dem Silberhaarigen den Pulli und warf ihn achtlos auf den Boden. Yuki blieb still, als Sato anfing, das schwarze, kratzige Seil um seine weiße Haut zu legen und es mit festen Knoten zu spannen.

„Was tust du da?“, fragte Yuki leise und hörte sein Herz laut schlagen, als seine Handgelenke mit zwei großen Lederarmbändern und einer Kette vor seiner Brust verbunden wurden.

„Deinen Horizont erweitern“, schmunzelte Sato auf einmal auf, als er auch Yukis Fußfesseln miteinander verkettete. Da ging noch einiges mehr, aber Sato wollte Yuki nicht überrumpeln. Er schien absolut keine Ahnung zu haben, was mit ihm geschah.

Doch als er die immer noch harte Erektion vom Engel sah und sich über die Lippen leckte, war ihm klar, dass Yuki nur keine Ahnung hatte, was geschah, es aber insgeheim noch genoss.

Noch einmal ging der Manager zum Kleiderschrank und zog einen kleinen Analplug aus der Schublade. Er war vom Durchmesser größer als seine Finger, aber kleiner als sein Schwanz. Das dürfte Yuki für den Anfang reichen, dachte Sato und ging grinsend auf den Engel zu, der brav gefesselt auf dem Bett saß und den Manager nervös beobachtete.

„Weißt du, was das ist?“, fragte Sato und setzte sich schließlich neben Yuki auf die Bettkante und hielt den Analplug hoch. Mit der anderen Hand kramte er im Nachttisch und fischte die Gleitcreme raus, die er noch von Mei bekommen hatte.

Yuki schüttelte langsam den Kopf, ohne verbal zu antworten. Er ging das schwarze, glänzende Stück Silikon mit den Augen entlang und versuchte herauszufinden, wofür es war. Er bekam eine Ahnung, als Sato die Spitze mit einer glänzenden Creme einschmierte.

„Ich zeige dir, was es noch alles gibt. Wir sind noch lange nicht am Ende angekommen“, schmunzelte Sato vor sich hin, rutschte ein Stück näher an Yuki heran und deutete ihm mit einem Kopfnicken an, dass er sich zurücklehnen sollte.

Etwas unsicher, aber neugierig zugleich, ließ sich Yuki in die großen Kopfkissen sinken und spreizte so gut es ging seine Beine. Er wusste, was jetzt passieren würde – er war ja nicht dumm. Nur unerfahren. Sato würde das schwarze Ding in ihn reinstecken. Und irgendetwas in ihm konnte es kaum erwarten. Wenn es sich so gut wie Satos Finger anfühlen würde, wollte er der Erfahrung mit seiner Unsicherheit nicht im Wege stehen.

Die leicht gebundenen Fesseln um seinen Hals und seinen Torso machten alles etwas eng. Er war in seinen Bewegungen völlig eingeschränkt.

Sato nahm Yukis freiwilliges Mitmachen als positives Zeichen auf und führte den Analplug langsam an seine Öffnung heran. Als die Spitze in seinem Anus verschwand, hörte er den Engel aufseufzen. Er hatte die Augen geschlossen und schien das Gefühl, gefüllt zu werden, zu genießen. Der Manager beugte sich langsam vor, presste den Analplug weiter in Yuki rein und küsste die schon feuchte Eichel. Die plötzliche Berührung an seinem Schwanz ließ den Engel keuchen.

„Ja…“, murmelte er und presste seine gefesselten Hände auf Satos Kopf. „… Weiter…“

Auch wenn es dem Manager nicht gefiel, dass Yuki erneut Forderungen stellte, folgte er der Anweisung. Als Sato das harte Glied komplett in den Mund nahm und mit leichtem Unterdruck anfing, es zu lutschen, presste er den Analplug komplett in Yuki rein. Der stöhnte laut auf, drückte den Rücken durch und warf den Kopf nach hinten.

„So gut!“, wimmerte er und drückte Sato weiter auf sein hartes Glied. Er fühlte sich so voll! Das schwarze Ding in ihm drückte förmlich gegen seine Innenwände und ließ ihn jede Bewegung auf dem Bett deutlicher spüren.

Mit leichten rhythmischen Bewegungen penetrierte Sato den kleinen Engel mit dem Plug, während er gewissenhaft an seiner Erektion leckte. Seine eigene Härte presste unangenehm gegen den Jogginghosenstoff und ließ ihn mehrmals aufseufzen, während er Yuki im Mund hatte.

Der Silberhaarige spürte, wie sich seine Muskeln anspannten und er seinem Orgasmus näherkam. Das Gefühl, welches er so liebte, schien in greifbarer Nähe. Ohne darauf zu achten, was genau geschah, bewegte er sich härter gegen den Plug und Satos Hand. Die penetrierenden Bewegungen machten ein wundervolles Gefühl! Immer wieder drückte das Stück Plastik gegen seine Prostata und hinterließ einen elektrischen Schlag.

Sato wurde es zu bunt. Er hatte die Zügel in der Hand – nicht Yuki. Und der ließ sich wieder mal nach Strich und Faden beglücken, während er sich zusammenreißen musste.

Mit finsterer Miene, löste sich der Manager von Yukis feuchter Härte, ignorierte das Jammern und setzte sich aufrecht hin. Braune Augen sprangen auf und sahen verzweifelt in seine Richtung. So rollig, dachte Sato, dass es schon fast wieder witzig war.

„W-Was ist los? Warum hörst du auf?“, fragte Yuki unsicher und bewegte den Hintern auf dem Laken hin und her, um die Sensation des Plugs weiterhin in seinem Hintern zu spüren.

„Du hältst nicht still, selbst gefesselt. Unmöglich“, rügte der Manager seinen Partner und formte seine Augen zu schlitzen. „Wenn du mich spüren lässt, wie ich es machen soll, dann zeig es mir doch lieber.“

Yuki verstand nicht ganz, was Sato von ihm wollte, als er sich vor ihn setzte, die Jogginghose ein Stück runterzog und sein eigenes Glied rausholte. Es war so hart, dass Yuki jede Ader pulsieren sehen konnte.

Da Sato auf etwas wartete, beugte sich Yuki vor, so gut es ging, und wollte den großen Schwanz in den Mund nehmen, als er wieder zurück in die Kissen gedrückt wurde.

„Nein“, war alles, was der Manager zu ihm sagte. „Zeig mir, wie du es dir machst.“

Unsicher seufzte der Engel auf. „Ich weiß nicht, was du meinst…“

„Du sollst es dir selber besorgen.“ Die wiederholte Aussage war mit weniger Geduld benetzt als die vorherige. „Du bewegst dich eh wie du es für richtig hältst, also zeig mir, wie es richtig geht.“

Panik stieg in Yuki auf. Er sollte was tun? „D-Du machst es wunderbar! Ich halte still, versprochen!“

Ah, dachte Sato, mit Konsequenzen kann er gefügig werden. Doch er blieb eisern. Und es tat dem Engel sicher nicht weh, wenn er es sich selber tun würde, während Sato zusah.

„Nimm deinen Schwanz in die eine Hand“, befahl der Manager monoton und deutete die Bewegung bei sich selber an.

Yuki verharrte für einen Moment, starrte auf Satos Schritt und war sich nicht sicher, ob er das wirklich tun sollte. Er sollte sich selber befriedigen? Vor Sato? Während er zusah? Seine Wangen pochten heiß, als er sich trotz Fesseln gut an den Schritt fassen konnte. In dem Moment, wo seine eigene Hand sein glitschiges Glied umfasste, musste er leidend aufseufzen. Er war so sensibel geworden, jede Berührung war wie ein elektrischer Schock.

„Und jetzt nimmst du deine andere Hand und greifst nach dem Plug. Dann bewegst du ihn rein und raus.“ Sato streichelte bereits gedankenverloren über seine Eichel. Würde er das wirklich durchziehen? Sie würden sich einen runterholen und dabei zusehen? Doch wie immer war es Satos Stolz, der ihn dazu verleitete, Yuki etwas zu beweisen.

Ohne weiter über Satos Worte nachzudenken, griff der Engel mit zittrigen Händen nach dem schwarzen Plastik und zog etwas daran. Ah, er verstand. Er sollte die Bewegungen nachahmen, die Sato bei ihm gemacht hatte. Als er die Augen öffnete und den Manager gedankenverloren über seine Härte streicheln sah, während er die Augen auf ihm liegen hatte, würde ihm schummrig. Sato sah ihm zu, wie er es sich besorgte. Mit seinen Sachen. Gefesselt und ihm ausgeliefert.

Der Gedanke allein brachte Yuki dazu, schneller zu reiben und gewandter den Plug zu bewegen. Er stöhnte laut auf und presste sich weiter in die Kissen, ohne dabei den Augenkontakt zu Sato zu brechen. Die grauen Stahlaugen bohrten sich förmlich durch ihn hindurch. Seine Bewegungen wurden schneller und angeregter, als er den Blick in Satos Schritt gleiten ließ. Er musste an die Worte des Managers denken, dass er ihn gerne ficken würde. Oh, dachte Yuki, würde das bedeuten, dass er anstatt diesen Plug etwa Satos Schwanz in ihm hätte? Bedeutete es das?

Die Hitze in Yuki wurde ein brennendes Feuer, als sich seine Muskeln zusammenzogen und er das Kribbeln zwischen den Beinen stärker werden fühlte.

„Sato!“ rief er laut, als er sich den Plug fast gewaltsam wieder reindrückte.

Die Bewegung ließ Sato auch in seinen Bewegungen schneller werden. Er hätte jeden Augenblick kommen können, so erotisch war der Anblick, wie Yuki sich selbst befriedigte.

„Hol sie raus“, befahl der Manager auf einmal und erschrak vor seinen eigenen Worten.

Yuki atmete angestrengt, als er versuchte, sich auf Satos Worte zu konzentrieren. „Was soll ich… rausholen?“, stöhnte er, während er sich weiter hart mit dem Plug nahm.

„Deine Flügel“, hauchte Sato und starrte auf seinen Partner. Wieso er unbedingt die Flügel sehen wollte, wusste er selber nicht. Vermutlich, weil er das Stück Göttlichkeit noch einmal sehen wollte. Das letzte Mal verlief eher schlecht als Recht, als Yuki ihm seine Flügel gezeigt hatte. Er wollte diese Erinnerung mit einer schöneren überschreiben.

Für einen kurzen Moment hielt Yuki in seinen Bewegungen inne, als er die Bitte verarbeitete. Er starrte völlig außer Atem und am Rande seines Bewusstseins in Satos graue Augen. „Für dich“, flüsterte er leise und biss sich auf die Unterlippe, während er langsam wieder Tempo aufnahm und sich weiter penetrierte.

Langsam kristallisierten die goldenen Partikel um Yukis Rücken und formten langsam die weißen Federn. Satos Augen weiteten sich um weitere Millimeter, als er die hell leuchtenden Flügel erscheinen sah. Er stoppte sogar in seinen Bewegungen, um den Anblick intensiver zu genießen.

Yuki schloss seine Augen, stöhnte weiter auf, als er immer wieder mit dem Plug seine Lieblingsstelle im Anus traf, die ihn näher an seinen Höhepunkt brachte. Seine Flügel lagen ruhend auf den Kissen und umgaben ihn wie einen Rahmen. Sato konnte seinen Augen kaum trauen, als er realisierte, was sich vor ihm bot. Sein Todesengel holte sich schamlos einen runter, während er einen Analplug furios in sich hineinschob und dabei den Namen seines toten Schützlings rief. Selbst Sato konnte erkennen, dass es auf eine gewisse Art und Weise falsch war. Dieser Engel sollte so etwas nicht tun.

Doch er tat es und zwar vor Satos Augen. Unbewusst streichelte sich der Manager weiter, während er mit seinen Füßen zu Yukis Beinen glitt. Er wollte Körperkontakt. Wenn auch nur ein bisschen.

Der Engel begrüßte die kleine Berührung, streckte sein Bein ebenfalls aus und strich mit seinen Zehen über Satos Schienenbein. Er öffnete erneut die Augen, kreuzte seinen Blick mit Satos und spürte auf einmal seinen Höhepunkt kommen. Alle seine Muskeln spannten sich an, drückten ihn weiter in die Kissen und ließen seine Öffnung um den Plug zucken. In der anderen Hand ergoss er sich großzügig, sodass einige Tropfen sogar auf seinem Bauch landeten. So konnte er nicht an sich halten, weitere Tropfen aus sich herauszudrücken und die Augen genießend zu schließen, während die Muskelkontraktion ihn vergessen ließ, wer ihn noch immer eindringlich beobachtete.

„Yuki“, murmelte Sato leise, während er den Höhepunkt betrachtete. Er selbst begann sich schneller zu reiben und überlegte, ob er es jemals übers Herz bringen könnte, ihn tatsächlich zu vögeln. Als Yuki völlig erschöpft seine gefesselten Arme in seinen Schoß fallen ließ und sich mit geschlossenen Augen zurücklehnte, während der Orgasmus abklang, fühlte sich Sato zunehmend schlechter. Er verführte den kleinen Engel zur Sünde. Und er hatte das Gefühl, würde er ihn irgendwann entjungfern, würde er ihm das letzte Stück Himmlisches nehmen, was ihm blieb.

Als er nachdenklich auf die weißen Laken blickte, seinen Schwanz nur noch halbherzig rieb, spürte er auf einmal zarte, weiße Hände um seine. „Lass mich“, war alles, was er noch hörte, als er den weißen Schopf in seinen Schritt gleiten ließ. Warme Lippen umfuhren seine Eichel und ließen ihn erregt seufzen.

„Yuki“, stöhnte Sato erneut und fuhr mit den Händen durch die vollen, weißen Haare. „Du musst nicht –“

„Aber ich will.“

Nach der kurzen Antwort, begann Yuki weiter Satos Schwanz zu lutschen und rieb so gut er mit den Fesseln konnte an seinem Schaft. Zwar hatte sich der Manager vorgenommen, noch etwas auszuhalten, aber als er daran dachte, dass der Engel immer noch den Plug in sich hatte und freiwillig in seinem Schritt hing, um ihn einen zu blasen, während seine weißen Flügel über Satos Beinen hingen, konnte er einen Orgasmus nicht mehr aufhalten.

Mit Yukis Namen auf den Lippen kam er intensiv in seinem Mund und schloss für einen Moment die Augen, um sich völlig der Berührung hinzugeben.

Als er sie wieder öffnete, Yukis Lächeln vernahm, wie er sich die letzten Reste des Spermas von den Lippen leckte, musste er selber grinsen.

„Hat es dir gefallen?“, fragte er leise und strich seinem Engel einige Haare aus dem Gesicht.

„Obwohl du so fordernd warst?“, lachte er auf und rutschte ein Stück näher an Sato heran. „Ja… es hat mir gefallen.“

Der Manager schlang die Arme um den schmalen Körper, spürte dabei die weichen Federn an seiner Haut, und atmete zufrieden aus.

„Aber es gefällt mir besser, wenn du es tust…“, flüsterte Yuki auf einmal in die zarte Umarmung und kuschelte sich an Satos Brust.

„Das dachte ich mir.“ Vorsichtig strich er über die weiche Haut. „Aber ich wollte dir zeigen, was du tun kannst, sollte ich mal nicht da sein.“

Das ließ Yuki aufschrecken und entsetzt in die grauen Augen sehen. „Sag das nicht.“

„Aber so ist es doch. Was, wenn du Lust hast und ich auf der Arbeit bin?“

Die Antwort ließ Yuki direkt ruhiger werden. „Ach so… das meinst du…“

Doch bevor Sato fragen konnte, was er stattdessen hätte meinen Sollen, grinste der Silberhaarige auf und küsste seine Wange. „Wenn du auf der Arbeit bist, warte ich, bis du wieder da bist.“

„Wie geduldig du bist…“, kicherte Sato dunkel und drückte spielerisch den Daumen gegen den Plug, der noch immer in Yuki steckte.

„Mhm…“, säuselte der und schlang die Arme um seinen Liebhaber; das volle Gefühl des Analplugs in seinem Hintern immer noch genießend. „Wenn es zu lange dauert, weiß ich ja jetzt, wie ich die Wartezeit verkürzen kann.“

„Gute Einstellung“, gab Sato zu und küsste Yukis Kopfhaare. „Und jetzt ab mit dir in die Dusche. Ich habe immer noch genug zu tun. Du hältst mich nur auf.“

Nach diesen Worten drückte sich Yuki aus der liebevollen Umarmung und verdrehte die Augen. Die Stimmung kippte auf einmal. „Ich hoffe für dich, dass du einfach nur einen schlechten Witz gemacht hast. Immerhin warst du derjenige, der mich unbedingt auf der Kücheninsel nehmen wollte.“

Sato bemerkte zu langsam, dass sein Kommentar in die falsche Richtung ging, als Yuki stur ins Bad lief, während er seine Flügel auflöste. Er wollte tatsächlich nur einen Witz machen und Yuki keinen Seitenhieb geben.

Doch als er das Wasser aus der Dusche plätschern hörte und Yuki „Wo bleibst du?“ schrie, beruhigte er sich wieder. Der Engel war nicht wie seine Frauen.

 

Er war anders. Und das liebte Sato.

Tag 15

 

Die Woche ging wieder einmal schneller rum, als Sato lieb war. Das Jahr lief mit schnellen Schritten zu Ende und hinterließ einen bitteren Beigeschmack beim Manager. Zu viele Projekte, zu viel Stress von der Chefetage und zu viele nervige Mitarbeiter.

Der einzige, der Satos Gemüt aufheitern konnte, war Yuki. Der hopste zufrieden in seiner neuen Kleidung neben dem Manager her, während sie zum Aufzug gingen, um in Satos Büro zu fahren.

„Schön, dass ich heute mitkommen durfte“, grinste Yuki und wartete, bis die Türen zugingen, um sich dann an den Schwarzhaarigen zu werfen.

„Ja, aber benimm dich. Die Leute werden mich immer noch für dumm verkaufen, wenn ich mit Luft rede.“ Traurigerweise, dachte Sato und stellte sich bereits mental auf die Momente ein, in denen er Yuki berühren wollte, aber nicht durfte.

„Ich bin ganz brav“, säuselte der blonde Engel, stellte sich auf Zehenspitzen und küsste Satos Lippen. Er wusste, dass er solche Aktionen für heute in den Hintergrund stellen musste, aber er wollte auch nicht alleine zu Hause hocken und warten, bis sein Hausherr wieder heimkam. So einer war Yuki nicht – so einer würde er nie werden. Außerdem keimte da ein Gedanke in seinem Kopf, der ihn die Nacht nicht gut schlafen ließ: „Wenn ich mal nicht da bin, …“ hatte Sato gestern gesagt und alles woran Yuki denken musste, war das Unausweichliche: Satos Tod. Am Anfang hatte der Engel noch gehofft, Sato würde endlich aufgeben, loslassen und mit ihm mitgehen, damit er seinen Job weiter ausführen konnte. Doch jetzt dachte er an nichts anderes mehr, als an eine göttliche Fügung, dass Sato auf der Erde geblieben ist und Yuki ermöglicht hatte, bei ihm zu bleiben. Tief in ihm drin hoffte er, dass Sato nicht sterben müsste und die gemeinsame Zeit der beiden noch etwas länger halten würde.

Als sich der Kuss intensivierte und Yuki nicht loslassen wollte, musste Sato eingreifen und ihn gewaltsam von sich reißen. „Schluss jetzt, wir sind gleich da“, brummte er leise – selber genervt von der Tatsache, dass er seinen Liebhaber nicht küssen durfte.

Yuki konnte bei dem Statement nur einen Schmollmund ziehen und die Arme vor der Brust verschränken. „Klar“, war dann noch alles, was er für die nächsten Stunden aus den Lippen ließe.

Die Aufzugtüren öffneten sich und beide stolzierten heraus. In dem Moment kam schon Takeshi auf Sato zu und winkte fröhlich. „Na, guter Mann! Heute wieder ein bisschen später als sonst. Was hält dich in letzter Zeit auf? Etwa Yuki?“ Dabei zwinkerte er zweideutig und blieb vor ihm stehen.

Sato biss sich auf die Lippe und vergaß, dass er einigen Kollegen bereits von Yuki erzählt hatte – nur nicht ganz die Wahrheit. Die Augen des Engels weiteten sich und starrten zu Sato hoch.

„Du hast ihm von mir erzählt?“, fragte er auf einmal, wissend, dass nur Sato ihn hören konnte. „Was hast du ihm denn gesagt, er kann mich doch gar nicht sehen!“

„Geht’s dir gut?“, fragte Takeshi, als er keine Antwort erhielt.

Da war es wieder: dieser Aufmerksamkeitskonflikt! Entweder er hörte Yuki zu oder Takeshi. Aber nicht beiden – das ging einfach nicht!

„Alles in Ordnung. Und ja, es lag an Yuki“, gab er ganz offen zu, um dem Engel klar zu machen, dass er ihn schon länger als einen festen Bestandteil seines Lebens sah und keine Probleme hatte das öffentlich zuzugeben.

„Oh Junge!“, lachte sein Kollege laut auf und klopfte dem Manager auf die Schulter. „Du musst sie mir dringend vorstellen. Wie wäre es denn im neuen Jahr mal mit einem gemütlichen Essen, hm? Meine Frau und ich sind die Feiertage nämlich nicht da, deswegen –“

Noch ehe Sato seinem Kollegen weiter zuhören konnte, platzte Yuki dazwischen. „Du hast ihm erzählt, ich sei eine Frau?! Und noch dazu, dass ich ein Mensch bin?“

Der Schwarzhaarige sah nicht neben sich, konnte sich aber vorstellen, wie wütend Yuki gerade aussah. Also versuchte er den Engel noch etwas länger zu ignorieren, damit Takeshi keine weiteren Fragen stellen würde.

„Mal schauen, was sich ergibt“, unterbrach er seinen Kollegen, als er sein Büro erreichte. „Ich melde mich bei dir.“

„Gerne, gerne! Heute Mittagessen?“

Da schielte er zum ersten Mal wieder zu Yuki, der die Hände zu Fäusten geballt hatte und angespannt im Gang stand. „Heute nicht. Ich gehe auswärts essen und fahre dafür etwas weiter weg. Treffe mich mit einem Kollegen aus einem anderen Projekt.“

War eine totale Lüge, aber Takeshi schluckte sie. „Alles klar, dann schönen Tag und bis später!“ Damit ging er den Gang entlang und betrat sein eigenes Büro.

Sato verlor keine weitere Zeit und deutete mit einer Kopfbewegung an, dass Yuki ihm ins Büro folgen sollte. Mit hastigen Bewegungen drückte er schließlich die Glastür zu und zog den Engel in eine Ecke neben den Drucker, wo keine Glaswand ihn verraten konnte.

„Es ist nicht so, wie du denkst“, begann der Manager und wurde sofort unterbrochen.

„Ach?“, spuckte Yuki hämisch aus und verschränkte abermals die Arme. „Wieso erzählst du so einen Mist?“

„Ich habe das nicht erzählt, das haben die sich selber zusammengereimt.“

Die? Es wissen mehrere über mich Bescheid?“ Yuki konnte seinen Ohren kaum glauben.

„Meine Ärztin und Takeshi.“ Da sah Sato verkniffen zur Seite. „Und vielleicht meine Sekretärin… und ein paar Kollegen, mit denen ich Mittagessen war…“ … und vermutlich die ganze Etage, vervollständigte Sato in seinem Kopf, als er erneut in Yukis wütendes Gesicht sieht.

Der presste die Lippen zu einer strengen Linie zusammen und begann den Kopf zu schütteln. „Und du beschwerst dich bei mir, dass sie dich für verrückt halten könnten. Du erzählst ihnen von einer Frau, die es nicht gibt! Erklär denen das mal!“

„Um genau zu sein… Meine Ärztin weiß, dass du ein Mann und ein Engel bist. Sie glaubt mir vermutlich nur nicht…“, mutmaßte Sato und lockerte seinen Hemdkragen. Es wurde verdammt warm hier. Verteidigte er sich gerade vor dem kleinen Engel? Seit wann hatte Sato so etwas nötig?

Vermutlich trieb ihn die Angst, Yuki würde wieder auf unbestimmte Zeit einfach so verschwinden, dazu.

„Du bist unverbesserlich. Hast du ein Glück, dass mich sowieso niemand sehen kann und du dieses ‚Missverständnis’ nie aufklären musst.“ Mit diesen Worten ging Yuki an Satos Schreibtisch, setzte sich auf einen der beiden Stühle und überschlug seine Beine.

Seufzend folgte ihm Sato zum Schreibtisch. „Bist du gar nicht neugierig, was ich alles erzählt habe?“

Da zuckte Yuki die Schultern und betrachtete einen Briefbeschwerer aus Metall. „Ich werde es wahrscheinlich früher oder später eh von deinen Kollegen erfahren. Mach dir also nicht die Mühe, mir eine Lüge aufzutischen.“

„Ich würde nie Lügen“, beteuerte Sato und setzte sich auf seinen Stuhl.

Der Silberhaarige blickte auf und musterte sein Gegenüber genau. „Sicher? Immerhin hast du deinen Kollegen ja auch erzählt, ich sei eine Frau.“

„Noch mal: Sie haben das aus deinem Namen gedeutet. Ich habe dich ‚Yuki‘ genannt. Und daraus haben sie geschlossen, dass du eine Frau bist.“

„Und aus diesem Grund: Ich heiße Naoyuki! Nicht Yuki!“, keifte der Engel auf und stellte den Briefbeschwerer zurück. „Du hattest also auch nicht das Bedürfnis, deine Kollegen zu verbessern?“

Sato spürte seinen Geduldsfaden dünner werden. Er hätte nie gedacht, dass er diese Diskussion mal mit Yuki führen würde. Umso schlimmer, dass er sie am Verlieren war!

„Ich war noch nie mit einem Mann zusammen, es hätte unnötige Diskussionen gegeben zwischen mir und meinen Kollegen. Über ein Thema, was sowieso niemanden außer mich was angeht. Und da dich uneingeschränkt niemand sieht, habe ich auf den zusätzlichen Umstand verzichtet und sie einfach nicht verbessert – ja!“ Der Manager wurde mit jedem Wort lauter und griff verkrampft nach seiner Armlehne.

Als hätte die Tonlage zum ersten Mal in seinem Leben Wirkung gezeigt, wurde Yuki still. Er sah zu Boden und fing an, an seinen Fingernägeln zu knibbeln. Sato wusste das Verhalten nicht zu deuten, also seufzte er angestrengt aus und rieb sich die Schläfen.

„Es war nicht meine Absicht, dich falsch darzustellen. Aber verstehe… es ist nicht einfach, Menschen über dich aufzuklären, wenn sie dich nicht sehen können. Es war für mich schon schwer genug, dich als eigenständiges Wesen anzuerkennen… Und ich kann dich sehen!“

Sato wusste nicht, wieso er sich weiter erklärte, aber er fühlte ein Bedürfnis danach. Yukis Gesicht war noch immer gen Boden gerichtet und vermied jeglichen Augenkontakt. Dass er sich nicht in Goldregen auflöste, war ein gutes Zeichen. Dass er sich nach einigen Sekunden der Stille allerdings mit dem Ärmel über das Gesicht fuhr, nicht.

„Yuki?“, fragte Sato überrascht und stand vom Stuhl auf. „Was ist los?“

Der Engel schniefte auf, musste dabei Lachen und ließ die Hände in den Schoß fallen. Der Manager kam schnell auf ihn zu, griff nach seinen Schultern und kniete sich neben den Stuhl.

„Weinst du? Wieso?“ Sato war über seinen sanften Ton überrascht. Normalerweise interessierte es ihn die Bohne, ob und wieso Frauen heulten. Aber Engelstränen waren etwas anderes.

Bei der Frage zog Yuki die Schultern hoch und wischte sich erneut über die Augen. Der feine Glanz der Feuchte glitzerte im faden Sonnenlicht, welches durch die großen Fenster hereinkam. Die braunen Augen trafen auf Graue und zum ersten Mal konnte Sato darin pure Verzweiflung und Trauer erkennen.

„Ich…“, begann Yuki und griff nach Satos Händen, die ihn in einer halben Umarmung hielten. „Ich wünsche mir zum ersten Mal ein Mensch zu sein.“ Erneut schluchzte er auf. „Damit… Damit mich deine Kollegen sehen können! Damit ich nicht nur eine imaginäre Person für die bin, die aus deinem Kopf entsprungen ist! Damit ich… mit dir durch die Stadt laufen kann… und wir uns berühren können, wann immer wir wollen. Ohne, dass du dabei mit Luft reden musst.“ Da lachte Yuki leise auf und schniefte. Seine Augen blinzelten hier und da kleine Tränen weg, die seine Wange herunterkullerten. „Ich will auch gar nicht mit dir über so etwas Dummes streiten. Es wäre alles nur so viel einfacher, wenn ich ein Mensch wäre. Dann… dann könnte ich dein Freund sein“, sagte er schließlich und wurde etwas rot um die Wangen.

Sato wusste erst nicht, was er darauf sagen sollte. Alles, was die letzten Wochen passiert war, war dazu bestimmt, im Desaster zu enden. Aber das war nicht das, was Yuki gerade hören wollte. Also lief der Manager mit einer simpleren Wahrheit. „Das bist du doch schon.“

Vorsichtig zog der Engel die Mundwinkel hoch. „Sicher?“

Da musste Sato die Schultern zucken. „Zumindest wissen alle um dich Bescheid und gehen davon aus, dass ich wieder vergeben bin. Mir war nicht bewusst, dass wir darüber noch hätten reden sollen. Immerhin… wohnst du bei mir und wir haben Sex und – “

„Aber ich bin kein Mensch“, unterbrach Yuki seinen Partner, dessen Hände er fest in seinen drückte. „Ich bin mir nicht mal sicher, was die nächsten Tage passieren wird. Immerhin musst du… immer noch…“

„Bisher habe ich nicht vor, loszulassen“, beruhigte Sato den Engel und küsste ihn liebevoll auf die Lippen. „Und so lange ich hier bin, bist du es auch. Das muss uns erst einmal reichen.“

Da lächelte Yuki ein schüchternes Lächeln und nickte. So schnell es gekommen war, so schnell ging es auch wieder. „Trotzdem wirst du mich nie vorstellen können. Als deinen Freund.“

„Das macht dich aber nicht minder zu meinem Partner“, schlussfolgerte der Manager und stand wieder auf, weil ihm langsam die Knie wehtaten; Yukis Hände dabei nicht loslassend. „Wir müssten mal ausprobieren, ob du auf Fotos sichtbar bist. Oder ob ich da auch nur alleine drauf sein werde.“

„Auf Fotos bin ich unsichtbar“, seufzte Yuki und sah zur Seite. „Meistens werden Tatortfotos gemacht. Als die ersten Kameras zum Einsatz kamen, hatte ich Angst, ich wäre drauf zu sehen. Aber bis auf die Leiche war niemand dort.“

Wieder einmal hatte Sato für einen Moment vergessen, dass er nicht mit einem 20-Jährigen, sondern mit einem 176-Jährigen spricht. „Schade“, war dann noch alles, was Sato dazu zu sagen hatte.

Nach einigen Sekunden Stille, in denen sie einfach Händchen hielten, stand Yuki ebenfalls auf und umarmte den Manager mit festem Griff. „Ich hatte noch nie eine Beziehung“, flüsterte er in die Stille und drückte seine Wange gegen Satos Brust. „Schlage ich mich bisher gut?“

Das ließ den Manager lächeln. Schnell erwiderte er die Umarmung um den schmalen Torso und drückte den Engel an sich. „Mehr als gut.“

Ein leises Lachen entfuhr dem Engel, in welches Sato miteinstimmte. Wow, dachte er, ich fühle mich wie 16. Mit einer rosaroten Brille.

 

„Yamamoto-Sama?“, kam die bekannte, süßliche Stimme von der Tür. Sofort ließ Sato Yuki los und glättete seinen Anzug. Der Engel starrte einfach nur erschrocken zum Büroeingang, wo eine junge Dame in einem kurzen Rock stand und Sato eindringlich ansah.

„Hanakuro“, begrüßte er seine Sekretärin wie immer recht kühl. „Sie sind noch da.“

Die Bemerkung ließ sie in ihrer Bewegung, das Büro zu betreten, stocken. „Ja? Ich… Sie hatten doch… Sollte ich doch…?“

„Alles gut“, seufzte Sato und versuchte Yuki nicht zu beachten. Langsam ging er zu seinem Schreibtisch und setzte sich auf den Stuhl. Er faltete die Hände vor sich auf dem Tisch und sah erwartungsvoll zu ihr hoch. „Was gibt es denn?“

Da schloss sie die Tür hinter sich und kam wieder einige Schritte näher an den Schreibtisch. Oh nein, dachte Sato und fühlte seine Finger schwitzig werden. Nicht jetzt.

„Ich wollte mit Ihnen noch einmal wegen Freitag sprechen“, begann sie und setzte sich Sato gegenüber auf einen der beiden Stühle. „Ich habe das Gefühl, Sie überrumpelt zu haben.“

Sato zog scharf die Luft ein und presste die Lippen aufeinander. Würde er sie jetzt wegschicken, würde Yuki fragen und Sato müsste lügen. Würde er ihr jetzt zuhören, würde Yuki alles mitbekommen und ihn danach kreuzigen.

Der Engel stand mit gespitzten Ohren neben dem Schreibtisch und beobachtete Hanakuro eindringlich. Hätte Sato mehr Zeit gehabt, seine Mimik zu beobachten, würde er glauben, etwas Eifersucht in seinen Augen gesehen zu haben.

„Das haben Sie in der Tat“, räusperte sich der Manager und versuchte ruhig zu bleiben. Diese Situation würde wieder alles im Desaster enden lassen.

„Wissen Sie, ich arbeite nun schon über vier Jahre mit Ihnen zusammen und in der Zeit habe ich so viele Frauen kommen und gehen sehen…“, erzählte Hanakuro und starrte dabei auf ihre gemachten Nägel. „Sie haben sich viel Spaß erlaubt. Ich weiß sogar von der einen Bardame, die sie hier abends eine Zeit lang abgeholt hat und mit der sie in ein Hotel gefahren sind!“

Sato schloss entnervt die Augen. Anstatt, dass sie ihn einfach auf die Ereignisse von letzter Woche ansprach, machte sie es nur noch schlimmer und erzählte von Satos Vergangenheit. Ich hätte gerne noch zwei Minuten, um Yuki zu beteuern, dass sich das geändert hat, dachte der Manager und öffnete langsam wieder seine Augen, nur um Yuki im Blickwinkel zu sehen, wie er mit verschränkten Armen neben dem Schreibtisch stand und Hanakuro mit scharfen Augen beobachtete.

„Aber das macht mir alles nichts! Ich kenne Sie… von vorne bis hin und ich … ich weiß, dass Sie manchmal rau werden können. Ihre Arbeit geht immer vor und auch das verstehe ich. Sehen Sie, ich glaube sehr, dass ich in Ihnen einen Mann gefunden habe, den ich nicht nur beiläufig in meinem Leben haben möchte.“

Ihre ausschweifenden Reden langweilten Sato immens, wäre da nicht Yuki gewesen, der Sato immer näherkam. Ohne den Blick von Hanakuro abzuwenden, rückte er Schritt für Schritt näher an seinen Stuhl, bis seine Hüfte gegen die Lehne drückte. Die plötzliche Nähe während eines solchen Gesprächs machte ihn nur noch nervöser.

„Deshalb dachte ich, wenn sie meine unterschwelligen Botschaften nicht verstanden haben, versuche ich es direkt! Aus diesem Grunde wollte ich eigentlich mit Ihnen am Freitag schlafen, weil ich dachte –“

„Sie wollte was?!“, rief Yuki auf einmal los und beendete damit die kuriose Stille, die ihn umgab. Sato zuckte zusammen und presste die Lippen aufeinander.

Hanakuro redete einfach weiter und schweifte mit ihrem Blick immer wieder zu Boden.

„Hast du das zugelassen?“, giftete Yuki auf einmal los und sah Sato eindringlich an. Der schüttelte nur ganz leicht mit dem Kopf, ohne dabei die Augen von seiner Sekretärin zu nehmen.

„Wieso glaube ich dir das nicht?“ Mit diesen Worten stellte sich Yuki direkt zwischen Sato und Schreibtisch, sodass er nicht mehr wirklich in Hanakuros Augen sehen konnte. Es war nicht so, als würde Sato sowieso lieber den Bauch seines Engels sehen, aber bei einem solch heiklen Gespräch, kam das sehr ungelegen.

„… Yamamoto-Sama?“, fragte Hanakuro auf einmal nach und sah ihn verwirrt an.

„Entschuldigen Sie, ich war mit meinen Gedanken noch woanders…“, murmelte er angestrengt, als er sich leicht zur Seite lehnte, um Hanakuro zu sehen.

„Ich wollte nur wissen… ob Sie mir eine Chance geben können? Ich bin eine gute Partie, wissen Sie?“

„Oh, dieses Biest“, fing Yuki an zu fluchen, als er ihre Fragen vernahm. Das ließ Sato etwas schmunzeln.

„Heißt das ja?“, lächelte seine Sekretärin auf einmal auf und beugte sich etwas nach vorne. Sofort versiegte das Lächeln auf Satos Lippen.

„Nein, Hanakuro, ich habe kein Interesse an Ihnen“, raunte der Manager so gut er konnte. „Ich bin vergeben.“

Yuki grinste triumphierend und verschränkte erneut die Arme, als er sich wieder Hanakuro zuwendete. „Ja, richtig. Er hat mich.“

„Das hat Sie bisher doch auch nicht abgehalten…“, murmelte sie vorsichtig und hielt sich schüchtern die Hand vor den Mund.

„Wie bitte?“, fragten sowohl Sato und Yuki gleichzeitig in den Raum.

Hanakuro zuckte zusammen und schüttelte wie ein kleines Kind den Kopf. Unsicher verhaspelte sie sich bei einigen Worten: „N-Nein! Also so war das nicht gemeint! Aber als Sie Mei hatten… haben Sie doch auch mit mir geflirtet! Und mit anderen!“

Ja, dachte Sato, das ist leider wahr. Angespannt lehnte er sich etwas in seinen Stuhl und verkrampfte sich an der Lehne. Wieso mussten all seine Fehler sich nun bündeln?

„Ist das so?“, hakte Yuki mit finsterer Miene nach. „Ist das immer noch so?“

Gott, dachte der Manager, bitte, lass dieses Gespräch vorübergehen.

Sato schüttelte den Kopf und sah wieder zu Hanakuro. „Die Zeiten haben sich geändert. Ich mache das nicht mehr.“ Die Antwort war für beide gedacht.

Yuki schnaubte aus und wechselte den Blick zwischen Hanakuro, die keinerlei Anstalten machte, zu gehen, und Sato, der verkrampft in seinem Stuhl saß und offensichtlich unangenehm berührt war, dass Yuki alles mithörte. Auf einmal kam ihm eine Idee; es musste ja nicht immer von Nachteil sein, nicht für alle sichtbar zu sein.

„Entspann dich. Zeigen wir deiner Sekretärin doch mal, zu wem du gehörst“, flüsterte der Engel in Satos Ohren. Langsam ließ er sich auf den Boden gleiten und verschwand unter dem Schreibtisch.

Nein, dachte Sato. Das hat er nicht wirklich vor.

Es bildeten sich einzelne Schweißtropfen auf seiner Stirn, als er näher an die Tischplatte gezogen wurde und sich jemand an seiner Anzughose zu schaffen machte.

Er hat es vor.

„Oh, Yamamoto-Sama, ich würde mir so sehr wünschen, dass Sie es sich noch einmal überlegen!“, seufzte Hanakuro und presste ihre Hände an ihre Brüste. „Was hat die andere denn, was ich nicht habe?“

In dem Moment spürte Sato, wie Yuki anfing sein noch schlaffes Glied zu küssen. Doch jeder Kuss sendete Signale durch seinen Körper, die ihn härter werden ließen. Gott sei Dank hatte er eine schwarze Schreibunterlage und einen riesigen Bildschirm auf dem sonst durchsichtigen Schreibtisch. Hoffentlich kam jetzt niemand rein. Hoffentlich stand Hanakuro nicht auf. Yukis Küsste wurden intensiver, in denen Sato verkrampft versuchte, nicht den Kopf zu verlieren.

„Yamamoto-Sama! Bitte antworten Sie mir!“, flehte Hanakuro und presste ihre Brüste weiterhin zusammen, als würde sie ihn damit rumkriegen.

„Antworte der Dame“, hörte er Yuki unter seinem Schreibtisch sagen. Er riskierte einen Blick nach unten und sah wie sein steifer Schwanz inmitten Yukis Gesicht hing und der ihn hämisch angrinste, während seine schmalen Finger über seinen Schaft strichen.

Sofort hob Sato seinen Blick und spürte den Herzschlag in seinen Adern pulsieren. Seine Wangen wurden schlagartig heiß. „Yuki … ist etwas Besonderes. Das verstehen Sie nicht…“

„Besonders? Das kann doch jeder sein! Wenn Sie mir doch nur eine Chance geben… Dann zeige ich Ihnen, wie besonders ich sein kann!“, bot Hanakuro wieder einmal das Offensichtliche an.

Yukis heißer Mund umschloss endlich sein Glied und befeuchtete es auf eine unfassbar angenehme Art und Weise. Der Manager hätte gerne ausgelassen geseufzt und die Augen geschlossen. Sich dem wunderbaren Gefühl hingegeben. Doch solange seine Sekretärin noch vor ihm saß und um seine Gunst bettelte, musste er sich zusammenreißen.

„Ich werde nicht mit Ihnen schlafen, Hanakuro!“, giftete Sato mit zittriger Stimme. „Geben Sie auf oder ich muss Sie entlassen.“

„Liebe ist kein Kündigungsgrund, das wissen Sie!“, fauchte sie auf einmal zurück und verkrampfte ihre Gesichtszüge.

Yukis lutschen wurde immer schneller. Gott, war er spitz. Doch sein Pokerface blieb eisern.

„Aber sexuelle Belästigung.“ In dem Moment hörte Yuki auf, ihm einen zu blasen und gluckste erfreut unter dem Schreibtisch.

„Sie hat’s echt versucht?“ Er lachte erneut auf, was Sato Gänsehaut bescherte. „Aber nur ich darf es auch…“, säuselte er schließlich und nahm Satos glitschiges Glied wieder in den Mund. Sein Blow Job wurde von Tag zu Tag besser.

„Das können Sie nicht beweisen. Außerdem steht ihr Wort gegen meins. Wenn ich will, kann ich das Gegenteil behaupten.“

Oho, dachte Sato, jetzt wurde es ernst.

„Tun Sie das. Mir egal“, säuselte der Manager und lehnte sich noch ein Stück zurück. Als er Yuki dabei beobachtete, wie er sein bestes Stück beglückte und ihm dabei hin und wieder in die Augen blickte, entspannte er sich. Er würde sowieso sterben. Und zum ersten Mal war es ihm scheiß egal, was seine Arbeit davon halten würde. Unbewusst ließ er eine Hand unter den Schreibtisch gleiten und fasste in das volle, weiße Haar.

Hanakuro blieb hingegen der Atem stecken. „Es ist Ihnen egal? Wollen Sie Ihren Job verlieren? Oder sind Sie sich so sicher, dass Ihnen nichts passieren wird?“

Da sah er wieder auf und zog die Schultern hoch. „Ein bisschen von beidem.“ Als seine Sekretärin darauf nichts mehr sagte, schüttelte Sato den Kopf. „Gehen Sie jetzt. Verbreiten Sie, was Sie verbreiten wollen. So oder so werden wir in Zukunft vermutlich nicht mehr miteinander arbeiten.“

Und dieser Gedanke stimmte den Manager zufrieden. Egal, was passieren würde – er würde es sowieso nicht mehr miterleben. Also was ging’s ihn an, was seine blöde Tippse über ihn erzählen würde?

„Sie sind wirklich krank“, spottete Hanakuro und wusste den seltsamen Gesichtsausdruck ihres Chefs nicht zu deuten. „Seit ein paar Wochen schon sind Sie wie ausgewechselt. Vielleicht kommt Ihnen eine Kündigung ganz gut!“

Mit diesen giftigen Worten sprang sie vom Stuhl auf und ging mit stampfenden Schritten aus dem Büro. Mit einem heftigen Schlag, zog sie die Glastür zu.

„Endlich…“, murmelte der Manager, schloss die Augen und ließ sich noch ein Stück weiter im Stuhl sinken. Yuki leckte und lutschte weiter, als wäre nichts passiert. Sato wusste, dass er seinen Orgasmus leise halten müsste, auch wenn sie jetzt alleine waren. Die Glaswände ließen mehr Durchsicht, als nötig.

„Yuki“, flüsterte er in die Stille, in der nur er das schmatzende Geräusch unter dem Schreibtisch vernahm. Schnell verkrampfte er sich in den weißen Haaren, drückte den heißen Mund noch etwas weiter auf sein Glied, bis er sich schließlich großzügig ergoss. Sato presste seine Lippen zusammen, um nicht laut zu stöhnen, bis sein Höhepunkt abgeklungen war.

Es dauerte einige Sekunden, in denen Sato seine Hose wieder richtig anzog und Yuki mundabwischend wieder hervorkroch.

„Und?“, fragte der Engel fies grinsend und setzte sich auf den Schreibtisch. „War gut?“

„Du bist ein Miststück…“, murmelte Sato geschafft und ließ die Arme auf der Lehne ruhen. „Ein sehr talentiertes Miststück.“

Die Antwort ließ Yuki glücklich grinsen und mit den Beinen baumeln. „Diese Hanakuro will dich also in den Ruin treiben? Indem sie jedem erzählt, du hättest sie angefasst?“

„Das soll sie mal schön versuchen.“ Der Manager war sich noch nicht sicher, wie, aber er würde ihr schon Einhalt gebieten. Notfalls würde er Takeshi davon überzeugen, für Ihn auszusagen. Suzuki könnte ihn notfalls durch die Arbeit als geistig eingeschränkt einstufen, sodass er mit einer dicken Abfindung gehen könnte. Bei dem Gedanken musste er zufrieden lächeln und Yukis Hand in seine nehmen. „Wenn ich gekündigt werde und eine Abfindung bekomme, verkaufe ich das Loft und wir reisen ein bisschen durch die Welt. Was meinst du?“

Auf einmal wurden Yukis Augen groß. „Wirklich?“

Sato nickte und sah tief in die braunen Augen. Der Engel kannte wahrscheinlich schon mehr Plätze auf der Welt als er, aber wieso sie nicht mal bereisen ohne den Druck, eine tote Seele ins Jenseits zu bringen?

„Jetzt wünsche ich mir, man würde dir kündigen“, gab Yuki zu und rutschte in Satos Schoß.

„Glaube mir… nach so einem Erlebnis wie gerade wünsche ich mir das auch manchmal.“

„Selbst schuld, wenn du ihr eindeutige Signale sendest“, mahnte sein Engel und spielte mit den schwarzen Haaren.

„Selbst schuld? Wer fing denn dann an, mich völlig aus dem Konzept zu bringen? Dieses Gespräch hätte unter normalen Umständen keine zwei Minuten gedauert!“

Da zuckte Yuki mit den Schultern und tat so, als wüsste er von nichts. „Unter normalen Umständen wären wir jetzt auch noch nicht fertig.“

Sato biss sich auf die Lippe und überlegte für den Bruchteil einer Sekunde, ob sie einfach wieder nach Hause fahren sollten, um furios miteinander zu vögeln. Aber er ließ den Gedanken los und drückte Yuki von seinem Schoß, bevor er wieder hart werden würde.

„Ich muss jetzt was tun. Beschäftige dich irgendwie“, begann er pflichtbewusst und sah, wie Yuki schon wieder unter den Schreibtisch kriechen wollte. „… mit etwas, was nicht mein Schwanz ist!“

Der kleine Engel lachte auf, drückte Sato einen Kuss auf die Lippen und ließ sich auf einen der schwarzen Stühle fallen. Er kramte sein kleines Notizbuch raus und begann darin zu lesen. Eigentlich war Sato neugierig und wollte wissen, was da alles drinstand, bemerkte jedoch im Augenwinkel mehrere Mails auf seinem Bildschirm aufpoppen, die er dringend lesen sollte. Also machte er sich gedankenverloren an die Arbeit, während Yuki still vor ihm saß.

 

Oh, was freute er sich auf den Abend. Wenn sie beide wieder alleine wären.

Tag 16

 

Als sie beide gestern Abend nach Hause gekommen waren, fühlte sich Sato wie in einer Ehe. Er kochte, Yuki deckte den Tisch, beide unterhielten sich über die Arbeit, dann musste Sato noch ein wichtiges Telefonat führen, Yuki ging unterdessen duschen, legte sich schon mal ins Bett und las in einem von Satos Büchern. Schließlich ging auch Sato duschen, legte sich zu Yuki, beide unterhielten sich noch für eine Weile und schliefen dann eingekuschelt ein.

„Du bist wirklich 176 Jahre alt. Du machst mich noch zum Rentner“, erklärte Sato, als er mit Yuki an der Kücheninsel saß und sich einen Joghurt reinzog.

„Wieso?“, hakte er nach und schlürfte seinen Tee. Seine Haare hatte er zum ersten Mal hochgebunden. Es machte ihn noch jünger, musste Sato feststellen. Und er fühlte sich auf einmal etwas pädophil einen so jungen Liebhaber zu haben. Aber er erinnerte sich immer wieder daran, dass er nur so jung aussah. Und nicht so jung war. Das war der Unterschied!

„Weil wir beide gestern wie ein altes Ehepaar ins Bett sind.“

Da zuckte Yuki mit den Schultern. „Irgendwie kam keine Stimmung für Sex auf.“

Der Manager gab Yuki unterschwellig recht, indem er den Joghurtbecher wegwarf und dunkel brummte. „Vielleicht wäre es besser, du würdest heute wieder zu Hause bleiben.“

„Nein“, kam wie aus einer Pistole von Yuki geschossen. „Ich komme mit.“

Die Antwort ließ Sato die Augen rollen. Legere lehnte er sich gegen die Küchentheke und beobachtete den Engel, wie er seinen Tee trank. „Gestern war schlimm genug. Du hast mich gedemütigt. Vor meiner Sekretärin.“

„Die hat das doch gar nicht mitbekommen.“ Yuki stellte die leere Tasse an die Spüle neben Sato und griff nach seiner Hüfte. „Außerdem wollte ich nur noch einmal klarstellen, wem du gehörst.“

„Wem ich gehöre?“, wiederholte der Manager mit hochgezogenen Augenbrauen. „Du meinst wohl eher, wer mir gehört.“

Yuki grinste breit und sah Sato mit Schlafzimmerblick an. „Wenn du meinst“, war alles, was er säuselte, als er schlussendlich losließ und zum Schrank lief. Sorgsam zog er eine schwarze Jeans und ein dunkelrotes Langarmshirt raus und schlurfte mit festgehaftetem Grinsen ins Bad.

„Meine ich“, knurrte Sato und ballte seine Fäuste. Der Junge war nah dran wieder eine Grenze zu überschreiten. Sicher, er hatte sich über den Blow Job gefreut – so wie sich jeder Mann über einen Blow Job freute. Aber nicht vor seiner Sekretärin, die offensichtlich verbal versuche, dasselbe zu erreichen. Es war erniedrigend, wie Sato sich unterbuttern ließ. Sowohl von Yuki, als auch von Hanakuro. Mit einer Nacht dazwischen fürchtete der Manager nun doch die Gerüchteküche und das, was ihn heute in der Arbeit erwarten würde. Normalerweise hätte er es gar nicht erst so weit kommen lassen. Doch ihm fiel zum Zeitpunkt nichts Adäquates ein, was er hätte kontern können. Wie auch? Mit dem Schwanz im Mund seines Liebhabers.

Während Yuki im Bad war und sich fertigmachte, schlurfte Sato ebenfalls zum Schrank und kramte nach einem Anzug. Als er in die Unterwäscheschublade griff, bekam er den schwarzen Analplug zu spüren. Was machte der denn da? Ach, wahrscheinlich hatte Yuki ihn nach der Dusche einfach irgendwo in den Schrank getan, weil er nicht wusste, wo der Rest lag.

Da kam Sato eine Idee.

 

Als Yuki aus dem Bad kam, stand Sato bereits mit gepackter Tasche und Anzug an der Tür und daddelte auf seinem Handy. „Können wir?“, war alles, was er noch sagte, bevor er raus in die kalte, aber sonnige Winterlandschaft ging. Es hatte noch einmal geschneit und er war um den pflichtbewussten Winterdienst froh, dass sie so früh am Morgen schon Salz streuten. Yuki folgte seinem Freund schweigend, wickelte den roten Schal noch etwas fester um den Hals und stieg schließlich ins Auto.

Die Fahrt verbrachten sie schweigend, doch der Engel konnte erkennen, wie amüsiert Sato neben ihm saß. Er fragte sich, was ihn so erheiterte, aber behielt die Frage für sich. Er würde es schon irgendwann erfahren.

Sato fuhr mit Karacho in die Tiefgarage des Bürokomplexes und parkte auf seinem Parkplatz. Um sie herum standen nur wenige Autos. Perfekt, dachte der Manager und stieg aus. Yuki folgte der Gestik, gähnte beim Aussteigen und streckte sich noch einmal.

„Mach dir keine Mühe. Steig noch einmal ein“, bat Sato seinen Partner und hielt ihm die Hintertür offen. „Ich muss noch etwas mit dir besprechen. Aber eben dort, wo uns niemand sehen kann.“

Yuki starrte auf die offene Hintertür und sah auf der Rückbank nur Satos Tasche liegen. „Was besprechen? Sicher, dass es nicht wieder was Perverses ist?“

„Vielleicht?“, summte der Manager und grinste noch breiter. „Willst du es nicht herausfinden?“

„Ist das die Rache für gestern Abend? Weil wir keinen Sex hatten?“

„Vielleicht?“, antwortete Sato wieder einmal grinsend und lachte sich ins Fäustchen. „Steig einfach ein.“

Der Engel seufzte laut auf, sah sich um und stieg in den Wagen, als er niemanden erblickte. Er war einfach noch viel zu früh. Sowieso war er überrascht, dass sie mal nicht spät dran waren, obwohl er noch ewig im Bad war.

Kaum saß er drin, rutschte Sato nach und schloss die Tür. Die Zentralverriegelung sprang an. Yukis Blick weitete sich, als Sato zu seiner Tasche griff. „Was wolltest du besprechen?“, fragte er scheinheilig und beobachtete die Bewegungen des Schwarzhaarigen genau.

Summend packte Sato seine Unterlagen für die Arbeit aus der Tasche und legte sie fein säuberlich auf den Vordersitz. Schließlich griff er nach den schwarzen Fesseln und zog sie raus. „Kennst du das Sprichwort ‚Wie du mir, so ich dir‘?“

Yuki hielt die Luft an, als er das schwarze Seil, die Fesseln und andere Dinge vor sich liegen sah, die Sato eins nach dem anderen auspackte. Hatte er etwa die komplette Schublade mitgenommen? Wollte er das jetzt hier im Auto machen? Aber musste er denn nicht zur Arbeit?

Zwar spürte Yuki sein Glied bereits angespannt kribbeln, als er die Utensilien vor sich liegen sah, doch wollte er sich nichts anmerken lassen. Immerhin wusste er nicht, was genau geschehen würde.

„Bedeutet es nicht… so wie du mich behandelt hast, behandele ich dich?“

„Genau“, verkündete der Manager freundlich und schob die leere Tasche beiseite. „Komm her, Yuki.“

Damit öffnete er seine Arme und zog den kleinen Engel zu sich ran. Noch etwas unsicher hielt er still und wartete ab, was sein Partner tun würde. Ein sanfter, fast zurückhaltender Kuss folgte und Yuk fand sich schnell damit ab, dass Sato was Schmutziges geplant hatte. Soll es eben so sein, dachte er und schlang die Arme um seinen Nacken.

Der Kuss wurde schnell intensiver, als Satos Zunge über Yukis Lippen fuhr und mit seiner spielte. Als Yukis Schritt an seinem Bein rieb, konnte er genau fühlen, wie sein Glied immer härter wurde. Ohne weitere Minuten zu verschwenden, begann er den Silberhaarigen auszuziehen und die Sachen achtlos in den Fußraum fallen zu lassen. Als er auf die Unterhose stieß, zog er spielerisch am Gummibund.

„Hast ja doch eine an“, lachte Sato und knabberte an Yukis Hals. Der seufzte sehnsüchtig auf und schloss genießend die Augen; willig, sich die Unterhose ausziehen zu lassen.

„Hätte ich gewusst, dass du sie mir binnen weniger Stunden wieder ausziehst, hätte ich es gelassen.“

Natürlich schürte die Antwort Satos Feuer noch ein gutes Stückchen mehr, sodass er Yukis Höschen fast gewaltsam von den Beinen riss. Mit schnellen Bewegungen, drückte er Yuki in die Ledersitze, beugte sich vor und begann sowohl sein Glied, als auch seinen Eingang mit Speichel zu benetzen.

„S-Sato…“, stöhnte Yuki auf und drückte seinen Rücken durch, um den Berührungen näher zu kommen. Für einen Moment hatte er die Spielzeuge vergessen, die noch brav neben Sato auf dem Rücksitz lagen. Erst als er vorsichtig auf den Bauch gedrehte und seine Hände hinterm Rücken festgebunden wurden, schlug er panisch seine Augen auf.

„Sato?“, fragte er unsicher, als das schwarze Seil um seinen Körper gebunden wurde. Jeder Knoten wurde mit viel Umsicht festgezogen.

„Ja?“, antwortete der Manager hingebungsvoll in Yukis Ohr und leckte die Ohrmuschel.

Dabei entfuhr dem Engel ein sehnsüchtiges Seufzen. „Musst du nicht zur Arbeit?“

„Doch, natürlich.“

„Dann… wieso?“, versuchte es Yuki erneut, doch die heißen Küsse auf seinem Rücken und das festsitzende Seil ließen ihn vergessen, was er eigentlich wollte. Dieses Mal war er wesentlich eingeschnürter als letztes Mal. Sowieso wunderte er sich, wieso seine Hände hinter den Rücken gebunden waren. Sollte er sich also dieses Mal nicht selber befriedigen? Oder war es die Konsequenz daraus, dass er das letzte Mal nicht stillhalten konnte?

Sato antwortete nicht, sondern rieb liebevoll Yukis Erektion. Der stöhnte hier und da leise auf, wendete sich im festen Griff vom Manager. Auf einmal wurde er wieder auf den Rücken gedreht, seine Hände lagen ihm dabei unangenehm überkreuzt im Rückgrat. Er sah wie Sato ein schwarz glänzendes Ei mit Kabel in die Hand nahm und es sich erotisch in den Mund steckte. Yukis Augen weiteten sich, als der Manager ihn dabei eindringlich ansah. Sato sah so unfassbar gut aus… Selbst, wenn er seltsame Dinge in den Mund nahm.

Schließlich kam das Ei wieder hervor und war eindeutig mit Speichel benetzt. Als Sato sich wieder zu Yuki beugte und das schwarze Plastik seine Öffnung berührte, ahnte was nun passieren würde. Mit einer flüssigen Bewegung verschwand es in Yuki, der leise keuchte. Das Ei war bereits von Satos Mund angewärmt und hinterließ im Engel ein schauderndes Gefühl.

Sorgsam leckte Sato noch einmal über Yukis Öffnung, zog etwas am Kabel, um sicher zu gehen, dass das Ei gut in ihm drin ist. „Bereit?“, fragte er schließlich und sah in die braunen Augen, die ihn nervös, aber neugierig ansahen.

„W-Wofür?“, hakte Yuki nach und fühlte sich auf einmal unwohl – gefesselt und hilflos ausgeliefert zu sein. Satos Raubtierblick machte es nicht besser.

Der Manager griff nach einer Fernbedienung und schaltete Das Vibratorei an. Auf niedrigster Stufe fing es an in Yuki zu vibrieren.

„W-W-W-aaaa“, war alles, was der Silberhaarige noch rausbrachte, als er das gleichmäßige Summen in sich spürte. Was ein Gefühl war das?! Alles vibrierte und gab ihm das Gefühl von innen genommen zu werden. „Sato!“, jauchzte Yuki auf, drückte den Rücken durch und seufzte schließlich zufrieden, als er Satos Hand wieder an seinem Glied spürte. Ja, dachte er, das fühlt sich gut an! Seht gut sogar!

Doch ehe er sich versah, spürte er etwas Drückendes um sein Glied. Als er die Augen aufschlug und wieder Richtung Sato sah, bemerkte er ein schwarzes, breites Gummi, welches um seinen Schaft gezogen war. Sato zog es noch etwas weiter runter und beobachtete schließlich, wie Yukis Glied langsam röter wurde. Ein unangenehmes Gefühl machte sich im Engel breit. Es fühlte sich so an… Als würde er blockiert werden.

„Was ist das?“, hauchte Yuki und sah verzweifelt zu seinem Partner hoch. Der grinste nur vor sich hin und holte ein weiteres, kleines Stück Metall aus einem kleinen schwarzen Säckchen.

„Du hast einen langen Tag vor dir. Du sollst ja nicht sofort kommen, hm?“

Yuki verstand nicht ganz, was Sato andeuten wollte, sah dann nur zu, wie Sato das kleine, längliche Stück Metall langsam in seine Eichel einführte.

„Ah! N- Sato!“, rief Yuki und riss die Augen auf, als sich seine Harnröhre unangenehm weitete. Wie ein Stöpsel lag das kleine Metallstück nun in seinem Penis und blockierte seinen Kanal.

„I-Ich“, jammerte der Engel weiter und spürte erneut die Vibrationen in seinem Hintern stärker werden. Er wollte sich berühren, zwischen den Beinen, überall!

Stattdessen klebte Sato die kleine Fernbedingung an Yukis Oberschenkel fest und stellte sicher, dass alles saß. „Keine Angst, das ist Klebeband, was nur an sich selber klebt, aber nicht an der Haut oder Haaren.“ Da strich er über die schmalen Beine und küsste Yukis Knie. „Obwohl du kaum Haare besitzt.“

 Wie eine liebevolle Mutter kramte Sato weiter in seinem Arsenal und holte zwei Klemmen, verbunden mit zwei Ketten und einem Ring hervor. Yuki bekam nur noch peripher mit, was sein Partner eigentlich tat, bis er seine Zunge an seinen Brustwarzen spürte. Lustvoll leckte und knabberte Sato an den pinken Nippeln und strich dabei sinnlich über Yukis Seiten. Der erschauderte und sehnte sich nach mehr. „Da unten…“, begann er und hob seine Hüfte an, damit sie an Satos Mantel rieb.

„Nein“, kam die sture Antwort. Sato pustete kalte Luft auf die Brustwarzen, die sich sofort erhärteten. Schnell platzierte er die Nippelklemmen um die bearbeiteten Stellen und beobachtete, wie Yuki aufschrie. „Tut es weh?“

Yuki wollte schon ‚ja‘ rufen, da hörte er die Kette rasseln. Ohne zu Antworten beobachtete er Sato, wie er den Ring, der an der zweiten Kette hing, um seinen Schwanz machte. Der gesellte sich zum schwarzen Gummi an seinen Schaft. Gott sei Dank nicht so eng wie das Gummi, dachte Yuki benebelt und ließ sich weiter zärtlich foltern.

„Wenn keine weiteren Einwände kommen“, begann Sato und holte zwei weitere schwarze Utensilien raus, „dann beginnen wir unseren Tag, was meinst du?“

Yuki wollte schon zur Antwort ansetzen, was genau er damit meinte, als ihm ein schwarzer Ball in den Mund geschoben wurde. „Mhm?“, war alles, was er noch sagen konnte. Behutsam befestigte Sato das Band in Yukis Nacken und zog vorsichtig die silbernen Haare aus der Schlinge. Dabei löste sich etwas Yukis Zopf, den Sato so gut es ging wieder festzog.

„Jetzt noch das hier und wir sind fertig“, flüsterte der Manager und legte Yuki schließlich noch ein Hundehalsband an. Langsam lehnte er sich wieder zurück und begutachtete sein Werk. Der Todesengel, gefesselt und geknebelt mit einem Ei in seinem Hintern, darf erst kommen, wenn Sato es erlaubte. Und er würde es sehr lange nicht erlauben.

„Geht es dir gut?“, fragte er sanft und strich mit dem Handrücken über Yukis Wangen. Diese brannten förmlich vor Hitze und pulsierten unter Satos kühler Haut.

Yuki seufzte tief und schloss für einen Moment die Augen. Das vibrieren wurde schwächer – oder er gewöhnte sich daran. Doch das volle Gefühl, die Fesseln und der Gedanke an all das Perverse, was Sato ihm wieder angetan hatte, ließ ihn verzweifelt die Hüften bewegen. Er wollte kommen! Jetzt!

„Bitte nicke, damit ich weiß, dass es dir gesundheitlich gut geht“, bat Sato ein zweites Mal um Rückmeldung.

Der Engel schlug die Augen auf und nickte zaghaft. Es ging ihm gut, aber es könnte ihm besser gehen!

„Gut. Dann gehen wir mal hoch. Noch liegen wir gut in der Zeit“, verkündete Sato amüsiert und stieg aus dem Auto. Yukis Augen weiteten sich um das doppelte, als er das Wort ‚wir‘ vernahm.

Yuki sollte mit? Aber er war doch völlig nackt! Und dann auch noch so… zugerichtet! Natürlich – ihn konnte niemand sehen, aber Sato konnte es!

Der Schwarzhaarige schnappte sich Yukis Boots und streifte sie ihm über die Socken, die er dem Jungen vorsichtshalber angelassen hatte. Mit einer helfenden Hand griff er nach dem Engel, zog ihn an den Armen aus dem Wagen und wartete, bis er alleine neben dem Auto stehen konnte.

Das Ei bewegte sich während der Bewegungen eindeutig spürbar in Yuki, was ihn schwer seufzen ließ. Zu mehr Lauten war er nicht fähig – der Ball in seinem Mund sammelte nur Speichel, ließ ihn aber nicht reden. Als Sato das Auto abschloss und zum Gehen ansetzte, beschloss Yuki nicht zu folgen. Er würde keinen Fuß in das Büro setzen! Nicht in dem Outfit! Er wollte erst kommen!

Der Manager spürte, wie Yuki sich wehrte und zog spielerisch an der Kette, was den Silberhaarigen sofort aufjaulen ließ. „Kommst du wohl mit?“

Devot ließ sich Yuki in den Aufzug ziehen. Ohne ein Wort zu sagen, schmunzelte Sato, während der Engel genierend zu Boden blickte. Die Spiegel im Aufzug zeigten ihn knallrot in Gesicht und Brust. Auch sein Schwanz zuckte aufgeregt, während am Metallstück einzelne Tropfen Liebesflüssigkeit heraustraten.

Sato war stolz auf sein Werk. Das war die Retoure für den ganzen gestrigen Tag. Und so wie Yuki sich freiwillig hat fesseln und knebeln lassen, war sich Sato sicher, würde er am Ende des Tages zwar kein Lob, aber auch keine Hasspredigt bekommen.

Als sie in der Etage ankamen, kam Suzuki aus einem Büro. Sie begrüßte den Manager freundlich, als sie ihn auf dem Gang sah. Yuki wäre am liebsten im Boden versunken, als er sich peinlich berührt hinter Sato stellte. Sicher, niemand konnte ihn sehen. Aber die Angst, dass es vielleicht doch jemand könnte, verfolgte ihn.

„Yamamoto-San, guten Morgen. Wie geht es Ihnen?“

„Sehr gut“, antwortete Sato wahrheitsgetreu und grinste über beide Ohren. „Und Ihnen, Frau Ärztin?“

Das liebgemeinte Nachfragen über ihr Wohlergehen macht sie stutzig. „Vielen Dank… mir geht es auch gut. Haben Sie etwas Schönes erlebt, Yamamoto-San? Sie wirken so glücklich.“

Da lachte der Manager auf. „Yuki und ich verstehen uns besser denn je.“ Bei den Worten schielte er neben sich und konnte Yukis Röte im Gesicht dunkler werden.

„Sie sehen den Engel also immer noch.“ Es war keine Frage. Eher eine Feststellung.

„Ja. Und ich bin glücklich darüber.“

Mit diesen Worten nickte er Suzuki zu und führte Yuki unsichtbar an ihr vorbei.

„Yamamoto-San!“, rief sie dem Manager hinterher, als er bereits den Ganz verlassen wollte. „Haben Sie denn noch Schmerzen? Oder andere Beschwerden?“

Sato stutzte und blieb stehen. „Nein. Wieso fragen Sie?“

„Nur so…“, murmelte sie und lächelte höflich. Konnte es tatsächlich eine Art Schizophrenie sein? Oder doch eine Psychose? Aber Sato wirkte so glücklich! Als wäre er … verliebt.

Sie Ärztin ließ den Manager in sein Büro gehen und seufzte laut, als sie in den Aufzug stieg, um zu ihrer Etage zu fahren.

Sato schloss die Bürotür und beobachtete Yuki, wie er verloren mitten im Raum stand und aus dem Fenster sah. Sein wohlgeformter, weißer Hintern war dabei Mittelpunkt von Satos Aufmerksamkeit. Den würde er gerne ein bisschen mit einem Paddel bearbeiten. Oder seiner Hand. Egal – rote Striemen würden ihm sicher gut stehen. Aber nicht hier, mahnte sich Sato selber und ging zum Schreibtisch, wo eine Haftnotiz an seinem Monitor klebte.

„Ich sage nichts, wenn Sie nichts sagen“, las Sato vor und erkannte Hanakuros Handschrift. Aha, dachte er, sie hat es sich wohl anders überlegt. Vermutlich war ihr bewusstgeworden, dass Sato definitiv mehr Anwälte mobilisieren konnte, als sie sich jemals leisten könnte.

Yuki wimmerte los und rieb seine Beine aneinander. Sato sah auf und konnte seine Ungeduld in den Augen erkennen.

„Willst du kommen?“, fragte er hämisch und grinste. Der Engel schnaubte aus und nickte eifrig. Doch anstatt seinen Schwanz zu berühren, fuhr er über die glatten Oberschenkel und erhöhte die Vibrationsstärke des Eis auf eine weitere Stufe. Yuki wimmerte auf, zitterte förmlich mit seinen Knien und sah verzweifelt zu Sato.

Der konnte nicht anders, als sich erneut vorbeugen und lasziv über den Gagball lecken. Dabei streifte er die heißen Lippen seines Liebhabers, der kurz vor den Tränen stand.

„Noch ein bisschen. Für mich“, säuselte Sato und strich abermals über Yukis glatte Wangen. Der schloss die Augen und lehnte sich in die Berührung. Ein zaghaftes Nicken folgte.

„Guten Morgen, Yamamoto!“, kam Takeshis Stimme von der Glastür. Sato wich energisch zurück und fluchte, dass er nicht aufmerksamer war. Hoffentlich hatte sein Kollege nicht bemerkt, wie er liebevoll mit der Luft sprach.

„Morgen“, begrüßte er ihn kurz und nickte. „Was gibt’s?“

„Hast die Rundmail von heute noch nicht gelesen, oder? Es geht um unseren Führungskreis. Den haben sie jetzt auf dienstags 9 Uhr gesetzt. Hier drüben im Konferenzsaal.“

Sato raunte genervt auf. Er hasste Führungskreissitzungen. Da saßen immer alle Deppen beieinander und diskutierten über Dinge, die sowieso niemanden interessierte. Am Ende tranken und aßen sie nur. „Verstehe.“

„Also, kommst du?“, deutete Takeshi mit dem Kopf zum Gehen an. „Wir reservieren uns gute Plätze.“

Zwar wusste Sato nicht ganz, was ‚gute Plätze‘ in einem U-förmigen Konferenzsaal sein sollten, aber sei’s drum. „Geh schon mal vor, ich komme gleich. Muss noch Tasche umpacken.“

Da nickte sein Kollege und verließ das Büro wieder. Schnell sah sich Sato zu Yuki um, der schwächlich an der Wand gelehnt stand und ihn um Mitleid bittend ansah.

„Das kam unerwartet“, begann Sato leise und kam näher zu Yuki. „Komm mit, dann vergeht die Zeit schneller.“

Für dich oder für mich, fragte sich Yuki und schnaubte aus. Ein Nicken folgte – als hätte er eine andere Wahl gehabt. Also schlurfte er in seinen nicht zugeschnürten Boots den Gang entlang. Das Ei in ihm wackelte hin und her und berührte zwischendurch seine sensible Stelle. Ihm war, als würde er jeden Augenblick kommen. Das Zittern, der Druck im Penis, alles deutete darauf hin, dass er gleich kommen würde. Aber nichts dergleichen geschah. Yuki vermutete das Gummiband und den Metallstöpsel verhinderten dies.

Sato, dieser Mistkerl.

Im Konferenzsaal angekommen, setzte sich Sato neben seinen Kollegen an das eine Ende des U-förmigen Raumes. Fast nicht sichtbar, tippte er sein linkes Bein an.

Yuki zögerte, kam dann auf den Manager zu und stand ratlos neben ihm. Der unterhielt sich angeregt mit einem anderen Kollegen gegenüber von ihm, am anderen Ende des Raumes. Yuki war so froh, dass ihn niemand sehen konnte. Er fühlte sich trotzdem wie ein Tier, welches zur Schau dargestellt wurde. Auch wenn nur Sato ihn sehen konnte.

Wieder tippte Sato auf sein Bein und lehnte sich in den Stuhl. Sollte er sich setzen? Auf seinen Schoß? Wirklich?

„Der Boden ist ja nicht besonders sauber…“, bemerkte Sato schließlich, als Yuki weiterhin nichts tat. Vermutlich verstand er nicht, was er wollte.

Takeshi nickte und begutachtete die Stelle, auf der er saß. „Ja, wir haben wohl eine neue Putzfirma. Die macht ihre Arbeit nicht so gut.“

„Gut, dass wir Stühle haben und nicht auf dem Boden sitzen müssen“, lachte Sato völlig aufgesetzt und stützt seinen Kopf auf, während sein Arm auf der Lehne ruhte.

Jetzt hatte Yuki es verstanden. Vorsichtig setzte er sich auf Satos Bein und wimmerte leise auf, als das Ei noch ein Stückchen weiter in ihn hineingedrückt wurde. Oh, er wollte so gerne kommen! Wie lange würde diese Sitzung dauern? Hoffentlich nicht so lange…

Yukis Gedanken kreisten nur noch um seinen Orgasmus. Um Sex. Um Sato. Um ganz viele Stimuli, die ihn umgaben. Menschen, die redeten, hörten sich in seinen Ohren wie schwammige Geräusche an. Nur Satos Stimme wirkte kristallklar.

Der lehnte seinen anderen Arm auf die Stuhllehne und legte seine Hand auf Yukis Oberschenkel. So sollte niemand erkennen, dass er eigentlich etwas Berührte. Es könnte eine ganz beiläufige Bewegung sein.

Sato war sich bewusst, dass er mit Feuer spielte und die Verbrennungsgefahr sehr hoch war. Sollte er nur einen Fehler machen, würde er auffliegen. Und zwar als geisteskranker Mensch.

Das Meeting begann schleichend, als die Chefetage sich einfand und mit einer Power Point Präsentation loslegte. Sato folgte dem ganzen nur Halbherzig und beobachtete lieber seinen Engel, wie er zitternd und stöhnend auf seinem Schoß lag.

Gut, dass er heute Morgen die engen Boxershorts angezogen hatte. Sonst würde die ganze Chefetage seinen halbsteifen Schwanz sehen, den Yukis Anblick ihm bescherte. Immer wieder berührte er den blonden Engel und lächelte ihn an. Die meisten Konferenzmitglieder starrten konzentriert auf die Leinwand, also erlaubte sich Sato hier und da eine Berührung oder einen Blick.

Nach einigen Minuten musste Sato gestehen, dass ihm das Meeting zu lange dauerte. Takeshi war wie wild auf seinem iPad am mitschreiben und nickte zwischendurch, als wäre alles, was die Chefs von sich gaben, pures Gold. Sato wollte zurück ins Büro. Yuki befriedigen und selber kommen.

Ein kurzer Blickkontakt zum Silberhaarigen zeigte ihm, dass er denselben Gedanken gefasst hatte. Mit einer Kopfbewegung deutete er Yuki an, dass er aufstehen sollte. Zittrig erhob sich der Engel und ging ein paar Schritte zur Seite. Als sich Sato ebenfalls erhob, sprach ihn sein Chef an.

„Yamamoto-San, verlassen Sie uns schon?“

„Ja, ich muss noch ein wichtiges Telefonat führen. Takeshi-San informiert mich dann über die restlichen Themen.“

„In Ordnung.“

Damit ging Sato schnell zur Glastür, öffnete sie langsam und wartete, bis Yuki auf dem Gang war. Schnell folgte er und schloss die Tür. Seufzend sah er zu seinem Engel, der ihn jämmerlich anblickte.

„Ja, sofort“, murmelte er und deutete auf sein Büro an. Doch auf halbem Wege dorthin, sah er Hanakuro vor seiner Tür rumlungern.

„Na toll“, raunte er verbissen und blieb stehen. Sie fehlte jetzt noch! Schnell blickte er sich um, suchte nach einer Alternative. Da fiel ihm Takeshis Büro ein. Er würde dort einfach auf ihn warten. Das Meeting würde mit Sicherheit noch mehrere Minuten dauern. Und so wie Yuki spitz war, würde es keine 5 Minuten dauern, bis sie fertig waren.

Mit einem Nicken ging Sato voran und ließ Yuki folgen. Als sie Takeshis Büro erreicht hatten, was weniger Glaswände hatte, als sein eigenes, schloss er die Tür und führte Yuki in die eher dunkle Ecke des Druckers.

„Willst du kommen?“, fragte er angeregt und kam Yukis Gesicht ganz nah. Er hatte gar nicht gemerkt, wie scharf er war, bis sie endlich alleine waren!

Yuki nickte energisch und stöhnte leise auf, als Sato ihn feste an den Hüften packte und auf den Drucker hievte. Er winkelte die Beine an, legte eins über Satos Schultern und beobachtete, wie er den Metallstab auf Yukis Harnröhre entfernte. Ein lautes Seufzen entfuhr ihm.

Ja! Endlich! Es fühlte sich so viel besser an!

Seine Beine begannen noch stärker zu zittern, als Sato das Gummi vorsichtig anhob und ebenfalls von seinem Glied löste. Angestrengt schnaubte er aus und beugte sich zum Manager vor. Ungeduldig presste er Satos Schultern näher zu sich und rutschte dafür fast vom Drucker.

„Du bist ganz schön notgeil, Yuki“, schmunzelte Sato, als würde es ihm anders gehen. „Ich will mal nicht so sein…“

Mit diesen Worten griff er hart um Yukis Glied, pumpte es im schnellen Rhythmus und beobachtete dabei Yukis Gesicht. Der schloss die Augen, warf den Kopf in den Nacken und raunte so laut auf, wie es der Gagball erlaubte. Tatsächlich dauerte es keine Minute, bis sich Yuki in Satos Hand ergoss. Alles in ihm zuckte und kribbelte! Ihm wurde schwindelig und es war, als würde ihm schlecht werden. Doch das magendrehende Gefühl verschwand nach der Ekstase und hinterließ Yuki völlig erschöpft.

Vorsichtig öffnete er die Augen und sah in Satos graue Augen. Er versuchte zu lächeln, doch der Ball erlaubte es nicht.

Der Manager sah sich kurz um, checkte kurz, dass ihn niemand sah, als er seinen harten Schwanz rausholte und mit der spermabenetzten Hand anfing, sich selbst zu befriedigen. Die Feuchte machte das Reiben so viel einfacher, sodass auch Sato nicht lange brauchte, bis er sich in seiner Hand ergoss.

Er hatte so viel Sex in den letzten Tagen gehabt, dass er überrascht war, wie viel noch rauskam. Yuki beobachtete Satos Tun und atmete angeregt ein und aus. Das Bild, wie der Manager sich vor Yuki einen runterholte, war so erotisch, dass er sein eigenes Glied wieder zucken spürte. Das Ei tat den Rest und vibrierte noch immer aggressiv in seinem Innersten.

Erst als Sato seine Hand an einem Taschentuch abwischte, schaltete er das Ding mit der Fernbedingung an Yukis Oberschenkel aus. Er lächelte schwach.

„Du hast dir eine Pause verdient“, murmelte er und löste Yukis Gagball.

„Ah“, seufzte der Engel auf und schloss die Augen, während er seinen Kiefer knacken ließ. „Du Monster“, murmelte er heiser, musste aber dabei grinsen.

Sein Lächeln wurde sofort vom Manager erwidert, als der ihn kurz auf die trockenen Lippen küsste. „Dafür hattest du aber einen ziemlich intensiven Orgasmus.“

„Das stimmt“, sagte der Engel gelassen und öffnete wieder die Augen. „Darf ich auch meine Hände wieder bewegen?“

„Damit du dich entfesseln kannst? Ich denke nicht.“

Yuki seufzte sofort leidend auf. „Oh Bitte. Wenigstens bis Mittag!“

Obwohl Sato streng bleiben wollte, musste er über den vorgeschlagenen Deal lächeln. Da hatte wohl jemand Blut geleckt. Hätte es Yuki nicht gefallen, würde er ganz anders reagieren, richtig?

„Na, schön. Bis Mittag frei. Danach – ohne Meckern und Murren – wieder anziehen.“

Der Engel nickte zufrieden und hopste vom Drucker. Dabei unterschätzte er seine Puddingbeine und verlor das Gleichgewicht. Keuchend fiel er zu Boden und riss sich dabei das Ei aus dem Hintern. Klappernd fiel es mit der Fernbedienung zu Boden.

Sato erschrak, bückte sich sofort und half Yuki auf. „Alles in Ordnung?“

Der Engel nickte und musste verzweifelt auflachen. „Meine Beine sind wie gelähmt…“

„Von der Anstrengung“, schlussfolgerte Sato und blickte zum Ei. Hastig packte er es in ein Taschentuch und steckte er sich in die Hosentasche. Jetzt, wo es nicht mehr in Yuki drin war, könnte es jeder sehen, richtig? Nicht, dass Takeshi ein Vibratorei in seinem Büro finden würde.

Ohne weitere Worte zu verlieren, schnappte er sich den Engel und löste seine Handfesseln. „Kannst du etwas gehen? Ich würde dich tragen, aber…“

„Schon okay… ich denke schon.“ Sofort ging der Silberhaarige einige tapsige Schritte und ging aus Takeshis Büro. Auf einmal wurden ihm Autoschlüssel vor die Nase gehalten.

„Dann geh runter und zieh dich um.“

„Sicher?“, fragte Yuki nach und dachte dabei an Mittag. Doch Sato nickte und formte seine Lippen zu einer strengen Linie.

„Ich glaubte nicht, dass du noch eine zweite Runde packst. Wir wollen nicht übertreiben. Du kannst auch etwas im Auto schlafen und später wiederkommen. Takeshi wird mir gleich eh von der Sitzung berichten.“

Der Manager wurde immer leiser, als er eine Kollegin auf dem Gang sah. Er grüßte sie kurz und holte sein Handy raus, als würde er darauf rumspielen. Als sie weg war, blickte er wieder zu Yuki.

„Ich will dir nicht wehtun.“

Yuki lächelte und küsste Sato liebevoll auf die Lippen. „Das weiß ich doch…“, säuselte er und strich über Satos raue Wangen. „Bis später dann.“

Der Schwarzhaarige sah seinen Engel langsam den Gang entlang sehen. Noch dachte er daran, ihn vielleicht doch lieber zu begleiten, doch dann löste er sich in Goldpartikel auf und war verschwunden.

Ah, richtig. Das hatte er völlig vergessen. Yuki konnte sich ja teleportieren.

Als er gerade wieder in sein eigenes Büro gehen wollte, kam ihn Takeshi entgegen.

„Hast nichts verpasst“, kam er grinsend auf ihn zu. „Wer war es? Yuki?“

Nicht mehr an seine Lüge denkend, wurde Sato rot. „Woher…?“

„Aha! Wusste ich’s doch! Wichtiger Anruf… Ja, ja!“, lachte er laut auf und ließ sein iPad in der Hand drehen.

Ach ja, das Telefonat, erinnerte sich Sato und räusperte sich, um zügig wieder an Farbe zu verlieren. „Also habe ich nichts verpasst?“

„Nein absolut nicht“, bestätigte Takeshi und ging in sein Büro. Sato folgte nicht und blieb einfach an der Tür stehen. „Feiert ihr Weihnachten zusammen?“

Sato hob beide Augenbrauen. „Ich schätze mal schon.“

„Wie schön! Was macht ihr? Geht ihr weg?“, fragte sein Kollege neugierig und erhoffte sich wahrscheinlich ein heimliches Treffen, um die geheime Liebhaberin mal kennen zu lernen.

Sato überlegte und zog die Schultern hoch. Eigentlich hatte er nichts geplant. Da fielen ihm die Karten für die Philharmonie ein, die er eigentlich Takeshi schenken wollte. Er würde zwar nur eine brauchen, aber er müsste nicht alleine gehen.

„Wahrscheinlich gehen wir weg, ja.“

Mit diesen Worten verabschiedete er sich von seinem Kollegen und ging zu seinem Büro. Dass Yuki noch nicht wiedergekommen war, ließ Sato vermuten, dass er sich hingelegt hatte.

Als er auch zur Mittagspause nicht wiederkam und der Manager Panik in sich aufsteigen spürte, ging er zu seinem Auto in die Tiefgarage und wollte nachsehen.

Ein sanftes Lächeln überkam ihn, als er den kleinen Engel eingerollt auf der Rückbank schlafen sah. Zwar erkannte er durch die getönten Scheiben nur die weißen Haare, die sich ruhig im Takt der Atmung bewegten, doch das reichte ihm.

Vielleicht hatte er es doch etwas übertrieben. Er würde Yuki heute Abend etwas Schönes zum Essen machen und ihn dann in Ruhe schlafen lassen. Das hatte er sich verdient.

 

In Gedanken an das Abendessen verloren, schlurfte Sato zurück in sein Büro und brachte den Tag so gut es ging hinter sich.

Tag 17

 

Er dachte, so etwas würde nie passieren. In jeglicher Hinsicht. Der ganze Tag war ein einziges Desaster und es begann bereits am Morgen.

„Bleib hier“, flüsterte Yuki in die dunkle Stille, als der Wecker zum wiederholten Mal klingelte und niemand aufstand.

„Ich muss zur Arbeit…“, brummte Sato und lehnte sich gegen Yukis nackte Brust. Der leise Herzschlag ließ ihn wieder müde werden. Selbst mit Fieber war er damals zur Arbeit gegangen. Er hatte einen Schlaganfall im Büro! Wenn das mal keine Aussage darüber war, wie hoch er seine Arbeit stellte.

„Hast du denn heute einen wichtigen Termin?“

Die Frage erübrigte sich, da Sato ganz genau wusste, dass Yuki gestern Abend noch heimlich an seinem Handykalender war. Also bemühte er sich gar nicht erst zu antworten, sondern strich sanft über Yukis schlaffes Geschlecht.

„Bleib hier“, wiederholte der Engel und küsste Sato auf die Stirn. „Wir machen uns einen wundervollen Tag. Gemeinsam.“

„Wir haben das Wochenende.“ Sato wollte eigentlich schon immer mal blaumachen. Besonders nach den letzten Wochen, in denen er von einem Desaster ins nächste hüpfte. Er hatte nie einen Grund, zu Hause zu bleiben – bis auf die Wand anzustarren.

Jetzt hatte er Yuki. Sollte er es wirklich wagen? Zu Hause bleiben?

Als Yuki dann ein eindringliches „Bitte“ in sein Ohr hauchte und ihn dabei mit seinem Bein im Schritt streichelte, griff Sato im Halbschlaf nach seinem Handy und verfasste auf dem Bauch liegend mit einer Hand eine Mail an Hanakuro, dass er heute zu Hause bleiben würde. Er hätte Migräne.

Der Engel grinste triumphierend und umarmte seinen Schatz noch fester. „Du bleibst hier“, kicherte er freudestrahlend und küsste Sato mehrmals auf sein Haupthaar.

Noch immer im Halbschlaf, warf er sein Smartphone neben die Kissen und seufzte entspannt aus. Seine Hände fuhren über die glatte Haut von Yuki, als er wieder einschlief.

 

Ein leises Kichern in seinem Ohr weckte ihn. Als er die Augen öffnete und schemenhaft Yuki über sich erkannte, musste er schmunzeln. Doch als er panisch feststellen musste, dass er seine Hände nicht bewegen konnte, versiegte das Lächeln.

„Guten Morgen“, begrüßte der Engel seinen Partner. Yuki saß rittlings auf Satos Hüften und war nackt. Sato ebenfalls. Und als er an sich hochblickte, sah er seine Handgelenke jeweils am Bettgestellt festgeknebelt.

„Ich weiß noch nicht, ob das ein guter Morgen wird…“, murmelte der Manager und zog die Augenbrauen zusammen. „Was wird das? Die Rache für meine Rache?“

„Ausprobieren. Offen für Neues sein, richtig?“, kicherte Yuki erneut auf und strich über Satos muskulöse Brust. „Waren deine Worte.“

Der Schwarzhaarige zischte missbilligend auf und beobachtete Yukis Hände. Erst, als er neben sich blickte und sein komplettes Arsenal an Sexspielzeug auf der Bettdecke liegen sah, wurde er bleich. „Das ist also die Rache für meine Rache…“, murmelte er und gab innerlich auf. Er hatte es verdient. Es war doch klar, dass seine Spielchen sich irgendwann gegen ihn wenden würden. Dieser Moment war also gekommen.

Yuki kicherte belustigt auf und griff nach einem Dildo. „Ich habe keine Ahnung, wieso du so ein Zeug hier hast, aber ich finde es sehr interessant.“ Interessiert hielt er die Penisnachbildung hoch und begutachtete sie. „Hast du dir das jemals reingeschoben?“

„Auf keinen Fall!“, wurde Sato im Nu laut und spürte seine Wangen mit Hitze füllen. „Das war ausschließlich für Frauen.“

„Und das hier?“ Yuki hob einen Analdildo in die Höhe. Wesentlich kleiner und schmaler, aber immer noch groß genug.

„… auch nicht“, knurrte der Manager und verdunkelte seine Miene. „Denk nicht mal dran.“

Der silberhaarige Engel kicherte auf und ließ beide Dildos aufs Bett fallen. „Ich weiß nicht, woher du wissen willst, was ich denke.“

„Wenn du mich bestrafen willst, mach es. Aber nicht mit sowas.“

Da wurde Yuki still. „Angst?“

Sato konnte nicht anders, als amüsiert ausschnauben. „Respekt vor deiner Unwissenheit. Hast du überhaupt einen Plan, wie man solche Dinge verwendet?“

„Nein, aber du wirst es mir sagen“, lächelte Yuki seinem Partner entgegen. Lasziv kam er auf Sato zu und setzte sich mit seinem Hintern auf den nackten Penis. Er begann leicht darüber zu streifen und spürte wie die Härte langsam zwischen seinen Pobacken rieb. „Kann ja nicht sein, dass nur ich in den Genuss von deinem Spielzeug komme…“

Der Wink mit dem Zaunpfahl war Sato bewusst. Trotzdem gefiel ihm das Bild, wie Yuki sich erregt über seinen Schwanz bewegte. „Ich habe das Gefühl, dass es auch dieses Mal um deine Lust geht.“ Damit deutete er mit angezogener Augenbraue auf Yukis steifes Glied, welches bereits auf Satos Bauch tropfte. Da wartete wohl schon jemand länger auf die Show.

Yuki zuckte nur mit den Schultern und gab bissig, wenn auch mit einem Lächeln zurück: „Als hätte es dir gestern keine Freude bereitet, mich so zu quälen. Du bist in nicht mal einer Minute gekommen.“

„Werde nicht frech, junger Mann“, giftete Sato und verengte die Augen.

„Als ob du in der Position bist, mir den Mund zu verbieten“, lachte der Engel finster auf und drehte sich zu den Spielzeugen. Dabei streckte er seinen Hintern in die Höhe und zeigte Sato alles, was er sehen wollte. Vom pinken Eingang bis hin zu den ovalen Hoden und dem wohlgeformten Glied.

„Wenn du mir nicht sagen willst, wie man Dinge verwendet, kannst du auch gleich still sein“, verkündete Yuki und hatte auf einmal den Gagball in der Hand.

„Du wirst nicht – “, doch da war der Ball schon in Satos Mund. Mit flinken Fingern befestigte der Engel den Lederriemen hinter Satos Nacken und strich ihm leidenschaftlich über die Wangen.

„Es gefällt mir, dich so zu sehen“, säuselte er und grinste ihm dabei ins Gesicht.

Sato gefiel das wiederum gar nicht. Die Kontrolle abzugeben war etwas, was ihn nervös stimmte. Und Yuki ausgeliefert zu sein noch viel mehr.

„Also womit fangen wir an?“, redete der Engel mit sich selber, wissend, dass Sato nicht antworten konnte. Er kramte durch den Haufen an Spielzeug und blieb an den Nippelklemmen stehen. Grinsend hob er sie an und klingelte mit den Ketten.

„Da ist extra ein Ring für einen Penis. Erzähl mir also nicht, dass die hier für Frauen sind!“ Der Silberhaarige schnappte sich die Ketten, schwang sie um seinen Nacken und beugte sich zu Sato vor, um seine Brustwarzen zu lecken.

Nein, die sind für Männer. Die Dinger waren im Angebot und ich habe den Ring einfach abgemacht, um sie für Frauen zu verwenden. Nippelklemme ist Nippelklemme. … hätte ich sie bloß nicht gekauft, dachte Sato und genoss die zärtlichen Berührungen von Yukis Zunge. Als er den kalten Luftzug um seine Brustwarzen spürte und sie sich automatisch aufstellten, musste Sato in sich hineingrinsen. Das Miststück lernte schnell.

Ehe sich Sato versah spürte er das Ziepen der Klemmen an seinen Brustwarzen. Die kalte Kette lag auf seinem Bauch und hinterließ Gänsehaut. Yuki grinste vor sich hin und stülpte den Ring über Satos Glied. „Sieh einer an. Hier sitzt der Ring aber ganz schön fest“, bemerkte Yuki und presste den Metallring mit etwas Gewalt über Satos Erektion. Der schnaubte schmerzerfüllt aus und wendete sich unter Yukis Körpergewicht.

„Schon vorbei“, beruhigte der Engel seinen Partner, dessen Muskeln sich rapide angespannt hatten. Der Ring saß nun fest um Satos Schaft und drückte einige Adern ab. „Fühlt sich nicht so gut an, oder?“

„Mh“, war alles, was Sato sagen konnte. Dazu schüttelte er den Kopf. Nein, das war nicht angenehm, und nein, er hat verstanden, dass es Yuki auch nicht gefallen hat.

„Es wird sich noch gut anfühlen“, versicherte Yuki auf einmal ernst und streichelte über das angeschwollene Glied. Gedankenverloren betrachtete er es zucken. „Hat bei mir auch etwas gedauert.“

Wie beruhigend, maulte Sato und schloss entnervt die Augen. Und dafür war er einen Tag zu Hause geblieben? Um sich von seinem Zauber-Engel quälen zu lassen? Abermals entfuhr dem Manager ein Seufzen.

„Machen wir weiter!“, lachte Yuki wieder amüsiert auf und krabbelte auf allen Vieren zum Spielzeug. Wieder einmal sah Sato auf sein Hinterteil.

Irgendwann, drohte der Manager in seinem Kopf. Irgendwann gehört dieser Hintern mir. Und du wirst meinen Namen schreien, während ich dich hart rannehme! Du wirst nie wieder daran denken, irgendwas –

Und da brachen Satos Gedanken ab. Yuki hielt das Vibratorei gegen Satos Penis und rieb es am Schaft entlang. Er beobachtete Satos Reaktion, die von überrascht zu lustvoll überging. Schnell schnappte er sich das spezielle Tape und begann das Ei stramm um Satos Glied zu kleben.

Der Manager keuchte auf, strampelte mit seinen Beinen und schüttelte den Kopf. Auf diese Weise würde er binnen Minuten kommen. Und er war sich sicher, dass Yuki nicht so einfach nach dem ersten Orgasmus aufhören würde.

„Tu nicht so, das fühlt sich gut an…“, nuschelte Yuki und legte die Fernbedienung auf Satos harten Bauch. Er konnte nicht widerstehen und fuhr mit seinen Fingern über das Sixpack. „Du hast wirklich einen perfekten Körper.“

Sato hörte diese Worte gern, aber nicht unter den Umständen, in denen er sich befand. Sein Glied wurde immer sensibler und verlor immer weiter Liebesflüssigkeit.

Natürlich hörte Yuki nicht auf. Er schnappte sich Gleitgel und den Analplug, den er selber schon einmal drin hatte. Die Dildos waren selbst für Yukis Geschmack etwas zu groß. Auch wenn sie fast eine 1:1 Abbildung von Satos Schwanz waren.

Schnell schmierte er den Plug mit Gleitgel ein und verteilte noch etwas um Satos Anus, welcher bereits zuckte.

„Mal sehen, wie du es findest“, summte Yuki amüsiert, als er in Satos entsetzten Blick sah. „Du hast das also noch nie probiert? Aber nimmst an, dass ich es gut finde?“

Der Manager sah ein, dass er vielleicht zu vorschnell gehandelt hatte und sich seine bisherigen Erfahrungen mit Frauen nicht unbedingt komplett mit denen eines Mannes deckten. Aber Yuki kam jedes Mal in völliger Ekstase zum Orgasmus. War es dann nicht okay, solche Dinge mit ihm zu tun?

Als Sato einen Finger in ihm spürte, wurde er nervös. Er stellte sich darauf ein, einen Schluck seiner eigenen Medizin zu bekommen. Ein zweiter Finger folgte etwas zu schnell und Sato verkrampfte sich weiter.

„Machst du dich extra so eng? Oder bist du einfach nur furchtbar unentspannt?“, moserte Yuki und bewegte seine Finger in rhythmischen Bewegungen. Es dauerte einige Momente, bis er Satos sensiblen Punkt getroffen hatte.

Der stöhnte auf und warf den Kopf nach hinten.

Es war nicht so, als hätte er sich noch nie einen Finger in den Hintern gesteckt, während er sich selbst befriedigte. Den Trick mit dem G-Punkt beim Mann hatte er auch schon herausgefunden. Aber es war noch mal etwas ganz anderes, wenn ein anderer Mann, noch dazu ein wesentlich jünger aussehender Mann das für ihn tat. Er war der dominante Part, nicht Yuki!

Doch der Engel machte beherzt weiter und stieß regelmäßig gegen Satos Innenwände. Langsam wurde der Schließmuskel weich und entspannte sich um Yukis Finger. Das nahm er als Anlass weiter zu gehen. Schnell entzog er Sato seine Finger und ersetzte sie durch den Analplug. Der ging schwieriger rein, sodass Yuki mehr Geduld aufbrachte. Um Sato nicht zu sehr zu quälen, küsste und leckte er zur Ablenkung um seinen Penis.

Der Manager war sich nicht sicher, ob er das Gefühl gut oder schlecht finden sollte. Auf der einen Seite war es atemberaubend – im wahrsten Sinne – so viele Eindrücke zu bekommen. Das Vibrieren am Schwanz, Yukis Küsse an seiner Hüfte und das volle Gefühl in ihm. Doch auf der anderen Seite war es erniedrigend und beschämend, was hier mit ihm gemacht wurde. Sollte ihn jemals eine seiner Ex-Freundinnen so sehen, würde er Yuki umbringen. Sofern das überhaupt möglich war; so als Engel.

Als der Plug in Sato verschwunden war, grinste Yuki frech. „Du hast es geschafft. War doch nicht so schlimm, oder?“

Satos Augen öffneten sich ein Stück und sahen Yuki entnervt an. „Halt die Klappe“ war alles, was sie ausstrahlten. Das ließ den Engel noch weiter auflachen und erneut zum Spielhaufen zu krabbeln.

Noch mehr? Wie viel denn noch, dachte Sato und seufzte leise, während der Ball in seinem Mund langsam wehtat. Sein Kiefer knackte gefährlich bei jeder Kopfbewegung. Doch das Gefühl zwischen seinen Beinen betäubte den Schmerz weitestgehend.

„Ich bin nett und benutze das hier nicht“, sagte Yuki und hielt den Metallstab in die Höhe. „Der war furchtbar. Den solltest du wegwerfen.“

Nein, dachte Sato und schmunzelte in sich hinein. Den gab’s bei einer Bestellung mal gratis dazu und er hatte sich immer gewundert, ob er ihn jemals bei sich anwenden würde. Jetzt hatte er jemanden anderen gefunden. Umso besser.

„Oh, das hier sieht interessant aus!“ Mit diesen Worten hielt Yuki Analperlen in den Händen und ging jede einzelne Kugel mit den Fingern ab. „Hast du die schon mal benutzt?“

An Frauen? Natürlich, antwortete der Schwarzhaarige und schnaubte aus. An mir? Natürlich nicht.

Yuki wusste mit dem Gesichtsausdruck nichts anzufangen, also ging er vom Wahrscheinlichsten aus. „Du kennst es, aber nicht an dir. Das ändern wir jetzt!“

Er schnappte sich erneut das Gleitgel und beschmierte damit die einzelnen Kugeln recht großzügig. Oh, was machte das für einen Spaß, Sato, den großen und mächtigen Geschäftsmann, vor sich wie ein devotes Kätzchen zu haben. Er wusste, dass er vermutlich Konsequenzen davontragen müsste, doch das war’s wert!

Der Manager stöhnte leise auf, als ihm der Plug entzogen wurde. Dafür ersetzte ihn die erste Perle, die fast hungrig von seinem Schlitz eingenommen wurde. Wieso, dachte er. Wieso passiert das? Zu allem übel musste Sato für sich eingestehen, dass es ihn stimulierte. Oder war es das Ei? Egal, was es war, er wollte so langsam kommen. Wieso konnte sich Yuki nicht auf seinen Schwanz setzen und ihn wild reiten? Da wäre doch jeder glücklich gewesen!

Die zweite, dritte und vierte Perle verschwand in Satos Anus. Yuki grinste vor sich hin, während er die Kette weiter in ihn hineinschob. Es regte ihn an, dabei zuzusehen, was mit Sato geschah. Jede Perle entlockte ihm erneut ein lustvolles Seufzen. Und jedes Seufzen machte Yuki härter. Er dachte schon gar nicht mehr darüber nach, was er da eigentlich tat. Tote Seelen ins Jenseits bringen jedenfalls nicht.

Die Analkette war vollständig in Sato verschwunden und ließ sowohl den Manager als auch den Engel gelassen ausatmen. Spielerisch schnappte sich Yuki die Kette, die noch auf Satos Bauch lag und zog etwas daran. Das erntete ihm einen bösen Blick.

„Stell dich nicht so an, fühlt sich doch gut an, oder?“, lachte der Engel, während er in Satos halb schmerz-, halb lusterfülltes Gesicht blickte. Ein energisches Kopfschütteln folgte und Yuki schnalzte mit der Zunge. „Erzähl doch keine Lügen, du stolzer Affe.“

Bei der Bemerkung musste Sato schnauben und versuchte nach Yuki zu treten. Doch der platzierte sich zwischen seinen Beinen und beugte sich vor, um die Liebestropfen weg zu küssen. Lusterfüllt leckte er über die Eichel und spürte Satos Glied energisch zucken.

„Kommst du etwa schon bald?“, neckte der Silberhaarige seinen Liebhaber und grinste ihn frech an. „Deine Stamina ist nicht sehr beeindruckend.“

Du freches Balg, knurrte Sato in seinem Kopf. Wenn meine Hände frei wären… Ich würde dir das Hirn wegficken!

Sato erschrak etwas vor seinen eigenen aggressiven Worten und schloss die Augen. Er versuchte so gut es ging mit dem Ball im Mund seinem Partner klar zu machen, dass das Spiel langsam ein Ende finden musste. Er fühlte sich gut, aber er wollte es nicht mehr länger machen.

„Du willst kommen, richtig?“, fragte Yuki nach und strich über das vibrierende Ei. Langsam zog er das Tape ab und erlöste Sato damit von der dauerhaften Vibration. „Aber nur, weil du es bist“, murmelte Yuki und küsste über seine Brust. Noch immer waren alle seine Muskeln angespannt. Das ließ Yuki aufseufzen. Sato konnte wirklich nicht abschalten. Nicht mal beim Sex. Und wenn es um Kontrolle ging, kannte der Manager keinen Spaß.

„Lass uns zusammen kommen…“, säuselte der Engel, rückte näher an Sato heran und berührte mit seinem Glied Satos Geschlecht. Der Größenunterschied wurde noch einmal deutlicher, als Yuki anfing, beide Erektionen gleichzeitig zu streicheln. Mit pumpenden Bewegungen brachte er sowohl Sato als auch sich selber dem Orgasmus näher.

Der Manager beobachtete Yukis tun und fand das Bild schließlich doch sehr erregend. Dass die Analkette noch immer in ihm steckte und hier und da durch Yukis Bein weiter reingedrückt wurde, ließ ihn sehnsuchtsvoll stöhnen. Er war froh, wenn das Ding wieder draußen war. Aber irgendwo fühlte es sich auch gut an. Also ließ er es geschehen und gab sich voll und ganz seiner Lust hin.

So dauerte es nicht lange, bis er sich in Yukis Hand ergoss und dabei laut aufstöhnte, trotz Gagball. Er zog so stark an den Handfesseln, dass eine davon an einer Öse riss und vom Bettgestell fiel. Satos Hand fiel wie taub aufs Laken und verblieb dort.

Der Engel nahm noch einmal Fahrt auf und schloss die Augen, als er sich selber zum Höhepunkt brachte. Er flüsterte Satos Namen und strich das Sperma über seine Haut. Schließlich ergoss er sich ebenfalls auf Satos Bauch und seufzte zufrieden aus. Sich selber befriedigen war auch schön. Besonders, wenn Sato dabei war.

Völlig erschöpft ließ sich Yuki auf seine Fersen fallen. Er kniete ausgelaugt zwischen Satos Beinen, die etwas zitterten.

„Ich erlöse dich mal… in Ordnung?“, fragte Yuki rhetorisch und zog langsam die Analkette aus Sato raus. Der seufzte bei jeder Perle erneut auf und entspannte sich zunehmend, als die Kette endlich aus ihm raus war. Es folgten sie Nippelklemmen, die rote Striemen hinterlassen hatten.

Sato half, indem er mit seiner freien Hand den Gagball entfernte. Sein Kiefer knackte erneut auf, als der Ball aus seinem Mund fiel und seine Brust mit Speichel benetzte. Er fühlte sich in Körperflüssigkeiten getränkt und ekelte sich etwas. Doch die Gewissheit, dass es nur Yukis und seine eigenen Körperflüssigkeiten waren, machte die Wartezeit bis zur Dusche erträglicher.

Ohne ein Wort zu verlieren, knibbelte Yuki die andere Handfessel auf und erlöste Sato vollständig von seinen Qualen.

Er wartete einige Sekunden, in denen er dem Manager die Chance gab, sich zu richten und aufzusetzen, um ihn nach seinem Befinden zu fragen. „Und? War es sehr schlimm?“

Das ließ Sato schmunzeln. „Für dein erstes Mal? War okay.“

„Du dein erstes Mal, mein Lieber.“

„Korrigier mich nicht immer, als wüsstest du es besser“, knurrte Sato und griff nach Yukis Hals. Er drückte etwas zu und zog ihn zu sich, um ihn leidenschaftlich, jedoch aggressiv zu küssen. Der Zungenkuss tat Yuki fast weh, so intensiv fühlte er sich an. Als er erlöst wurde, schubste ihn Sato einige Zentimeter von sich. Schließlich deutete er auf den Schrank.

„Du hast nicht alles rausgeholt. Geh zum Schrank und mach die Tür auf. Unterste Schublade“, befahl der Manager, während er im Nachttisch nach einer Schachtel Zigaretten suchte. Die brauchte er jetzt einfach.

Yuki seufzte, schüttelte den Kopf und tat, was von ihm erwartet wurde. Als er die unterste Schublade öffnete und eine Art Paddel rausholte, sah er Sato verwirrt an. „Wofür ist das?“

Er zündete sich eine Zigarette an und schmiss die fast leere Packung auf den Boden. Mit einer Handbewegung holte er Yuki wieder zu sich und nahm ihn das Paddel ab. Als er den Rauch auspustete, setzte er sich an die Bettkante, legte die Füße auf dem Boden ab und deutete Yuki an, er soll näherkommen. Unwissen wie er war, trat er einige Schritte an den rauchenden Manager ran und wurde im Nu runtergerissen.  Er landete auf dem Bauch auf Satos Beinen und wollte sich schon wieder aufsetzen, da drückte ihn eine große Hand nach unten.

„Bleib unten“, brummte Sato mit der Zigarette im Mundwinkel und rauchte erneut aus.

„Was machst du denn da? Willst du mich vollaschen?“, raunte Yuki und drehte sich so gut es ging zu Sato. Der schüttelte süffisant den Kopf und drückte die Zigarette in einem Wasserglas aus, welches noch vom gestrigen Abend dort stand. Er hatte zwar nicht aufgeraucht, aber bevor er den kleinen verbrannte, löschte er die Zigarette lieber wieder.

„Und jetzt halt still“, befahl Sato ein weiteres Mal und holte schließlich mit dem Paddel aus.

Yuki wusste nicht, was ihn erwartete, bis ihn das flache Stück Holz am Hintern traf. „Ah!“, schrie er auf und riss die Augen auf. „Au! Spinnst du?“

„Stillhalten“, knurrte Sato genervt, holte noch einmal aus und ließ das Paddel ein weiteres Mal auf den weißen Hintern schnellen. Yuki keuchte erneut auf und griff instinktiv ins Laken.

„Das machst du nie wieder. Mich fesseln, während ich schlafe. Wenn ich wach bin, können wir drüber reden. Aber nicht, wenn ich kein Wort dazu beitragen kann.“

Und traf das Paddel die mittlerweile roten Backen. Yuki wimmerte leise vor sich hin.

„Das Spielzeug wird ab sofort selektiert. Wir behalten, was du gut findest. Wir behalten, was ich gut finde. Der Rest wird weggeschmissen.“

Langsam stellte sich ein schmerzvoller Rhythmus an Schlägen ein. Yuki begann dusselig zu werden. Er dachte schon, es würde Konsequenzen geben. Dass er allerdings von seinem Liebhaber gezüchtigt werden würde, war jenseits seiner Vorstellungskraft.

„Wir werden ein Safeword festlegen. Wenn jemand nicht mehr kann, soll er es sagen und der andere muss sofort aufhören.“

Wieder knallte das Paddel auf Yukis Hintern. Doch die Kraft ließ nach und es fühlte sich nur noch wie ein intensives Klatschen an.

Auf einmal hörte Sato auf und legte das Paddel weg. Er strich liebevoll über die roten Striemen auf dem weißen Po und küsste schließlich die sensiblen Stellen. Yuki seufzte auf, blieb jedoch soweit es ging still auf Satos Schoß.

„Verstanden?“, fragte Sato schließlich nach und packte Yuki an der Hüfte, um ihn aufzurichten. Unsichere, braune Augen sahen in die mahnenden Grauen.

Der Engel nickte verlegen und rieb sich etwas den Hintern. „Hab ich’s übertrieben?“, fragte er mit zittriger Stimme und hoffe, Sato nicht allzu sehr verärgert zu haben. Er wollte es ihm einfach etwas heimzahlen. Ihn von seiner eigenen Medizin kosten lassen.

Der Manager presste die Lippen aufeinander und schweifte für einen Moment den Blick gen Boden. Nach einigen Sekunden sah er wieder auf, küsste den kleinen Engel liebevoll auf die Lippen und schüttelte den Kopf. „Nein.“

Ohne weitere Ausführungen stand er auf, reichte Yuki die Hand und leitete ihn ins Bad, wo sie eine heiße Dusche genossen.

Sato würde es nie zugeben, aber es war schon okay gewesen. Das einzige Manko: Er musste für solche Spielchen die Kontrolle abgeben. Und das lief einfach nicht mit seinem Ego.

Yuki schien seinen Wunsch zu respektieren und blieb den Rest des Tages sehr devot. Selbst beim Abendessen meckerte er nicht über die etwas versalzene Soße.

Als beide im Bett lagen und Sato das Licht ausschaltete, kuschelte sich Yuki in seine breiten Arme und schloss die Augen. „Bist du noch sauer?“

„Ich war nie sauer“, murmelte der Manager zurück und erntete ein trauriges Kichern.

„Du sollst doch nicht lügen.“

„Wir sind auf jeden Fall quitt, was meinst du?“, schlug Sato in die Stille vor und strich dabei über die langen, silbernen Haare. „Waffenstillstand?“

Das ließ Yuki breit grinsen. „Waffenstillstand.“

 

Mit einem innigen Kuss auf den Lippen fielen beide in die Tiefen des Schlafs – beruhigt, dass der jeweils andere nun die Grenzen kannte.

Tag 18

 

Als Sato sein Büro betrat, war ihm klar, dass es ein langer Tag werden würde. Hanakuro mied ihn immer noch wie Pech und Schwefel, Takeshi kündigte neuen Aufgaben an, von denen Sato noch nie gehört hatte, und Suzuki stand an seiner Tür, noch bevor er seine Aktentasche beiseitegestellt hatte.

„Guten Morgen, Yamamoto-San“, begrüßte sie ihn mit ruhiger Stimme. „Wie geht es Ihnen heute?“

Sato zögerte für einen Moment, als er ihren erwartungsvollen Unterton hörte. „Bis auf ein leichtes Ziehen im unteren Rückenbereich… geht es mir gut“, antwortete er wahrheitsgemäß und stellte seine Tasche auf den Boden.

In dem Moment kicherte Yuki gehässig auf. „Du armer, alter Mann“, heuchelte er Mitleid und zwinkerte ihm zu, während er sich auf die Schreibtischkante setzte. Der Engel wollte keinen Tag zu Hause rumsitzen, also hatte er Sato überredet, noch einmal mitkommen zu dürfen. Mit dem Versprechen auf den Lippen, brav zu sein. Ohne Sexspielzeuge.

„Sie haben Rückenschmerzen? Vom vielen Sitzen vielleicht?“, hakte Suzuki nach und kam einen Schritt auf Sato zu. Der seufzte laut auf, stemmte die Hände in seine Hüften und schüttelte den Kopf.

„Nein, eher von einer zu anstrengenden Aktivität. Sport und so“, führte er weiter aus und gestikulierte mit den Händen. „Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.“

Die Ärztin hob eine Augenbraue, bemerkte Satos Nervosität und schloss die Tür hinter sich, als sie sich dazu entschloss etwas länger zu bleiben. Sie hatte einfach zu großes Interesse am Geschäftsmann und seiner geistigen Verwirrung.

„Geht es um Yuki?“

Die direkte Frage ließ Sato zur Salzsäule erstarren. Was war es nur mit den Leuten, dass sie alles, was war, auf Yuki zurückführten? Nun, es war ja nicht gelogen oder falsch, aber für den Manager sehr unangenehm. Besonders, wenn Yuki neben ihm saß und sich ins Fäustchen lachte.

„Eventuell“, gab Sato zu und räusperte sich unangenehm berührt. „Gibt es etwas, das Sie mit mir besprechen wollen?“, versuchte er das Thema abzulenken. Dass sie da war, machte Sato sowieso nervös. Immerhin wusste sie so gut wie alles über Yuki – keine gute Voraussetzung, wenn die Person, um die es die letzten Sitzungen ging, anwesend war.

Die junge Frau nickte und begann zu lächeln. „Ich hatte nur das Gefühl, dass wir uns das letzte Mal etwas vorschnell verabschiedet hatten. Außerdem scheinen Sie ja Yukis Existenz vollständig anzuerkennen, was mich im Nachhinein sehr stutzig gemacht hat. Da wollte ich sichergehen, dass es Ihnen gut geht.“

„Sie ist so süß“, kommentierte Yuki, stand auf und begutachtete die schmale Frau. „Wenn ich dich nicht beanspruchen würde, wäre sie eine tolle Partie für dich. So besorgt wie sie ist!“

Yukis offensichtliche Stichelei hinterließ beim Manager ein flaues Gefühl im Magen. Was redete er für einen Unsinn?

„Sie ist verheiratet“, knurrte Sato und formte seine Augen zu schlitzen.

„Was?“ Suzukis Augen öffneten sich um ein weiteres Stück. „Wer ist sie?“

Sofort presste der Schwarzhaarige seine Lippen aufeinander. Er hat es schon wieder getan! Er hat sich vor jemand anderen mit Yuki unterhalten! Aber es war auch so wahnsinnig schwer, Distanz zu wahren, wenn für ihn die Situation völlig normal erschien: Zwei Menschen in einem Raum. Nur dass einer kein Mensch war. Und der andere das Wesen nicht sehen konnte.

„Verzeihen Sie… Ich meinte … Sie“, murmelte Sato und deutete auf die junge Frau. „Ich wollte Sie nicht verwirren.“

Suzuki stutzte. Schnell überlegte sie, was Sato gemeint haben könnte. Es klang wie eine Antwort auf eine Frage, die jemand gestellt haben könnte. Doch da sie selber nichts dergleichen gefragt oder gesagt hatte, schloss sie darauf, dass es vielleicht derjenige sein könnte, den nur Sato sehen konnte.

„Ist… ist er etwa hier?“, fragte sie ehrfürchtig und blickte sich im leeren Büro um. „Haben Sie ihm geantwortet? Wollte er wissen, ob ich verheiratet bin?“

Der Manager biss sich auf die Unterlippe und schielte zu Yuki, der einige Schritte von ihr wegging. Nervös sah er zu Sato und hob die Schultern hoch. Panik stieg im Manager auf, als er Suzuki beobachtete, wie sie sich mehrmals um ihre eigene Achse drehte. Schließlich kam Yuki wieder an Satos Seite und strich über seinen Arm. „Sie weiß doch um mich Bescheid, oder? Du hattest ihr doch von mir erzählt?“

„Ja“, antwortete Sato leise und schob die Augenbrauen zusammen. Als Suzuki quietschte und ängstlich zusammenzuckte, wurde dem Manager bewusst, dass er nicht nur Yuki, sondern auch ihr geantwortet hatte.

„Oh, er ist wirklich hier?“ In dem Moment wurde der Ärztin klar, dass Satos Halluzination ein ganz anderer Level annahm. Normalerweise drehten Patienten durch, sollten sie mitten in einer Psychose stecken. Sie wurden ängstlich, nervös und bekamen Anfälle. Nicht selten wurden sie aggressiv oder wollten flüchten. Oder sie wurden apathisch, fast nicht ansprechbar, als würden sie in einer anderen Sphäre stecken.

Doch der Manager schien völlig normal. Ruhig und gelassen wie immer. Als wären nur er und Suzuki anwesend.

„Er steht in etwa hier“, erklärte Sato und gestikulierte zum Engel, der etwas verlassen neben ihm stand.

Suzukis Augen weiteten sich erneut. Konnte es tatsächlich wahr sein? Für einen Moment wusste die Ärztin nicht, woran sie glauben sollte: An die Wissenschaft oder an das, was sich ihr gerade darbot. Sato war offensichtlich davon überzeugt, eine weitere Person im Raum zu haben. Und so beiläufig, wie er in den stillen Raum antwortete, schien er ganze Gespräche mit dieser Person zu führen.

„Können Sie ihn berühren?“, fragte sie mit zittriger Stimme und beobachtete den Manager ganz genau. Der zuckte nur mit den Schultern, streckte seine Hand aus und strich über Yukis Wange. Der lächelte ihn glücklich an, was Sato in Gedanken verloren sofort erwiderte.

„Unfassbar…“, murmelte die Ärztin und beobachtete das Geschehen. Sie sah, wie Satos Hand auf einen Widerstand stieß und doch sah sie keinen. Als wäre der Manager ein perfekter Pantomime. Aber das war Sato nicht, richtig? Er war Manager und kein Straßenkünstler.

Würde Suzuki für einen Moment den Gedanken zulassen – und wirklich nur für einen Moment – dass alles stimmte, von vorne bis hinten…

…wäre ihr ganzes Weltbild zerstört gewesen.

Apathisch ging sie auf den Manager zu, starrte auf die Stelle neben seiner Hand, wo sie den Engel vermutete, und streckte zittrig ihre Hand aus.

Sie ging ins Leere.

Sato sah überrascht in Suzukis Richtung, die enttäuscht auf ihre Hand sah. „Sie kann dich nicht berühren?“, fragte er verblüfft und drehte sich zu Yuki.

„Nein. Lebende Körper sind für mich auch unerreichbar. Nur die Toten kann und darf ich anfassen“, erklärte der Engel mit ernster Miene und seufzte. „Sonst hätte ich ja eher mal mit Menschen interagiert.“

„Und? Was sagt er“, hakte Suzuki nach und blickte neugierig in die Richtung der beiden Männer – von denen sie nur einen sehen konnte.

„Dass er nur tote Menschen anfassen kann. Lebende sind wie Luft.“ Sato wusste mit der Situation nicht wirklich etwas anzufangen. Glaubte Suzuki ihm etwa?

Die Ärztin sah traurig zu Boden. Erst, als das Gefühl in ihr aufstieg, exkludiert worden zu sein, verstand sie, was eigentlich gerade passierte. Sie war auf den Trick und die Halluzination vom Manager reingefallen. Natürlich konnte sie eine nicht vorhandene Person nicht anfassen. Nur Sato konnte das, denn die Person entsprang ja aus seinem Kopf. Egal, was sie also tun würde, Yuki würde immer exklusiv bleiben.

„Ich verstehe“, war dann alles, was sie noch sagte.

Satos Augen öffneten sich ein Stück. Auf einmal wirkte die Ärztin bodenständiger als zuvor. „Aber, wenn Sie so nett wären… würden Sie kurz ein Experiment mit uns wagen?“, fragte der Schwarzhaarige höflich und lächelte, so gut er konnte. Suzuki sollte nicht schreiend weglaufen.

Die Ärztin zog die Augenbrauen zusammen und sah streng zu Sato. „Wenn es nicht zu lange dauert? Ich muss eigentlich wieder zurück.“

Wieso ist sie dann überhaupt hierhergekommen, wenn sie kaum Zeit hat, fragte sich Sato, als er an Yuki vorbeiging und seinen Mantel vom Kleiderhaken nahm. „Es geht sehr schnell“, da hielt er seinen Wollmantel hoch. „Sie sehen meinen Mantel?“

Die Ärztin nickte.

Langsam legte er den Mantel auf Yukis Schultern, der ihn abermals anlächelte. „Was willst du ihr beweisen? Dass es mich gibt?“

„Ich will wissen, ob sie einen schwebenden Mantel sieht oder gar keinen“, antwortete Sato leise, was Suzuki aufhorchen ließ.

„Noch sehe ich ihn“, sagte sie, obwohl sie bereits angespannt zum Manager blickte.

In dem Moment, wo Sato die Jacke loslassen wollte, rief ein Kollege vom Gang nach Suzuki. Die drehte sich um, noch bevor Sato den Mantel auf Yukis Schulter ruhen lassen konnte.

„Ich komme“, rief sie zurück und erhaschte nur einen kurzen Blick zum Manager, der wie ein Schauspieler eine Jacke in den Händen neben sich hielt. „Haben Sie einen schönen Tag, Yamamoto-San. Und bitte: Passen Sie auf sich auf. Denken Sie über den Neurologen nach.“

Mit diesen Worten verschwand sie.

„Im Ernst?“, raunte Sato und verdrehte die Augen. „Jetzt geht sie?“

„Sie will wohl nicht vom Gegenteil überzeugt werden“, lachte Yuki und schälte sich aus dem Mantel. „Ich glaube, sobald du den Mantel loslassen würdest, wäre er unsichtbar. Oder so. Immerhin sehen die Leute ja auch nicht meine Kleidung, die ich trage.“

„Logisch, aber trotzdem ernüchternd, dass Suzuki ging.“

„Ein anderes Mal vielleicht“, säuselte Yuki auf einmal und kam mit langsamen Schritten auf den Manager zu. Vorsichtig umschlang er seinen Nacken und küsste sein Kinn. „Was hast du heute alles zu tun?“

Das ließ Sato schmunzeln. „Wie wäre es… mit dir?“

Yukis Augen weiteten sich etwas. „Mit mir?“

„Ich werde einfach dich bearbeiten“, schnurrte der Manager und biss spielerisch in den Nacken vom Engel. Im Augenwinkel konnte er durch die Glaswand erhaschen, dass sich Hanakuro näherte. Schnell ließ er wieder locker und zischte vor sich hin: „Muss das jetzt sein?!“

Yuki entfernte sich breit grinsend von seinem Liebhaber und zwinkerte ihm spielerisch zu. Dass sie keine Sekunde Ruhe haben würde, war ihm klar. Trotzdem war es besser, als alleine zu Hause zu hocken.

„Yamamoto-Sama“, kam sie kleinlaut an Satos Tür. „Haben Sie meinen Zettel gelesen?“

„Vorgestern schon, ja“, verkündete er trocken und glättete seinen Anzug.

Vorsichtig näherte sie sich dem Manager und sah betrübt zu Boden. „Sie waren gestern nicht im Büro, da hatte ich etwas Bedenken, Sie würden mir aus dem Weg gehen…“

„Es gibt viele Gründe, nicht zur Arbeit zu fahren, aber ich kann Sie beruhigen, Sie sind keiner davon.“ Sato seufzte kaum hörbar und schielte zum Engel. Der saß brav auf einem der schwarzen Stühle und las in seinem Notizbuch. Gott sei Dank kam er nicht wieder auf dreckige Gedanken. Doch der Schwarzhaarige war sich bewusst, dass Yuki trotzdem alles aufmerksam mithörte.

„Gut“, murmelte Hanakuro leise und begann zu lächeln. „Sie kündigen mir also nicht?“

„Wenn Sie mir versprechen, dass Sie sich zusammenreißen, werde ich Ihnen vorerst nicht kündigen“, begann Sato mit tiefer Stimme und verschränkte streng die Arme. „Aber sehen Sie das nicht als Freifahrtschein für andere Fehler.“

„Auf keinen Fall!“, rief sie eifrig, verbeugte sich tief und verließ mit gesenktem Blick das Büro. „Vielen Dank, Yamamoto-Sama!“

Stille trat ein und Yuki blätterte eine Seite um. „Da hast du aber den Manager raushängen lassen.“

„Mit Erfolg will ich vermerken“, sagt Sato arrogant und fuhr sich durch das mit Gel versetzte Haar. Mit einem erneuten Seufzen setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann endlich mit der Arbeit. Neue Mails kamen rein, darunter auch die Aufgaben von Takeshi für sein Team. „Das wird ein langer Tag“, raunte der Manager leise vor sich hin und runzelte die Stirn, während er die ersten Mails las.

Yukis Blick ging dabei aus dem Fenster, wo langsam die Sonne die Stadt erhellte. Erneut schien es nicht zu schneien. „Sag Bescheid, wenn du eine Pause brauchst.“

Ein Schmunzeln streifte Satos Lippen. „Das werde ich…“

 

Nach gefühlt etlichen Stunden, in denen der Engel nur auf dem Stuhl saß und Sato bei der Arbeit zusah, beschloss er sich etwas die Füße zu vertreiben. Sein Liebhaber merkte gar nicht, wie er sich vom Büro entfernte und durch die Gänge streifte.

Er sah Hanakuro in ihrem Büro sitzen und sich die Nägel lackieren. Das nennt man also arbeiten, dachte Yuki sarkastisch und verdrehte die Augen. Wieso Sato sie nicht nach allem kündigte, was ihm schleierhaft. Aber vielleicht machte sie ihre Arbeit ja ansonsten gut.

Als er einen weiteren Gang entlangging, sah er Takeshis Büro. Sofort erinnerte er sich an vorgestern, wo Sato ihn gefesselt und geknebelt mit ins Büro genommen hatte, um ihn dann in diesem Büro zu vernaschen. Der Gedanke allein ließ Yukis Schritt kribbeln. Zwar war die Erfahrung grenzwertig und nicht unbedingt an erster Stelle auf der Liste von Dingen, die Yuki unbedingt noch einmal ausprobieren möchte, trotzdem sehnte er sich nach ähnlichen Berührungen. Konnte Sato nicht endlich Mittag machen? Es war bereits nach 14 Uhr!

Ohne zu Zögern drehte der Engel auf dem Absatz um und stampfte Richtung Satos Büro. Der starrte noch immer vertieft in einen Bericht.

„Sato, ich habe Hunger“, verkündigte Yuki und setzte sich neben Sato auf die Schreibtischplatte. „Lass uns was Essen gehen.“

„Gleich“, murmelte er abwesend und tippte einige Sätze zwischen die Zeilen.

Die kurze Antwort ließ Yuki schnauben. „Gut“, zickte er laut und begann sich auszuziehen. „Dann vertreibe ich mir die Zeit, bis du bereit bist, Pause zu machen.“

Yuki wusste genau, wie er Satos Aufmerksamkeit kriegen würde. Also zog er sich komplett aus, warf seine Sachen achtlos in eine Ecke und setzte sich direkt gegenüber vom Manager auf einen der schwarzen Stühle. Er winkelte ein Bein an, damit auch ja alles sichtbar war. Als er anfing sein Geschlecht zu streicheln, blickte Sato zum ersten Mal seit Stunden vom Bildschirm auf.

„Was tust du da?“, fragte er sichtlich verwirrt über den krassen Stimmungswechsel.

„Mich beschäftigen“, erklärte der Engel und seufzte zufrieden auf, als sein Glied langsam hart wurde. Das glatte Leder unter seinem Hintern verhinderte, dass er vom Stuhl fiel, während er das Bein noch etwas stärker anwinkelte. Sein rosafarbenes Loch kam dabei für Sato zum Vorschein.

„Musst du das – Yuki, ich muss arbeiten“, seufzte Sato und schlug sich innerlich für den prüden Satz. „Der Bericht ist wichtig und muss heute Nachmittag noch raus.“

Der Engel schmunzelte und legte den Kopf schief. „Ja, schon in Ordnung. Schreib deinen Bericht oder was auch immer du tun musst. Ich störe dich ja nicht.“

„Doch“, raunte Sato auf und beobachtete Yukis Glied, wie es unter den straffen Berührungen zuckte. „Das lenkt mich immens ab.“

„Zwingt dich ja niemand zuzusehen. Schau halt weg.“

„Yuki“, brummte der Manager – halb aus Wut, halb aus Lust. Sicher, er würde auch viel lieber mit Yuki irgendwo Sex haben. Aber nicht, wenn eine wichtige Deadline bevorstand.

„Mach deine Arbeit fertig und wir spielen im Anschluss zusammen“, kicherte Yuki und biss sich auf die Lippe. Lasziv fasste er sich mit der freien Hand an seinen Hintern, drückte die Backe und fuhr mit dem Zeigefinger über seinen Eingang. „Je schneller du fertig bist, desto schneller können wir spielen.“

Satos Atem zitterte bereits. Wie schaffte es der Engel nur, ihn so weit zu bringen, dass er überlegte, seine sonst so geliebte Arbeit fallen zu lassen; für ein bisschen Sex!

„Du Monster“, murmelte er abschließend, bevor er sich wieder seinem Bildschirm widmete und weiterschrieb. Jeder Satz musste korrigiert werden, da er immer wieder im Augenwinkel sah, wie Yuki sich selber befriedigte. Mitten in seinem Büro. Draußen liefen Mitarbeiter rum. Wenn die wüssten, dachte Sato und zog die Augenbrauen zusammen.

„Oh Sato“, seufzte Yuki ungeniert auf und legte den Kopf in den Nacken. „Ich wünschte, du würdest mich berühren…“

Okay, dachte der Manager, als er sich um seine Maus verkrampfte. Der kleine Rotzbengel macht das wieder einmal nur, um ihn zu provozieren. Er musste stark bleiben. Einfach aus Prinzip.

Da beobachtete er, wie sich Yuki langsam einen Finger einführte und erregt stöhnte. Mit leicht rhythmischen Bewegungen penetrierte er sich. Satos Augen klebten förmlich an dem Engel, wie er sich selbst befriedigte. Seine Hose spannte bereits im Schritt und ließ ihn unangenehm in seinem Bürostuhl rutschen. Yuki hingegen genoss seine eigenen Berührungen und schloss die Augen. Sein Glied verlor bereits die ersten Tropfen.

Vorsichtig führte er einen weiteren Finger ein, krümmte die Kuppen und stieß dabei auf seine sensible Stelle. Für einen Moment vergaß Yuki völlig, dass Sato noch vor ihm saß und ihn genauestens beobachtete. Er stöhnte laut auf, rutschte weiter auf dem schwarzen Stuhl umher und rieb sich schneller. Der Höhepunkt war zum greifen nah und Yuki wollte nichts anderes, als mehr Berührungen. Harte Griffe. Heiße Küsse.

Langsam öffnete Yuki seine Augen und sah in Satos starrenden Blick. „Genießt du die Aussicht?“, fragte er fast heiser und musste beim Anblick von Satos Wölbung im Schritt breit grinsen. „Du brauchst nicht antworten, ich kann sehen, dass du sie genießt…“

„Du wirst nie wieder mit ins Büro kommen. Bisher hast du nur Ärger gemacht“, raunte Sato mit tiefer Stimme und klickte den Bericht weg. Hastig stand er auf, richtete seine Stoffhose und hoffte, man würde seinen Penis nicht allzu sehr sehen. Schnell ging er an Yuki vorbei, der sofort aufhörte, sich zu befriedigen. Mit großen Augen sah er Sato das Büro verlassen.

„Was zum -? Wo geht er hin?“ Der Engel blieb noch für einige Momente auf seinem Stuhl sitzen und wartete, dass Sato wiederkam. Er sah durch die Glasscheibe, dass er in Hanakuros Büro gegangen war. Ein Anflug von Eifersucht durchzog seinen Körper. Doch der Schwarzhaarige kam schnell wieder raus und starrte in Yukis Richtung. Mit einer leichten Kopfbewegung deutete er an, dass Yuki folgen sollte.

Vorsichtig, mit etwas zittrigen Beinen, leistete der Engel dem Befehl folge und tapste mit seinen Socken über die Fliesen des Büros. Ehe er Sato erreichen konnte, drehte der sich um begann den schmalen Gang weiterzugehen. Einige Kollegen grüßten ihn freundlich, was Sato mit einem Lächeln erwiderte. Sein Pokerface ist absolut beeindruckend, dachte Yuki, während er rot angelaufen hinter seinem Liebhaber herging. Er war immens froh über die Tatsache, dass ihn niemand sehen konnte.

Auf einmal blieb Sato stehen und öffnete eine Tür. Er spähte hinein und checkte die Lage. Als er niemanden erblickte, huschte er durch die Tür ubd wies Yukis an, ihm zu folgen. Als die Tür zufiel, spürte Yuki bereits hungrige Lippen auf seinen.

Aha, dachte der Engel veschmitzt, Sato hat sich bei Hanakuro erkundigt, wo ein leerer Konferenzsaal war, damit sie beide ungestört Sex haben können. Pfiffig.

„Sato“, seufzte Yuki schließlich unter den forschen Berührungen. Der Manager drückte den Engel noch gegen die Wand, griff nach seinem Hintern und drückte die Backen zusammen. Für einen Moment nahm er sich die Zeit und rieb an Yukis steifem Glied, welches bereits durch das ganze Reiben etwas rot an der Eichel geworden war. Doch der Silberhaarige genoss jede Berührung und gab sich dem Manager völlig hin.

„Zum Tisch“, knurrte Sato und Yuki glaubte für einen Moment, sein Freund wäre böse auf ihn gewesen. Doch als er an der Hüfte hochgehoben und liebevoll auf der leeren Tischplatte abgesetzt wurde, seufzte er erleichtert auf. Der Manager war einfach nur rollig. Das machte ihn vermutlich wütend.

„Soll ich mich um dich kümmern?“, bot Yuki versöhnend an und strich über die große Beule in Satos Hose. Der knurrte erneut und schloss die Augen. Es hätte ein Ja oder ein Nein sein können; da Sato aber nichts unternahm, um Yuki abzuhalten, öffnete er hastig die Stoffhose und zog die Unterhose ein Stück runter, sodass ein großes, erigiertes Glied zum Vorschein kam. Die Adern pulsierten bereits und ließen Yuki aufglucksen.

„Wie schnell du immer hart werden kannst…“, bemerkte er leise, mehr zu sich selber als zu Sato, und begann über das große Geschlecht zu reiben.

Sato schnaubte aus und griff nach Yukis Schultern. „Wenn du nackt vor mir sitzt und dir deine Finger reinsteckst… Was soll ich deiner Meinung nach tun?“

Es war sicherlich wieder nur eine reine Stichelei, aber Yuki wusste wie verzweifelt Sato werden konnte, wenn er spitz war. Und der Engel war nicht minder benebelt, als er mit festem Griff über Satos Glied streifte. „… wie wäre es mit: Meine Finger gegen deine ersetzen?“

Der Manager zog scharf die Luft ein und spürte ein tiefes Verlangen, den kleinen Engel einfach hart auf dem Tisch zu nehmen. Doch wieder einmal fand er sich in der Position wieder, dass er Yuki nicht auf einem Konferenztisch in seinem Bürokomplex entjungfern wollte. Er musste dringend priorisieren. Noch heute würde er eine To Do Liste schreiben – und Yuki nach ganz oben setzen.

Ohne weitere Worte zu verlieren oder auf Yukis Vorschlag zu antworten, steckte Sato dem Engel zwei seiner Finger in den Mund und ließ sie kreisen. Er spürte die heiße Zunge um seine Finger tanzen und starrte dabei tief in Yukis braune Augen, die voller Lust zu ihm hochsahen.

Als seine Finger mit genügend Speichel benetzt waren, entzog er sie Yukis Mund und presste ihm stattdessen seine Lippen auf. Ein intensiver Zungenkuss folgte, in dem Yuki fast vergaß, Satos Glied weiter zu streicheln. Stattdessen spürte er glitschige, warme Finger, die sich in ihn hineinquetschten. Ein angenehmes Vollegefühl übermannte ihn, sodass er sich entspannt zurücklehnte und die Augen fest verschlossen hielt.

„Sato!“, stöhnte er den Namen seines Liebhabers, der sich gewissenhaft um sein Loch kümmerte. Mit schnellen Bewegungen rammte er seine Finger in ihn rein. Yuki war bereits gut geweitet, sodass Sato nicht zimperlich mit ihm umgehen musste.

Die angenehmen Bewegungen um sein Glied hörten auf, sodass Sato sich abermals zurücknahm und sich erst um Yuki kümmerte. Er wirkte weitaus verzweifelter als er selber.

Immer wieder drückte er seine Finger in den Engel hinein und penetrierte seine sensible Stelle. Mit der anderen Hand umschloss er feste die feuchte Männlichkeit und rieb passend zur Penetration. Der stille Konferenzraum ließ das Stöhnen und die glitschigen Geräusche in Satos Ohren hallen. Jedes Mal, wenn sie Petting hatten, verlor er fast den Verstand. War es, weil Yuki ein Engel war? Oder weil es einfach Yuki war?

„Mehr“, stöhnte sein Engel auf einmal auf, während er mit dem Rücken auf der Tischplatte lag und sich unter Satos Berührungen wendete. „Mehr!“, rief er etwas lauter und schien völlig in Ekstase zu sein.

„Du willst mehr?“, raunte Sato und zog abermals Luft ein. Er wollte ihn so sehr ficken, hart, erbarmungslos. Aber nein, das war kein Ort dafür!

Stattdessen schob er einen dritten Finger in Yukis Loch, was in aufkeuchen ließ. „Ja!“, rief er und griff mit seinen Nägeln in Satos Oberschenkel, die nach Halt suchend am Tisch lehnten.

Sato fackelte nicht lange und begann den Silberhaarigen mit seinen Fingern zu ficken, so wie er es mit seinem Schwanz tun würde. So dauerte es nicht lange und Yuki verkrampfte sich, zog seine Beine an die Brust, drückte den Rücken durch und kam laut stöhnend in Satos Hand. Der rieb noch den letzten Tropfen aus Yuki heraus und leckte sich nach wenigen Sekunden die Finger.

„Es war mir wie immer ein Vergnügen. Miststück“, brummte der Manager und sah noch immer finster zu Yuki runter. „Ich habe immer noch eine Deadline. Knie dich hin und bring zu Ende, was du angefangen hast.“

De Befehlston klingelte in Yukis noch vom Rausch taube Ohren und ließ ihn aufstöhnen. „Sofort, Chef“, säuselte er, versuchte seine zitternden Knie vom Tisch zu bewegen und glitt so elegant, wie es ging, zu Boden vor Satos Füße. Eigentlich war ihm nach Sticheln. Nach bösen Worten. Wieso Sato immer gleich so ruppig werden musste, wenn seine Köpersprache einen ganz anderen Eindruck vermittelte. Doch er wusste, dass der Manager es nicht so meinte und dass er selber schuld dran war, wo er ja mit dem Provozieren angefangen hatte. Er hatte sich ausgezogen und nackt vor seinen Partner gesetzt, um sich selbst zu befriedigen. Im Grunde war klar, dass es wieder etwas eskalieren würde.

Sato hielt seinen Engel vor sich und streichelte übe seine weichen Haare. Als Yuki seinen nach Berührung sehnenden Schwanz endlich in den Mund nahm, seufzte er erleichtert aus. Das Gefühl war wie immer unglaublich angenehm, sodass er die Augen schloss und einfach darauf wartete, zu Kommen.

Yukis Bewegungen wurden immer schneller, auch wenn er müde wurde und sich nach etwas Schlaf sehnte. Doch seinen Partner zu befriedigen stand bisher immer auf erster Stufe und so würde es auch bleiben.

Es dauerte nicht lange und Sato ergoss sich leise stöhnend in Yukis Mund. Er griff dabei fest in den weißen Schopf und presste ihn gegen seine Hüfte. Sato hätte das ganze noch weiter in die Länge ziehen können – als kleine Bestrafung dafür, dass er ihn von der Arbeit abhielt. Doch er wusste es besser und beeilte sich. Die Deadline kam näher, je länger er im Konferenzraum Zeit vertrödeln würde.

 

Noch ehe er seinen Schwanz aus Yukis Mund ziehen und ihn anlächeln konnte, klopfte es an der Tür.

Yukis Augen öffneten sich um das Doppelte. Auch Sato riss die Augen auf und sah nervös zur Tür. Schnell zog er seine Hose hoch, steckte seinen Schwanz nur provisorisch zur Seite, um den Reißverschluss hochzuziehen. Yuki hingegen blieb starr auf dem Boden sitzen und stierte zur Tür, die sich langsam öffnete.

„Yamamoto-San?“, kam Suzukis süße Stimme durch den Spalt. „Sind Sie hier drin? Hanakuro-San hatte mir gesagt, sie wären hier.“

Mit diesen Worten öffnete sie die Tür komplett und blickte in die panisch aufgerissenen grauen Augen. „Alles in Ordnung bei Ihnen? Störe ich?“

Absolut, antwortete Sato in seinem Kopf, räusperte sich und versuchte eine gerade Haltung anzunehmen. „Ich habe eine Präsentation getestet und wollte sichergehen, dass der Konferenzraum sich dafür eignet. Was gibt es denn?“

Sato war sich nicht sicher, wieso er sich so hastig erklärte, immerhin hatte die Ärztin gar nicht gefragt, wieso er im Raum war. Das bestätigte nur seine Nervosität. Doch Suzuki lächelte nur.

„Der Gesundheitstag ist morgen und ich wollte Sie fragen, ob Sie mit dem Auto fahren. Ich gehe nämlich gleich nach Hause und war mir nicht sicher, ob Sie meine Mail noch lesen würden.“

„Ich bin mit Sicherheit noch etwas länger im Büro. Ich hätte Ihre Mail noch gelesen…“, knurrte er leise und schielte zu Yuki, der sich langsam aufrappelte. Er hätte ihm gerne aufgeholfen. „Ich nehme Sie morgen mit. Seien Sie einfach um 8 in meinem Büro, dann fahren wir gemeinsam hin.“

„Vielen Dank, Yamamoto-San“, lächelte Suzuki ihn an und blieb für eine unangenehme Sekunde noch an der Tür stehen. „Sicher, dass es Ihnen gut geht?“

„Wunderbar.“

„Ist Yuki noch hier?“, fragte sie auf einmal und war sichtlich bemüht, ihr Lächeln aufrecht zu erhalten.

Sowohl Sato, als auch Yuki verharrten in ihren Bewegungen und überlegten, was die beste Antwort wäre. Die Gesündeste war in der Tat zu lügen und so zu tun, als würde Yuki nicht mehr da sein.

„Er ist noch in meinem Büro“, entschied sich Sato für eine mittlere Wahrheit und hoffte auf Suzukis baldiges Verschwinden.

„Ich verstehe“, murmelte sie noch immer recht freundlich. „Dann bis morgen, Yamamoto-San.“

Mit diesen Worten ging sie endlich aus dem Konferenzraum. Das ließ sowohl Sato als auch Yuki aufseufzen. „Es ist, als würde man uns ständig Steine in den Weg legen“, seufzte Sato und kratzte sich am Kopf.

„Die Leute riechen vermutlich, wenn du Sex hast“, spaßte der Engel und fuhr sich über den nassen Bauch. „Sie hat uns ja Gott sei Dank nicht erwischt.“

„Ja…“, murmelte der Manager leise, als er aus dem Raum ging. „Gott sei Dank…“

 

Sato war einfach froh, wenn der Tag vorbei war und er mit Yuki gemütlich auf dem Sofa sitzen konnte. Und als der Engel sich wieder angezogen und nach ein paar Minuten auf dem schwarzen Stuhl von Satos Schreibtisch eingeschlafen war, fühlte er eine entspannende Ruhe einkehren, die ihn selber müde werden ließ.

Tag 19

 

Der Gesundheitstag war vorgeschrieben und für alle Mitarbeiter Pflicht. Auch für hohe Tiere wie Sato, der sich knurrend hinters Steuer setzte und seine Ärztin zum ein paar Straßen weiter entfernten Komplex fuhr.

„Sie sind heute nicht so gut drauf, was ist los?“, fragte Suzuki scheinheilig und lächelte brav, während ihre Hände ruhig im Schoß lagen.

Sato fuhr wie immer einen heißen Reifen und überfuhr mehrere rote Ampeln. „Ich weiß nicht, was Sie meinen“, brummte er so höflich wie es ging zurück und fixierte die Straße. In dem Moment hätte er beinahe ein anderes Auto geschnitten.

„Nur eine Vermutung“, flüsterte sie schließlich und sah aus dem Fenster. Besser nicht weiter fragen, sonst würde er die Karre noch in den Graben setzen.

 

Der Tag im geschlossenen Messecenter verlief relativ schnell – zumindest schneller, als gedacht. Dass man keine Fenster hatte und demnach nicht die Tageszeit vernehmen konnte, half immens. Auch die weniger anregenden, aber zeitfressenden Gespräche mit Kollegen und Ärzten machte es einfacher, nicht über den kleinen Engel nachzudenken, der lieb zu Hause auf Sato wartete.

Der Schwarzhaarige ging nach 9 anstrengenden Stunden aus dem Center und streckte sich ausgiebig. Erst, als es unter seinen Füßen laut knirschte, erblickte er den weißen Neuschnee, der während der Tagung gefallen sein musste. Er würde also wieder die Einfahrt freischippen müssen, um sein Auto parken zu können.

Suzuki fuhr mit einem anderen Kollegen mit, ob aus Angst zu sterben oder aus Höflichkeit, Satos Fahrdienst kein zweites Mal zu beanspruchen. Das kam dem Manager eh gelegen. So konnte er zügig ins Auto steigen und nach Hause zu seinem Freund fahren.

Auf der Fahr dorthin hörte er leise Radio und lauschte den Weihnachtssongs. Was würde er Yuki zu Weihnachten schenken? Vielleicht ein weiteres Schmuckstück? Auf jeden Fall würden sie essen gehen. Vielleicht gingen sie ja zum Weihnachtskonzert. Er müsste Yuki noch fragen.

Sato bemerkte gar nicht, wie stark seine Laune wieder stieg, je länger er an seine jüngste Beziehung dachte. Das war also verliebt sein, dachte er, während er in seine Straße einbog. Das Loft war erleuchtet und zu seiner Verwunderung war etwas Schnee vom Parkplatz und Weg gefegt worden. Grinsend fuhr er in seine Einfahrt, parkte das Auto und ging amüsiert in die warme Wohnung.

„Yuki“, begrüßte er seinen Engel, ohne wirklich in die Wohnung zu sehen. „Du hast etwas Schnee weggemacht – vielen Dank.“

„Hab ich gerne gemacht“, murmelte der Silberhaarige süffisant und stierte weiter in die Richtung des Hausherrn.

„Ich habe echt Hunger, sollen wir was bestellen?“, fragte der Manager laut und dreht sich schließlich um.

Yuki stand lasziv in nur einem roten Unterhöschen an der Küchentheke gelehnt und hielt Badekristalle in einem durchsichtigen Flacon in der Hand. Er lächelte vielsagend und zwinkerte Sato schließlich zu. „Wollen wir vielleicht… erst ein Bad nehmen?“

Sato hatte gar nicht bemerkt, wie sein Mund sich geöffnet hatte. Er hatte sich immer gewünscht, nach Hause zu kommen und direkt verführt zu werden. Manche Frauen hatten das getan, doch irgendwie war Sato dann nie nach Sex – sei es wegen der Arbeit gewesen, die furchtbar anstrengend gewesen war, oder wegen der Beziehung an sich, die am bröseln und sowieso an Wind verloren hatte.

Doch diese Beziehung war jung und Yuki tat das nicht, um Sato zurückzugewinnen. Der Gesundheitstag war anstrengend gewesen, aber der Manager spürte noch genügend kraft in seinen Beinen. Zumal ein gemeinsames Bad recht entspannend klang.

„Ich“, begann Sato, holte noch einmal tief Luft, während er weiterhin eindringlich seinen Engel musterte. „Ich bestelle was, dann ist es in einer Stunde da…“

Yuki lachte süßlich auf, ging auf Sato zu und küsste ihn sinnlich auf die Lippen. Dabei zog er ihn an seiner Krawatte zu sich runter. „Ich warte im Bad auf dich“, summte er gegen Satos Lippen und ging schließlich Arsch wackelnd ins bereits gut riechende Bad.

Noch immer befand sich Sato im Stupor, bewegte sich nicht, starrte Yuki einfach nur auf den Hintern. Als dieser verschwunden war, erwachte der Manager wie aus einem Traum, griff nach seinem Handy, packte den Aktenkoffer irgendwohin und begann furios nach Lieferapps zu suchen, die Essen auslieferten. Es bestellte, während er sich aus den Schuhen zwang und die Jacke auf den Boden war, zwei Reisgerichte mit Hühnchen, Rind und Gemüse und eilte schnell ins Bad.

Yuki saß bereits in der großen Wanne, süßlicher Pfirsichduft durchströmte das Badezimmer. Er hatte seine weißen Haare zu einem hohen Dutt gebunden, der ihn abermals feminin wirken ließ. Doch Sato wusste es besser, den kleinen giftigen Engel mit dem vorlauten Mundwerk als feminin zu beschimpfen.

Der Manager schloss die Tür, schälte sich aus seinem Anzug und bemerkte erst am Handtuchhalter, dass Yuki überall Kerzen aufgestellt hatte.

„Woher hast du so viele Kerzen?“, fragte er verdutzt und ging mental sein Dachgeschoss durch, ob er sie mal gekauft hatte. Eigentlich war das Schund, den er in seiner Wohnung nicht duldete.

„Von da, wo ich auch das Badesalz habe“, grinste Yuki breit und deutete auf den wohlgeformten Flacon. „Ich war so frei und bin mal die Straße runtergelaufen. Da war so ein süßer kleiner Laden. Die Leute haben mich ja eh nicht gesehen, also habe ich mir genommen, was ich wollte.“

Satos Augen weiteten sich schlagartig. „Du hast was?!“

Yuki lachte gehässig auf und kugelte sich im warmen Badewasser. „Keine Angst!“, lächelte er und zeigte seine weißen Zähne, „Ich habe Ihnen Geld auf den Tresen gelegt. So wie damals, als ich meine Kleidung gekauft hatte.“

Der Manager atmete erleichtert aus, schüttelte den Kopf und kam endlich auf die Badewanne zu. „Du hättest doch einfach etwas sagen können, dann hätte ich das gekauft.“

„Dann wäre es aber keine Überraschung mehr gewesen“, erklärte Yuki sinnlich, als er die Arme ausstreckte und Sato im Wasser willkommen hieß. Seine nassen Hände glitten über den warmen Nacken und zogen ihn näher an sich ran. „Hast du wirklich geglaubt, ich stehle?“

Sato wollte erst wahrheitsgemäß antworten, dann fiel ihm ein, dass er vielleicht hätte zwei Mal denken sollen. Engel stahlen nicht. Niemals. Das ließ ihn das warme Lächeln von Yuki erwidern. „Nein, eigentlich nicht.“

Als hätte die Antwort Yuki zufrieden gestimmt, küsste er seinen Liebhaber auf die Lippen und schlang die Beine um seine Hüfte, sodass er rittlings auf Satos Schwanz saß. Der wurde im Nu hart und drückte gegen Yukis Hintern.

Nach einem leidenschaftlichen Kuss, in dem die Hände von beiden auf Tuchfühlung gingen, sah der Manager dem kleinen Engel tief in die Augen. Für einen Moment versank er in den Bernsteinfarben, die im faden Kerzenlicht glitzerten. Die weiche Haut, die er spüren durfte, das etwas kindliche Gesicht, was ihn so oft beglückt hatte, und die langen silbernen Haare, die wie feingesponnenes Garn in einem lockeren Dutt auf seinem Kopf saßen, ließen Sato sentimental werden. „Es ist schön, dass du hier bist.“

Überrascht über die nicht sexuellen, sondern tiefsinnigen Worte, hielt Yuki einen Moment lang inne. Noch bevor er etwas ähnliches Antworten wollte, fiel dem Engel ein, wie zynisch und aggressiv Sato am Anfang ihrer Beziehung war. „Erinnerst du dich noch, als du mich das erste Mal gesehen hast? Da warst du nicht so erfreut über meine Anwesenheit“, stellte der Engel breit grinsend fest, während er durch Satos kurzes Haar strich. Da musste auch Sato lächeln.

„Oh ja“, stimmte er sofort zu und streichelte über Yukis Arme. „Du warst aber auch eine Type. Sitzt da vor mir, liest in irgendeinem seltsamen Buch, sprichst erst eine bizarre Sprache und hattest Laken an. Was sollte ich da schon denken? Ich hielt dich für einen Geisteskranken, der in mein Büro eingebrochen war.“

Das ließ Yuki schnauben. „Na, hör mal! Mein Job war es ja auch, deine Seele überzuführen! Eigentlich hätten wir – “, und da kam der Silberhaarige ins Stocken und sah verloren aus dem Fenster, wo es erneut leicht schneite. Für einen Moment wurde es still und Sato konnte sich denken, was der Kleine dachte.

„Wir hätten uns nie kennen gelernt?“, vervollständigte Sato Yukis Satz in einem ruhigen Tonfall. Dabei hielt er ihn fest an der Hüfte und beobachtete seine angespannte Mimik. Ein sanftes Nicken folgte, während die braunen Augen noch immer auf die Szenerie jenseits des Fensters gerichtet waren.

„Ich hätte deine Seele einfach nur an die Grenze gebracht. Das wär’s gewesen. Wir hätten nie miteinander gesprochen, geschweige denn unsere Namen ausgetauscht. Ich wusste nur, wie du heißt, weil es in meinem Buch stand“, erklärte Yuki leise. Erst nach weiteren stillen Sekunden sah er wieder zum Manager, der ihn mit gemischten Gefühlen ansah. Da blitzte etwas in Yukis Augen auf. „Ich bin noch nie einem Menschen so nah gewesen, wie dir.“ Vorsichtig streichelte Yuki über Satos Wangen und musterte fast panisch sein Gesicht, als könnte er jeden Augenblick verschwinden. „Alles, was ich gelernt habe, was du mir gezeigt hast… All das wäre nie passiert, hättest du dich nicht so an dein Leben geklammert und mir die Chance gegeben hättest, bei dir zu bleiben. Du hättest mich auch weiterhin verstoßen können. Du hast es nicht getan.“

Sato schmunzelte. „Die meisten Menschen langweilen mich von der ersten Minute an. Wenn ich nicht mit ihnen arbeiten muss, wende ich mich von ihnen ab. Aber du… warst von Anfang an etwas Instabiles in meinem Leben. Etwas, was mir wahnsinnige Kopfschmerzen bereitet hat.“

Bei den Worten wurde Yuki still und hörte auf, Satos Wangen zu streicheln. Überrascht über die weniger gefühlvollen Worte, musste der Engel schlucken. Doch der Manager lachte leise auf, als er Yukis Entsetzten bemerkte und fuhr fort.

„Mein Leben war sonst immer sehr eintönig. Dann kamst du und hast alles auf den Kopf gestellt. Meinen Rhythmus, meine Arbeit, meine Gewohnheiten, mein Zigaretten- und Alkoholkonsum – einfach alles. Herr Gott, Yuki, selbst mein Sexleben! Ich stehe eigentlich gar nicht auf Männer! Und jetzt sitze ich mit einem in der Wanne und bin verdammt hart…“, spaßte Sato und zwinkerte dem Silberhaarigen zu. Das ließ selbst Yuki grinsen und wieder lockerer werden.

„Mittlerweile weiß ich, dass das bei dir ein Kompliment ist…“, kicherte Yuki auf und arrangierte sich ein Stück auf Satos Schoß, damit Satos Eichel zwischen Yukis Pobacken rutschen konnte. Beide überkam wieder eine angenehme Stille, in denen sie sich in die Augen sahen. Schließlich beugte sich Yuki vor und küsste Satos Lippen. Es war ein ruhiger, sinnlicher Kuss. Ohne Zunge, ohne Hintergedanken.

Als sich ihre Münder trennten, musste Yuki leise seufzen. „Wieso kündigst du nicht? Dann bereisen wir die Welt. Zusammen. Und genießen die Zeit, die wir beide noch haben.“

Bei den Worten musste selbst Sato einen großen Kloß runterschlucken. Sein Blick fiel ins rosafarbene Wasser, welches sich an Yukis und seinen Körper lehnte. „Wenn du es so sagst, klingt es, als hätten wir ein Ablaufdatum.“

Yuki strich noch einmal über Satos Wangen. „Aber das haben wir doch auch… Ich habe heute beim Spazierengehen lange drüber nachgedacht. Über uns. Über das, was passiert ist. Es gab mir ein wundervolles Gefühl, doch auf der anderen Seite hatte ich Angst vor dem Ende. Welches unumwunden kommen wird.“

Satos Blick wanderte wieder in Yukis Gesicht und blieb dort haften. Es war als würden seine Augen langsam feucht werden. Der Kerzenschein ließ sie glitzern. Es herrschte eine kurze Stille, in denen beide Männer einfach nur dem Badeschaum zuhörten. Schließlich musste Yuki seufzen.

„Ich kenne mich mit Menschen nicht so gut aus, eigentlich kenne ich sie ja nur tot. Aber in der kurzen Zeit hier habe ich so viel gelernt. Über Gebräuche, Gegenstände, Essen, Dinge über dich und Dinge über mich. Und ich glaube ich verstehe langsam das Wort Liebe.“

Während Yuki leise sprach und einige Kerzen knisterten, hielt Sato die Luft an. Normalerweise lief es ihm kalt den Rücken runter, wenn Frauen vom L-Wort sprachen. Doch jetzt … ja, was spürte er jetzt?

„Ich verstehe, wieso Menschen einander helfen. Bei ihnen bleiben wollen. Alles Mögliche tun, damit es dem anderen gut geht. Es kaum erwarten können, den anderen wiederzusehen. Oder …“, und damit strich Yuki über Satos Brust, „… nur darauf warten, wieder vom anderen berührt zu werden. Ihm nah zu sein. Gefühle miteinander auszutauschen. Sich freiwillig verwundbar machen.“

Auf einmal lächelte der Silberhaarige auf. Sato sah noch immer überfahren aus und hielt die Luft an. Er traute sich einfach nicht zu atmen. „Ich glaube, ich kenne dich besser, als so manche Ex-Freundin, oder? Ich meine, wer kann schon von sich behaupten, dem großen Akuma-Sato Yamamoto einen Dildo in den Hintern geschoben zu haben, während er ihn zum Kommen gebracht hat?“

Aus einem schüchternen Lächeln wurde schnell ein schallendes Lachen. Doch es war natürlich, irgendwie mitreißend. So ließ Sato endlich die aufgestaute Luft aus und zuckte mit den Mundwinkeln.

„Ja, auf die Geschichte bist du stolz, hm?“, neckte er und fuhr mit den Händen über Yukis Seiten.

„Immens“, gab er zu und küsste mit einem lauten Schmatzer Satos Lippen.

Doch so fröhlich wie die Stimmung wurde, so schnell ebbte diese Leichtigkeit wieder ab. Das Lächeln der beiden verschwand aus den Gesichtern der Männer. Eine weitere Stille überzog das warme Badezimmer. Leise fiel der Schnee auf die bereits weiße Grasfläche.

Yuki begann als erstes die Stille zu brechen und flüsterte ehrfürchtig, als könne er den Moment zerstören. „Früher oder später wird es uns auseinanderreißen. Dann ist unsere Zeit abgelaufen und wir gehen wieder getrennte Wege. Ich wünschte, es wäre nach einem wundervollen langen Leben… aber das kann ich dir nicht geben.“ Da zog er schmerzerfüllt die Augenbrauen zusammen. „Du bist eigentlich schon tot. Du bist gar nicht mehr am Leben. Es war und ist ein Wunder, dass du noch hier bist… mit mir.“

Sato biss sich auf die Unterlippe und brach den Augenkontakt. Er hatte nicht geahnt, dass das erotische Baden in einem solchen Gefühlseklat enden würde. Aber er wusste auch nicht, wie er es abwenden konnte. Wie er die Stimmung aufhellen könnte. Normalerweise würde er bei solchen tiefsinnigen Gesprächen einfach weggehen, es runterreden oder gar nicht weiter drauf eingehen. Aber hier wusste er sich nicht zu helfen. Er wollte das mit Yuki besprechen – klaren Tisch machen. Aber dem Umstand war es geschuldet, dass das gar nicht ging. Dieses Problem war nicht nur ein Hindernis; es war ein hochkarätiges Desaster.

„Ein echtes Weihnachtswunder, hm?“, murmelte der Manager auf einmal, als er so die Kerzen und den Schnee sah.

Der Engel gluckste amüsiert auf und schmiegte sich an den warmen Körper. „Kann man so sagen…“

Sato schloss die Augen, legte die Arme um den schmalen Torso und drückte Yuki weiter an sich. Wann würde es enden? Hätte er tatsächlich keine Chance mehr, Yuki zu sehen? Gab es keinen Plan B? Wenn dem so sein sollte – und Sato war sich mittlerweile sicher, dass all das Geschwätz um Himmel und Jenseits wahr war – wollte er noch zwei Dinge tun, bevor er starb. Und eine Sache konnte er mit viel Mut bereits erledigen.

„Yuki“, begann der Manager mit zittriger Stimme. Braune Augen sahen in traurige Graue.

Als nach einigen Sekunden keine Antwort kam, hakte der Engel nach. „Was ist, Sato?“, flüsterte Yuki vorsichtig und kraulte zur Beruhigung Satos Nacken. Auf einmal hatte sich wieder jeder Muskel in seinem Körper angespannt.

„Ich“, begann er leise und suchte offensichtlich nach Worten, obwohl sie so klar in seinem Kopf standen. „Also… du weißt, ich bin sonst nicht so der Typ, der nach 3 Wochen schon… alles an die große Glocke hängt. Ganz im Gegenteil eigentlich…“

Yuki hörte aufmerksam zu und begann bereits die Mundwinkel hochzuziehen. Was auch immer jetzt kommen würde, Sato fiel es schwer es zu sagen. Und das war extrem süß.

„… aber so kurios wie alles hier angefangen hat und so kurios wie alles enden wird…“, da musste er selber kurz auflachen, „… bin ich mir sicher, dass es okay ist, wenn ich mal das sage, wonach mir gerade ist. Auch wenn es logisch gesehen zu früh und zu schnell ist, weil – “

„Sato“, unterbrach Yuki seinen Liebhaber sanft, der sich in wirren Ausreden verlor. „Sag es einfach.“

Als er Yukis grinsen sah, musste er amüsiert die Lippen aufeinanderpressen. „Du weißt schon, was kommt, oder?“

Da zog er seicht die Schultern hoch. „Ich würde lügen, wenn ich jetzt Nein sagen würde.“

„Dann ist ja alles gesagt.“

„Jetzt drück dich nicht drum!“, lachte der Engel laut auf und kniff Sato in eine Brustwarze.

„Du weißt doch, was Sache ist. Was muss ich mir dann jetzt noch die Mühe machen?“,

Lief Sato etwa rot an? Konnte das sein? Sein Blick jedenfalls ging genierend zur Seite, während Yuki weiter auf seinem Schoß rumturnte, um ihn zum reden zu bringen.

Als nichts weiter kam, seufzte Yuki auf und schüttelte den Kopf. Unmöglich, dieser Mann.

„Stell dir vor, ich müsste gleich nach diesem Bad gehen. Oder inmitten der Nacht, wenn du schläfst. Würdest du dich nicht ärgern, es mir nie gesagt zu haben?“

Sato musste sich eingestehen, dass Yuki Recht hatte. Er würde sich ärgern und zwar immens. Er wäre traurig und wütend auf sich selber, dass er die Chance vertan hätte.

Also schloss er die Augen, hielt abermals die Luft an, sortiere seine Gedanken und fragte sich, wieso es für ihn so schwer war, diese Worte über die Lippen zu bringen. Vermutlich, weil er sie noch nie so deutlich gefühlt hatte.

Schmale Hände griffen nach seinem Nacken, umarmten ihn sanft und strichen über das schwarze Haar. Yukis ruhiger Herzschlag stand im starken Kontrast zu Satos wildem Pochen, welches durch seine Adern bis in seine Wangen fegte.

Als einige Sekunden wieder nichts kam, musste Yuki leise auflachen. Er küsste Satos Stirn und drückte seine Wange gegen sie.

„Ich liebe dich“, flüsterte er leise in die Stille und hoffte, dass Sato wenigstens den Mut fand, zu antworten.

 

Der Manager hörte den so meistverhassten Satz und spürte sein Herz springen. Es war, als wollte er nichts anderes mehr aus dem Mund des Engels hören. Und weil er kein Mäuschen, sondern ein gutverdienender Manager war, der sonst ein Herz aus Stahl hatte und reihenweise Menschen in Angst und Schecken versetzte, rang er ein letztes Mal mit sich und flüsterte ein ganz leises „Ich liebe dich auch“ zurück. 

Tag 20

 

Es wurde nicht wirklich hell. Als Sato die Augen aufschlug, blickte er bereits in die grauen Wolken, die tief über der Stadt hingen und kein Sonnenlicht hereinließen. Es war kalt und usselig. So ein Tag, wo man im Bett liegen bleiben wollte.

Er blickte neben sich und lächelte beim Anblick des silbernen Schopfs, der noch tief und fest neben ihm schlief. Für einen Moment dachte er an Yukis gestrige Worte, dass er eventuell jeden Moment gehen müsste und es damit vorbei wäre. Ein drückendes Ziehen machte sich in der Brust breit.

Sato drehte sich auf die Seite, kuschelte sich an Yuki heran und sog seinen Duft ein. Etwas Exotisches, fast Mediterranes, streifte seine Nase. Er wollte diese Momente nicht mehr missen. Wieso gab es keinen anderen Weg?

Während die Melancholie abermals über Sato hing, spürte Yuki die warme Nähe seines Partners. Er seufzte leise im Schlaf auf, presste sich tiefer in die starken Arme und begann glücklich zu lächeln. Genau das, dachte er, war perfekt. Menschlich sein hatte seine Vorteile. So viel Nähe… ob er sie vermissen wird? Ob er Sato vermissen wird? Immerhin hatte er noch eine Ewigkeit vor sich. Ohne ihn. Ohne Berührungen. Und ohne Liebe.

So lagen beide Männer deprimiert aneinander gekuschelt und grübelten über die Zukunft nach. Es dauerte einige Minuten, bis Sato merkte, dass Yuki wach war.

„Yuki“, sagte er leise in die Stille des Raumes. „Du bist ja wach. Habe ich dich geweckt?“

„Nein“, log der Engel und sah zu Sato auf. „Ich war eh nur noch im Halbschlaf.“

Das ließ den Manager traurig lächeln. Vorsichtig strich er mit dem Handrücken über Yukis Wange. „Hast du Hunger?“

„Irgendwie nicht…“, murmelte der Engel und sah aus dem Fenster. „Ich denke noch an gestern Abend.“

„Ich auch.“

Es wurde wieder still und beide umgab abermals ein drückendes Gefühl. Als sie so nebeneinanderlagen und beide die Decke anstarrten, schnaubte Sato aggressiv auf. Yuki zuckte zusammen und starrte erschrocken zum Manager, der sich abrupt aufsetzte. „Das kann so nicht weitergehen“, verkündete er und drehte sich entschlossen zu seinem Freund um, der sich ebenfalls langsam hinsetzte. „Wir genießen die Zeit, die wir haben. Bisher habe ich nicht vor loszulassen. Und wenn ich uns damit mehr Zeit geben kann, werde ich meinen Willen durchsetzen.“

Yuki lächelte, wenn auch zögerlich, und schlang die Arme um Satos warmen Oberkörper. „Aus der Sicht meiner Arbeit müsste ich dir jetzt widersprechen… Aber ich wünsche mir ebenfalls mehr Zeit… Also…“, da verstummte auch der Engel und küsste Satos Schulter. „… setz deinen Willen durch, du durchtriebener Manager.“

Auf einmal lachte Sato laut auf, griff neben sich und warf Yuki wieder in die weichen Kissen, er küsste ihn mehrmals auf die feuchten Lippen und schmiegte sich an ihn ran. Aus einem sinnlichen, zärtlichen Kuss wurde schnell etwas Intensiveres. Gierig leckte er über Yukis Lippen und bat um Einlass. Beide versanken in einen leidenschaftlichen Zungenkuss, während Yuki seine Beine um Satos Hüfte legte; den Stimmungswechsel wohlwollend annehmend.

„Musst du heute nicht arbeiten?“, murmelte Yuki leise, während sein Nacken mit Küssen übersäht wurde.

„Es ist Samstag.“

„Als würde dich das vom Arbeiten abhalten“, kicherte der Engel erneut auf und strich über den breiten Rücken, der sich ihm darbot.

Das ließ Sato aufblicken und etwas Abstand zu seinem Liebhaber gewinnen. „Willst du, dass ich arbeite? Dann setz ich mich an den Schreibtisch.“

Yukis Augen weiteten sich. „Auf keinen Fall, du Esel. Wir haben uns schon gestern die Stimmung ruiniert. Heute nicht!“

Der Engel drückte Satos Hüften weiter an sich, sodass beide Glieder aneinander rieben. Er seufzte leise auf und schloss genießend die Augen. Er wollte den Kontakt – jetzt. Wer weiß, wann das alles ein Ende hatte.

„Es ist schön zu hören, dass du ausnahmsweise derjenige bist, der um Sex bettelt“, kicherte Sato dunkel und stemmte sich auf seine Unterarme. Mit leichten penetrierenden Bewegungen, rieb er seine harte Männlichkeit an der von Yuki. Nackt schlafen hatte sich eingebürgert – und es gefiel beiden enorm.

„Oh Sato…“, stöhnte Yuki, als er seinen Liebhaber so nah an ihm spürte.

Es dauerte nicht lange, da steckte sich Sato zwei Finger in den Mund, befeuchtete sie und führte sie vorsichtig in Yuki ein. Erst langsam, dann immer schneller, stieß er in ihn rein. Das ließ den Engel mehrmals bedürftig jammern und sich gegen die Bewegungen stemmen. Mit leichten Hüftbewegungen versuchte er der Berührung näher zu kommen. So dauerte es nicht lange und die ersten Liebestropfen verließen Yukis Glied und flossen tröpfchenweise über seinen Schaft. Er biss sich in einen seiner Finger und sah mit pulsierenden Wangen zu Sato, der während seiner Penetration liebevolle Küsse über seinen Körper verteilte.

„Mehr“, säuselte der Silberschopf und griff nach Satos schwarzen Haaren. Er war mittlerweile raueres gewohnt und sehnte sich fast danach. Die S&M Sitzung im Büro war zu viel, aber alles davor war genau nach seinem Geschmack. Satos Zurückhaltung war süß und irgendwie ehrte es Yuki, dass sein Partner auf seine Bedürfnisse einging. Doch irgendwie gab es ihm nicht mehr den Kick wie am Anfang, wo noch alles neu war.

„So viel mehr kommt da nicht mehr“, grinste Sato und hob beide Augenbrauen an. „Wie viel mehr erwartest du denn?“ Mit diesen Worten schob Sato dem Engel noch einen dritten Finger rein. Sein Eingang weitete sich immer einfacher. Yuki wurde entspannter und erprobter. Bei so vielen Dingen, die er schon im Hintern hatte…

Als der dritte Finger sein Innerstes berührte, schloss Yuki genießend die Augen. „Weiß nicht“, hauchte er über seine Lippen, die anfingen leicht zu zittern. Seine Beine kribbelten und er fühlte sich wieder einmal auf Wolke sieben. Mit leichten Bewegungen fuhr er sich über sein eigenes hartes Glied, während Satos Hand ihn sicher in Position hielt. Die Penetration fühlte sich gut an, ausfüllen und zufriedenstellend.

Doch Sato wurde zunehmend verzweifelter. Sein Schwanz war hart und fühlte sich an, als würde er gleich platzen. Er wollte Yuki nah sein, noch näher als jetzt. Das Petting war schön, es hatte ihm viel Freude bereitet und es musste ja auch nicht enden. Aber er wollte einfach mal einen Schritt weitergehen. Also nahm er seinen ganzen Mut zusammen, entfernte seine Finger aus Yuki und sah ihm tief in die Augen – so tief es ging, während sowohl er, als auch Yuki rote Wangen hatten und Lust ihre Sicht benebelte.

„Yuki“, begann er sanft und lehnte sich auf den kleinen Körper. „Ich will auch mehr…“

Die braunen Augen fixierten ihn und erwiderten einen hitzigen Blick. „Ja?“, fragte er zögerlich und schlang seine Arme um Satos Nacken. Wieso tat er es dann nicht? Brauchte er Yukis Einverständnis? Ging es wieder um irgendein Fesselspiel?

„Wenn ich von Sex spreche“, grinste der Manager auf einmal los, „habe ich bisher nie von Petting gesprochen.“

„Petting?“ Ein Wort, was er nicht zum ersten Mal gehört hatte. Aber der Unterschied wurde ihm noch nicht ganz klar.

„Ich will mit dir schlafen“, sagte Sato auf einmal ernst und führte seine Eichel zum feuchten Eingang von Yuki. Dessen Augen wurden noch größer, als sie eh schon waren. „Richtigen Sex.“

Yukis Mund wurde auf einmal trocken. Dass Sato seinen Schwanz gerne in ihn einführen wollte, hatte er schon öfter kundgetan. Es war nicht so, als würde Yuki nicht wissen, was ihn erwarten würde. Analplug und Vibratorei waren mit Sicherheit ähnlich. Oder Satos Finger. Alle hatten ihm schöne Momente beschert. Aber er wusste auch, dass richtiger Sex noch einmal eine ganz andere Nummer war. Mit jemandem schlafen bedeutete eigentlich, sich fortzupflanzen. Aber zwischen zwei Männern machte das keinen Sinn. Also ging es nur ums reine Vergnügen, richtig? Wie stand Vater noch einmal dazu? Aber war das, was sie taten, nicht bereits eh schon Sünde?

„Yuki?“, hakte Sato nach, als er keine Antwort bekam und in ein konzentriertes Gesicht blickte. „Wir müssen nicht, wir können warten und – “

„Mach es“, platzte Yuki ihm ins Wort und sah ihn entschlossen an. Das ließ Sato still werden. „Du hast so lange gewartet, du warst so geduldig mit mir… Ich denke, wir können diesen Schritt gehen.“ Mit diesen Worten lächelte der Engel seinen Partner süßlich an und küsste ihn auf die Lippen. Die melancholische Stimmung holte Yuki schneller ein, als erwartet. Was, wenn das die letzte Chance war? Dann sollten sie sie ergreifen. So wie Yuki seinen Partner zum Liebesgeständnis geholfen hatte, würde er ihm jetzt im Umkehrschluss zu Sex verhelfen. Und der Gedanke, dass Sato gleich in ihm sein würde, ließ die Hitze erneut in seine Wangen steigen.

Als Sato jedoch nichts tat, sondern nur still auf ihm lag, musste Yuki schmunzeln. Wieder einmal wurde der dominante Manager zum Kätzchen und wusste nicht, was er tun sollte. Also heizte Yuki die Stimmung wieder etwas an. „Ich will dich spüren… Jetzt.“

Beim letzten Satz zog Sato zittrig Luft ein und sammelte seine Gedanken. Das erste, woran er dachte, war seine Routine, die er bei Frauen hatte. „D-Dann… hole ich ein Kondom…“

Als er jedoch Anstalten machte, sich von Yuki wegzubewegen, wurde er festgehalten und wieder an den heißen Körper gedrückt. „Keine Ahnung, was ein Kondom ist, aber wir brauchen jetzt keine Spielzeuge.“

„Nein, Yuki, ein Kondom ist kein Spielzeug, das ist ein Verhütungs – “, wieder wurde er harsch von seinem Engel unterbrochen, als der ihn abermals leidenschaftlich auf die Lippen küsste.

„Tu es doch einfach“, flüsterte Yuki gegen seinen Mund und sah ihm dabei tief in die Augen.

Sato wusste, dass es hier nicht um Geschlechtskrankheiten ging. Yuki war eine Jungfrau, noch dazu ein Engel aus einer anderen Dimension (wenn man das so nennen konnte). Woher sollte er schon was haben? Und Sato wusste von sich, dass er sauber war.

Hier ging es mehr um die Höflichkeit, Yuki nicht zu beschmutzen. Doch der schien alles darauf anzulegen. „Was lässt dich zögern? Nicht alle können von sich behaupten, mit einem Engel geschlafen zu haben.“ Dabei grinste Yuki breit und legte den Kopf schief.

Das ließ Sato schmunzeln. „Mit seinem persönlichen Todesengel“, korrigierte er und rieb sein Glied über Yukis feuchten Eingang. Der seufzte sehnsüchtig auf. Seine Männlichkeit fand bei der Bewegung zwischen den Bäuchen erleichternde Beachtung.

Es fielen keine weiteren Worte. Sato sah noch ein letztes Mal in Yukis braune Augen und suchte Bestätigung. Dieser nickte, sah entspannt zu seinem Liebhaber hoch und strich über den heißen Nacken. Das ist so Blümchen, dachte Sato, verkniff sich jedoch den Kommentar und führte seine Eichel langsam in Yuki ein.

Der hielt die Luft an, griff stärker nach Satos Nacken und öffnete den Mund, ohne einen Ton von sich zu geben. Der Manager spürte, wie sich Yuki anspannte und etwas verkrampfte. Also glitt er langsam weiter, bis er die warme Enge um seinen Schaft spürte.

Der Silberhaarige spürte es kribbeln. Am ganzen Körper. Da drang etwas in ihm ein – nein, nicht etwas. Sato drang in ihn ein. Es waren elektrische Stromschläge, die ihn lähmten. Aber es fühlte sich gut an. Genau wie der Analplug. Nur größer. Und wärmer. Und glitschiger. Es war, als könnte er jede Ader spüren, die Satos strammes Glied mit sich brachte.

Als der Schwarzhaarige komplett in Yuki eingedrungen war, verharrte er für einen Moment. Er küsste ihn liebevoll auf die Lippen und ertastete seinen schmalen Körper. In dem Moment, wo er sich löste, sah er in glückliche Augen. „Alles in Ordnung?“, hauchte der Manager leise und hoffte, Yuki nicht wehgetan zu haben. Oder vielleicht mochte er das Gefühl ja gar nicht?

Zu seiner Zufriedenheit nickte Yuki und grinste ihn auf einmal frech an. „Ich gehe davon aus, dass das jetzt nicht alles war.“

Sato presste seine Lippen aufeinander und schnaubte durch die Nase. „Wie immer eine große Klappe, selbst beim ersten Mal.“

„Mach, dass ich sie nicht benutze“, stichelte der Engel und biss in Satos Unterlippe. Der nahm die Gestik als Einladung, zog sich fast wieder komplett raus und rammte seinen Schwanz wieder tief in Yuki rein. Dabei traf er wohl seinen sensiblen Punkt.

„Ah!“, schrie Yuki auf, warf seinen Kopf nach hinten und krallte sich in Satos Rücken. „O-Oh – “, war alles, was er noch ausbekam, als Sato dieselbe Bewegung wiederholte, bis sich ein gleichmäßiger Rhythmus aufbaute.

„Yuki“, stöhnte Sato schließlich, als er die warme Enge weiter penetrierte. Es fühlte sich unglaublich an. Dabei war es nur Analsex. Aber Analsex mit einem Engel konnte ja nur gut werden!

Während er Yuki weiter hart rannahm und der wie ein Weltmeister laut stöhnte, sah er im Augenwinkel kleine goldene Partikel.

Panisch stoppte er seine Bewegungen, sah in die Richtung, in der er die Partikel vermutete, sah aber dann doch keine.

„W-Was ist?“, fragte der Engel erschrocken über das plötzliche Stoppen und sah in dieselbe Richtung wie Sato. „War da was?!“

„Nein“, murmelte er leise und bereits etwas außer Atem. „Nichts…“

Yuki schüttelte den Kopf, griff nach Satos Wangen und presste ihn an sich. Ein heißer Kuss folgte, in dem er den Manager dazu anregte, weiter zu machen. Mit leichten Hüftbewegungen half er, Satos Schwanz aus eigener Regie zu nehmen. „Weiter…“, seufzte er sehnsuchtsvoll und biss abermals in Satos Unterlippe.

Das ließ der Manager sich nicht zweimal sagen. Schnell nahm er wieder Fahrt auf, drückte seinen Bauch durch und versuchte dabei Yukis Glied zu reiben. Die Rechnung ging auf und der Engel krallte sich wiederholt in Satos Rücken. Der zischte zwar hier und da vor Schmerzen auf, ertrug sie aber als Teil des leidenschaftlichen Sex.

Erneut stöhnte Yuki Satos Namen unter den harten Stößen und spürte sein Innerstes sich zusammenziehen. Da war er – der Orgasmus. Und mit Sato so nah bei ihm, hatte er das Gefühl eins mit ihm zu werden. Für den einen Moment, in dem er losließ. Loslassen vom Engel sein. Von seiner Aufgabe. Von alldem, wofür er erschaffen wurde. Es war auf einmal egal. Alles, was Yuki wollte, war zu kommen und zwar mit Sato in ihm drin. Er fühlte sich ausgefüllt und voll. Nicht nur, weil Satos Schwanz so groß war, nein, vielmehr vollständig. Als bräuchte er nichts weiter, als das, was er gerade hatte.

Und ehe er weiter an das Vergangene denken konnte, wurde ihm schwarz vor Augen. Er kam zwischen den beiden Bäuchen und stöhnte dabei laut Satos Namen. Ihm wurde heiß, dann kalt. Auf einmal fühlte er sich schwer. Das Kribbeln in seinem Körper wurde stärker und doch entfernte es sich.

Sato hingegen spürte nur, wie Yuki sich verkrampfte, sein Eingang unfassbar eng wurde und sich rhythmisch auf und zu bewegte. Das ließ den Manager keuchen und ebenfalls seinen Orgasmus zulassen. Er kam in Yuki – etwas, was er normalerweise nicht tat. Aber es war zu schön, als jetzt loszulassen. Zumal Yukis Beine ihn fest im Griff hatten. Der Manager schloss seine Augen, ergoss sich großzügig in Yukis Enge und wurde in seinen Bewegungen langsamer. Erst, als er schmale Arme wie Pudding von sich fielen spürte, schlug er die Augen auf.

„Yuki“, säuselte er völlig ausgelaugt und strich über die erröteten Wangen des Engels, dessen Augen geschlossen waren. Er küsste sanft die etwas trockenen Lippen und zog sich langsam aus dem Engel zurück. Yukis Beine fielen auf die Matratze und schienen wie tot. Etwas Sperma floss aus seinem Eingang auf das Laken.

Der Engel stöhnte leise auf, als ihn das volle Gefühl verließ. Vorsichtig öffnete er die etwas verklebten Augen. Ein paar Tränen hatten sich in den Augenwinkeln gebildet. „Sato“, erwiderte er die Ansprache.

„Alles in Ordnung?“, hakte der Schwarzhaarige nach, als er Yuki völlig fertig und wie tot auf dem Bett liegen sah. War er zu hart? Hätte er Yukis Stichelei nicht ganz so ernst nehmen sollen? Für ein erstes Mal war es schon ziemlich… rau gewesen. Aber er sah kein Blut. Nur Sperma. Und eventuell andere Körperflüssigkeiten.

Der Engel jammerte leise auf und rieb sich die verklebten Augen. „Ich bin ganz schön fertig. Dabei habe ich gar nichts gemacht…“

Das ließ Sato leise lachen. „Für dein erstes Mal hast du ziemlich viel Einsatz gezeigt.“

Da stimmte Yuki in das Lachen mit ein und sah zu Sato hoch. Er streckte die Arme aus, die noch etwas zitterten, und strich über die harte Brust. Einige rote Striemen waren an der Schulter zu sehen und Yuki wusste, dass sie auf seinem Mist gewachsen waren. Doch er fand nicht die Kraft, Sato darauf anzusprechen. Er war so müde. So fertig. Als wäre er einen Marathon gelaufen. Sein ganzer Körper fühlte sich so schwer an.

Sato küsste die blassen Knöchel von Yukis Hand und stand langsam auf. Mit zügigen Schritten ging er schließlich ins Bad, holte einen nassen Waschlappen und kam zu Yuki zurück. Ihm war bewusst, dass der Kleine erst mal nirgendwo hingehen würde, so fertig wie er auf dem Bett lag. Das Sperma begann bereits zu trocknen. Das Laken würde er wechseln, sobald es Yuki bessergehen würde.

Mit flinken Fingern wischte Sato den Engel sauber, der liebevoll kicherte, als er am Bauch berührt wurde. „Das kitzelt“, stellte er fest und presste bei der Erkenntnis die Lippen aufeinander. War er schon immer kitzelig gewesen?

Nachdem Sato alle Stellen soweit abgewischt hatte, küsste er Yukis Brust und Wange, bis er ihm schließlich einen liebevollen Schmatzer auf die Lippen gab. „Willst du noch etwas schlafen?“

„Das wäre toll“, murmelte Yuki und strich über die Wangen seines Liebhabers. Zu mehr war er einfach nicht in der Lage.

Der Manager schnappte sich die große Decke und legte sie fürsorglich über Yukis nackten Körper. Sofort mümmelte sich der Engel in die großen Kissen und zog die Bettdecke bis zum Kinn. Er lächelte seinen Partner noch einmal an, bis er relativ fix einschlief.

 

Sato ging sich derweil duschen und fragte sich, wieso Yuki nach dem Sex immer so müde war. Klar, so was kann anstrengend sein, aber immer, wenn sie Petting oder so wie jetzt Sex hatten, musste Yuki schlafen. Oder sich zumindest ausruhen. War es, weil er kein Mensch und es eine zu große Zumutung war? Aber sein Körper schien wie der eines Menschen zu sein. Keine Anomalien oder dergleichen. Ganz im Gegenteil: Ein perfekter menschlicher Körper. Ohne Makel.

Als Sato aus dem Bad kam und sich ein Stückchen frischer fühlte, schlief Yuki noch immer. Der Manager setzte sich mit einer Tasse Kaffee an den Rechner und arbeitete ein paar Formulare der letzten Tage nach. Nicht viel, aber es musste getan werden. Immer wieder sah er auf und fragte sich, wann Yuki aufwachen würde.

Erst nach mehreren Stunden, in denen sich Sato schon fragte, ob er den Engel ins Koma gefickt hätte, blinzelten die weißen Wimpern und die braunen Augen kamen zum Vorschein.

„Wie geht es dir?“, fragte Sato leise, als er zu Yuki ans Bett kam. Es war bereits wieder dunkel geworden und der frühe Abend kam langsam um die Ecke.

„Ganz okay“, gab er heiser von sich und musste sich räuspern. Er sah ziemlich zerknautscht aus. Einige seiner weißen Haarsträhnen hingen ihm wild im Gesicht, andere standen in alle Richtungen ab. Augenringe machten sich unter seinen Tränensacken breit.

„Hast du Hunger?“, fragte Sato vorsichtig und schob die Augenbrauen zusammen. Der Anblick gefiel ihm nicht. Es wirkte, als wäre Yuki krank geworden.

„Ein bisschen…“

„Ich mach uns was“, verkündete Sato und küsste Yuki auf die Stirn. Der Junge war völlig fertig.

Auch beim Essen in Satos riesigem Pulli sah er verlorener aus, als sonst. Sato bekam das Gefühl nicht los, dass ihn der Sex noch mehr mitgenommen hatte, als das Petting. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen. Vielleicht war sein Körper einfach nicht dafür geschaffen.

Sie sahen sich noch einen Film an, bei dem Yuki sich liebevoll an Satos Brust kuschelte. Der Manager traute sich gar nicht, Yukis kranken Zustand anzusprechen, der ihn den ganzen Tag beschäftigt hatte. Doch mit etwas im Magen und einer Mütze Schlaf, schien Yuki mit jeder Stunde wieder mehr Kraft zu tanken.

Als sie ins Bett gingen und Yuki sich an seinen Partner kuschelte, leuchtete auf einmal erneut das Feuer in seinen Augen auf. Sato wusste es erst nicht zu deuten; erst, als der Engel anfing, sich sehnsüchtig an ihm zu reiben, hob er beide Augenbrauen und drückte ihn etwas von sich.

Die Geste ließ den Engel in seinen Bewegungen stoppen. „Was ist? Haben wir keinen Sex?“

„Ernst einmal nicht“, verneinte Sato gewissenhaft, auch wenn ihm danach war.

„Wieso nicht? Hat es dir nicht gefallen?“ Er klang schon fast trotzig.

„Du bist völlig fertig gewesen. Wir schauen erst mal, wie es dir morgen geht. Dann sehen wir weiter.“

Zwar wollte der Engel protestieren, schluckte jedoch die Worte bedächtig runter. Ihm ging es zwar besser, doch die schweren Knochen ließen ihn weiterhin nachdenklich werden. Vielleicht sollte er dem Ganzen wieder mehr Zeit geben. Morgen war auch noch ein Tag.

Mit diesen Gedanken lehnte sich Yuki an die nackte Brust und spielte mit ein paar Haaren. „Von mir aus. Du hast ja Recht. Ich fühle mich auch anders. Irgendwie… schwerer als sonst. Habe ich zugenommen?“

Da lachte Sato amüsiert auf. „Nicht, dass ich wüsste.“

 

Vorsichtig küsste er Yukis Stirn. Was auch immer die Müdigkeit auslöste, Sato wusste es nicht zu verhindern. Egal, woran es läge, sie würden wieder miteinander schlafen. Und wenn es nur Petting wäre. Einer von beiden würde irgendwann austicken, wenn sie sich aus der eingespielten Symbiose bewegen würden. Doch eins war klar: Die Müdigkeit würde zurückkehren. Und es blieb fraglich, wie lange es gut gehen würde. Jedenfalls schien Yuki nichts zu bereuen. Ganz im Gegenteil: er war erpicht auf ein weiteres Mal. Und das ließ Sato ruhiger denn je schlafen.

Tag 21

 

 

Nun, Sato war ein Mann und er konnte nicht widersprechen, dass er männliche Bedürfnisse hatte. Dazu gehörte Sex – und zwar eine Menge Sex. Und im Moment, dachte sich der Manager, wollte er nichts lieber, als das haben. Mit Yuki. Allein der Gedanke daran, wie sich sein Innerstes angefühlt hatte, war alles, was er immer wollte. Und er wollte es wieder tun. Immer wieder! Ihn hart rannehmen und ihn dann –

Sato wurde wach, als er die Decke gleichmäßig gegen seine Brust fallen spürte. Er öffnete die Augen und sah einen aufgetürmten Berg unter der Bettdecke – genau zwischen seinen Beinen. Als er die Decke anhob, weiteten sich seine Augen.

„Yuki?!“, rief er überrascht, als er den Engel bereits mit der Zunge an seinem steifen Glied erwischte. Eine Hand war um seinen Schaft geschlungen, während die andere die weißen langen Haare vom Mund fernhielt. Große braune Augen sahen hoch.

„Guten Morgen“, begrüßte Yuki seinen Liebhaber, der ihn noch immer recht überfahren anstarrte. „Gut geschlafen?“

Es war nicht so, als würde Sato es nicht mögen mit einem Blowjob geweckt zu werden. Nein, was dachte er? Er liebte es mit einem Blowjob geweckt zu werden! Vielmehr machte ihn die Erinnerung an gestern nervös: Yuki, klein, zerbrechlich, kränklich und irgendwie halb wieder im Jenseits.

„Geht es dir besser?“, fragte der Manager vorsichtig, ohne auf Yukis Frage einzugehen. Stattdessen hob er die Decke weiter an und warf sie hinter den Engel. Der richtete sich langsam auf und strich sanft mit der Hand über Satos Glied.

„Ja. Sehr viel besser!“, grinste er Sato entgegen und krabbelte auf ihn zu, ohne seinen Schwanz loszulassen. Ein feuchter Kuss folgte, in dem Sato sich etwas selber schmeckte.

„Das freut … mich“, murmelte er und seufzte entspannt aus. Er lehnte sich zurück und ließ den Engel mal machen. Wenn es ihm besserging?

Yuki knabberte spielerisch an Satos Wange und bearbeitete seine Männlichkeit etwas schneller. Dabei rieb er sich leicht an Satos Bein, um seine Erregung ebenfalls zu bearbeiten. Als der Manager vor sich hin schmunzelte und langsam um Yukis Härte griff, spürte er beim Vorbeifahren an seinem Hintern etwas Hartes. Es hatte eine Schlaufe und es war offensichtlich aus Silikon. Die Analperlen.

„Was zum –  wie lange bist du schon wach?!“, raunte der Manager auf einmal auf und schob den Silberhaarigen über seinen Schoß. Die schwarzen Analperlen waren komplett in ihm verschwunden, sodass nur der runde Haken zum wieder Rausziehen noch herausschaute.

Yuki wurde noch etwas röter und drückte den Rücken durch. „Seit einer halben Stunde. Ich bin aufgewacht und irgendwie… hatte ich Lust.“

Das war ja nichts Neues, aber dass Yuki gleich zur Tat schritt war überraschend! Vermutlich hatte er zum ersten Mal das Vergnügen mit einer Morgenlatte gehabt.

„Konntest du nicht abwarten?“ Sato strich sanft über die weißen Backen.

„Nein. Und du hast selbst gesagt, ich darf an den Schank! Es waren deine Worte!“, giftete der Engel von seiner Schulter aus und wackelte mit dem Hintern.

Mit einer schnellen Handbewegung klatschte er auf Yukis rechte Pobacke. Der blitzschnelle Schmerz, der ihn durchfuhr, ließ den Engel jauchzen.

„Sicher, ich habe es dir erlaubt“, stimmte Sato zu und klatschte noch einmal auf die rechte Pobacke, was Yuki aufstöhnen ließ. „Aber wie standen wir zu Dingen, die du tust, während ich schlafe?“

Bevor Yuki antworten konnte, schnellte die Hand ein weiteres Mal auf ihn zu. „I-Ich dachte… es gefällt dir…“, säuselte der Engel benebelt und krallte sich an das Bettlaken. Satos harter Schwanz drückte ihm dabei gegen die Brust. 

„Ja, da hast du Recht… es hat mir gefallen“, summte der Manager und holte noch einmal aus. Schließlich küsste er die rötliche Stelle und strich sanft darüber, um Hautirritationen vorzubeugen. Er wollte Yuki nicht züchtigen. Ihm war einfach danach. Und dass der Engel so leidenschaftlich den Kopf in den Nacken warf, bestätigte Sato in seiner Annahme, dass sein Liebhaber insgeheim auf harte Spielchen stand.

Yuki atmete sehnsüchtig aus, als Sato ihn weiter streichelte und küsste. Er griff vorsichtig unter seine Brust und bekam das feuchte Glied zu fassen. Mit leichten Bewegungen streichelte er über die Eichel. Das ließ Sato ebenfalls seufzen.

„Du willst also erst danach was essen, nehme ich an?“, fragte der Manager pflichtbewusst und spürte seinen eigenen Magen sich zusammenziehen.

„Ich esse doch was…“ Mit diesen Worten, die er offensichtlich von Sato geklaut hatte, rutschte er wieder etwas weiter runter und nahm Satos Männlichkeit in den Mund. Die Wärme umschloss Satos Glied und ließ ihn leise aufstöhnen. Mit festem Griff in den Silberhaaren, führte er Yukis Kopf in einen schnellen Rhythmus. Er spürte seine Adern pulsieren und wurde von Lust benebelt.

„Genug“, befahl er auf einmal und entzog Yuki den Penis. „Umdrehen.“

Yuki verstand erst nicht in welche Richtung, sah Sato einfach nur überrannt an. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, packte Sato den kleinen Engel an den Schultern, drehte ihn um 180 Grad und presste ihn mit dem Kopf in die Laken. Seine Hüfte hingegen hob er an, sodass er gute Sicht auf die Analperlen hatte.

„Wenn es genehm ist, entferne ich sie mal“, verkündete der Manager, ohne wirklich eine Bestätigung hören zu wollen. Yuki hielt still und ließ sich anstandslos die Perlen eine nach der anderen aus seinem Eingang ziehen. Jede Kontraktion seines Schließmuskels, ließ ihn erneut vor Lust wimmern. Die fast schon eher erniedrigende Position ließ das Blut in seinem Kopf pulsieren. Die Wangen fühlten sich an, als würden sie gleich aufbrechen. Ihm wurde etwas schwindelig, als er Satos Zunge an seinem Eingang spürte.

„Oh, Sato“, hauchte er in die Laken und klammerte sich an die vor ihm liegende Decke. Er fühlte die heiße Zunge gierig nach ihm lecken, was ihm zittrige Beine bescherte. Die Position war so offen. Ungeschützt. Entblößt.

Doch Yuki gefiel es. Wie Satos große Hände nach seiner Hüfte griffen, noch einmal über die roten Striemen auf seiner rechten Pobacke strichen und ihn schließlich näher nach hinten zogen. Näher an Satos Schwanz, der sich mit einer feuchten Eichel ankündigte.

Als der Manager sich erneut ihn den Engel zwang, spürte er die Enge wesentlich prominenter, als am Vortag. Sicherlich reichten ein paar Analperlen nicht aus, um ihn vorzubereiten. Doch Yuki stöhnte herzerfüllt auf, drückte den Rücken durch und streckte Sato sein Hinterteil entgegen. Langsam glitt er weiter rein, bis er vollständig in Yuki versunken war. Ihm entglitt ebenfalls ein sehnsüchtiges und voller Lust bebendes Seufzen, als er anfing, sich vorsichtig in Yuki zu bewegen.

Der schloss die Augen und genoss das volle Gefühl. Gestern, dachte er, war ich so fertig. Und heute? Könnte ich Bäume ausreißen!

Da war so viel Energie in ihm, dass er die Zügel wieder einmal selbst in die Hand nahm. Sato wollte vorsichtig sein, doch Yuki hielt einiges aus – mehr, als man vielleicht von einem so kleinen und zierlichen Körper erwarten würde. Also lehnte er sich auf seine Unterarme und begann den Rhythmus selbstständig zu erhöhen.

„Schneller…“, murmelte er und warf dabei den Kopf in den Nacken. Sato grummelte nur dunkel auf.

„Schneller? Na schön.“

Mit festen Griff packte der Manager nach Yukis Hüften und begann ihn hart ranzunehmen. Es klatschte abermals die Haut aneinander. Speichel und Liebesflüssigkeit ließen beide Körper glitschig werden.

Sato spürte durch die starke Penetration seinen Orgasmus schneller kommen, als geplant. Was war das nur an Yuki, was ihn immer so schnell kommen ließ? Normalerweise hatte er ein Durchhaltevermögen von mehreren Stunden. Und jetzt? Oh, er war so spitz, er wollte direkt in Yuki spritzen…

Doch der hatte noch ganz andere Pläne. Die harten Stöße ließen ihn völlig in Ekstase treten. Er stöhnte, schrie Satos Namen und bewegte sich immer schneller gegen Satos Schwanz.

„Ja… tiefer… Oh, Sato…“, jauchzte er lustvoll und leckte sich mehrmals über die Lippen.

„Dass du kein leiser Typ beim Sex bist, ist mir ja schon aufgefallen“, raunte Sato fast schon atemlos und entzog sich Yuki, nur um ihn an der Hüfte umzudrehen und ihn von der Seite zu nehmen. „Aber, dass du so fordernd bist, nervt!“

Da lachte Yuki erschöpft auf, während er weiter in die großen Laken gedrückt wurde und jeder Stoß ihm neue Lust brachte. „Du machst deinen Job einfach nicht rich – “

Noch bevor Yuki zu Ende reden konnte, wurde er vom Bett gewirbelt, über Satos Schulter und mit Karacho auf die Kücheninsel geschmissen. Die harte Platte drückte kalt gegen Yukis Brust. „Wage es nicht mich zu beschimpfen, ich würde meinen Job nicht richtigmachen!“, knurrte Sato drohend und stieß ohne Vorwarnung wieder in Yuki ein. Der schrie auf, suchte verzweifelt Halt an der rutschigen Marmorplatte und ließ sich hemmungslos gegen die Theke nehmen. Immer wieder stöhnte er auf, wimmerte unverständliche Worte und schloss ekstatisch die Augen. Sato und seine Ego, schoss es durch Yukis Kopf, während sein eigenes Glied an der Platte rieb.

„Ich werde dich so lange nehmen, bis du deinen eigenen Namen vergisst“, raunte der Manager auf und schnellte mit der Rückhand auf Yukis Backe. Immer musste es zwischen den beiden eskalieren. Gestern noch Blümchensex und heute schon wieder hartes Ficken, als wären sie geschworene Todfeinde.

Der Engel musste bei den Worten grinsen. Er spürte die Ekstase ihren Zenit erreichen, als Sato abermals die Position wechselte und ihn erneut hart rannahm. Diesmal traf sein Rücken die Glasplatte des Schreibtischs. Aus dieser Sicht konnte er in Satos benebelte Augen blicken, die nur auf ihn fixiert waren. Seine Wangen waren leicht rosa gefärbt und sein Atem zittrig ungleichmäßig. Die hervorstechenden Adern auf Satos Armen wurden von Minute zu Minute stärker. Yuki leckte sich über seine trockenen Lippen und griff nach den starken Schultern, um nicht um Tisch zu fallen, auf dem er professionell genommen wurde. Die harten Stöße ließen Yuki in der Tat vergessen wie viel Zeit bereits vergangen war, wo sie noch einmal genau waren und ob Sato überhaupt Nachbarn hatte. Denn die wären nun genauestens darüber informiert, dass der Manager heißen Sex mit einem Mann hatte. Auf ungefähr jedem Möbelstück, was er besaß.

Denn zum letzten Mal griff Sato nach Yukis Oberschenkeln, die sich bereits weich an den Seiten herunterhingen. Ohne sich aus Yuki zurückzuziehen, hievte er den Engel hoch und ging mit ihm rittlings auf den Armen tragend zum Sofa. Sein Schwanz penetrierte bei jedem Schritt erneut Yukis Eingang, was ihn sehnsüchtig seufzen ließ. Die schmalen Arme waren fest um Satos Nacken geschlungen, damit der Silberhaarige nicht nach hinten fallen würde.

So oder so traf sein Rücken das weiche Leder der Couch, in das er im Nu erneut gestoßen wurde. Als dann auch noch Sato seine Hand dazu nahm und Yukis nach Beachtung zuckendes Glied mit festem Griff streichelte, spürte er seinen Orgasmus näherkommen.

Hätte er geahnt, dass Sex so etwas Tolles war, hätte er es viel früher initiiert. Sowieso war er sich nicht sicher, wieso Vater es als Sünde ansah. Es machte Spaß, Yuki fühlte sich gut und er war seinem Liebhaber näher als er es je sein könnte.

Sato rieb Yukis Männlichkeit im schnellen Rhythmus seiner Stöße und hoffte innerlich, er würde bald Erleichterung finden. Sein Stolz erlaubte es einfach nicht vor Yuki zu kommen. Also hielt er so gut es ging durch, vögelte den kleinen Engel weiterhin ohne Erbarmen in die Sofakissen und schnaubte angestrengt aus.

Als Yukis Nägel sich in seine Schultern bohrten, er seinen Namen in den Ohren klingeln hörte und sein Schwanz noch enger umschlossen wurde, sah Sato die weiße Flüssigkeit aus Yuki spritzen. Für einen Moment war es ihm scheiß egal, ob sie das Leder treffen würden. Er wollte einfach kommen. Yuki erneut füllen.

Der Engel atmete schwer ein und aus, als er die harten und ruppigen Stöße von Sato für einen Moment nur peripher wahrnahm. Ihm war wieder etwas schwarz vor Augen geworden, doch der Kreislauf fing sich schnell wieder. Auf leerem Magen so harten Sex zu haben, war doch anstrengender als gedacht!

Der Manager ließ Yukis halbschlaffes Glied los, griff noch ein letztes Mal nach seinen Hüften und nahm erneut fahrt auf. Doch es dauerte nicht lange und Sato spürte seinen Höhepunkt kommen. Er hielt inne, stöhnte laut auf und warf den Kopf in den Nacken. All seine Muskeln spannten sich an und er ergoss sich großzügig in Yukis Enge.

Völlig erschöpft und außer Atem, ließ sich Sato neben seinen Engel fallen. Der blieb wie ein toter Fisch auf dem Sofa liegen und grinste vor sich hin. Als nach mehreren Minuten niemand etwas sagte, brach Sato die Stille.

„Geht es dir gut?“

Braune Augen öffneten sich und sahen zufrieden in Graue. „Mehr als gut.“

Zwar war Sato froh, das zu hören, doch er konnte nicht anders, als stutzig werden. „Bist du müde?“

„Ein bisschen?“, antwortete Yuki eher in einer Frage und streckte sich ausgiebig, bevor er sich an Satos Brust schmiegte. „Aber der Hunger ist schlimmer. Wir hätten vor der Nummer vielleicht doch was essen sollen.“

Sato wusste nicht, wie er die schönen Neuigkeiten aufnehmen sollte, also verstummte er und strich über Yukis schwitzigen Rücken. Ihm ging es gut? Keine Müdigkeit? Keine Krankheit? War das gestern also doch nur ein kurzer Anflug von Schwäche?

Als nach einigen Momenten der Engel sogar vom Sofa aufsprang und den Ofen einschaltete, weiteten sich Satos Augen. „Lass uns duschen gehen, solange der Ofen vorheizt!“, verkündete Yuki und fuhr sich durch die etwas verknoteten Haare. „Danach machen wir wieder Pancakes, okay?“

„Ja… natürlich“, murmelte der Manager und folgte seinem Partner ins Bad, wo sie beide ausgiebig duschten. Seit langer Zeit mal wieder wirklich effizient: Shampoo, Duschgel, Abduschen, ein bis zwei Küsse und raus.

Beim gemeinsamen Anziehen, beobachtete Sato seinen Partner genauestens. Es ging ihm gut. Er schlief nicht. Wirkte auch nicht, als müsste er jeden Moment etwas Ruhe haben. Sollte Sato froh sein? Oder besorgt? Yuki schien das blühende Leben zu sein und half sogar beim Kochen. Er räumte etwas die Wohnung auf, schaltete die Waschmaschine ein und hing die Wäsche auf. Wie ein normaler Mitbewohner. Ein Partner, der bereits seit drei Wochen im Loft lebte.

 

Am Abend, als sich beide ein weites Mal im Bett liebten, musste Sato daran denken, wie schnell die Tage vorbeigingen. Und es stimmte Sato abermals etwas traurig. Denn als der Engel auch nach der wieder anstrengenden Session glücklich neben ihm lag und ihn liebevoll auf die Lippen küsste, war sich Sato sicher, dass er diese neue Art von Liebe sehr genoss. So durfte es bleiben. Für immer. 

Tag 22

 

Es gab so Tage, an denen lief einfach absolut gar nichts. Yuki stieß sich bereits am Nachttisch, als er aufstehen wollte. Der Duschschlauch leckte. Sato ließ eine Tasse fallen. Das Omelette wurde nichts. Der Motor sprang bei der Kälte erst nach mehreren Minuten an. Er schlidderte über die Straße und hätte beinahe einen Unfall provoziert. Der Aufzug der Tiefgarage ging nicht, also mussten sie außen rum. Yuki rutschte noch vor dem Büro auf der Straße beinahe aus, weil es so glatt war. Das ließ selbst den Engel fluchen.

„Was ist denn heute los?!“, keifte er und hielt sich an Satos Arm fest, der ihn so gut es ging vor dem Rutschen bewahrte. Die Leute sahen neugierig in seine Richtung.

„Komm, einfach rein. Wir haben es gleich geschafft“, seufzte der Manager und fühlte das Bedürfnis in ihm steigen, einfach wieder nach Hause zu fahren. Aber er hatte zwei wichtige Termine, die er wahrnehmen musste. Einen davon sogar mit der Chefetage. Also war nichts mit nach Hause fahren.

Als beide den Empfangssaal betraten, klopfte Yuki etwas Schnee von seinem Mantel. „Was für Termine hast du heute?“, fragte er bemüht um einen ruhigen Ton. Auch ihm war nach im Bett liegen bleiben.

„Einen um 11 und einen um 14 Uhr. Dazwischen machen wir Mittag. Worauf hast du Lust?“

Gemeinsam gingen sie Richtung Aufzug. „Vielleicht mal wieder was Traditionelles?“, schlug Yuki vor und lächelte seinen Partner an, der den Aufzug holte.

Die Empfangsdame sah verunsichert in seine Richtung. Da sie ihren Blick nicht abwendete, nickte Sato ihr begrüßend zu. Ein zögerliches Nicken folgte.

Das ließ Sato die Augenbrauen zusammenschieben. „Ja…“, murmelte er leise. „Traditionell.“

Hatte sie ihn mit sich selber reden gehört? Er musste aufpassen nicht so beiläufig mit Yuki zu sprechen. Irgendwann würde man ihn noch einweisen. Doch er wollte den Engel ja nicht komplett ignorieren. Und obwohl er sich beim letzten Mal geschworen hatte, Yuki nicht mehr mitzunehmen, musste er sich eingestehen, dass er ihn bei sich haben wollte. Nachdem sie den letzten Schritt in eine wundervolle Beziehung gewagt hatten, wollte der Manager nicht alleine im Büro sitzen, während Yuki ebenfalls alleine zu Hause hockte. Und wohlmögliche noch mehr Kerzen kaufte.

Sie fuhren gemeinsam hoch, als der Aufzug einen Zwischenhalt einlegte und ein entfernter Kollege einstieg. Zum ersten Mal bemerkte Sato, dass die Menschen um ihn herum nicht ihn, sondern Yuki anstarrten.

Der grauhaarige alte Mann nickte beiden zu und stellte sich mit dem Rücken zu ihnen in den Aufzug.

Sato hielt die Luft an. Er sah nervös zum Engel runter. Der hatte das Geschehen gar nicht mitbekommen, sondern durchsuchte seine Haare nach Spliss.

Der Manager versuchte sich zu beruhigen. Das war Zufall. Reiner Zufall. Vielleicht war der Mann vor ihm ja auch halb tot? Seinem Alter nach zu urteilen war das nicht so abwegig.

Sie erreichten ihr Stockwerk, wo Sato mit schnellen Schritten den Gang betrat. Yuki kam kaum hinterher.

„Sato? Was ist los? Wieso rennst du so?“ Bemüht, aufzuholen, klammerte er sich an Satos Ärmel. „Hallo? Ich habe nicht so lange Beine wie du!“

Ohne Yuki zu beachten, rannte der Manager weiter den schmalen Gang entlang. Schnell ins Büro. Er musste das Phänomen vorher testen. Was, wenn der Typ im Aufzug Yuki sehen konnte? Was, wenn die „Krankheit“, die Yuki heimgesucht hatte und so plötzlich verschwunden war –

„Yamamoto!“, begrüßte Takeshi seinen Kollegen herzlich und winkte ihm zu.

Abrupt blieb der Manager stehen, sodass Yuki in ihn reinlief. Fuck.

„Guten Morgen, wie geht’s? Hast du schon gehört, dass die Zahlungen der Shihara AG gekürzt wurden?“, fing er an über die Arbeit zu sprechen. Gutes Zeichen, dachte Sato und nickte angespannt. Er bemühte sich sogar um ein Lächeln.

Yuki hingegen rieb sich die Stirn und raunte genervt auf. „Was ist denn heute nur los… Jetzt du auch noch?“

Auf einmal hörte Takeshi auf zu reden.

Nein, dachte Sato. Rede weiter.

Der Blick seines Kollegen weitete sich, als er neben Sato sah.

Nein, dachte Sato abermals. Nein, nein, nein.

„Yamamoto… Wer ist das? Dein Cousin?“, hakte Takeshi nach und deutete auf Yuki.

Der verharrte in seiner Position und hielt die Luft an. Als wären beide Männer innerhalb einer Sekunde zu Salzsäulen geworden, starrten sie Takeshi an.

„Du hast ja noch nie jemanden mit ins Büro gebracht! Na ja, außer Mei. Die hier ja einfach reingerannt kam“, lachte er in seinem typisch lauten Lachen, was noch mehr Kollegen aus ihren Löchern holte. Neugierig sahen sie zu Sato und seiner Begleitung.

Sie konnten ihn alle sehen. Alle. Und sie konnten nicht alle tot sein. Das war unmöglich.

„Sato…“, flüsterte Yuki leise und verhärtete den Griff um Satos Ärmel. Sein Herz schlug hämmernd gegen seine Brust. „Was passiert hier?“

Der Manager fand keine Worte. Erst als Takeshi das Lächeln verlor und erschrocken in Satos Gesicht blickte, räusperte er sich und schüttelte den Kopf.

„Das… Das ist… äh… ein Freund“, erklärte der Manager stotternd. Was sollte er denn sagen? Ihm fiel einfach keine Lüge ein!

Der Engel hingegen zog bei Satos Satz schnell die Augenbrauen zusammen. Er wusste nicht, was los war. Wieso ihn auf einmal Leute sehen konnten. Wurde sein Wunsch erfüllt? Dass er ein Mensch sein wollte?

Ungehobelt streckte Yuki seine Hand aus und sah Takeshi tief in die Augen. Der Höhenunterschied war nicht so extrem wie bei Sato, trotzdem musste er ein Stück hochschauen. Japanische Traditionen hin oder her, ein freundliches Händeschütteln war immer gut. Besonders, weil Yuki nicht sehr japanisch aussah.

„Mein Name ist Naoyuki. Aber nennen Sie mich ruhig… Yuki“, stellte sich der Silberhaarige um ein ruhiges Auftreten bemüht vor und lächelte breit – wissend, dass sein Name bereits mehrmals in diesem Büro gefallen war.

Sato platzte ein erschrockener Ton aus dem Mund, als auch Takeshi die Augen weitete. Einige Kollegen horchten weiter interessiert auf, standen sogar von ihren Bürostühlen auf, um das Geschehen auf dem Gang besser durch die Glasscheiben zu beobachten.

Bist du kaputt?!, dachte Sato und fühlte sein Herz pochen. Seine Hände wurden schwitzig und erste nervöse Tropfen bildeten sich auf seiner Stirn.

„Yuki?“, hakte sein Kollege nach und schüttelte höflich die weiße Hand. „Moment… Sato erzählte von einer Yuki. Aber ich dachte immer…?“

„Ist jemand anders“, beendete der Manager den Satz seines Kollegen und nickte belustigt, obwohl er nahe einem Herzinfarkt war. „Naoyuki  ist heute mal ins Büro gekommen, weil er sehen wollte, was der Job so mit sich bringt. Äh… Tag der offenen Tür, so was!“

Takeshi ließ Yukis Hand los, hob beide Augenbrauen und nickte langsam. Es schien, als würde er den Braten langsam riechen. Dass Sato die ganze Zeit gelogen hatte, was das Geschlecht von Yuki anging. Und dass er nun erwischt wurde. Satos nervöses Stammeln bestätigte das nur. „Ich verstehe“, war dann alles, was der sonst so amüsierte Kollege sagte. Mit einer ernsten Miene nickte er Yuki noch einmal zu. „Viel Spaß bei uns. Und wir sehen uns später, Yamamoto.“

Mit diesen Worten ging er.

 „Bis später“, war dann noch alles, was Sato rausbekam, während er Takeshis Rücken betrachtete. Als einige andere Mitarbeiten weiterhin ungeniert die beiden Männer im Gang anstarrten, schnappte er Yukis Hand und schleifte ihn zu seinem Büro. Der blieb still, folgte dem Manager so gut er konnte und sah sich schüchtern um.

Als sie das Büro erreichten, fluchte Sato abermals, dass er Glaswände hatte. Trotzdem schloss er die Tür und drückte Yuki Richtung seines Druckers, wo zumindest eine nicht durchsichtige Wand stand.

„Was ist passiert, Yuki?!“, fragte er verzweifelt und schüttelte den kleinen Engel. „Wieso sehen sie dich? Sind sie alle tot? Oder bist du nur sichtbar geworden?!“

„Ich weiß es nicht!“, wimmerte Yuki zurück und entzog sich dem kräftigen Griff, der ihn schüttelte. „Ich kann dir nicht sagen, was passiert ist! Heute ist eh alles scheiße!“

„Ach was?!“, rief der Schwarzhaarige auf und wedelte mit den Händen in der Luft. „Und was machen wir jetzt? Was bedeutet das?“

„Woher soll ich das wissen?“ Yuki war noch nie so aufgeregt gewesen, wie zu dem Zeitpunkt. Seine Hände zitterten, seine Knie wurden weich und er stritt sich mit Sato über eine Sache, über die er selbe nichts wusste. „Ich… Ich kann nur vermuten, dass ich… zum Menschen geworden bin oder so.“

Als er aussprach, was ihm schon die ganzen Minuten im Kopf schwirrte, spürte er seine Augen nass werden. Druck bildete sich hinter den Augäpfeln und ließen die ersten Tränen am Lidrand entlangschwimmen.

„Ein Mensch?“, hakte Sato fast tonlos nach und musterte das sich rötende Gesicht von Yuki. Er begann wieder zu weinen – nicht gut. Schnell griff er hinter sich zum Schreibtisch, öffnete eine Schublade und zog eine Taschentuchpackung raus. Schnell reichte er seinem Partner ein Tuch.

Yuki schniefte und tupfte die Tränen weg. „Ich glaube schon… Was soll es sonst sein?“

„Vielleicht hast du dir ja einen Virus eingefangen… keine Ahnung…“, seufzte Sato und suchte nach weiteren Erklärungen. Doch Yukis Vermutung klang logisch. Eine andere Lösung wollte ihm auch nicht einfallen. Aber wie konnte das passieren?

Man wird ja nicht einfach so zum Menschen, wenn man vorher ein Todesengel war, oder nicht?

Als Sato alle Begebenheiten durchging, die sich seit Donnerstag und Montag verändert hatten, dämmerte es dem Manager.

„Glaubst du…“, begann er leise und strich dabei über Yukis Arm. „Es liegt daran…, dass ich dich entjungfert habe?“

Eine drückende Stille trat ein, in der sowohl der Engel, als auch der Manager auf den Boden starrten. Draußen auf dem Gang hörte man Stimmen, lautes Gelächter und schnelle Schritte.

„Oh nein“, war alles was Yuki aus seinen Lippen presste, bevor er wieder anfing bitter zu weinen. Immer mehr Tränen pressten sich aus seinen geschwollenen Augen. Immer wieder hickste er auf und klammerte sich dabei an sein Taschentuch, als würde es irgendwie helfen. „Wie konnte das nur passieren?“

Sato schlang die Arme um den kleinen Engel, drückte ihn fest an sich und streichelte seinen Kopf. Auch in seinen Augen wurde der Druck stärker und er spürte die Feuchte über seine Iris wandern. Auf einmal ergab alles einen Sinn. Yuki war ein Engel, er war nicht dafür geschaffen, mit Menschen zu interagieren. Doch er tat es, hatte Petting mit einer toten Seele. Das schwächte seinen Körper – oder so was in der Art. Jedenfalls wurde er immer danach Müde. Er regenerierte sich für einige Zeit. Doch Sex… Entjungfern… Das war wohl zu viel. Seine Aufgabe war definitiv nicht, ein Hobby-Sexsklave zu werden. So viel war jetzt klar. Doch was war die Lösung des Problems? Vielleicht bräuchte er nur noch etwas Zeit zum Aufladen? Mehr Zeit? Dann dürften sie einfach keinen Sex haben!

„Wir werden einen Weg finden, dich wieder normal zu machen“, verkündete der Schwarzhaarige und riss sich so gut es ging zusammen. Das war nicht das Ende der Welt. Sie würden es irgendwie schaffen. Keine Träne sollte seine Wange verlassen. Würde er jetzt auch noch nachgeben und weinen, würde Yuki denken, dass auch er keinen Ausweg mehr sehen würde. Jedes Problem hatte eine Lösung, sie musste nur gefunden werden!

„Und was, wenn nicht?“, schluchzte Yuki auf und schniefte erneut in das Taschentuch. „Du wirst irgendwann ins Reich der Toten gehen müssen und dann bin ich nicht da! Ich kann nichts ausrichten! Dann wirst du für immer als verlorene Seele auf der Erde bleiben müssen!“

Die Aussicht ließ Sato einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Doch er versuchte optimistisch zu bleiben. „Was macht dich so sicher, dass das passiert? Vielleicht kannst du mich ja noch ins Jenseits bringen!“

„Nein“, wimmerte der Engel und schüttelte den Kopf. „Ich kann mich nicht mehr teleportieren.“

Da schwieg der Manager für einen Moment. „Gar nicht mehr?“

„Nein… das letzte Mal, wo ich es versucht hatte, ging es nur sehr schlecht. Und vorhin, als Takeshi mich sah… da wollte ich einfach schnell weg! Du hättest ihm ja dann einreden können, dass da nichts war und er nur eine Halluzination hatte, weißt du? Aber es ging nicht! Es geht auch immer noch nicht!“

Das waren furchtbare Neuigkeiten, selbst für den harten Manager. Wenn Yuki kein Engel mehr war, sondern ein Mensch – was würde dann jetzt passieren? Würde er altern, wie ein normaler Mann? Und irgendwann sterben? Aber wie würde dieses Leben aussehen? Er hatte keine Identität! Im Grunde besaß er nichts! Alles, was er hatte, gehörte Sato, und der würde bald sterben. Wäre Yuki dann alleine hier?

Könnte Sato ihm denn nicht helfen, seine Energie neu zu bekommen? Indem sie keinen Sex hätten? Wenn Sato jetzt loslassen würde, könnte Yuki ihn vielleicht doch noch überführen? Was, wenn es die letzte Chance für ihn wäre, zurück in die Engelwelt zu finden?

Fragen über Fragen, die Sato nicht beantworten konnte. Stattdessen stand er wie angewurzelt neben dem Drucker, hielt seinen weinenden Partner im Arm und strich apathisch über seinen Rücken.

Einige Kollegen blieben neugierig vor Satos Büro stehen, lukten rein und gingen schnell weiter, als sie erkannten, dass der kleine Mann weinte und der Manager versuchte ihn zu trösten.

Es dauerte einige Minuten, in denen Yuki einfach nur bitter heulte, bis er wieder etwas Ruhe fand. Er lauschte Satos unregelmäßigem Herzschlag. Er vermutete, dass der Manager sich genauso verrückt machte, wie er selber. Und das ganze Drama nur, weil sie sich liebten und diese Liebe körperlich wurde.

„Sato“, begann Yuki leise, hickste noch einmal auf und sah entschlossen zum Manager auf. „Ich bereue nichts.“

Obwohl dem Schwarzhaarigen zum Zeitpunkt nicht zum Lächeln war, bemühte er sich, die Mundwinkel hochzuziehen. Er war sich noch nicht sicher, ob er nichts bereute. Er hatte Yukis Leben zerstört. Alles, was er hatte, wurde ihm von Sato genommen. Wäre er nicht so stur gewesen und einfach gestorben, wie geplant, würde Yuki nun weiter seiner Tätigkeit nachgehen. Er hätte vieles nicht erlebt, aber er kam bereits 176 Jahre ohne Berührungen und Zuneigungen klar. Käme er dann nicht auch weitere 200 Jahre weiter? Ohne Sato? Doch der egoistische Manager wollte sich ein Haustier erschaffen, hatte Yuki zu Dingen überredet, die er eigentlich nicht wollte. Erst im Nachhinein hat der Engel dem zugestimmt. Natürlich, es war ja auch eine schöne Sache! Aber eben Sünde.

Und mit einem Mal fühlte sich Akuma-Sato wie der Teufel persönlich.

„Es tut mir so leid, Yuki“, hauchte er und presste seine Lippen aufeinander.

„Das muss es nicht“, versicherte ihm der Engel, als er sich auf Zehenspitzen stellte und die Arme um Satos Nacken schlang. Ein vorsichtiger Kuss folgte, der in einem leidenschaftlichen Zungenkuss endete. Es war ein Liebesgeständnis ohne Worte.

Als sie sich voneinander trennten, sah Sato seinem Engel noch einmal tief in die Augen. „Und deine Flügel?... Sind die jetzt auch weg?“, fragte er vorsichtig und strich über Yukis Rücken. Der Engel sah weg und überlegte. Unsicher schob er seinen Pullover hoch und schloss konzentriert die Augen. Es passierte nichts. Panik stieg im Schwarzhaarigen hoch.

Doch ein paar Sekunden später glitzerte das erste Goldstück. Dann zwei, drei und auf einmal ganz viele. Weiße Flügel kristallisierten sich auf Yukis Rücken, der weiterhin angestrengt die Augen zukniff. Sato hielt Yukis Arme so gut es ging und beobachtete das Spektakel. Hoffentlich sah sonst niemand aus dem Büro, was sie hier taten.

Letztendlich öffnete der Silberhaarige wieder seine Augen und sah völlig geschafft zum Manager. „Mehr schaffe ich nicht…“, seufzte er leise und schlang die Arme um seinen schmalen Torso.

Die einst wunderschönen Flügel hingen nur noch traurig und unvollständig an Yuki dran. Ein Flügel verlor stetig Goldpartikel und regnete auf den Boden, wo sie verglommen. Die Federn erinnerten nur noch an ein zerrupftes Huhn, was kurz vor dem Schlachter stand.

„Oh, Yuki…“, presste Sato aus den Lippen und strich über einen sich auflösenden Flügel. „Was machen wir nur?“

„Ein Teil meiner Kraft ist noch da… Vielleicht reicht es aus, um dich ins Reich der Toten zu bringen.“ Mit diesen Worten zog Yuki seinen Pulli wieder runter und ließ die Flügel verschwinden. Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und sah entschlossen auf den Boden. „Das ist die einzige Lösung.“

Die ‚einzige’ Lösung bohrte ein tiefes Loch in Satos Herz. Es fühlte sich im ersten Moment so an, als wäre es stehen geblieben. Yuki wollte ihn wegbringen. Die Zeit mit ihm loslassen. Alles, was dann noch aus dem Schwarzhaarigen kam, war ein trauriges: „… Aufgeben?“

„Ja.“

Yukis braune Augen, deren Augenweiß mehr rot als weiß waren, zeigten Trauer und Wut. Nicht über Sato, sondern über die Ungerechtigkeit der Welt. Wenn es eine Garantie dafür gäbe, dass Satos Seele auf der Erde bleiben dürfte, würde Yuki nie in Erwägung ziehen, wieder zurückzugehen. Er würde viel lieber ein glückliches, wenn auch kurzes Leben mit seinem Partner führen wollen.

Und reisen. Irgendwohin. Nur mit ihm.

Der Gedanke ließ erneut Tränen in seine Augen schießen, doch er versuchte stark zu bleiben. Sato konnte den inneren Konflikt in Yuki genauestens Beobachten und runzelte die Stirn. Sie standen vor einem Hindernis, dass sie beide nicht überwinden konnten. Aufgeben war vielleicht für Yuki eine Option, aber nicht für Sato. Der fing an zu grübeln, starrte aus dem Büro, auf seinen Rechner, auf den Drucker, die Zimmerpflanze – irgendwas musste doch helfen!

In dem Moment sah er eine alte Haftnotiz auf seinem Schreibtisch von Hanakuro, die ihn darauf hinwies, Suzuki zurückzurufen.

Die Ärztin konnte vielleicht nicht unbedingt helfen, aber sie war bisher auch sonst ziemlich erfolgreich gewesen. Zumindest im Zuhören. Sie wusste alles über Yuki und Sato. Von Anfang an war sie dabei. Eventuell würde sie einen anderen Standpunkt einnehmen, als die beiden Männer, und könnte den Horizont an Möglichkeiten erweitern. Ja, vielleicht könnte sie doch helfen! Sato war einfach bereit, nach jedem Strohhalm zu greifen.

„Weißt du… manchmal hilft es, jemandem davon zu erzählen. Vielleicht sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und jemand Drittes kann uns helfen“, begann er in Gedanken versunken und starrte die Haftnotiz an.

Da musste Yuki leise auflachen. „Das klingt nach einem schlechten Kalenderspruch.“

„Hat mir Takeshi mal gesagt. Aber es half damals ein bisschen. Zumindest habe ich versucht, das Problem anders anzugehen“, lächelte Sato traurig und nahm Yuki erneut in den Arm. Draußen im Gang wurde es wieder etwas ruhiger. Das Getratsche hatte sich wohl gelegt.

„Und wem sollen wir davon erzählen? Etwa Takeshi?“, fragte der Engel leise und erwiderte die Umarmung.

„Nein…“, murmelte Sato und holte tief Luft.

 

Als er vorsichtig an die Tür klopfte und die liebliche Stimme von Suzuki ertönte, machte er auf und lugte unsicher rein, ohne die Tür komplett aufzumachen.

„Suzuki-Sensei!“, begrüßte der Manager seine Ärztin fröhlicher als sonst. Die lächelte aufmerksam, stand von ihrem Stuhl auf und kam wie immer im weißen Kittel auf ihn zu. Ihre streng zurückgebundenen Haare hatten etwas von Vertrautheit. Ein Teil, der sich nie ändern würde.

„Yamamoto-San. Sie hatten vorhin angerufen und gefragt, ob ich Zeit habe. So kenne ich Sie ja gar nicht. Normalerweise kommen Sie einfach immer vorbei“, bemerkte sie ohne einen spitzen Unterton. Es war einfach eine Feststellung.

„Mh, ja, wissen Sie…“, stammelte der Manager unsicher hinter der noch angelehnten Tür durch einen Spalt, „Das Problem ist vielleicht ein etwas Größeres.“

Da wurde die Ärztin hellhörig. „Haben Sie erneut Schmerzen?“

„Nein…“, und dabei sah Sato wie ein Kind an die Decke, als würden dort vorgedruckte Worte stehen. „Vielmehr geht es wieder einmal um Yuki.“

„Oh“, kam weniger überrascht aus ihrem Mund. „Was ist denn passiert?“

Und damit öffnete Sato die Tür komplett und ließ freie Sicht auf den weißhaarigen Engel, der schüchtern neben Sato stand und seine Hand hielt. Ein paar Kollegen liefen gerade hinter Sato her und sahen das Händchenhalten – hielten es aber vermutlich für einen familiären Akt. Yuki ging locker als kleiner Cousin durch.

Suzuki hingegen erstarrte. Sie blinzelte einmal. Zweimal. Musterte Yuki eindringlich und öffnete immer wieder ihren Mund, ohne etwas zu sagen.

„Suzuki-Sensei“, begann Yuki leise und suchte ihren Augenkontakt. „Es tut mir leid, dass wir uns unter solchen Umständen kennen lernen, aber… es war nie geplant, dass… also…“

Auch der Silberhaarige bekam keinen richtigen Satz zustande. Erst, als Sato eingreifen wollte, schluckte Suzuki merklich und hielt sich am Stuhl fest, um nicht umzufallen.

„Das ist Yuki?“, fragte sie atemlos.

Sato nickte. Selbst Yuki deutete ein Nicken an.

„Ihr Todesengel?“

Wieder nickten beide. Langsam schloss Sato die Tür hinter sich. Das Gespräch musste unbedingt in ihren vier Wänden bleiben.

„Aber ich… ich kann ihn sehen. Und hören!“, wurde Suzuki immer höher in ihrer Stimme, bis es ein einziges Quietschen war.

„Ich weiß, Suzuki-Sensei, glauben Sie mir, das war auch für uns eine wahnsinnige Überraschung. Erst seit heute… oder na ja, vielleicht auch seit gestern, wir wissen es nicht… ist er für andere sichtbar. Es scheint, als wäre er ein Mensch geworden“, erklärte Sato ruhig und drückte Yuki etwas weiter in den Raum rein. Mit Gesten deutete er ihm an, dass er sich auf das kleine Sofa setzen sollte, um Suzuki weniger einzuschüchtern. Sato blieb jedoch stehen.

Die Ärztin schluckte erneut und griff nach ihrem Kittel. „Ich… Ich fasse es nicht…“

„Ich glaube, das war keine gute Idee“, murmelte Yuki und beobachtete die Panikattacke der Ärztin, während er angespannt auf dem Sofa saß.

„Das wird schon wieder“, kam Sato gehetzt auf sie zu und setzte die Ärztin wie eine alte Frau auf ihren Stuhl zurück. Dabei reichte er ihr ein Glas Wasser, was neben ihrem Bildschirm stand. „Trinken Sie was, denken Sie kurz darüber nach, was ich Ihnen alles erzählt habe und freuen Sie sich, Teil einer solchen Begebenheit zu sein! Immerhin erbreitet sich für Sie doch jetzt ein enormer Horizont, nicht? Ein völlig neues Forschungsgebiet.“

Der Manager wollte die Situation schönreden und nickte, als würde er sich selber zustimmen. Suzuki hingegen ließ sich nicht so einfach bequatschen und trank zittrig aus ihrem Glas Wasser. Nach zwei Schlucken sah sie wieder zu Yuki. Wieder musterte sie ihn eindinglich, als würde er in dem Augenblick, wo sie wegsehen würde, verschwinden.

„Und Sie sind kein Schauspieler?“, fragte sie tonlos. „Oder… spielen mit Yamamoto-San einen Streich? Ein Theaterstück? …Oder hatten Sie auch einen Schlaganfall?“

„Nein“, antwortete Yuki höflich, musste jedoch beim Wort ‚Schlaganfall’ etwas grinsen. „Ich bin ein Engel, der tote Seelen ins Jenseits bringt.“

Als sie Yukis Antwort hörte, die absolut ernst gemeint war, zuckte Suzuki zusammen und ließ fast ihr Glas Wasser fallen. Sato griff blitzschnell danach und stellte es weit genug von ihr weg zurück auf die Tischplatte.

Er kniete sich vor sie in die Hocke und streichelte über ihre Arme. „Suzuki-Sensei, haben Sie keine Angst. Niemandem passiert etwas! Andere können Yuki auch sehen, Sie sind also weder tot, noch ist Ihnen etwas anderes widerfahren… Falls das ein Gedanke von Ihnen war, der Sie beunruhigt.“

Da musste Yuki erneut schmunzeln.

„Es ist nur so, dass wir einen Rat bräuchten, wie wir weiter vorgehen könnten, wissen Sie? Yuki hat noch etwas Kraft in sich, aber wir sind uns nicht sicher, ob sie reicht, um mich ins Reich der Toten zu bringen.“

Suzuki starrte noch immer auf den Engel, der brav auf dem Sofa saß und seine Hände im Schoß liegen hatte. Es war, als würde sie dem Manager überhaupt nicht zuhören. Apathisch blickte sie vor sich, während Sato ihr den Umstand erklärte, in dem er sich mit seinem Partner befand.

„Sato“, unterbrach Yuki seinen Liebhaber, der weiterhin verzweifelt versuchte, seiner Ärztin sein Leid zu erklären. „Ich glaube, sie hört dir nicht zu. Und wenn, dann versteht sie auch nicht, wovon du sprichst.“

Und als hätten Yukis Worte sie wachgerüttelt, zuckte Suzuki zusammen, sah mit großen Augen neben sich und blickte in Satos Augen, als wäre sie überrascht, dass er ebenfalls im Zimmer war.

„E-Entschuldigen Sie, aber… Ich kann nicht glauben… Also…“, stotterte sie und versuchte sich zu sammeln. Doch mehr als unverständliche Worte kamen nicht aus Ihrem Mund.

Sato seufzte schließlich auf. Das hatte keinen Sinn. Entweder sie würde nun durchdrehen oder ihnen gar nicht erst glauben. Immerhin könnte Yuki genauso gut irgendein Junge sein, den Sato angeheuert haben könnte, für ihn zu lügen. Er war sich zwar nicht sicher, was das für einen Sinn ergeben würde, aber die andere, wahre Geschichte, klang genauso gut erfunden und sinnlos.

„Suzuki-Sensei“, begann der Manager leise und stand wieder auf. „Verdauen Sie erst mal, was ich Ihnen gesagt habe und was Sie gesehen haben. Vielleicht können wir noch einmal miteinander darüber sprechen, wenn Sie sich wieder gesammelt haben.“

Mit diesen Worten griff er nach Yukis Hand und führte ihn aus dem Arztzimmer. Leise schloss er die Tür, während Suzuki apathisch auf das Sofa starrte, als würde Yuki noch dort sitzen.

„Das lief ja nicht so gut“, flüsterte Yuki, während er sich an Satos Hand klammerte.

„Ich hätte es mir denken können. Nicht jeder nimmt so eine irre Geschichte so gelassen wie ich hin.“

Der Engel schmunzelte und sah zum Manager hoch. „Eigenlob stinkt, das weißt du?“

Sato stimmte in das Lächeln mit ein und sah sich im Gang um, damit ihn auch ja niemand hörte. Als er niemanden erblickte, zischte er seinem Liebhaber ins Ohr: „Mal schön den Ball flach halten, sonst setzt es was.“

Die Drohung summte in Yukis Ohren und ließ ihn leise Kichern. Sato grinste weiterhin breit, während sie beide Hand in Hand zum Aufzug gingen, um wieder in ihre Etage zu fahren. Ein Blick auf die Uhr stimmte Sato jedoch wieder nervös. Der 11 Uhr Termin rückte näher.

Als die Aufzugtür sich schloss, presste sich Yuki an seinen Freund. Er zog an der hellblauen Krawatte und zwang Sato sich vorzubeugen, damit er ihn innig küssen konnte. Aus Angst, sie würden erwischt werden, trennten sie sich schneller als erhofft.

Nur Yukis Augen spiegelten weiterhin die Sehnsucht wider. „Vielleicht hat Vater mir meinen Wunsch erfüllt und mich zu einem Menschen gemacht?“

„Du meinst, weil du es dir einmal gewünscht hast, damit ich dich meinen Kollegen vorstellen kann? Du hast ja gesehen, wie gut sie das auffassen…“, seufzte Sato und ging mit Yuki aus dem Aufzug. „Nicht, dass ich deinen Wunsch nicht toll fände… Aber im Moment könnte es anders laufen.“

„Ich weiß“, murmelte Yuki traurig und sah in die verschiedenen Büros, an denen sie vorbeiliefen. Viele Angestellte stierten über ihre Bildschirme und versuchten einen Blick auf ihn und Sato zu erhaschen. Besuch war wohl wirklich selten. Vor allen Dingen Besuch von Sato. Noch dazu ein junger Mann. Der an seiner Hand ging.

Yuki spürte seine Wangen rot werden. Sato schien es zum ersten Mal egal zu sein, was andere Leute von ihm hielten. Fast schon stolz zeigte er den kleinen Engel seinen Kollegen, in dem er offen und für alle sichtbar händchenhaltend durch den Gang und ins Büro stolzierte. Auf der einen Seite schmeichelte es Yuki sehr. Auf der anderen Seite zog sich jedes Mal, wenn ihn ein bewertender Blick traf, sein Herz zusammen. Jetzt, wo er für alle sichtbar war, bedeutete das ein anderes Verhalten: Keine schmutzigen Gespräche. Kein Knutschen oder umarmen. Nie wieder heißen Sex in Gegenwart anderer Leute. Oder zumindest nur noch sehr beschränkt. So wie normale Menschen eben mit Geschlechtsverkehr umgingen.

Als beide Satos Büro erreichten, schloss der Manager die Tür und sah mit Falten auf der Stirn zu Yuki.

„Du musst leider für das Meeting hier bleiben“, begann er leise und begann seine Aktentasche mit Laptop und Stiften zu füllen. „Du weißt, ich würde dich sonst mitnehmen. Aber jetzt…“

„Verstehe ich…“, seufzte der kleine Engel und setzte sich auf einen der beiden Stühle. „Was soll ich machen, wenn jemand reinkommt und wissen will, wer ich bin?“

Das ließ Sato kurz still werden. Grübelnd stand er an der Glastür und hielt krampfhaft die Klinke. „Erzähl das, was ich Takeshi erzählt habe. Du bist hier, um dir mal meine Arbeit anzusehen. Als Praktikum.“

Yuki nickte stumm. Die Enttäuschung war ihm ins Gesicht geschnitten.

„Ich beeile mich. Vielleicht kann ich wieder etwas früher gehen“, versuchte der Manager seinen kleinen Engel aufzuheitern. Doch der starrte weiterhin traurig auf den Boden, bis er sich schließlich umdrehte und den Briefbeschwerer in die Hände nahm, um ihn gelangweilt in seinen Fingern zu drehen. Sato sah noch für einige Sekunden zu ihm, bis er schließlich zum Meeting ging.

 

Yuki starrte auf den silbernen Briefbeschwerer, als könnte er ihm irgendwie weiterhelfen. Er kramte nach einigen Minuten sein Notizbuch aus der Jackentasche und blätterte darin rum. Henochische Schriftzeichen zierten jede einzelne Seite wie in einem wirren Buch. Der Engel suchte fast schon panisch nach einer Lösung. Doch alles, was das Buch ihm gab, waren die Namen der Seelen, die er bereits übergeführt hatte und eine „Anleitung“, wie er sie überführen konnte. Mehrere Sprüche, Verse und Beschwörungen für die unterschiedlichsten Seelen und die verschiedensten Orte. Noch nie hatte er diese Anleitungen gebraucht. Alles war in seinem Gedächtnis gespeichert, doch als Satos Seele in seinem Köper blieb, wurde er nervös und blätterte wie wild darin rum, in der Hoffnung, es könnte ihm weiterhelfen.

Und erneut fand er sich in diesem Büro wieder und durchsuchte jede Seite nach Hinweisen. Zwischen den ganzen Engelsscharen fiel es wohl nicht auf, dass Yuki fehlte. Jedenfalls suchte niemand nach ihm. Es meldete sich auch niemand. Auch hier konnte Yuki langsam die Unsicherheit der Menschen verstehen, wenn sie sich an das Göttliche wandten und ihnen niemand antwortete. Auch jetzt brauchte er einen Rat. Einen Hinweis. Eine Antwort auf diese tausend Fragen, die ihn seit heute Morgen quälten.

Als es an der Glastür klackte, schloss Yuki das Buch mit einer zügigen Handbewegung und ließ es wieder in seiner Jackentasche verschwinden. Er drehte sich hastig um und entdeckte Hanakuro.

„Wer sind Sie?“, fragte sie unhöflich und schloss die Tür hinter sich. Ihre Haltung versprach nichts Gutes.

„E-Ein Freund von Sato…“, murmelte er leise und schlug sich innerlich ins Gesicht, dass er Satos Vornamen erwähnt hatte. Das suggerierte sofort, dass sie sich näher als gewöhnlich standen. Eine rein geschäftliche Beziehung war es also schon mal nicht.

„Ein Freund? Und was machen Sie hier?“ Sie kam einen Schritt näher und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Dabei quetschte sich ihr BH ein Stück aus der Bluse.

Yuki presste die Lippen aufeinander und klammerte sich an die Stuhllehne. „Praktikum. Ich schaue mir Satos Arbeit an.“

Hanakuros Augen weiteten sich und sie hob ihre Augenbrauen. „Yamamoto-Sama hat nichts dergleichen bei mir angemeldet. Geschweige denn in höherer Instanz.“

„War… spontan?“, versuchte sich Yuki auszureden.

„Ich will Ihren Namen und Ihre Adresse, damit ich das ins System aufnehmen kann“, forderte die Sekretärin und zog aggressiv einen Zettel vom Block ihres Chefs. Sie klaute ihm auch einen Stift und begann furios einige Sachen drauf zu notieren, bis sie ungeduldig zu Yuki sah. Wartend, dass er ihr seinen Namen gab.

„Vielleicht warten wir lieber auf Sato? Bis er wieder da ist? Er kann das sicher klären…“

Doch Hanakuro ließ nicht mit sich reden. „Name und Adresse“, forderte sie erneut und hob wütend die Hand mit dem Stift.

„Naoyuki…“, murmelte der Engel schüchtern und suchte schnell nach Nachnamen und Adressen in seinem Kopf. Im Buch hatte er gerade mehrere gelesen, doch in dem Moment, wo Hanakuro ihn so bedrängte, fiel ihm keine einzige Information ein. Sein Kopf war leer. Nur sein Herz hämmerte gegen seine Brust. Wieso war Sato nicht hier?

„Und weiter?“, giftete die Sekretärin und kritzelte in einfacher Schrift Naoyukis Namen auf den Zettel.

Noch bevor Yuki dem Druck hinter seinen Augen nicht mehr standhalten konnte und die erste Träne die Wange runterlief, klopfte es zaghaft an der Glastür. Sowohl Hanakuro, als auch Yuki sahen erschrocken zur Geräuschquelle.

Suzuki stand mit blassem Gesicht hinter dem Glas. Sie starrte zu Yuki und zu Hanakuro, als wären sie Geister ihrer Vergangenheit.

„Gleich“, maulte die Sekretärin zur Ärztin und raunte auf. „Ich brauche den Rest der Infos! Jetzt!“

Yuki beschlich das Gefühl, dass Hanakuro die Infos in keinem Fall wirklich brauchte. Sie wollte aus reinem Eigeninteresse wissen, wer ihren geliebten Boss händchenhaltend begleitete.

„Hanakuro-San“, kam Suzukis ruhige, dennoch angespannte Stimmte durch die sich öffnende Tür. Sie trat mit langsamen Schritten ein und zog die Augenbrauen zusammen, als sie Yukis knatschige Augen sah. „Yamamoto-San hat mich angewiesen, Yuki zu mir zu nehmen, solange er in seiner Besprechung ist.“ Mit diesen Worten kam Suzuki auf den Engel zu und legte eine Hand auf seine Schulter. Dabei schluckte sie einen großen Kloß runter. Yuki spürte ihre Finger zittern. „Entschuldigen Sie die Verspätung“, rechtfertigte Sie sich beim Silberhaarigen, der einfach nur stumm nickte.

Hanakuro hingegen beobachtete beide mit offenem Mund. „Dann können Sie mir also sagen, wer das hier ist und was er hier macht?“

„Hat Yamamoto-San Sie nicht eingewiesen?“, fragte sie professionell und zog beide Augenbrauen hoch. „Wenn dem so ist, bin ich verpflichtet keine weiteren Angaben zu machen. Yamamoto-San wird sich darum kümmern. Ich werde sein Aufgabengebiet nicht überschreiten.“

Yukis Augen weiteten sich ehrfurchtsvoll. Konnte es sein, dass Suzuki für ihn log? Um ihn zu schützen? Noch nie war er Sato so dankbar, dass er einen Menschen in das große Geheimnis, was die beiden verband, eingeweiht hatte.

Während Yuki nervös an seinen Fingernägeln knibbelte, schnaubte Hanakuro aus und zerdrückte den Zettel in ihre Faust. Den Stift steckte sie passiv-aggressiv zurück in die Halterung. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging sie mit finsterem Blick aus dem Büro, schloss die Glastür hinter sich mit einem Lauten Klacken und verschwand in ihrem eigenen Büro.

Sowohl Suzuki als auch Yuki seufzten erleichtert auf. Beide blieben stumm, bis sich die Ärztin auf den anderen Stuhl neben Yuki setzte und ihre Hände in ihren Schoß legte. Große Augen starrten den Engel an und schienen weiterhin zu überlegen, ob das, was sie sah, tatsächlich da sein konnte.

„Danke“, flüsterte Yuki schließlich und sah beschämt zu Boden. „Sie wollte von mir Dinge wissen, die ich ihr nicht sagen konnte.“

„Was wollte sie denn wissen?“, hauchte Suzuki, als hätte sie Angst, sie könnte zu laut sprechen.

„Meinen Namen und meine Adresse. Aber ich habe nur einen Vornamen. Und Satos Adresse konnte ich ihr ja nicht geben…“

Die Ärztin musterte den Engel eingiebig, bis sie schließlich die Schultern ein paar Zentimeter fallen ließ. Sie entspannte sich so gut es ging und lehnte sich zurück. „Also ist alles, was Yamamoto-San mir erzählt hatte… wahr?“

Das ließ Yuki schüchtern lächeln. „Ich weiß nicht, was Sato Ihnen alles erzählt hat, aber ich gehe mal davon aus.“

Sie gestikulierte mit ihren schmalen Händen in der Luft und suchte nach Worten. „Aber das klingt so abstrus! Wie kann er sterben, dann doch nicht und einen Engel sehen, den niemand sieht, bis… heute?“ Da sah sie ihm direkt in die Augen.

Yuki nickte. „Vermutlich bin ich schon seit gestern für alle sichtbar. Aber Sato und ich waren nur zu Hause.“

„Was ist denn passiert, dass Sie… auf einmal erkennbar geworden sind?“ Es interessierte die Ärztin nur peripher, wieso der Engel ein Mensch geworden war. Vielmehr huschten ihr Fragen durch den Kopf wie ‚Wo liegt das Jenseits?’, ‚Was machen tote Seelen den ganzen Tag im Jenseits?’, ‚Wieso ist Yamamoto-San noch hier?’, ‚Was kann man tun, wenn eine Seele nicht leiden soll?’ und ‚Gibt es Methoden, die die Medizin überschreiten, und den Tod eventuell abwehren könnten?’.

Doch eins hatte sie immer in Ihren Sitzungen mit Patienten gelernt: Nicht ihre Probleme waren wichtig, sondern die des Patienten. Also riss sie sich zusammen und tat wie immer so, als wäre bei ihr alles in Ordnung. So wie damals, als Sato in ihr Büro gestürmt kam und ihr von einem unsichtbaren Todesengel erzählt hatte.

Vielleicht sollte sie doch noch eine Facharztausbildung zur Psychiaterin machen. Es schien sich zu lohnen.

„Ich habe mit Sato geschlafen…“, murmelte Yuki und errötete in dem Moment, wo die Worte seine Lippen verlassen hatten. Er wusste doch gar nicht, was die Ärztin alles wusste und was nicht! Wie konnte er also so ein privates Detail über Sato verraten?!

Suzuki hielt entsetzt den Atem an. Schließlich fing sie langsam an zu nicken. Da erinnerte sie sich an Satos Ausführungen, dass er Yuki hübsch fand. Dass er aussah wie Teil einer Boyband. Und dass er mit ihm Petting hatte. All das hielt sie für einen inneren Konflikt. Dass Sato eigentlich schwul war und es sich nicht eingestand. Doch dass der Junge, mit dem Sato das wohl alles erlebt hatte, nun leibhaftig vor ihr saß und dieselbe Geschichte zu erzählen vermag, ließ sie die Vermutung über eine unüberwundenen inneren Konflikt ablehnen.

„Sie haben mit ihm geschlafen“, wiederholte sie etwas gefasster als vorher und räusperte sich. „Sie beide sind also ein Paar?“

Yuki nickte, während seine Mundwinkel zuckten. Ein schüchternes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen.

„Aber Sie sind eigentlich ein Todesengel? Verstehe ich das richtig?“

Abermals nickte Yuki. Sein Lächeln versiegte langsam.

„Und Sie müssen seine Seele ins Reich der Toten bringen?“

Das Lächeln formte sich schnell in eine strenge Linie.

„Aber Sie können das eventuell nicht mehr, weil…“, und da überlegte Suzuki selber noch einmal, „… Sie ein Mensch geworden sind?“

Der Druck hinter Yukis Augen verstärkte sich abermals. Ein nasser Rand bildete sich am unteren Lied.

„Sie vermuten, das hängt damit zusammen, dass Sie mit Yamamoto-San geschlafen haben?“

Da fiel die erste Träne auf Yukis Handrücken. Weitere tropften vom Kinn, als er Suzukis Worte hörte. Die Ärztin schreckte auf, kramte in ihren großen Taschen vom Kittel und zog eine Taschentuchpackung raus. Schnell reichte sie dem kleinen Engel ein Taschentuch.

„Entschuldigen Sie, ich musste nur für mich noch einmal wiederholen, was eigentlich passiert ist…“, erklärte sie hastig und zog ein weiteres Papiertaschentuch aus der Packung, um es Yuki zu reichen. „Stehen Sie also vor einem Problem ohne Lösung? Sehe ich das richtig?“

Yuki nickte und hickste einfach nur immer wieder auf, anstatt mit Worten zu antworten. Sein Kopf war leer und er fand einfach nicht die richtigen Sätze, wie er die Situation erklären könnte. Für jemand Außenstehendes wie Suzuki war es schwerer zu verstehen, was eigentlich passiert war und was passieren wird, sollte sich die Situation nicht ändern.

„Was passiert denn mit Yamamoto-San, wenn er nicht ins Jenseits kann?“ Suzuki sah den Engel mit großen Augen an. „Könnte er weiterleben?“ Das wäre interessant zu wissen – immerhin ginge man so bei schweren Operationen mit einem leichteren Gewissen rein; könnte man den Todesengel einfach überzeugen, dass die Seele noch etwas mehr Zeit bräuchte.

„Er würde früher oder später sterben. Und dann als verlorene Seele in der Welt herumirren…“, flüsterte Yuki heiser und schniefte erneut in sein Taschentuch. Er warf das Alte weg und faltete das Neue auf.

„Und es gibt niemand anderen, der Ihnen helfen kann? Ein anderer Engel zum Beispiel?“, fragte Suzuki vorsichtig. „Wenn ich in meinem Fachgebiet nicht weiterkomme, frage ich einen Kollegen. So machen es viele. Oder haben Sie keine Kollegen?“

Da lachte Yuki leise auf. „Sogar Millionen von Kollegen…“

„Und da ist niemand dabei, der Ihnen helfen kann?“

Der Engel biss sich verzweifelt auf die Lippe. „Ich wüsste nicht, wie ich sie erreichen könnte… Und Sato soll ja nicht zurück! Er soll hier bleiben! Bei mir…“

Die Ärztin sah Yuki erneut einen Heulkrampf bekommen und gab ihm ihre ganze Taschentuchpackung. Während sie dem Schniefen und Wimmern still zuhörte, starrte sie auf Satos Schreibtisch. Angestrengt suchte sie nach einer Lösung. „Und wenn Sie beide… an einen Ort gehen, wo viele Menschen sterben? Würden Sie dann nicht früher oder später einem anderen Engel begegnen? Oder werden nicht alle Seelen überführt?“

Yuki erstarrte auf einmal. Mit großen Augen sah er zur Ärztin auf. „Wo viele Menschen sterben?“, wiederholte er unsicher.

„In einem Krankenhaus“, sagte Suzuki bedächtig. „Als ich meine Assistenzarztzeit auf der Krebsstation absolviert habe, habe ich viele Menschen kommen und gehen sehen. Wenn solche Seelen ebenfalls überführt werden, könnten Sie dort doch vielleicht mit jemandem sprechen? Derjenige sollte ja die Fähigkeiten besitzen, Sie und Yamamoto-San zu helfen, oder nicht?“

Der Engel begann eifrig zu nicken. „Das könnte klappen!“, rief er und begann Hoffnung zu schöpfen. Doch so schnell, wie der Silberstreif am Horizont sichtbar wurde, so schnell verschwand er auch, als er Sato durch die Glasscheibe dem Büro näherkommen sah. Sato würde sterben. Sobald sie im Krankenhaus ständen, würde er nicht mehr rauskommen. Der Engel – wer auch immer das sein würde – würde ihn mitnehmen. Und Yuki? Würde vielleicht auf der Erde zurückbleiben. Am Ende wären beide getrennt. Egal, wie es ausgehen würde.

„Suzuki-Sensei“, begann Sato, als er sein Büro betrat. „Sie… haben Yuki besucht?“ Er sah müde aus. Geschafft. Als wäre das Meeting schlechter gelaufen, als üblich. Doch Yuki wusste es besser. Er hatte sich den Kopf darüber zerrissen, wie er Yuki helfen könnte.

Die Ärztin stand auf und verbeugte sich ein kleines Stück zur Begrüßung. „Ich wollte mich eigentlich bei Ihnen für mein Verhalten vorhin entschuldigen.“ Da erhob sie sich wieder und sah bedächtig zu Boden. „Ich wusste vorhin nicht, wie ich auf alles reagieren sollte.“

Sato schmunzelte müde und stellte seine Aktentasche auf dem Schreibtisch ab. Ein gewaltiger Haufen Papierkram folgte. Mehr Arbeit.

„Das verstehe ich. Und dafür brauchen Sie sich nicht zu entschuldigen“, hauchte der Manager leise, während er lustlos den Papierstapel auseinander nahm und einzelne Berichte neben seine Tastatur legte. Yuki sah ihm zu, während Suzuki dankend nickte.

Es wurde still um die drei. Sato klatschte einen Stapel auf den Drucker, wiederum einen anderen auf die Rollcontainer neben dem Schreibtisch, einen anderen erneut neben die Tastatur. Immer wieder schnaubte der Manager genervt aus, während er den Haufen Arbeit verteilte.

Yuki beobachtete das Schauspiel einige Sekunden, bis er Sato schließlich einen Papierstapel aus der Hand riss und ihn zurück auf den Aktenkoffer knallte. „Dafür haben wir jetzt keine Zeit!“, schrie er wütend auf und sah durchdringend zu seinem Partner. Der hielt erschocken die Hand in die Höhe, mit der er gerade noch den Stapel hielt. Auch Suzuki zuckte zusammen. „Wir müssen eine Lösung suchen! Deine Arbeit interessiert jetzt nicht!“

Natürlich hatte der Engel Recht – es gab gerade wichtigere Dinge, als Ablage. Aber es war das, was er konnte. Wo er immer wusste, was zu tun war. In seinem Job ging er auf.

Und es hatte ihm das Leben gekostet.

„Was sollen wir denn tun?“, murmelte Sato zerschlagen, während er auf seine Hand starrte. „Mir ist auch während der Besprechung nichts eingefallen. Stattdessen fragte mich Takeshi aus, wer du bist und ob du die Yuki bist, von der hier immer die Rede war.“

„Ich habe Sie gewarnt, dass Sie besser nicht von Yuki sprechen sollten“, begann Suzuki und presste ihre Lippen aufeinander.

„’Ich habe es Ihnen gesagt’ hilft mir herzlich wenig!“, knurrte der Manager und schob die Aktentasche samt Papierstapel beiseite.

Yuki stand schließlich auch auf und ballte seine Hände zu Fäusten. „Suzuki-Sensei hatte eine gute Idee“, begann er, obwohl ihm schon wieder nach Weinen war. Er wollte Sato nicht loslassen oder ihn aufgeben. Aber es musste sein.

„Eine Idee? Wirklich?“ Der Schwarzhaarige sah mit weit aufgerissenen Augen zu seiner Ärztin, die etwas überfahren einen Schritt nach hinten machte.

„Ich hatte Yuki-San nur vorgeschlagen, dass Sie vielleicht einen seiner Kollegen einschalten könnten. Der würde Ihnen sicher helfen. Zumindest könnte er Ihre Seele sicher ins Jenseits bringen, wenn Yuki-San nicht mehr in der Lage dazu wäre.“ Nach jedem Satz sah sie unsicher zu Boden. Machte sie bei dem Theaterstück tatsächlich mit? Ein Teil in ihr wartete immer noch auf die versteckte Kamera oder den Aprilscherz. Doch als auch Satos Augen anfingen zu strahlen, blieben ihr die negativen Worte im Hals stecken.

„Kannst du deine Kollegen erreichen, Yuki?“, fragte der Manager hastig und sah zu seinem Liebhaber, der sofort den Kopf schüttelte.

„Aber Suzuki-Sensei hatte auch den Vorschlag gemacht, dass wir an einen Ort gehen, wo viele Menschen regelmäßig sterben. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir auf einen anderen Todesengel treffen und ihn um Hilfe bitten können, ist sehr hoch!“

Sato nickte und holte tief Luft. Zittrig entließ er sie wieder. „Das… Das ist an sich eine gute Idee… aber“, begann er und schob die Augenbrauen zweifelnd zusammen, „was passiert mit dir? Musst du dann hier bleiben? Darfst du wieder mitkommen?“

Yuki zog die Schultern hoch und sah trüb zu Boden. „Das weiß ich nicht. Das müssen wir dann sehen.“

„Ich gehe nirgendwohin ohne dich“, sagte Sato entschlossen und griff nach Yukis Hand. Nasse braune Augen sahen zu ihm hoch und waren von Verzweiflung gekennzeichnet. Der Manager zögerte also nicht weiter und nahm seinen Engel fest in den Arm. Es war ihm egal, dass Suzuki noch da war und die beiden beobachtete. Sollte sie sehen, was die letzten Wochen passiert war. Und wie er jetzt zu seinem Partner stand. Schwul oder hetero – Sato interessierte das nicht mehr. Es gab nur noch Yuki.

„Mehr fällt mir leider nicht ein“, murmelte die Ärztin schließlich leise und faltete ihre Hände vor ihrer Hüfte. „Aber wenn Sie sich für diese Variante entscheiden, kann ich Ihnen die Stationsnummer geben, auf der ich damals war. Dort ist es eher ruhig, da viele ihre letzten Minuten verbringen. Die Schwestern dort sind auch alle sehr freundlich.“

Die Worte klingelten in Satos Ohren wie Kirchenglocken, die sein letztes Geleit ankündigten. Sowieso fühlte er sich wie ein kranker Mann, der sich nun von allen verabschieden musste, weil er bald sterben musste. So kurz vor Weihnachten? Musste das sein?

Sein Blick wanderte langsam zu Suzuki, die höflich neben dem Pärchen stand und wartete. Schließlich nickte er ihr zu. „Vielen Dank, Suzuki-Sensei. Schicken Sie mir die Nummer doch per Mail. Dann gehen wir dort morgen hin. Oder übermorgen.“

„Oder gar nicht“, flüsterte Yuki in Satos Anzug. Sein Gesicht war komplett gegen Satos Brust gedrückt.

Suzuki nickte schließlich und ging langsam zur Glastür. Als sie das Büro verlassen wollte, sah sie sich noch einmal zum Manage rum. „Yamamoto-San. Wenn sie wirklich gehen sollten… Wünsche ich Ihnen alles Gute auf Ihrer Reise.“

Der Manager spürte sein Herz brechen, als selbst seine Ärztin Abschied von ihm nahm. Ein schneller Tod war definitiv die bessere Wahl, als dieses Gefühlsdrama. Doch er nickte und bedankte sich. Schließlich ging sie ihren Weg und verschwand aus der Sicht.

„Machen wir das wirklich?“, murmelte Sato schließlich, als er sich von Yuki löste und sein tränenüberströmtes Gesicht sah. 

Der Engel nickte langsam, während er sich mit dem Ärmel über die Augen wischte. „Ich will dich in Sicherheit wissen. Und wenn wir dafür andere Wege einschlagen müssen, dann soll es so sein. Aber die Unsicherheit, dass du jeden Tag erneut sterben könntest und ich dann unfähig bin, dich ins Jenseits zu bringen, macht mich verrückt.“

Sato senkte seinen Blick. Er streichelte über die glatten, weißen Wangen seines Partners. Seine Augen waren geschwollen und rot. Die letzten Momente hatte er sich anders vorgestellt. Und dann wiederum… genau so. Wie hätte es sonst enden sollen? Alles, was sie bisher angefangen hatten, endete im Desaster. Wieso dann nicht auch das vollkommene Ende?

Erneut nahm er den Engel fest ihn die Arme und strich über seine weißen Haare. „Ich bin mir sicher, dass wir noch etwas Zeit haben. Lass uns doch noch etwas Schönes für uns machen.“

„Das heißt…?“, hakte Yuki vorsichtig nach und sah unsicher nach oben.

„Ich habe noch Karten für ein Konzert an Heilig Abend. Jetzt, wo du sichtbar bist, ist es sogar noch schöner, dass ich nicht ‚alleine’ hingehen muss.“

Der Engel wusste nicht ganz, wie er diesen Plan aufnehmen sollte. „Du willst nach allem, was passiert ist, auf ein Konzert?“

Das ließ den Manager unsicher werden. „… keine gute Idee?“

„Ich weiß nicht…“ Der Blick des Engels fiel abermals zu Boden.

„Danach gehen wir ins Krankenhaus. Okay?“

Die letzten Minuten hatten also angebrochen, dachte Yuki. Alles hatte nun ein absehbares Ende.

„Dann will ich aber, dass wir jetzt nach Hause gehen und du auch morgen nicht hierher kommst, sondern den Tag mit mir verbringst“, forderte Yuki mit strengem Blick und presste die Lippen aufeinander. „Das hier ist wirklich verschwendete Lebenszeit!“

Sato ließ Luft aus seiner Lunge. Er sah zum großen Papierstapel auf seinem Schreibtisch. Schließlich nickte er, löste sich von Yuki und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er begann eine E-Mail zu schreiben.

„Hast du mich gerade nicht gehört? Oder bist du gegen meine Idee?“, begann Yuki zu keifen und fühlte die Tränen erneut in die Augen schießen. Wie konnte dieser Mann nur ständig an die Arbeit denken!

„Ich verfasse eine Mail an Suzuki. Sie soll mich krankschreiben und sich irgendwas ausdenken. Wenn ich dann sterbe, kann sie zumindest den Kollegen ein Statement geben.“

Die Worte taten weh. Doch Sato blieb eisern und verfasste seine letzte E-Mail. Als er auf ‚Senden’ klickte, aufstand und seinen Mantel anzog, nahm er Yuki erneut an die Hand. „Gehen wir“, sagte er und rang sich ein lächeln ab.

 

Ohne ein Wort an Takeshi oder Hanakuro zu verlieren, gingen beide aus dem Bürokomplex und fuhren zurück ins Loft. Obwohl sie sich vorgenommen hatten, die Zeit zu genießen, taten sie nichts weiter, als zu Hause zu hocken und aneinandergekuschelt im Bett zu liegen. Die drückende Stimmung machte sie bewegungsunfähig. Sie lähmte sie bis aufs Mark.

Sato malte sich aus, wie es wohl wäre, erneut zu sterben. Und was ihn danach erwarten würde. All die Zeit hatte Yuki nicht danach gefragt. Und jetzt war es ihm auch egal. Er würde es bald selber herausfinden.

Und Yuki fragte sich, was aus ihm werden sollte, wenn Sato erst einmal nicht mehr wäre. Würde er mitkommen dürfen? Oder müsste er auf der Erde bleiben? Alleine?

 

Musste denn alles ein Ablaufdatum haben? 

 

Tag 23

 

Der Wecker klingelte schrill um 5 Uhr. Sato hatte vergessen ihn auszuschalten. Müde griff er um sich und warf den Wecker mit Kraft gegen die Wand. Die Batterie sprang raus und rollte über den Boden.

Yuki wurde sofort wach und beobachtete, wie die Batterie im faden Licht des Mondlichts über den Boden rollte. Er sagte nichts, sondern sah nur zu seinem Partner, der wach neben ihm lag und sein Kissen anstarrte. Als sich ihr Blick traf, musste Sato grinsen.

„Das wollte ich schon immer mal tun“, kicherte er dunkel und hob den Rest vom Wecker hoch. Das hintere Plastik war gebrochen und die Digitalanzeige erloschen. Der Engel stimmte in das Grinsen ein.

„Das glaube ich dir sofort.“

Sofort kuschelte er sich an Sato heran. Der Körperkontakt hinterließ in ihm ein angenehmes Gefühl. Genau das hatte ihn damals dazu gebracht, sich diesem Menschen überhaupt zu nähern. Und er konnte immer noch nicht genug davon bekommen.

Yuki küsste seinen Partner innig auf die Lippen und hielt ihn dabei fest im Arm. Die sinnliche Berührung der beiden Münder ließ die Gedanken für einen Moment abschweifen.

Und obwohl Sato sich sicher war, dass er mit dem grauenhaften Gefühl in seinen Knochen nie an Sex denken könnte, fand er sich schnell in hitzige Berührungen wieder. Yuki initiierte das leidenschaftliche Vorspiel, in dem er sich an Sato rieb und sein Glied streichelte.

So dauerte es auch nicht lange und er drang erneut in seinen Engel ein. Das warme, wohlige Gefühl umschloss ihn und alles, woran Sato denken konnte, war, dass es das letzte Mal sein könnte. Doch Yuki ließ sich nichts anmerken, bewegte sich wie immer leidenschaftlich gegen den Manager und keuchte angeregt seinen Namen in den stillen Raum. Das Bett quietschte etwas unter den rauen Stößen, Kissen fielen auf den Boden und die Decke türmte sich neben den beiden heißen Körpern auf.

Nach dem Sex gingen sie schweigend Duschen. Erst, als sie frühstückten und die Sonne langsam ins Loft schien, fand Sato seine Stimme wieder.

„Ich habe noch etwas für dich“, begann er und versuchte zu lächeln. Yuki hob beide Augen und hielt inne. Etwas Ei fiel von seinen Stäbchen.

„Ist es eine Freikarte für ein gemeinsames Leben? Die könnte ich zufällig gerade gebrauchen“, sagte Yuki bitter und ließ die Stäbchen sinken. Sato knirschte etwas mit den Zähnen und schüttelte den Kopf.

„Geld kann nicht alles kaufen. Wenn es so wäre, würde ich es sofort tun, das weißt du.“

„Ich weiß“, murmelte der Engel schließlich und sah betrübt in seine Schüssel. Der Manager rutschte langsam von seinem Stuhl und ging mit langsamen Schritten zum Schreibtisch. Er öffnete die oberste Schublade und zog ein Samtsäckchen heraus. Yukis neugieriger Blick folgte ihm und staunte nicht schlecht, als das Säckchen vor seine Nase abgesetzt wurde.

„Ich wollte es dir zu Weihnachten schenken. Und eigentlich“, führte Sato weiter aus, während er sich wieder auf seinen Stuhl gleiten ließ, „wollte ich dir etwas Hochwertigeres kaufen. Aber da hätte ich mich früher drum kümmern müssen, schätze ich.“

Yukis Blick blieb auf den Säckchen haften. „Wenn du es mir zu Weihnachten schenken willst, dann gib es mir doch auch erst an Weihnachten.“

„Du weißt, wieso ich es dir jetzt schon gebe. Mach es schon auf, Dummkopf.“

Traurig legte Yuki die Stäbchen weg und zog vorsichtig am Bändchen. Als die Schleife sich öffnete und Yuki in das Innerste blicken konnte, entwich ihm ein verzweifeltes Seufzen. Er drehte das Säckchen um und die glitzernde Herzkette fiel in Yukis Hand. Sie schimmerte in allen Farben, während sie auf seiner Handfläche lag.

„Sato“, begann Yuki leise und drehte die Plastikkette in beiden Händen, als wäre sie das teuerste Schmuckstück der Welt. „Du hast sie wirklich gekauft.“

„Sie gefiel dir doch so“, lächelte er und musste amüsiert auf die Kette sehen. „Auch wenn ich dir lieber etwas Anständiges gekauft hätte.“

Mit einem entschlossenen Blick streckte Yuki die Kette Sato entgegen und rümpfte die Nase. „Die ist anständig. Mach sie mir um den Hals.“

Die Gestik ließ Sato aufkichern. „Sofort… Chef.“

Erneut ließ er sich vom Stuhl gleiten, nahm Yuki die Kette ab und legte sie sanft um seinen schmalen Hals. Als der Karabinerhaken geschlossen war, strich er über Yukis Schultern. Sein Schlüsselbein stach durch die feine Kette noch mehr hervor.

„Sie steht dir“, musste Sato zugeben und zwinkerte seinem Engel zu.

Yuki rang sich ein Lächeln ab, zog Sato zu sich runter und küsste ihn liebevoll auf die Lippen. „Ich habe gar nichts für dich zu Weihnachten… Außer Kerzen“, scherzte er und deutete auf das Bad.

„Du bist mir Geschenk genug“, murmelte der Manager, während er über Yukis Wangen strich. „Mehr hätte ich mir nie wünschen können.“

Mit diesen Worten spürte der Engel erneut Druck hinter seinen Augen. „Sag das nicht so geschwollen“, quetschte er mit einem gequälten Lächeln aus seinen Lippen. „Ich habe dir nichts als Ärger gemacht.“

„Das ist nicht wahr. Du hast Ärger und viel Gutes mitgebracht“, korrigierte Sato und lehnte sich gegen die Küchentheke. „Und ich denke gerne an jeden Nerv, den du mich gekostet hast.“

Die Wangen vom Engel färbten sich leicht rosa. „Ich danke dir noch immer für alles, was du mir gegeben hast.“

„Und ich gebe dir mehr“, kündigte Sato an und ging erneut zum Schreibtisch. Er zog einen dicken Ordner aus einem Regal und schaltete seinen PC ein. Den Ordner legte er schließlich auf die Theke. „Den gehen wir nachher mal durch.“

Yukis Augen formten sich zu schlitzen. „Ich dachte eher an etwas Schöneres. Wie… Spazierengehen oder Baden. Und nicht an erneuten Papierkram.“

„Dieser Papierkram ist aber wichtig in dieser Welt“, bemerkte Sato etwas gereizt und hob eine Augenbraue an. Er schlug mit einer schnellen Handbewegung den Umschlag des Ordners um. „Hier drin sind alle wichtigen Daten, die du brauchst.“

Dabei zeigte er an den Rändern der Blätter, die akribisch geordnet wurden. Darunter Bankdaten, Mietunterlagen, Strom, Wasser, Versicherungen und noch vieles mehr, was Yuki zum ersten Mal sah.

„Wichtig sind für dich die Bankdaten, da verwaltest du das Geld. Wenn Versicherungen was abbuchen, behältst du den Brief und ordnest ihn hier unter Versicherungen ein. Hier legst du andere neue Rechnungen an. Ich würde dir auch das Auto dalassen, aber du hast keinen Führerschein. Den kann ich dir nicht überschreiben. Mein Bankkonto schon. Am besten lässt du alles irgendwann auslaufen…“, da wurde Sato kurz still, als würde er überlegen. „Du kannst vom Geld ganz gut leben. Versuche nicht zu verschwenderisch zu sein. Das Loft ist abbezahlt, du musst nur Strom und Wasser bezahlen. Das wird per Lastschrift abgebucht, du musst also nichts tun…“

Und während Sato Yuki noch tausend andere Dinge erklärte, starrte er einfach nur mit feuchten Augen in den Ordner, der aus vielen kleinen Buchstaben und Zahlen bestand. Schließlich wurde ihm schlecht. Sato wollte ihm alles überschreiben. Ihm alles geben, was er besaß. Und der Manager besaß eine Menge!

„Bleib also im Monat unter diesem Betrag und du solltest ohne große Schwierigkeiten die nächsten 10-15 Jahre klar kommen. Vielleicht kannst du ja auch die Leute im Laden die Straße runter fragen, ob sie dich für ein paar Stunden in der Woche anheuern. Dann hast du was zu tun und die fragen bestimmt nicht nach Personalien. So sieht der nicht aus… da kannst du bestimmt ein bisschen schwarz arbeiten. Auf jeden Fall verkaufst du das Auto so schnell es geht, dann bekommst du noch einen guten Preis“, führte Sato weiter aus und achtete gar nicht mehr darauf, ob Yuki zuhörte. Er war sich so sicher, dass alles funktionieren würde. Der Engel sollte ein schönes Leben haben. Und Sato brauchte das ganze angehäufte Geld nicht mehr. Das Loft auch nicht, sein Auto ebenfalls nicht. Im Grunde brauchte er nur Yuki, aber der würde vermutlich hier bleiben müssen. Im schlimmsten Fall völlig alleine, ohne Identität, mit nichts. Also musste Sato alles vor seinem Tod regeln. Ihm Dinge vererben. Hinterlassen. Verfügbar machen. Am besten würde er seinem Anwalt nachher ein Schreiben hinterlassen, was Yuki ihm nur vorlegen müsste.

Und während der Manager so in Gedanken war, begann Yuki still zu weinen. Er wollte kein Geld. Oder das Loft. Er wollte Sato. Aber er wollte den Manager nicht unterbrechen. Immerhin tat er gerade alles, was er noch vor seinem Ableben tun konnte. Wenn sie ins Krankenhaus gehen würde, wäre das das Ende. Und wie auch immer es ausgehen würde… Yuki könnte nicht bei Sato bleiben. Immerhin war er keine tote Seele, richtig?

Vorsichtig griff der Engel nach Satos Hand, die neben dem Ordner ruhte. Seine Finger fuhren langsam über seine Knöchel und streichelten die raue Haut. Mit einem Mal trockneten die kleinen Tränen auf seinen Wangen. „Woran merkt man, dass man ein Mensch geworden ist?“, hauchte er auf einmal völlig losgelöst vom Kontext in Satos Rede. Der hielt inne, horchte, ob Yuki noch mehr sagen würde, doch als nichts kam, dachte er nach. Die Frage war also ernst gemeint?

„Ich schätze die Menschlichkeit zeichnet sich durch das Mensch-Sein aus? Miteinander sein, Empathie fühlen, Erleben und Verhalten in irgendeiner Weise – “

„Nein“, unterbrach Yuki seinen Partner erneut. „Ich meine… sterblich sein.“

Sato hätte gerne in Yukis Augen gelesen, was er sich eigentlich bei der Frage dachte, doch der sah stur auf ihre Hände, die sich langsam ineinander hakten. Wieder suchte Sato nach einer Antwort.

„Man ist sterblich, weil man sterben kann. Alles andere wäre Unsterblichkeit. Das, was du hast.“

„Hatte“, korrigierte Yuki und sah zum ersten Mal seit Minuten wieder auf. Das Augenweiß war wie immer rötlich unterlaufen und glänzte im faden Sonnenlicht. „Jetzt bin ich sterblich, oder nicht?“

„Ich weiß es nicht, Yuki“, murmelte Sato und zog die Augenbrauen zusammen. „Worauf willst du hinaus?“

„Wenn du stirbst“, und da brach seine Stimme für einen kurzen Moment weg, „dann sterbe ich mit dir. Dann können wir uns vielleicht im Jenseits wieder sehen! Verstehst du?“

Satos Augen weiteten sich schlagartig und er entzog Yuki seine Hand. „Du spinnst ja wohl!“, zischte er und verkrampfte sich. Doch Yuki blieb eisern und hielt an seiner Idee fest, die er mit so viel Hoffnung in den Augen präsentierte.

„Aber wenn ich doch jetzt ein Mensch bin, kann ich auch sterben! Und dann werden wir gemeinsam gehen können! Ist das nicht viel besser, als für immer getrennt zu sein?“

„Yuki, so romantisch wie das in Filmen immer klingt, ist es nicht. Du missverstehst das mit dem gemeinsamen Tod –“

„Du willst also lieber getrennt sein?“ Erneut lief eine Träne über seine Wange, die so heiß waren, als würden sie kochen.

„Nein, natürlich nicht –“

„Dann lass mich sterben!“, schrie Yuki laut und griff aggressiv nach Satos Arm.

Sato war sonst nie ein Freund von Gewalt. Außer beim Sex. Und dann nur mit Einverständnis. Aber es war, als hätte sich seine Hand von alleine bewegt. Da war so viel Wut in ihm, als er Yukis abstruse Idee hörte, dass er nicht anders konnte, als Yuki einmal feste mit der Rückhand auf die Wange zu schlagen. Der rutschte ein Stück vom Stuhl und konnte sich nur mit seinem stählernen Griff um Satos Arm festhalten. Seine Wange pulsierte röter als die andere. Es brannte unter der Haut. Und mit einem Mal verstummte er. Nur sein unregelmäßiger Atem hallte durch das ruhige Zimmer.

„Schmeiß nicht weg, was dir geschenkt wurde“, flüsterte Sato angespannt in die Stille. Es dauerte einen Moment, bis er sich soweit beruhigt hatte und wieder nach Yukis Hand greifen konnte. Er drückte sie feste in seiner und spürte das unsichere Zittern der Finger.

„Ich“, begann Yuki, brach jedoch ab, als er sich die Wange rieb. „Ich will nicht alleine hier in einer Welt sein, in die ich nicht gehöre…“

„Ich bin mir sicher, dass du nicht für immer alleine sein wirst.“ Sato wollte nichts runterreden, sonder aufmunternd klingen. Er war sich selber nicht sicher, ob er an Yukis Stelle irgendwann wieder einen anderen Partner haben könnte. Zeit heilte nicht alle Wunden, dessen war er sich bewusst. Aber vielleicht würde Yuki mit seiner aufgeschlossenen, gut gelaunten Art sehr schnell Freunde finden, die ihm helfen würden.

Als hätte der Manager mit seiner Antwort Yukis Herz ein für alle Mal gebrochen, zog der seine Hand aus Satos. Seine Lippen zitterten und formten eine strenge Linie. Letztendlich stand er auf, zog die Kette aus und warf sie mit Schwung auf die Küchentheke neben den Ordner. Ohne ein Wort zu verlieren, schnappte er sich seine Jacke, zog die Boots an und stürmte raus.

Alles, was Sato tun konnte, war ihn beim Namen zu rufen, zu fragen, was los sei und ihm eventuell hinterherzulaufen. Doch er blieb still an der Theke stehen, sah auf das Herz und fühlte sich schwer. Als er die Tür erneut ins Schloss einrasten hörte, griff er nach der Kette.

Seine Wangen wurden heiß. Der Druck hinter den Augen brennte. Und die erste Träne floss über seine Wange.

Er hatte sich so sehr geschworen nicht vor Yuki zu weinen. Vielleicht kam es ihm sogar Recht, dass der Kleine sich den Kopf abkühlen ging. Niemals würde er jetzt an Selbstmord denken. Er wusste ja gar nicht, was mit Sato geschehen würde. Seine einzige Chance wäre morgen im Krankenhaus, dachte der Manager, während er das Herz an seine Brust drückte.

Heiße Tränen liefen tausendfach über seine Wangen und tropften schließlich auf die Küchenplatte. Ein See bildete sich, den Sato mit seinem Ärmel vorsichtig wegwischte. Er schniefte, hickste auf und spürte, wie er anfing in einen Krampf zu geraten, der seine Brust zuschnürte. Seine Beine wurden zittrig, seine Hand verkrampfte sich um die Herzkette. Morgen würde er sterben. Und Yuki verlassen. Die Welt verlassen.

Gott, dachte er, er wollte lieber jetzt sterben. Sofort, ohne große Gefühle. Tot umfallen. Nie wieder wach werden. Nie wieder diesen Schmerz spüren und nie wieder an Yuki denken, der jetzt irgendwo im kalten Schnee stapfte und nach einer Antwort suchte.

 

Als er an sich herunter sah, bemerkte er blaue Adern auf seinem Handrücken. Sie breiteten sich auf seinem ganzen Körper aus. Bis zum Oberarm gingen sie und pulsierten. So ausgeprägt waren sie vorher nicht. Er sah aus wie eine Leiche.

Starb sein Körper? War es die eintretende Leichenstarre?

Seine Gedanken schwirrten wild in seinem Kopf, als er anfing, sich selber zu inspizieren. Als die Tränen trockneten und Panik eintrat, wurden die Adern blasser. Ganz langsam verschwanden sie wieder, als wären sie nie da gewesen. Gruselig, dachte Sato und beobachtete die schwächer werdende Bläue.

Das war also Aufgeben, streifte Satos Kopf. Sich aus tiefstem Herzen zu wünschen, man würde sterben. Doch er schwor sich nicht aufzugeben. Nicht, bevor Yuki wieder da war.

 

Es vergingen mehrere Stunden, in denen Sato sich Sorgen machte, aber nichts ausrichten konnte, als im Haus zu bleiben und Yuki die Tür zu öffnen, sollte er wieder heim kommen. Also setzte sich der Manager an das Schreiben an seinen Anwalt und erklärte, so gut er konnte, dass sein letzter Wille die Übergabe all seiner weltlichen Besitztümer an Yuki war. Und sollte es in seiner Verfügungsmacht stehen, sollte er dem Engel helfen, eine Identität zu bekommen. Mit etwas Hilfe würde sich Yuki einbürgern und Satos Nachnamen annehmen können.

All das beschäftigte den Manager für Stunden. Schließlich hörte er ein sanftes Klopfen an der Tür. Es war bereits dunkel geworden – die Sonne stand kurz hinterm Horizont. Mit hastigen Schritten lief Sato zur Tür und öffnete sie. Yuki stand mit blauen Lippen und reumütigem Blick an der Türschwelle und sah zu Boden.

„Da bist du ja“, seufzte Sato und öffnete die Tür ein Stück weiter, um Yuki hereinzulassen. Der streifte sich die schneebenetzten Schuhe noch vor der Tür ab und warf sich an Satos warmen Körper.

„Es tut mir Leid“, war alles, was Sato verstand, während sich Yukis Gesicht immer weiter in sein Shirt drückte.

Große Hände strichen über die etwas nasse Winterjacke und versuchten den Engel zu beruhigen. Er schien zwar nicht mehr wütend, dafür aber umso aufgelöster zu sein.

Sie kuschelten sich schließlich zusammen auf das Sofa und tranken eine heiße Schokolade. Yukis Blick traf dabei zum ersten Mal wieder in Satos graue Augen.

„Ich liebe dich“, sagte er zwar leise, aber mit sicherer Stimme. „Verlass mich nicht.“

Sato musste schmunzeln.

„Ich liebe dich auch“, antwortete der Manager und küsste Yuki sanft auf die nach Kakao schmeckenden Lippen. „Und ich werde immer in deiner Erinnerung bleiben und dich begleiten, wo auch immer du hingehst.“

 

Er ignorierte die erneute Feuchte in seinen Augen, stellte die Tasse ab und nahm sich die Zeit, seinen Engel fest zu umarmen. Sato gab nicht auf. Noch einen letzten Tag, sagte er sich, dann würde er freiwillig gehen und Yukis Sorgen gleich mit sich nehmen. 

Tag 24

 

Sato hatte seit mehr als 24 Stunden nicht mehr in seine Mails geschaut. Und es interessierte ihn nicht. Suzuki würde ihn schon krankgeschrieben haben. Sie wusste ja worum es ging.

Nachdem beide Männer am Abend noch einmal mit gemischten Gefühlen miteinander geschlafen hatten, waren sie sofort eingeschlafen. Als Sato neben sich griff und Yuki nicht spüren konnte, setzte er sich sofort auf.

Er war nicht da.

„Yuki?“, fragte er in die Wohnung.

Niemand antwortete.

„Yuki?“, rief er etwas lauter und sprang aus dem Bett. Nackt wie er war stampfte er durch die Wohnung, lukte ins Bad, ging die Treppe hoch, sah sogar aus dem Fenster und inspizierte den weißen Garten. Kein Engel.

Sein Herz raste. Es hämmerte gegen seine Brust und Sato dachte, er würde jeden Moment umfallen. Ihm wurde schlecht, alles zog sich in ihm zusammen. Und blaue Adern breiteten sich über seiner Hand aus.

 

Da öffnete sich die Haustür und Yuki trat mit einer großen Tüte in das Loft. Er hielt inne, als er den nackten Sato völlig aufgelöst und blau angelaufen mitten im Raum stehen sah.

„Sato?!“, rief er, ließ die Tüte zu Boden fallen und stürmte ins Zimmer. Doch in dem Moment, wo der Manager seinen Engel sah, entließ er die aufgestaute Luft in seiner Lunge und lächelte müde.

„Wo warst du…?“, murmelte er und blinzelte, als hätte er was im Auge gehabt.

Yuki schlang seine kalten Hände um den warmen Torso und drückte sein Gesicht gegen Satos Brust. „Frühstück holen! Ich wollte uns ein tolles Essen zubereiten!“ Dass die Idee letztendlich doch dumm gewesen war, ließ Yuki wimmern. „Es tut mir Leid, ich wollte dir keinen Schrecken einjagen!“

Das Blau ging wieder langsam zurück. Yuki beobachtete das Spektakel an Satos Oberarmen. Vorsichtig fuhr er mit den Fingerkuppen über die hervorstechenden Adern.

„Schon okay“, hauchte der Manager und küsste das silberne Deckhaar. „Frühstück? Was hast du denn geholt?“

„Croissants, Brot und etwas Aufschnitt. Typisch europäisch. Ich habe es schon oft gesehen und dachte, ich mache dir damit vielleicht eine Freude…“ Doch Yukis Blick ging abermals zu Boden, wo er traurig nach einem Loch suchte, in dem er sich schämen konnte.

„Ich liebe Croissants“, lächelte Sato und ging mit Yuki an der Hand zur Küche. Er hob die Tüte vom Boden auf und stellte sie auf die Theke. „Lass mich nur schnell was überziehen, dann helfe ich dir.“

 

Der Manager war wirklich bemüht, die letzten Stunden so angenehm wie möglich zu machen. Er versuchte tunlichst nicht an das Ende zu denken. Stattdessen machte er Witze wie früher und fühlte sich in manchen Momenten sogar leichter als sonst. Die Aussicht, dass er nie wieder arbeiten musste, nie wieder Schmerz spüren musste oder sich mit Leuten umgeben musste, die er hasste, ließ ihn aufatmen. Nur Yuki… der blieb den ganzen Tag finster. Selbst, als sie sich für die Abendvorstellung der Philharmonie fertig machten.

Er bürstete im Bad seine frisch gewaschenen Haare und starrte dabei durch den Spiegel auf Sato, der sich eine Fliege band.

„Du siehst gut aus“, bemerkte er trocken und emotionslos. Er hatte das Gefühl keine Träne mehr weinen zu können, auch wenn da noch so viele in ihm waren.

Sato lächelte, ignorierte die schlechte Laune, die Yuki verbreitete und küsste ihn auf die Wange. „Du auch. Ziehst du den Samtblazer an, den wir bestellt haben?“

Der Engel nickte stumm und legte die Bürste weg. „Hat das Krankenhaus überhaupt noch offene Besuchszeiten, wenn wir vom Konzert kommen?“

„Vermutlich nicht, aber Suzuki hat uns ja einen Tipp gegeben, an wen wir uns wenden können.“ Sato zog sich seinen teuersten Smoking an, den er besaß. Maßgeschneidert und tailliert geschnitten hätte er als neuer James Bond durchgehen können. Er prüfte seine gegelten Haare und fuhr sich über die glatt rasierten Wangen. „Aber genießen wir doch erst mal den Abend. Wir können danach noch etwas essen gehen. Auch wenn die Suppe heute Nachmittag sehr lecker war.“

Yuki rang sich ein trauriges Lächeln ab. „Gerne.“ Und vielleicht vergessen wir das Krankenhaus ja, dachte der Engel bei sich und streifte sich über sein schwarzes Seidenhemd den Samtblazer. Aber was würde das bringen? Gar nichts.

Als Sato seinen Partner genauer betrachtete, musste er breit grinsen. „In dieser Samthose hast du einen wahnsinnig knackigen Hintern, Yuki.“

Die ehrlichen und typisch sexuellen Worte, ließen Yuki zum ersten Mal seit Stunden aufkichern. „Soll ich lieber eine andere anziehen, bevor du mich im Konzertsaal rannehmen willst?“

„Auf keinen Fall“, brummte Sato in Yukis Ohr und umschlang seine schmale Figur. Er knabberte an der Ohrmuschel und ging mit seinen Händen auf Tuchfühlung.

„Wir lassen das Konzert also ausfallen?“, murmelte Yuki und ließ den Kopf nach hinten gleiten.

„Nein“, hauchte Sato und nutzte die Chance, Yuki erneut die Herzkette anzulegen. Der bemerkte das Schmuckstück unter den zärtlichen Berührungen erst nicht. Nur, als Sato ihn losließ und er die Nähe bereits nach Sekunden vermisste, sah er im Spiegel das glitzernde Herz. Er tastete es sanft ab, während Sato glücklich durch den Spiegel in seine Augen sah. Ein feuchter Schmatzer auf die Wange folgte, bevor der Manager das Bad verließ und persönliche Dinge in den Smoking packte.

 

Sato rief ein Taxi, was beide abholte und sie zum Konzert bringen sollte. Er hielt es für wenig sinnvoll den Wagen zu fahren, den Yuki nicht zurückfahren konnte. Doch das wollte er dem Engel nicht so ins Gesicht sagen, also erklärte er sich einfach gar nicht.

Yuki fragte auch nicht. Er dachte sich schon, dass das Taxi seinen Sinn hatte und sie nicht mit dem Auto fuhren. Also hielt er einfach nur still Satos Hand während der Autofahrt. Der Taxifahrer sah zwar zwischendurch mit skeptischem Blick zur Rückbank, doch das störte weder den Manager noch den Engel. Was hatten sie schon zu verlieren?

Als sie ankamen, stand bereits eine große Menge an Menschen vor dem Konzerteingang. Alle waren gehoben angezogen und gehörten offensichtlich so wie Sato zur besseren Schicht. Yuki fühlte sich etwas fehl am Platz, doch mit Sato an der Hand ging es. Auch hier starrten einige Leute das Pärchen mit bewertenden Blicken an.

Sato ließ es sich nicht nehmen, noch einen drauf zu setzen. Er beugte sich vor dem Eingang zu Yuki runter und küsste ihn sinnlich auf die Lippen. Einige Menschen wandten ihren Blick ab. „Darf ich noch eine rauchen?“, fragte er höflich und hielt bereits die Schachtel in der Hand.

Yuki wollte schon ansetzen und fragen, wieso er noch rauchte, wo er doch eigentlich aufhören wollte, aber einem sterbenden Mann schlug man keine Wünsche aus. „Natürlich“, lächelte Yuki und führte seinen Partner ein bisschen von der Masse abseits, wo er sofort ein Feuerzeug hörte.

Die tiefen Züge ließen Sato entspannen. Er würde das Konzert nur wenig verfolgen können. Vielleicht würde er Yuki doch noch verführen? Am besten, dachte er, wäre Sex inmitten des Konzertsaals. Aber Yuki lebte dieses Leben eventuell noch weiter, als wollte er es nicht gleich zerstören. Bei ihm war es frei nach dem Motto: Nach mir die Sintflut.

 

„Sato?“, kam eine bekannte Stimme hinter beiden.

Und der Manager pustete den Rauch aggressiv aus. Allein die Tonlage ließ ihn die Muskeln anspannen. Yuki drehte sich sofort um und zog scharf die Luft ein.

„Du benutzt die Karten tatsächlich für deine neue?“, zischte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Mei stand mit einer kleinen Clutch und einem roten Abendkleid neben dem Hintereingang und beobachtete die beiden Männer genauestens.

„Ich bin nicht seine neue“, giftete Yuki und sah sie finster an. Da gluckste Mei auf.

„Du bist ein Mann?“, fragte sie überraschte und hielt sich die Hand vor den Mund. „Sato, wer ist das?“

Schließlich drehte sich auch der Manager um und legte einen Arm um seinen Partner, während er genüsslich weiterrauchte. „Das geht dich nichts an, Mei. Wir sind noch immer getrennt, erinnerst du dich?“

„Ja“, maulte sie zurück. „Du hast dich ja auch seit zwei Wochen nicht mehr gemeldet!“

„Wieso sollte er auch?“, raunte der Engel unerwartet, was sogar Sato die Augenbrauen hochheben ließ. „Lass ihn doch endlich in Ruhe.“

„Was hast du dich da einzumischen?“ Meis Begleitung näherte sich mit vorsichtigen Schritten. Er sah durchschnittlich aus und kam nicht mal ansatzweise an Sato ran. Das bemerkte sogar Yuki, der sich sonst nie um das Aussehen anderer Menschen scherte.

„Ich bin sein Freund“, antwortete er mit eiserner Stimme. Sie sollte gehen. Beide alleine lassen.

„Aha“, war alles, was sie dazu sagte. Ihr Blick fuhr wieder zu Satos Erscheinung, der seine Zigarette in den Schnee warf.

„Hast du dir also neue Karten gekauft? Wieso hast du meine nicht behalten?“, fragte Sato, als er zur Begleitung von Mei nickte.

Als sie nicht antwortete, seufzte Yuki laut auf. „Na, weil sie hoffte, du würdest sie mitnehmen.“

„Ach ja“, kicherte Sato dunkel und schüttelte den Kopf. „Hab einen schönen Abend, Mei. Man sieht sich.“

Mit diesen Worten nahm der Manager seinen Partner an die Hand und hielt ihm die Tür zum Konzert auf. Mei hingegen ließ sich nicht so einfach abschütteln.

„Was soll das hier werden? Machst du jetzt einen auf schwul, damit ich dich ‚endlich’ in Ruhe lasse? Wie arm ist das?“, giftete sie und stampfte auf das Paar zu.

„Ich mache nicht einen auf schwul. Frauen wie du machen mich schwul“, war alles, was Sato dann noch zu sagen hatte, bevor er mit seinem Date die Konzerthalle betrat.

„Sie lässt nicht locker, hm?“, murmelte der Engel, als sie ihre Jacken an der Garderobe abgaben.

„Ihr werde ich mit Sicherheit irgendwann wieder begegnen. Ich traue ihr alles zu.“

Da wurde Yuki für einen Moment still. „Ihr erlaubst du also, sich umzubringen?“

Bei dem spitzen Satz drehte sich ein älteres Ehepaar um und sah verwirrt in die Richtung der Männer, die sich so offen über Suizid unterhielten.

„Das hat nichts mit erlauben zu tun, Yuki“, mahnte er seinen Partner und warf ein paar Münzen in die Trinkgeldschale. „Du sollst einfach hier bleiben. Und keine dummen Dinge tun.“

„Wie dumm kann es sein, seiner Liebe zu folgen?“, schnaubte Yuki und verschränkte die Arme, als sie zur Bar gingen. Sato brauchte einen Drink. Yuki auch, ob er wollte oder nicht.

„Sehr dumm, Yuki. Ende der Diskussion.“ Der Manager bestellte zwei Cocktails. Er war eh nicht mit dem Auto – kein Gewissenskonflikt. Betrunken zu sterben hatte bestimmt etwas Tiefenentspanntes.

„Du lässt also bis zum Ende den Egomanen raushängen, ja?“

„Egomane?“ Er bezahlte die Drinks und nippte an seinem starken Cocktail. War ganz gut. „Ich will mich einfach jetzt nicht mit dir darüber streiten.“

„Du wirst es sowieso nicht ändern können“, sagte Yuki streng voraus und trank ebenfalls von seinem Cocktail.

Das ließ Sato entnervt seufzen. Erst Mei, dann Yuki. Was war los? Musste denn alles kurz vor seinem Tod so ein Ende nehmen?

Der Manager trank den Cocktail mit großen Schlucken aus und stellte das Glas mit einem lauten Klacken ab. Yukis Augen weiteten sich.

„Ich geh noch eine rauchen“, verkündete er müde und zog sich bereits eine Zigarette aus der Tasche. Yuki wollte schon mitgehen, da drückte er den Engel zurück an die Bar. „Bleib einfach hier. Ich brauche kurz frische Luft.“

„Vielleicht solltest du dann nicht rauchen, wenn du frische Luft brauchst“, seufzte der Engel und trank von seinem Cocktail. Satos genervter Blick ließ ihn weitere giftige Kommentare runterschlucken. „Ich bleibe hier stehen. Chef.“

„Danke“, war dann noch alles, was der Manager seinem Engel zuwarf. Er steckte sich die Zigarette an und ging mit schnellen Schritten aus dem Konzertgebäude. Draußen war es kälter als gedacht, nichtsdestotrotz zündete sich der Manager den Glimmstängel an und zog kräftig daran.

Scheiße, dachte er. Hoffentlich würde der Abend noch besser werden. Auf das Konzert hatte er schon keine Lust mehr. Eigentlich wollte er mit Yuki zurückfahren, im Bett liegen und einfach warten, bis es zu Ende war. Er wollte einfach nicht mehr warten. Warten auf etwas, was sowieso kam. Es bescherte Yuki nur Tränen und ihm schlechte Gefühle. Und weil er nicht besser damit umzugehen wusste, wurde er ruppig und maulte seinen Partner unbegründet an. So sollte es nicht enden.

Sato seufzte tief auf, als er erneut an der Zigarette zog. Hoffentlich würde alles schnell gehen. Ohne Schmerzen. Er wollte doch nur seine Ruhe. Und Yuki ein glückliches Leben ermöglichen.

 

Er hörte Meis Stimme. Ganz weit weg. Sie zeterte erneut, vermutlich Streit mit ihrem neuen Lover. Er spürte Yukis Augen auf seinem Rücken. Er schmeckte den Rauch der Zigarette. Er fühlte den Alkohol in seinem Blut. Er wurde müde. Seine Sicht wurde schummrig. Der Schnee unter seinen Füßen war auf einmal näher als gedacht. Erst, als Yuki über ihm hing, die Scheinwerfer des Gebäudes in seinen Augen blendeten, bemerkte er, dass er am Boden lag. Sein Smoking wurde nass. Sein Rücken tat weh. Noch immer schwirrte alles um ihn.

„Sato!“, schrie Yuki, rüttelte ihn und verschwamm langsam. Mehr verstand Sato nicht.

Aha, dachte er. Erneut ein Schlaganfall? Das war’s also?

Er wollte seine Hand heben, doch sie war zu schwer. Würde Yuki nun seine Seele überführen? In dem sexy Samtanzug, in dem er so einen wahninnig schönen Hintern hatte? Stilvoll, dachte Sato und schloss die Augen, Yukis Erscheinung in die Netzhaut gebrannt. Hoffentlich tat der Kleine nichts Dummes, war dann noch alles, an was der Manager denken konnte.

 

Dann wurde alles schwer.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sato erwachte in seinem Bett und starrte die weiße Wand an. Sein Wecker klingelte enorm nervig. Müde und völlig ausgelaugt schaltete er ihn aus.

Moment.

Hatte er den Wecker nicht gegen die Wand gepfeffert?

Etwas verunsichert inspizierte Sato seine Uhr. Sie lief, einwandfrei. Der nervige Ton ebenfalls. Nicht weiter darüber nachdenkend stand er auf und duschte sich. Er aß einen Joghurt und trank seinen Kaffee. Als er ins Auto stieg und neben sich sah, fühlte er sich seltsam.

Es fehlte irgendwas.

Der Manager fuhr ins Büro und wurde direkt an der Tür von Takeshi begrüßt. Sein Lächeln war wie immer breiter als seine Ohren.

„Na, Yamamoto? Wie geht’s?“, fragte er erheitert und händigte seinem Kollegen eine Mappe. „Kam heute Morgen schon rein, dachte ich gebe dir deine schon mal.“

„Danke“, murmelte Sato und sah auf das Deckblatt. Irgendein Bericht.

Für so was hatte er jetzt keine Zeit! Das war absolut nebensächlich!

… war es das? Wieso dachte er das?

„Wie geht’s Yuki?“, fagte Takeshi auf einmal und brachte Sato zum Stehen.

„Yuki…“, murmelte der Manager, als hätte er gerade ein Fremdwort zum ersten Mal gehört.

„Na, deine Freundin!“, wiederholte sein Kollege und schüttelte amüsiert den Kopf. „Nicht so der Schnellste heute, hm? Wurde wohl spät gestern?“

„Vermutlich…“, murmelte Sato und ging schließlich in sein Büro. Hanakuro blickte nach einigen Sekunden direkt durch die Glastür und kam rein. „Der Termin um halb 3 wurde verschoben. Nächste Woche, selbe Zeit. Ich maile Ihnen die Inhalte.“

Sato bedankte sich und sah sie wieder verschwinden. Wie in Watte gepackt, schaltete er seinen PC ein und grübelte über den Namen Yuki nach. Hanakuro war etwas kühler als sonst. Lag es an seiner Freundin?

Er hatte eine Freundin? Seit wann?

Der Tag nahm zügig seinen Lauf. In der Mittagspause saß er mit Takeshi in einem Ramenshop, den sein Kollege vorgeschlagen hatte.

„Du warst doch schon mal mit mir hier!“, lächelte Takeshi und aß seine Nudeln. „Erinnerst du dich nicht mehr?“

„Nicht wirklich“, murmelte Sato und sah aus dem großen Fenster. Jenseits des Ramenshops war ein kleiner gepflasterter Platz. Ganz nett, dachte der Manager und stierte weiter nach draußen, als würde dort jemand stehen.

„Siehst du wieder Gespenster?“, scherzte sein Kollege und stupste den Schwarzhaarigen an.

„Gespenster?“, wiederholte Sato verwirrt. „Was redest du da?“

Das ließ Takeshi ruhig werden. Sein Lächeln versiegt und er kratzte sich an der Stirn. „Na… das letzte Mal, wo wir hier waren… ist schon was her, gebe ich zu, da hast du mich gefragt, ob ich jemanden auf dem Platz sehe. Aber da war niemand.“

„Yuki?“, fragte Sato auf einmal nach und fühlte eine Verbindung.

„Yuki? Nein, die hast du bestimmt nicht gesehen“, lachte sein Kollege erneut auf und aß weiter seine Nudeln.

Wer war diese Yuki? Wieso hatte er eine Freundin, von der er nichts wusste?

Als beide wieder im Büro ankamen, stand Hanakuro in seinem Büro und stellte ihm eine Tasse Kaffee hin. Noch bevor sie gehen wollte, hielt der Manage sie auf.

„Entschuldigen Sie“, begann er höflich und gestikulierte mit seinen Händen. „Kennen Sie Yuki?“

Da wurde Hanakuros Blick finster. „Nein, wieso?“

„Also persönlich nicht?“

„Nein. Und ich will sie auch nicht kennen lernen.“ Ihr giftiger Unterton ließ Sato vermuten, dass sie aber zumindest schon einmal von ihr gehört hatte.

„Alles gut… dann…“, und damit deutete er ihr an, dass er keine weiteren Fragen hatte und Hanakuro gehen konnte.

Yuki.

Wer war das?

Sato durchblätterte seine Akten, sein Handy, sein Portemonnaie, seine Mails, Bilder, Facebook, alles, was ihm einfiel. Yuki war irgendwie nonexistent. Trotzdem schien sie jeder zu kennen.

 

Am Nachmittag stand er vor Suzukis Tür. Er bekam das Gefühl nicht los, als wüsste sie etwas. Mehr als er. Also klopfte er vorsichtig an ihre Tür an. Als ihre liebliche Stimme kam und ihn herein bat, sah er in ihre warmen Augen.

Es überkam ihn eine Art Vertrautheit. Ihr Dutt, ihre Augen, ihre Statue. Alles an ihr kam Sato bekannt vor.

„Yamamoto-San“, begrüßte sie ihn freundlich und deutete ihm an, dass er sich auf ihr Sofa setzen könnte.

Der Bitte kam er nach und setzt sich steifer als sonst auf den weichen Stoff.

„Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“, begann sie und zückte ihr Klemmbrett, auf denen bereits ein paar Notizen standen. Sato wollte erhaschen, was drauf stand, doch bekam er kein Wort zu lesen.

„Wissen Sie, wer Yuki ist?“, begann er ohne große Umschweife. Der Name ließ Suzukis Augen größer werden.

„Ihr Freund“, antwortete sie und nickte freundlich. „Wissen Sie es nicht mehr?“

Sato schüttelte den Kopf. „Nein, meine Freundin. Jeder hier nennt Yuki meine Freundin.“

„Er heißt Naoyuki. Sie verkürzen nur, weil Sie seinen echten Namen für zu lang halten.“

Das ließ den Manager stutzig werden. Klang irgendwie nach ihm. „Wieso erzähle ich dann jedem, er sei eine Frau? Und wo ist er? Wieso erinnere ich mich nicht an ihn?“

Suzuki begann einzelne Sätze auf ihr Klemmbrett zu schreiben. Immer mal wieder nickte sie, grübelte, schrieb erneut. „Vorübergehende retrograde Amnesie, schätze ich. Das kann manchmal auftreten, wenn Sie einen Unfall hatten. Oder haben Sie ein schlimmes Erlebnis gehabt? Vielleicht ist es eine posttraumatische Belastung, die sie vergessen lässt?“

Der Manager saß wie erstarrt auf dem Sofa. „Ich habe kein Wort verstanden“, gab er zu und überschlug nun doch ein Bein.

„Vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich einmal resümiere, was Sie mir bisher erzählt haben“, begann Suzuki und blätterte in ihrer Zettelwirtschaft auf dem Klemmbrett. Satos Augen sahen neugierig die vollgeschriebenen Zettel an. War er bereits so oft hier gewesen? Es kam ihm nicht vor, wie das erste Mal, aber auch nicht so oft.

„Sie hatten einen Schlaganfall“, begann seine Ärztin und erntete direkt ein entsetztes Glucksen. „Jedenfalls haben Sie mir das erzählt.“ Sie lächelte zögerlich. „Sie haben keine negativen Folgen erlitten und lehnten ein MRT ab, was das vielleicht geklärt hätte. Manchmal können solche Begebenheiten Teil eines Gedankenkonstruktes sein, wissen Sie?“ Sie verfiel in eine Tonlage, die für ein Kind gedacht war.

„Ich soll mir einen Schlaganfall ausgedacht haben?“, formulierte Sato den Gedanken anders und hob beide Augenbrauen.

„Lassen Sie mich ausreden, bevor Sie meine Notizen für Schwachsinn halten“, erzählte sie weiter und deutete mit einer Hand an, dass er ihr einfach gedanklich folgen sollte. „Ab diesem Zeitpunkt haben Sie einen Engel namens Naoyuki gesehen, der sie auf Schritt und Tritt verfolgte. Sie beschrieben Ihn als hübsch und gutaussehend, waren ihm aber nicht wohlgesinnt. Niemand anders konnte ihn sehen. Das erschlossen Sie daraus, dass Sie eigentlich tot hätten sein müssen und deswegen zwischen Dies- und Jenseits standen. Nur Sie konnten den Todesengel wahrnehmen. Und sie waren fest davon überzeugt, dass Yuki existierte.“

Der Manager konnte seinen Ohren nicht trauen, was Suzuki ihm da erzählte. Das klang nach absolutem Hirnmist. Aber er hörte weiter zu, nickte sogar zur Bestätigung, als würde er sich an etwas erinnern. Nun, ein gewisses Flair hatte das Ganze. Klang zumindest spannend. Guter Film.

„Sie verliebten sich in den Engel. Wieso oder weshalb haben Sie mir nicht gesagt, aber Sie kamen eines Tages auf mich zu und sprachen von Petting und dass der Engel weg war. Ich habe daraus geschlossen, dass Sie eventuell homosexuell sein könnten und es sich selber nicht eingestehen, weshalb sie Yuki erschaffen haben.“

Da prustete Sato los. „Ich? Schwul? Sie wissen schon, dass man meine weiblichen Bekanntschaften nicht mehr an zwei Händen abzählen kann?“

„Yamamoto-San, ich gebe nur wieder, was ich gehört und vermutet habe.“

„Klar“, murmelte der Manager und grinste vor sich hin. Yuki war also ein Todesengel? Der ihn verfolgte, weil er eigentlich tot sein müsste? Und er hatte sich in ihn verliebt? Was käme als nächstes? Seltsame Gestalten, die er heiraten wollte?

„Jedenfalls“, setzte Suzuki fort und blätterte erneut in ihren Unterlagen, „haben Sie schließlich eine schöne Zeit mit Yuki gehabt und letztendlich mit ihm geschlafen. Sie erzählten überall herum, dass Yuki eine Frau sei, weil Sie sich sicher waren, niemand würde Yuki je kennen lernen. Dann haben Sie vor kurzem einen jungen Mann mitgebracht.“

Da wurde Sato auf einmal hellhörig. Er hatte tatsächlich einen Mann mitgebracht?

„Sie haben ihn versteckt, fast panisch, und waren überrascht, dass ihn jeder sehen konnte. Der junge Mann war augenscheinlich sehr viel jünger als Sie. Mir haben Sie sogar erzählt, dass es sich dabei um Yuki handelte. Dem jungen Mann war das offensichtlich sehr unangenehm. Danach waren Sie über Weihnachten krank. Sie haben mich gebeten, Sie krankschreiben zu lassen. Gestern waren Sie etwas neben sich. Hat es mit dem jungen Mann vielleicht zu tun?“

Der Manager blieb still. Es ratterte durch seinen Kopf. Er konnte sich auf einmal an einzelne Begebenheiten erinnern. Yuki. Ein Mann. Mit silbernen Haaren, richtig? Und er war kleiner als er. Zierlich. Aber ein echter Giftzwerg.

Doch wo war er denn jetzt?

„Er ist nicht mehr da“, murmelte Sato und sah auf seine Schuhe. „Jedenfalls nicht bei mir zu Hause.“

„Haben Sie sich getrennt?“, fragte Suzuki und machte sich erneut Notizen. „Manchmal kann so etwas zu Verdrängung führen. Je nachdem, wie sie beide ein Ende gefunden haben.“

„Ein Ende?“, fragte Sato apathisch und blickte auf. „Wir waren… auf einem Konzert“, murmelte Sato und sah auf seine Hände. „und ich bin gestorben. Yuki ist seitdem weg.“

Suzukis Augen formten sich zu Schlitzen. Sie notierte noch etwas und legte schließlich das Klemmbrett weg. „Wissen Sie, Yamamoto-San, Sie sind seit vier Wochen nun sehr verwirrt. Vielleicht sollten Sie doch mal darüber nachdenken, sich in ärztliche Hände zu geben. Immerhin fangen Sie schon an, erst kürzlich vorgefallene Ereignisse zu vergessen. Das könnte bald zur Behinderung im Alltag führen.“

Sato hörte ihr schon gar nicht mehr zu. Da war nur noch ein Rauschen. Yuki… Yuki war weg. Nein, er war gestorben. Dann war alles wahr? Oder alles eine Lüge? War er verwirrt? Yuki nur ein Hirngespinst? Hatte er gar keinen Schlaganfall erlitten? Wie wahrscheinlich war es für einen Mitte Dreißigjährigen einen Schlaganfall mitten im Büro zu bekommen? War also alles nur Einbildung gewesen?

Hatte er tatsächlich allen Kollegen einen jungen Mann als Yuki vorgestellt? Hielt ihn denn jeder hier für bescheuert? Oder war die Version, die immer klarer in seinem Kopf wurde, die Wahre?

Als Suzuki keine Antwort erhielt, griff sie zum Telefon und wählte die psychiatrische Einrichtung. Sie meldete sich recht freundlich und begann über einen Platz zu sprechen. Wartezeiten. Kosten.

Sato bekam Herzklopfen. Nein, das war doch kein Traum. Das war alles real. Der Sex. Die Liebe. Die Gefühle. Die Tränen. Der Schmerz. Alles kristallisierte sich langsam heraus. Nie im Leben konnte das alles eine psychische Störung sein.

Oder doch? Wo war Yuki denn? War er nicht gestorben? War das hier der Himmel? Oder die Hölle? Immerhin musste er im Jenseits arbeiten gehen. Wie furchtbar.

Suzuki telefonierte noch fröhlich weiter, als Sato langsam aufstand. Ihr Blick folgte seinen Bewegungen. Noch bevor der Manager das Zimmer verlassen konnte, legte sie auf.

„Yamamoto-San“, sprach sie ihn an, sagte jedoch nichts weiter.

„Ich gehe lieber“, räusperte sich der Schwarzhaarige und lächelte höflich, als er zur Türklinke griff. „Danke für Ihre Zeit.“

„Sind Sie sicher, dass es Ihnen gut geht?“

„Alles gut.“

„Auch mit Yuki?“

Da blieb der Manager noch einmal in seiner Bewegung stehen.

Suzuki stand von ihrem Stuhl auf und kam langsam auf Sato zu. „Sie wissen, dass er nur eine Imagination ist, oder?“

„Yuki ist real“, begann der Manager und sah fest in die Augen von Suzuki. „er war ein Teil meines Lebens. Was auch immer passiert ist, ich finde ihn erneut. Er muss noch irgendwo hier sein. Ich erinnere mich wieder an alles.“

Die Ärztin seufzte leise und presste die Lippen aufeinander. „Sie halten also nach allem, was passiert ist, noch an Yuki fest?“

„Wäre ich sonst hier? Heute Morgen hatte ich ihn vergessen. Jetzt ist er wieder kristallklar in meinem Kopf. Aber sehen tue ich ihn nicht. Da muss also irgendwo ein Fehler vorliegen. Vielleicht bin ich ja tot und das hier ist meine persönliche Hölle. Nichts gegen Sie, Suzuki-Sensei“, grinste er und wedelte mit der Hand. „Aber dann muss ich Yuki suchen. Er kann sicherlich wieder zu mir kommen. Er ist doch ein Engel. Er kann das.“

Suzukis Blick wurde trüb. „Sie haben wirklich eine blühende Fantasie, Yamamoto-San.“

„Wie auch immer“, verabschiedete sich Sato schnell und griff erneut zur Klinke. „Bis dann.“

Er drückte die Klinke nach unten und presste sich gegen die Tür. Sie war verschlossen.

„Suzuki-Sensei? Die Tür, bitte“, murmelte er und ging einen Schritt nach hinten, damit sie die Tür öffnen könnte. Doch sie blieb still auf ihrem Platz stehen. Stattdessen sah sie ihn rügend an.

„Es ist besser, Sie vergessen ihn. Er hat in dieser Welt nichts verloren“, begann sie leise und sah auf einmal ernster als zuvor aus. „Yamamoto-San, bitte. Ich weiß, er bedeutete Ihnen viel, aber das ist keine Lösung.“

Satos Augen weiteten sich. Für einen Moment trat Stille ein. Die Ärztin war wie ausgetauscht. „Sie reden von ihm, als wäre er doch real. Haben Sie mich belogen?“

„Ich lüge nie“, sagte sie ruhig. Ihre Hände waren vor ihrer Hüfte gefaltet. Die Pose kam Sato bekannt vor. Das hatte sie schon einmal getan. Als sie über Lösungen über das Problem ‚Ins Jenseits bringen’ sprachen.

„Ich will Yuki zurück“, forderte Sato, als wüsste Suzuki, wo er wäre.

„Er kann in dieser Welt nicht leben“, erklärte sie sanft und begann einen mitfühlenden Blick aufzusetzen. „Er ist Teil eines Reiches, was Sie als Mensch nicht fassen können.“

Der Manager hielt die Luft an. „Wer sind Sie?“, hauchte er ehrfürchtig und ließ Suzuki nicht aus den Augen. Seine Ärztin wirkte auf einmal so fremd und doch vertraut.

„Ich bin Ihre Ärztin.“

„Nein, das sind Sie nicht. Für ’ne Ärztin wissen Sie ein bisschen zu viel. Es sei denn, das ist neu im Medizinstudium, aber ich bezweifle stark, dass Engelskunde auf dem Lehrplan steht.“ Sato musste über seinen eigenen Witz schmunzeln. Suzuki hingegen blieb ernst. Einzig ihr wehleidiger Blick ließ sie nicht beängstigend wirken.

„Ich bin diejenige, die die Sünde ausbadet, die Sie meinem Naoyuki angetan haben.“

Oh, der Satz stach in Satos Brust. Er stach tief. Und was hieß hier ‚meinem’ Naoyuki?

„Ich bringe meinen Sohn wieder zurück. Gebe ihm erneut die Kraft, die er braucht, um seine Aufgabe zu erfüllen. Sie bleiben hier, in der Welt der Lebenden. Ich konnte Ihre Seele nicht komplett nehmen, also habe ich Ihnen mehr Zeit verschaffen. Sehen Sie es als Geschenk, Yamamoto-San.“

Sein Stolz verbat es ihm nachzufragen, ob seine Betriebsärztin zu Gott geworden sei. Sie sprach von ihrem Sohn, den Engeln, als wäre sie diejenige, die dem ganzen erhaben war.

„Dann wussten Sie von Anfang an Bescheid? Um Yuki, um alles hier? Und Sie haben einen auf… dumm gemacht? Mich für psychisch krank verkauft?“ Sato schnaubte aus.

„Ich war unbeteiligt und sah nur zu. Durch diese Augen hier. Es wäre für alle Beteiligten einfacher gewesen, aber Sie blieben eisern. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Sie sich in ihn verlieben. Und dass mein Sohn diese Gefühle… erwidern würde.“ Ihr Blick wurde auf einmal traurig. „Liebe ist eigentlich Liebe, aber Ihre Sünde… Ich hätte es sehen müssen. Ihr Name wurde Ihnen nicht umsonst gegeben.“

„Hey“, begann Sato und runzelte die Stirn. „Meine Eltern waren tolle Menschen. Mein Name ist vielleicht ungewöhnlich, aber ich bin kein Teufel! Oder Dämon! Oder sonst ein Sündenbock. Ich bin Manager, halte am Leben fest und habe einem Engel die schönen Dinge des Lebens gezeigt. Ich bin mir keiner Schuld bewusst!“ Der Manager wusste, dass er sich gerade selber anlog, aber sein Ego stand wie immer an vorderster Front und kämpfte einen Kampf, den er bereits verloren hatte. Aber wen interessierte eine Schlacht? Es ging um den Krieg. Und der war noch nicht verloren, wenn Suzuki tatsächlich… Gott oder dergleichen war. Sato war sich sicher, dass er noch etwas raushandeln konnte.

„Sie sind sogar gegenüber meiner Wenigkeit respektlos“, bemerkte seine Ärztin und hob beide Augenbrauen. „Wieso überrascht es mich nicht.“

„Weil Sie mich kennen. Also, wo ist Yuki?“

„Immer noch dort, wo er hingehört. Und dort wird er bleiben. Also bitte – lassen Sie mich Ihr Gedächtnis noch einmal bearbeiten, damit Sie ihn vergessen. Dieses Mal werde ich gründlicher sein.“

Sie streckte eine schmale Hand aus, der Sato sofort auswich. Er presste sich erschrocken gegen die Wand und sah mit aufgerissenen Augen zu ihr. „Wagen Sie es nicht!“

„Es ist das Beste, für Sie und für meinen Sohn.“

„Nein!“, war noch alles, was er schrie, als es um ihn schwarz wurde.

 

 

 

 

 

 

Der Wecker klingelte um 5. Gähnend schaltete Sato ihn aus. Er streckte sich ausgiebig und machte sich für die Arbeit fertig.

Als er im Gang seines Büros stand, beschlich ihn ein familiäres Gefühl. Als ob er vorhin schon einmal da gewesen war, doch es war früh am Morgen. Takeshi kam grinsend auf ihn zu.

„Na, Yamamoto? Wie geht’s?“, fragte er erheitert und händigte seinem Kollegen eine Mappe. „Kam heute Morgen schon rein, dachte ich gebe dir deine schon mal.“

„Danke“, murmelte Sato und sah auf das Deckblatt. Irgendein Bericht.

„Wie geht’s Yuki?“, fagte Takeshi auf einmal. Beide erreichten Satos Büro, vor dem er stehen blieb.

„Yuki? Wer soll das sein?“, hakte er nach und zog die Augenbrauen zusammen. Klang vertraut und doch irgendwie komisch.

„Deine Freundin?“ Takeshi sah verdutzt zum Manager. „Habt ihr Schluss gemacht?“

„Wahrscheinlich“, murmelte Sato und zog die Schultern hoch. „Nicht so wichtig. Danke für die Unterlagen.“

Damit verschwand er in sein Büro. Hanakuro kam kurz darauf rein und verkündete, dass ein Termin verschoben wurde.

Beim Mittagessen sah er auf einen gepflasterten Platz.

Silberne Haare.

Ein schmaler Körper.

Weiße Flügel.

Er erinnerte sich daran, wie sein Name gestöhnt wurde.

Am Nachmittag stand er vor Suzukis Büro. Er öffnete die Tür und platzte direkt mit einem Satz rein:

„Wer ist Yuki?“

Er hielt inne. Wer war Yuki?

Die Ärztin sah auf und starrte zum Manager, der noch immer im Türrahmen stand. Völlig verwirrt schüttelte er den Kopf.

„Yuki“, wiederholte er. „Mein Freund, richtig?“

Suzuki seufzte laut auf.

„Wo ist er?“, rief Sato und scherte sich nicht darum, dass einige Kollegen ihn vom Büro aus ansahen. „Wo ist er, Suzuki-Sensei?“

Sie kam auf ihn zu und streckte ihre Hand aus, ohne ein Wort zu sagen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Wecker.

Das Büro.

Takeshi.

Hanakuro.

Und erneut Suzukis Büro.

Doch er wusste nicht genau, wieso er hier war. Es kam ihm bekannt vor, aber er war sich nicht sicher, warum. Statt anzuklopfen oder reinzugehen, sah er sich um.

Yuki.

Dieser Name beschäftigte ihn seit Stunden. Er ploppte bereits bei Takeshi auf. Dann beim Mittagessen noch einmal. Und als er an seinem Schreibtisch saß, blickte er an sich runter und fragte sich, wieso er daran dachte, hier schon einmal einen Blow Job bekommen zu haben.

Der Manager schlich durch den Gang der Ärzte und fuhr wieder in seine Etage. Mit langsamen Schritten ging er zu einem Konferenzsaal. Er öffnete ihn und sah auf leere Stühle. Hier, dachte er, hatte er Sex.

Ja, mit Yuki.

Er schloss die Tür und ging zurück zu seinem Büro. An Takeshis Bürotür blieb er stehen. Der war beschäftigt am Telefonieren und bemerkte seinen Kollegen nicht, der interessiert hereinsah.

Hier auch. Sex. Mit Yuki.

Wieder ging er weiter. Auf einmal stand er in seinem Büro.

Konnte es sein, dass er hier tatsächlich einen Blow Job bekommen hatte? Wow, dachte Sato. Dieser Yuki hatte es Faustdick hinter den Ohren. Und er auch, musste er zugeben. Nie hatte er sich erträumen lassen, in dieser tristen Umgebung Sex zu haben.

Irgendetwas in ihm wollte zurück zu Suzuki. Ihr all das erzählen. Aber nein, dachte Sato, das konnte es nicht sein. Sie war immer das Ende seiner Träume.

Waren es Träume?

Sato blieb still in seinem Büro stehen, als seine Ärztin im Türrahmen stand.

„Yamamoto-San“, begrüßte sie ihn freundlich. „Haben Sie mich vergessen? Wir hatten doch einen Termin.“

Der Manager sah unsicher zu ihr auf und blieb noch für einige Sekunden still. „Wir hatten einen Termin? Hanakuro hatte mir nichts im Kalender eingetragen.“

„Oh wir beide hatten den Termin telefonisch vereinbart. Vielleicht haben Sie vergessen, ihn zu notieren? Macht nichts, kommen Sie einfach mit“, grinste sie fröhlich und deutete mit einem Nicken zum Gehen an.

Doch Sato blieb stehen. Da war es wieder. Das vertraute Gefühl.

„Wo ist Yuki.“ Es war keine Frage. Es war eine Aufforderung.

Suzukis Blick verkniff sich schlagartig. „Lassen Sie endlich los!“

„Nein“, knurrte Sato und ballte die Fäuste. „Lassen Sie endlich Ihr strenges Regelwerk los und geben Sie ihn mir wieder!“

„Er gehört nicht in diese Welt!“ Zum ersten Mal bebte ihre Stimme und vibrierte in Satos Ohren. Hanakuro sah neugierig über ihren Monitor in Satos Büro, als sie laute Stimmen hörte.

„Er gehört an meine Seite! Ob das nun diese Welt oder jenseits der Welt ist, soll mir egal sein. Ich will ihn nur wieder sehen.“ Sato war über sich selber überrascht. Lehnte er sich gerade gegen Gott auf?

„Eure Liebe ist nicht gestattet“, ließ sie den Manager mit tiefer Stimme wissen. Ihre Augen strahlten keine Wärme mehr aus. Keine Empathie. Nur noch Wut.

„Ich lasse mir nichts vorschreiben. Ich entscheide, was gestattet ist. Und ich sage, Yuki darf an meiner Seite sein!“

Sato bäumte sich auf. Suzuki war immer noch die kleine Ärztin, die in etwa Yukis Größe hatte. Er war größer. Er war stärker und er würde seinen Willen bekommen.

Er brauchte in dieser Welt keinen Gott.

 

Er war sein eigener Gott.

 

 

„Nein“, sagte seine Ärztin bestimmend und streckte erneut ihre Hand aus. „Letzte Chance.“

 

 

 

 

 

 

 

 

„Nein!“, schrie Sato, als er den Wecker mit voller Wucht gegen die Wand schmiss.

Er starrte auf die Batterie, die langsam ihren Weg entlang rollte.

Yuki.

Kristallklar.

Sato stand im Büro. Diese Schleife musste ein Ende haben.

„Wo ist Yuki?“, fragte Sato bereits am Morgen, als er in Suzukis Tür stand. Die begrüßte ihn nicht, drehte sich einfach auf ihrem Stuhl um und starrte ihn nieder.

„Was auch immer das für ein toller Trick ist, er wirkt nicht“, begann er sie zu necken und streckte seine Hand aus, um sie nachzuahmen. „Wären Sie meine Angestellte, hätte ich Sie längst entlassen.“

Das ließ die Ärztin die Lippen missfallend spitzen. „Und wenn wir dieses Spiel Ihr Leben lang spielen. Jeder Tag ist ein verlorener Tag, Yamamoto-San. Sie altern. Ob Sie nun jeden Tag gleich erleben oder nicht, es sind Ihre Lebenstage.“

Die Schleife durchbrechen, dachte Sato und starrte Suzuki an. Er musste ihr entkommen. Aber wie?

„Ich bin also immer noch am Leben?“, hakte er nach und sah sich in ihrem Büro um.

„Wie ich bereits sagte. Ein Geschenk. Sie sollten eigentlich tot sein.“

„Wieso bin ich es nicht?“, fragte Sato und hob eine Augenbraue. „Ich habe nämlich das Gefühl, ich bin es. Nur in einer anderen Dimension. Takeshi fragt mich jeden Morgen dasselbe. Hanakuro sagt mir jeden Tag aufs Neue, dass ein Termin um halb 3 ausfällt. Wie kann ich dann jeden Tag aufs Neue erleben und gleichzeitig weiterleben? Sind meine Kollegen nur inhaltslose Hüllen? Erinnern die sich denn nicht an den Mist, den sie mir immer wieder erzählen? Das hier ist doch ein mieser Trick.“

„Sie fangen selbst in Ihrer Halluzination an zu halluzinieren“, bemerkte Suzuki leise und griff nach ihrem Klemmbrett.

„Kommen Sie mir nicht mit der Nummer“, brummte der Manager und ging stur auf sie zu. Mit einer aggressiven Handbewegung schnappte er ihr das Brett aus der Hand. Auf den Zetteln …

… stand nichts.

Sie waren leer. Sato durchblätterte den Rest. Alle leer. Als wäre er nie hier gewesen. Und als hätte er sich die Schriftzeichen nur eingebildet.

Suzuki nutzte Satos Verwirrtheit, um ihre Hand auszustrecken.

„Nicht!“, rief Sato und klatschte ihre Hand mit dem Klemmbrett weg.

Und auf einmal sah er noch in ihre Augen. Suzuki sah genauso geschockt in seine.

Sato ließ das Klemmbrett fallen und lief aus dem Zimmer. Mit schnellen Schritten rannte er zum Aufzug und ließ sich in seine Etage fahren. Er hatte es geschafft! Die Schleife war unterbrochen – jedenfalls für einen Moment. Das war seine Chance. Die letzte, wie Suzuki sagte.

Er stand in seinem Büro und griff nach seinem Brieföffner. Okay, dachte er, das war’s. Wenn alles nur eine Halluzination war, würde es jetzt enden. Aber wie konnte er sich Suzukis Geschwafel ausdenken? Yuki war real. Und er war irgendwo in seiner Dimension.

Sato würde es schaffen, ihn zurückzuholen. Er musste sterben, richtig? Aber nicht völlig. Er musste weiterhin festhalten. Wer auch immer ihn holen käme – er würde ihn überzeugen, Yuki zu holen. Eine andere Lösung fand Sato gerade nicht.

Er sah Suzuki bereits durch die Gänge streifen. Nervös verstärkte er den Griff um seinen Brieföffner. Was man nicht alles für seine Liebe tat, dachte Sato, schmunzelte und stach  ohne mit der Wimper zu zucken in sein linkes Handgelenk. Die Spitze der kleinen Waffe durchfuhr seine Muskulatur und seine Adern einmal komplett durch. Es tat höllisch weh.

Als er den Brieföffner wieder herauszog und sich im Nu eine Blutlache unter seinen Füßen bildete, sah er Suzukis aufgerissene Augen auf ihn gerichtet.

„Ich werde ihn wiedersehen“, drohte er der Ärztin und wedelte mit dem blutigen Brieföffner vor ihren Augen herum. „Sie können nichts dagegen tun.“

Suzuki blieb still. Sie beobachtete das fließende Blut. Wie der teure Anzug alles aufsog. Und wie Sato anfing zu torkeln.

„Sie haben wirklich bei allem eine hohe Schmerzgrenze“, bemerkte sie auf einmal recht trocken und sah missbilligend auf die Blutlache. „Dagegen sind Ihre Manieren gleich eines Tieres. Entjungfern einen meiner Engel und halten es mir noch stolz ins Gesicht. Und lehnen sich dann gegen mich auf, als sei ich im Unrecht.“

Das ließ Sato auflachen. Er hatte sie. Jetzt käme die andere Chance, auf die er gehofft hatte. Jetzt war sie in der Ecke.

Zeit, den Manager raushängen zu lassen.

„Sagen wir doch, wir sind beide im Unrecht. Aber wissen Sie, wie man einen solchen Streit beilegen kann? Mit einem Deal. Was sagen Sie?“, fing er an und grinste ihr frech ins Gesicht. Er musste sich an seinem Bürostuhl festhalten, um nicht umzufallen.

Suzuki sagte nichts. Sah ihn einfach weiterhin missbilligend an.

„Ich halte mich zurück, werde brav sein. Keine gemeinen Sachen mehr“, schmunzelte er. „Ich gehe auch in die Kirche, wenn Sie das wollen. Ich werde nicht mehr so viele Leute kündigen. Und vor allen Dingen werde ich das Rauchen und das Trinken aufgeben, großes Ehrenwort! Keine Therapiesitzungen mehr für Sie. Nur noch Friede, Freude, Eierkuchen… und vielleicht hier und da eine Pflichtimpfung alle paar Jahre. Mehr Arbeit werde ich Ihnen nicht mehr machen.“

„Lassen Sie mich raten“, begann Suzuki in einem abfälligen Ton. „Dafür wollen Sie Yuki zurück.“

„Richtig“, lallte Sato und spürte seine Sicht wabern. Er würde nicht mehr lange wach bleiben. In dem Moment, wo er das Bewusstsein verlieren würde, wäre alles vorbei. Der Deal, die Chance. Suzuki würde alles wieder auf Null setzen und er wäre wieder in der Schleife gefangen.

Doch sie seufzte laut auf und schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, wieso ausgerechnet eine so niedere Seele, wie Ihre, so eine Stärke zeigen kann, wenn Sie doch von Schwäche trotzt. Aber was soll’s. Bitte. Mir egal. Lebt euren sündigen Lebensstil. Eure Seelen, Ihre und Yukis, sollen verdammt sein. Für immer. Das muss Ihnen klar sein. Ich werde nicht mehr für Sie zuständig sein. Egal, was passieren wird. Sie sind auf sich alleine gestellt.“

Verdammt? Was sollte das bedeuten? Dass sie ein schönes, angenehmes Leben führen durften – zusammen – und danach nicht in so etwas wie den Himmel kämen? Oder das Jenseits? Müssten sie also für immer auf der Erde weilen? Als verlorene Seelen?

Was auch immer. Solange Yuki bei ihm war, würde er sogar auf Weihnachtsfeiern gehen. Verkleidet als Nikolaus. Wer brauchte da noch einen Himmel oder eine Hölle?

 

Er war sein eigener Gott.

 

„Deal.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Wecker klingelte um 5. Sato knurrte bitter auf und wälzte sich hin und her.

Auf einmal stoppte der Alarm.

Graue Augen öffneten sich langsam und erblickten warme Braune, die ihn glücklich ansahen. Das silberne Haare glänzte im Mondlicht wie Perlmutt.

 

„Da bist du ja“, murmelte Sato und begann zu Lächeln. „Hat lange genug gedauert.“

Tag 47

 

„Du weißt, dass ich mit dieser Lösung nicht zufrieden bin“, raunte der silberhaarige Engel, während er sich mit Sonnencreme einschmierte.

Sato saß neben ihm auf der Sonnenliege und verdrehte die Augen. Es waren über 30 Grad im Schatten, blauer Himmel und ein erfrischender Pool direkt vor ihnen umgeben vom schimmernden Meer. Extrem leckere Cocktails und All Inclusive Essen setzte die Kirsche auf die Torte. Trotzdem musste Yuki meckern. Selbst der teuerste Luxusdampfer der gesamten Karibik war nicht gut genug für den kleinen Engel.

„Ich höre dir für den Rest des Urlaubs einfach nicht mehr zu“, verkündete der Manager und legte sich entspannt auf seine Liege. Er überkreuzte die Füße und ließ die Sonnenbrille auf seine Nase fallen.

„Wieso nur Urlaub? Du wolltest kündigen!“ Yuki packte die Sonnencreme weg und setzte sich an den Rand seiner Liege, um Sato direkt ins Gesicht zu plärren. „Und dann wollten wir reisen.“

„Wir reisen doch.“

„Für 14 Tage.“

„So viel Urlaub habe ich mir noch nie in meinem Leben genommen. Du kannst froh sein, dass ich überhaupt so viel Urlaub bekommen habe. Offiziell haben wir nur 8 Tage.“ Sato schob die Sonnenbrille wieder hoch, um Yuki in die Augen zu sehen. „Du wirst doch in Zukunft mehr von mir haben. Ich habe im Büro schon angekündigt, dass ich von jetzt an nur noch leitende Aufgaben übernehme und nicht mehr bei Projekten mitwirke. So verdiene ich weiterhin Geld und kann dich trotzdem durchfüttern. Ist doch ein guter Deal.“

Da zog Yuki die Augenbrauen hoch. „Wenn ich so eine Bürde bin, hättest du dir das alles sparen können.“

Der Manager seufzte laut und setzte sich auf. „So war das nicht gemeint.“ Er strich über Yukis zarte Wangen. „Ich kann nicht einfach kündigen. Für einen von uns reicht das Geld vielleicht für ein paar Jahre. Aber nicht für uns beide.“

Die braunen Augen sahen traurig zu Boden. „Vermutlich hast du Recht. Sobald ich meinen Ausweis habe, gehe ich auch arbeiten… versprochen.“

„Das musst du nicht und das weißt du“, grinste Sato und küsste seine Stirn. Ein junges Pärchen, welches neben ihnen saß, sah neugierig in ihre Richtung. Selbst im Urlaub wurden sie wie im Zoo angestarrt. „Mein Anwalt wird sich nächste Woche bei uns melden und alles fix machen. Dann kannst du alles abholen.“

Yuki grinste. „Du warst überrascht, dass ich den Einbürgerungstest sofort bestanden habe. Wieso?“

Der Manager zuckte die Schultern, während er über die mit Sonnencreme benetzten Beine strich. „Wer nicht weiß, was Unterwäsche ist, weiß vielleicht auch nicht, was eine Regierung ist und wie sie aufgebaut ist.“

Das ließ den Engel aufkichern. „Ich gebe zu, dass ich vielleicht meine Schwierigkeiten gehabt hätte, wenn ich den Test direkt nach meiner Ankunft in deinem Büro hätte schreiben müssen.“ Da beugte er sich vor und schnurrte ins das Ohr seines Liebhabers. „Aber ich hatte ja auch einen wirklich guten Lehrer die letzten Tage.“

„Den hattest du“, musste Sato schmunzeln und küsste sanft Yukis Lippen. Ein zurückhaltender, aber sinnlicher Kuss folgte, in dem das benachbarte Pärchen sofort die Augen abwendete.

Yukis Blick fiel auf Satos nackte Brust, während er mit seinen Fingerkuppen über seinen Nacken fuhr. „Ich kann dir gar nicht genug danken. Für alles.“

„Danke dafür, dass ich dein Leben zerstört habe? Oder dass ich dir deine Unsterblichkeit genommen habe? … Oh, oder dafür, dass ich unsere Seelen auf Ewig in die Verdammnis gestürzt habe?“

Da musste selbst Yuki breit grinsen. „Ein bisschen von allem. Aber besonders dafür, dass du bei mir bleiben wolltest und alles dafür getan hast.“

„Ich bin einfach mal davon ausgegangen, dass ich keinen zweiten Engel bekomme, wenn ich den ersten kaputt gemacht habe“, spaßte Sato und lachte laut auf. Yuki fand den Witz wenig amüsant und presste die Lippen aufeinander.

„Du hast mich nicht kaputt gemacht“, knurrte er böse und entzog sich Satos liebevollem Streicheln an seinem Bein. „Ich habe mich selber für’s Menschsein entschieden. Es war immerhin mein Wunsch, bei dir bleiben zu können. Und wie auch immer du es geschafft hast, deine Seele in dieser Welt zu belassen… Ich bin dir dankbar. Aber bevor du jetzt wieder einen doofen Witz machst – ich geh mir was zu trinken holen.“

Damit stand er auf, schwang seine langen Haare hinter die Schultern und ging in seiner dunkelroten Badehose zur Poolbar.

Der Manager schmunzelte weiterhin zufrieden und beobachtete den kleinen Hintern, der sich bei jedem Schritt sehr erotisch in der Badehose bewegte.

 

Er hatte Yuki nicht alles erzählt. Als er neben ihm erwacht war und sich beide glücklich um den Hals gefallen waren, schien das ‚wie’ und ‚warum’ erst einmal nebensächlich. Yuki fragte nicht, Sato erklärte nicht. Erst am Abend, als sie beide gemütlich eingekuschelt auf dem Sofa saßen und ein Glas Wein tranken, traute sich Yuki nachzuhaken, was genau passiert war. Er selber konnte sich nur daran erinnern, wie Sato auf einmal zu Boden ging, im Schnee lag und schließlich gestorben war. Viele Leute um ihn herum kamen angelaufen. Fast das komplette Konzertgelände wurde panisch, als der Manager bewusstlos auf dem Boden lag. Yuki versuchte den Leuten klar zu machen, dass sie nichts ausrichten könnten, doch niemand wollte hören. Sie riefen einen Krankenwagen, scheuchten Yuki von Satos Leiche weg. Der versuchte angestrengt, Satos Seele auszumachen. Doch sie war nirgendwo zu sehen, also nahm er an, dass sie bereits übergeführt wurde. Doch von wem, war ihm nicht klar. Alles was dann noch mit Sato passierte, geschah in Abwesenheit von Yuki. Schließlich wollte der Engel, traurig wie er war, doch noch an seinem Plan festhalten, Sato zu folgen. Doch in dem Moment, wo er überlegte, wie er sich das Leben nehmen konnte, erschien ein blendendes Licht und nahm seine Seele mit. Alles um ihn herum wurde weiß. Fern im Horizont erkannte er die Lichtstadt – sein zu Hause. Und im nächsten Augenblick war er wieder im bekannten Bett bei Sato. Der Manager lag neben ihm und schlief tief und fest. Erst als der Wecker klingelte und er ihn hastig ausmachte, wurde ihm klar, dass das die zweite Chance war, um die sie beide gebeten hatten. Sein Zeitgefühl war dabei völlig verloren gegangen. Es hätten ein paar Stunden vergangen sein können oder auch ein paar Monate.

Während Sato seinem Engel ruhig zuhörte, musste er an Suzukis Worte denken. Dass sie seinen Sohn zurücknehmen und ihm seine Kräfte zurückgeben wollte. Und eigentlich hätte der Manager seinem Engel gegönnt, nach Hause zu kommen und wieder in voller Blüte zu erstrahlen. Stattdessen war er so egoistisch gewesen und hatte den gemeinsamen Weg gewählt, in dem Yuki alles verlor. Suzukis Gunst, sein unsterbliches Leben und seine Kräfte.

Und als der Engel mit großen Augen zu seinem Partner hochsah und auf die andere Version der Geschichte wartete, war sich Sato auf einmal nicht mehr so sicher, ob er das Richtige getan hatte. Also fuhr er erst einmal mit der halben Wahrheit:

Dass seine Seele als Mensch auf der Erde bleiben durfte, wenn er dafür Yuki vergessen würde. Doch dass das keine Option war, schien offensichtlich, also übersprang Sato den ganzen Part mit Suzuki. Dass sie die ganze Zeit ein observierender Gott war, der im stillen Kämmerchen alles beobachtet hatte und schließlich am Ende eingriff. Dass Sato in einer Schleife gefangen war, in der er Yuki immer vergessen sollte, nur um sich dann doch wieder an ihn zu erinnern. Und dass er sich am Ende umgebracht hatte, um Suzuki in eine Ecke zu drängen und den Deal klarzumachen.

Also erzählte der Manager dem kleinen Engel nur, dass er einen Handel herausschlagen konnte. Ein gemeinsames menschliches Leben, doch zum Preis der Sterblichkeit und der Verdammnis.

Sato erinnerte sich noch genau, wie Yukis Augen nach seiner Version der Geschichte langsam zu Boden glitten und trüb wurden. Panik stieg im Manager auf, dass er sich für die falsche Option entschieden hatte. Immerhin wurde Yuki bei der Entscheidung nicht ein einziges Mal eingebunden, ob er bereit war, noch mehr als sein bisheriges Leben aufzugeben.

Doch nach einer gefühlten Unendlichkeit sah Yuki schließlich wieder auf und lächelte Sato glücklich an. „Du bist es wert.“

Der Satz hallte noch immer in Satos Herz nach. Er war sich bewusst, dass dieser Deal nicht die Beste Option gewesen war. Er hätte besser verhandeln müssen. Doch während circa ein Liter Blut pro Minute aus seinem Köper lief, ließ es sich einfach schlecht verhandeln. Doch auch das verschwieg er lieber. Yuki würde ihn ja doch nur maßregeln; für eine Sache, die bereits geschehen und abgeschlossen war.

Nach dem aufregenden Tag löschte er die automatische Mail an seinen Anwalt, die ihn auf einen kleinen blonden Jungen vorbereiten sollte. Stattdessen bat er um einen Termin, in dem es um eine Einbürgerung gehen sollte.

Die Feiertage gingen vorüber, in denen Sato den besten Sex seines Lebens genoss, und er sich frisch und aufgeladen wieder in seinem Büro wiederfand. Yuki blieb zu Hause, um zu lernen – herzlich unbegeistert über die Idee, Sato weiterhin arbeiten zu sehen.

Takeshi begrüßte ihn wie immer freudestrahlend mit neuer Arbeit. Hanakuro war wie immer etwas distanziert, machte ihre Arbeit aber zufriedenstellend.

Und Suzuki.

Die stand irgendwann an seiner Tür und klopfte wie gewohnt zärtlich an das Glas. Sie fragte nach Satos Befinden und wie er die Feiertage verbracht hatte. Auf einmal wirkte sie wieder wie die normale Ärztin, die unbedingt Menschen helfen wollte. Gar nicht mehr wie ein wütender Gott, der Satos Seele zerquetschen wollte.

Der Manager ging davon aus, dass die warmen Augen, die ihn so fürsorglich ansahen, immer noch als Fenster für diesen einen Gott dienten. Ob es Gott war oder eine Göttin oder ein Gott von vielen… das wusste Sato bis zum Schluss nicht.

Und er wollte Yuki nicht fragen. Alles, was der Engel nur irgendwann fragte, als sie gemeinsam in einem teuren Restaurant essen gingen, war die Identität der Person, mit der er den Deal ausgehandelt hatte. Vermutlich roch er, dass Sato nur die halbe Wahrheit ausspuckte.

„Bin mir nicht sicher. Irgendeine Frau“, gab Sato knapp zu verstehen. Yuki fing sofort an zu mutmaßen, wer es gewesen sein könnte, doch keine Beschreibung traf auf Suzuki zu. Wer sie also auch am Ende gewesen sein sollte – sie tat das, worum er sie gebeten hatte. Yuki war an seiner Seite. Zwar als Mensch und damit sterblich, doch wann immer die braunen Augen seine streiften, sprang sein Herz in die Höhe.

Als Sato die Reise buchte, sprang Yuki noch freudestrahlend in die Höhe. Doch als er spitz bekam, dass es sich hierbei nur um einen vorübergehenden Urlaub handelte, wurde er bitter. Er würde nie verstehen, wieso Sato ständig in die Arbeit rannte. Und wieso er nicht endlich mal kündigte.

Doch das Problem Geld verstand er dann auch irgendwann mal. Nämlich in dem Moment, wo er die Rechnung vom Urlaub sah.

„So viele Zahlen“, murmelte er und fuhr mit dem Finger über die Rechnung.

Sato nickte wissend und unterdrückte ein Schmunzeln. Anstatt seinem Partner reinzuwürgen, wie Recht er hatte, schluckte er den Kommentar runter und streichelte seinen Rücken. „Lass die Zahlen Nebensache sein. Die Reise wird dir gefallen. Auch wenn sie ‚nur’ 14 Tage geht. Wir haben sie uns nach allem verdient.“

 

Yuki kam mit zwei bunten Cocktails zurück an die Liegen und drückte ein Glas in Satos Hände.

„Vielen Dank“, sagte er charmant und zwinkerte seinem Engel zu. „Ich hoffe, du bist wenigstens mit dem Arrangement zufrieden, unendlich viele Cocktails ohne Aufpreis zu haben.“

Das ließ Yuki leise kichern. „Das klingt mehr nach deinem Geschmack, hm? Wie war das mit ‚Ich höre auf zu trinken’?“

Nachdem Sato einen großen Schluck seines Drinks genommen hatte, zuckte er mit den Schultern und stellte das Glas auf dem kleinen Tisch neben den Liegen ab. „Der wurde mir in die Hand gedrückt. Jetzt muss ich ihn auch trinken.“

Und Suzuki war nicht hier. Ihm war egal, dass er sich nicht ganz an die Abmachung hielt. Aber sie spielte auch kein faires Spiel, als es um Satos und Yukis Seelen ging.

Der kleine Engel kicherte weiter und trank fröhlich von der bunten Flüssigkeit. Schließlich stellte er das Glas ebenfalls ab und rutschte erneut an die Kante der Liege, um Satos Beine zu streicheln. Große Augen sahen hoch.

Sato war gedanklich noch bei Suzuki gewesen, als er von Yukis plötzlicher Nähe überrascht wurde. Er rang sich ein Lächeln ab und legte seine Hand auf die seines Partners. Der stierte ernst in sein Gesicht und musterte jede Falte. Letztendlich wurden seine Gesichtszüge sanfter und seine Mundwinkel zuckten nach oben.

„Ich weiß, dass du mir nicht alles erzählst, Sato. Aber das ist in Ordnung. Das, was am Ende dabei rauskam, ist das, was zählt. Und es ist perfekt.“

Der Manager zog scharf die Luft ein, sagte jedoch nichts weiter.

„Wem auch immer du die Stirn geboten hast: Es überrascht mich nicht“, grinste Yuki breit und strich über die Haare auf Satos Oberschenkel. „Du warst ja schon immer dein eigener Chef. Mich hätte es eher gewundert, wenn dir jemand in deinen Willen gepfuscht hätte.“

Sato presste die Lippen aufeinander und erwiderte den intensiven Blick. „Ich bekomme, was ich will. Das ist der kleine, aber feine Unterschied zu anderen.“

Yuki beugte sich vor und küsste seinen Partner auf die Lippen. „Und du willst mich?“

„Wen sonst?“, brummte Sato und sank seinen Blick auf eine verführerische Art und Weise.

„Manchmal fühle ich mich in Konkurrenz mit meinem eigenen Po“, scherzte der Engel und hopste auf Satos Schoß. Eine Gestik, die das Pärchen neben ihnen tuscheln ließ.

Sato zuckte nur die Schultern, als er schamlos in eine Backe griff und sie feste drückte. „Das kann schon sein. Ihr beide habt eine bezaubernde, aber gleichzeitig gehirnausschaltende Wirkung auf mich.“

„Dann bin ich ja froh, dass du uns beide liebst“, schnurrte Yuki, während er seine Arme um Satos Nacken schlang und ihn innig küsste. Als er vorsichtig mit der Zunge über die rauen Lippen des Managers fuhr, wurde er angezischt.

„Nicht hier“, war alles, was er noch verstand, als Sato ihn knurrend von seinem Schoß drückte.

Yuki wollte schon genervt zum Konter ansetzen, als er auf die Beine gezogen und von den Liegen in das Innere des Schiffs gezerrt wurde. Nicht weit von der Poollandschaft entfernt waren mehrere Wartungsräume, die häufig zur Kühlung offen standen. Es war brüllend warm in den Dingern, doch Sato war der Weg in ihre Kabine zu weit. Ein Wassertank tat’s auch.

An den wurde der Engel im Nu gedrückt, als sie einen der Wartungsräume erreichten. Heiße Küsse folgten, in denen Sato keine Zeit verlor und sich direkt an die rote Badehose zu schaffen machte. Mit flinken Fingern zog er sie runter und ließ sie zu Boden zu fallen. Yukis erregtes Glied kam sofort zum Vorschein und drückte gegen Satos Bauch.

„Wie gut, dass du nur eine Badehose trägst, wo man alles sehen kann“, bemerkte der Manager spitz und sah sich noch einmal um. Die Tür zum Wartungsraum war nur angelehnt, um kein Verdacht bei den Schiffsmitarbeitern zu erregen. Sie mussten leise sein.

Der Engel legte seinen Kopf schief und betrachtete amüsiert Satos enge, schwarze Badehose, die sein hartes Glied ebenfalls offensichtlich zur Schau stellte. „Ja, wie gut, dass das bei dir kein Problem ist.“

„Schluck deinen Sarkasmus runter“, giftete Sato und zog die Augenbrauen zusammen. Da war es wieder. Dieses Sticheln.

„Ich schlucke lieber was anderes“, lachte Yuki amüsiert auf und kniete sich vor den Manager. Ohne weitere Worte zu verlieren, zog er Satos Badehose runter und leckte großzügig über das heiße Geschlecht.

„Der war verdammt schlecht, Yuki“, musste Sato grinsen und griff in das volle silberne Haare. Einen heißen Blow Job würde er nie ablehnen, auch wenn er schlecht angekündigt wurde.

Yuki blieb still, sah einfach nur genervt hoch und nahm Satos Schwanz in den Mund. Er verwöhnte ihn mit seiner Zunge, so gut er konnte, während er sich selber zwischen die Beine griff und seiner Erektion einige harte Stöße gab.

Vor einigen Tagen hatte er noch Angst gehabt, es könnte das letzte Mal gewesen sein, in Satos Geschmack zu kommen. Und jetzt? Oh, er konnte so oft mit ihm schlafen, wie er wollte und es würde ihm nie langweilig werden. Jedes weitere Mal genoss er wie das davor. Und das Beste an allem: Kein schlechtes Gewissen mehr. Einfach nur Sex. Egal wo. Egal wie. Egal wann.

Bei den Gedanken stöhnte Yuki gegen Satos Glied. Die leichte Vibration ließ den Manager leise seufzen und nach mehr lechzen. „Sicher, dass du dich nicht lieber umdrehen willst?“, säuselte er benommen, während die Hitze des Raumes auf ihn einwirkte.

Der Engel ließ das Glied aus seinem Mund ploppen und klammerte sich an den Wassertank, an dem er sich mit zittrigen Knien hochzog. „Gute Idee“, murmelte er und sah seinem Partner tief in die Augen.

Der zögerte nicht lange, griff nach Yukis Hüften und stieß ihn gegen das Metall des Tanks. Der Engel fiel nach vorne, griff die Seiten und spürte bereits die feuchte Eichel an seinem Eingang. Mit einem harten Stoß drang Sato komplett in ihn ein.

Beiden entfuhr ein lautes Stöhnen. Der Manager nahm einen schnellen Rhythmus auf und ließ dabei den Wassertank unter den harten Stößen etwas wackeln. Yuki biss sich auf die Unterlippe, um nicht alle Schiffsmitarbeiter in den Wartungsraum zu locken.

„Sato“, hauchte er trotzdem in Ekstase und warf den Kopf in den Nacken. Bei so viel Sex in den letzten Tagen, musste er nicht mehr Vorbereitet werden. Er war so offen, dass Satos Schwanz ohne große Probleme in ihn eindringen konnte. Das Gefühl, ständig bereit für seinen Partner zu sein, und an keine Regeln mehr gebunden zu sein, machte ihn zu fast jeder Tageszeit rollig.

Mitten in der Nacht, nach dem Essen, vor dem Essen, im Pool, auf den Liegen, einfach ständig. Und Sato? Der hielt zwar nicht immer so lange aus, wie Yuki es sich manchmal wünschte, dafür konnte er immer. Machte er ihn mitten in der Nacht wach, bekam er zwar ein Brummen, aber wurde ohne weitere Umschweife hart in die Kissen gefickt. So wie jetzt. Nur ein kleiner Hinweis genügte und er wurde an einem Wassertank genommen.

Yuki musste in seinem Rausch leicht schmunzeln. Vielleicht käme irgendwann der Punkt in seinem Leben, wo er der Verdammnis ins Gesicht schauen musste, aber bisher war es die schönste Zeit in seinem langen Leben. So viele Jahre hatte er nichts anders als tote Seelen gesehen. Ein alter Wartungsraum, in dem gefühlte 40 Grad herrschten, war ihm tausend Mal lieber. Vor allen Dingen, während Sato hinter ihm stand und ihn erbarmungslos vögelte.

„Es ist so warm“, raunte der Manager, während seine Haut komplett mit Schweiß benetzt war. Einzelne Tropfen rollten bereits runter und tropften auf den Boden. Er konnte Yuki kaum noch halten. Seine Hüfte wurde genauso glitschig und die nasse Haut klatschte viel zu laut aufeinander.

„Stell dich nicht so an und mach weiter“, forderte der Engel und bewegte sich bereits in Eigenregie gegen Satos Schwanz. Der Rhythmus wurde ihm zu langsam.

„Nicht alle hatten das Glück im Körper eines 20 Jährigen aufgewacht zu sein!“

Der giftige Kommentar über sein Alter ließ Yuki leise Lachen, während er völlig außer Atem gegen den Tank stöhnte. Er griff zwischen seine Beine und rieb seine eigene Erektion zu den harten Stößen von Sato. Jeden anderen Kommentar schluckte er runter – er wollte nicht zanken, sondern einfach nur Sex.

Es dauerte nicht lange, da kamen beide zum Höhepunkt. Sato kam wieder einmal nur kurze Sekunden nach Yuki. Es war sein Ego und Stolz, welche ihn so lange aushalten ließen. Sonst wäre er bereits vor Minuten gekommen.

Völlig verschwitzt und ausgelaugt kamen beide leicht bekleidet aus dem Wartungsraum. Ein Mitarbeiter sah sie überrascht an, fragte jedoch nicht und ging mit seinem Wischmopp einfach weiter.

„Dusche“, brummte der Manager und schlurfte wie ein Geist zur Pooldusche. Yuki folgte ihm wesentlich fitter und schmiegte sich an ihn, das kalte Wasser über seinem Kopf sehr genießend.

„Ich bringe dich ganz schön an deine Grenzen. So ein junger Liebhaber kann ganz schön anstrengend sein, hm?“, konnte sich der Engel den bösen Kommentar nicht weiter verkneifen und fuhr mit der Hand über Satos harte Brust. Jeder Muskel kam spannte sich an und ließ Yuki jedes Mal sehnsüchtig seufzen.

„Mal ganz ruhig da unten“, knurrte Sato, als er sich durch seine Haare fuhr. „Du kennst meine Grenzen. Und die liegen ganz woanders.“

„Du meinst da, wo der Dildo deinen Hintern streift?“

Mit einem kräftigen Schubs stolperte Yuki lachend aus der Dusche und bekam von Sato den Mittelfinger gezeigt.

„Das nehme ich als Bestätigung“, lachte der Engel sehr amüsiert über Satos kindisches Verhalten. Sato hingegen drehte sich schnaubend um und wusch sich ausgiebig.

Yuki ging grinsend zurück zur Liege und trank von seinem Cocktail, der mittlerweile warm geworden war. Doch auch warmer Alkohol schmeckte nach einer anstrengenden viertel Stunde. Er ließ den Blick über das Schiff gleiten, während er gedankenverloren an seiner glitzernden Herzkette spielte.

Palmen. Andere Menschen. Klares Wasser. Ein strahlender blauer Himmel. Und sein gutaussehender Liebhaber, der tropfend auf ihn zukam.

Ja, dachte er.

 

Er ist es wert.